20090911 \  Artikel \  Die Wirtschaftskrise & der wirtschaftliche Nutzen von ECM
Die Wirtschaftskrise & der wirtschaftliche Nutzen von ECM
von Dr. Ulrich Kampffmeyer, Geschäftsführer der PROJECT CONSULT Unternehmensberatung GmbH 
E-Mail:
Ulrich.Kampffmeyer@PROJECT-CONSULT.com
 
Die Wirtschaftskrise scheint die Anbieter von Enterprise-Content-Management- und Dokumentenmanagementlösungen bisher verschont zu haben, auch wenn viele Kunden sparen müssen und viele Interessenten Installationen  in die Zukunft verschoben haben. Im Frühjahr und Sommer 2009 wurde zumindest in der ECM-Branche viel Optimismus verbreitet. Vielleicht liegt es auch daran, dass viele Anwenderunternehmen inzwischen erkannt haben, dass gerade Enterprise Content Management die Nutzung von Informationen im Unternehmen transparenter und wirtschaftlicher macht. In Zeiten, wo man als Unternehmer jeden Euro umdreht, werden natürlich andere Trendthemen wie „Enterprise 2.0“, bessere Erschließung und Nutzung von Informationen mit collaborativen Techniken, oder Compliance,  mehr Transparenz, Rechtssicherheit und Nachvollziehbarkeit im Unternehmen, durch die Wirtschaftskrise überlagert. So verwundert es nicht, dass auch die ECM-Branche mit dem abgenutzten Slogan  „Die Krise als Chance nutzen“ unterwegs ist. Dabei gilt es, die Nutzenpotentiale von Enterprise Content Management unabhängig von der Krise zu betrachten, denn die Wirtschaftlichkeit, der Nutzen des Einsatzes sind unbestritten. Die Krise kann hier nur die Argumente liefern „jetzt gerade erst recht“ oder „nutzen wir halt die Zeit, wo wir nicht so viel zu tun haben“.
ECM ist wirtschaftlich
Natürlich ist der Einsatz von ECM-Lösungen wirtschaftlich. In hunderten von „Case“- und „Success Stories“ lässt sich dies nachvollziehen. Betrachtet man aktuelle Untersuchungen zu den möglichen Effizienzpotentialen, dann wird von den Autoren immer wieder herausgestellt, dass wir immer noch dem Zeitalter des Medienbruchs verhaftet sind. Obwohl seit Jahren elektronische Archiv- und Dokumentenmanagementsysteme vermarktet werden,  sind Prozesse immer noch papiergebunden, findet die elektronische Kollaboration nur in Ausnahmen statt, ist Wissensmanagement immer noch hehre Vision.  
Dabei zeigen die von zahlreichen ECM-Anbietern herausgegebenen Referenzberichte, Success Stories, sehr deutlich Einsparungspotentiale auf:
   
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Verringerung von Liege- und Transportzeiten,
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Aktualität und Vollständigkeit aller Unterlagen zu einem Fall,
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ortsunabhängige, parallele Nutzbarkeit von Dokumenten,
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Beschleunigung des Posteinganges,
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bessere Nachvollziehbarkeit von Prozessen und
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kontrollierte Bearbeitungsvorgänge.
In den Success Stories wird nachgewiesen, dass sich der Einsatz von Enterprise Content Management rechnet. ECM ist hier das fehlende Bindeglied zwischen der Kommunikationssoftware und den operativen Systemen, das die ganzheitliche, übergreifende Nutzung von Informationen erst möglich macht. ECM rechnet sich auf „Heller und Pfennig“.
Ungenutzte Potentiale in Büroprozessen
Nimmt man die marktgängige Annahme zu Hilfe, die davon ausgeht, dass immer noch über 80% der Personalkosten durch Arbeit mit Dokumenten, dem Ablegen, Suchen, Wiederfinden, Nutzen und Verteilen, gebunden sind und dies in einer Welt mit Medienbrüchen, dann besitzt ECM hier ein ungeheueres Potential. Während in den industriellen Prozessen die Automatisierung fast überall weitgehend umgesetzt wurde, muten die Büros immer noch als Hort vergangener Schriftgutkultur an. In großen Organisationen lassen sich so sehr schnell Potentiale von mehreren hundert Millionen Euro Einsparung im Jahr errechnen. Dass dies nicht unrealistisch ist, zeigen Beispiele aus der Posteingangs- und Rechnungserfassung, wo durch automatische Klassifikation Prozesse nicht nur drastisch beschleunigt werden, sondern auch die Unzulänglichkeiten der langsamen und fehlerträchtigen manuellen Erfassung von Informationen überwunden werden. Investitionen rechnen sich hier schon manchmal nach wenigen Wochen.
Genauso augenfällig sind die Potentiale in den Bearbeitungsprozessen. Allein durch die elektronische Zuordnung und Weiterleitung, das parallele Bearbeiten von Dokumenten in direktem Zusammenwirken mit den Fachanwendungen, elektronische Wiedervorlagen und Fristenverwaltung, dass Zusammenführen von Dokumenten mit Prozessen und Daten aus anderen Anwendungen sowie die Abschaffung der manuellen Ablage und Suche nach Dokumenten lassen sich bis zu 50% der bisherigen Arbeitszeit für die Erledigung eines Falles ansetzen.
Auch beim Thema der Informationserschließung ist ECM unerlässlich. Moderne Suchverfahren wie Enterprise Search, die Nutzung von Teamsites zur Zusammenarbeit von eigenen Mitarbeitern mit Kunden und Lieferanten, der Einsatz von Informationspools, die betroffene Anwender selbst über Änderungen an Prozessen und Dokumenten informieren, und viele andere Technologien, die unter dem Modewort Enterprise 2.0 kursieren, machen das Arbeiten leichter, schneller und konzentrierter. Einsparpotentiale wie Raum und Regalmeter können dagegen nahezu vernachlässigt werden.  Dies alles ist unbestritten und mit Zahlen belegbar.
Der Stellenwert von ECM ist auf den Führungsebenen noch nicht erkannt
Aber dennoch fällt es schwer, diese Argumente auf den Führungsebenen zu platzieren. Dort hat ECM längst noch nicht den Stellenwert wie ERP oder Fachanwendungen, die ECM Anbieter stehen hier häufig immer noch im Schatten von Microsoft, SAP, Oracle, IBM & Co.  mit ihren Standardanwendungen. Ein Grund für die mangelnde Aufmerksamkeit der Führungsebene ist sicherlich die Tatsache, dass dem Thema häufig immer noch das „staubige“, nicht produktive Dokumentenarchivierungs-Image anhängt  und besonders, dass nicht alle Potentiale von ECM sofort und direkt rechenbar sind. Es gilt die Wirtschaftlichkeit, den Nutzen auch nachweisbar zu machen. Das Ausrechnen der Potentiale ist aber nicht einfach, besonders da sich viele Parameter einer objektiven Betrachtung entziehen. Man unterscheidet daher auch zwischen quantifizierbaren und qualitativen Faktoren. Quantifizierbar sind Einsparung von Raum, zum Teil von Zeit oder Betriebskosten. Hier stehen sich auch Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerungen als unterschiedliche Ansätze gegenüber. Qualitative Faktoren müssen erst bewertbar gemacht werden.
Hierfür sind Maßstäbe zu entwickeln und zu belegen, die von Unternehmen zu Unternehmen, von Branche zu Branche und Anwendungsszenario zu Anwendungsszenario sehr unterschiedlich ausfallen können:
   
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Wie ist die Vermeidung von Risiken im Compliance-Umfeld mit einem Betrag zu versehen?
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Wie rechne ich eine schnellere Reaktionsfähigkeit auf Kundenanfragen?
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Welchen Wert billige ich einer sicheren, ständig verfügbaren Vorhaltung von Dokumenten zu?
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Wie bewertet man eine größere Zufriedenheit und Effizienz der Mitarbeiter bei Entlastung von Routinetätigkeiten?
Die Festlegung der Maßstäbe, die auch vom Management anerkannt sein müssen, kann die Potentiale ins Unendliche schießen oder aber den wirtschaftlichen Nutzen eines ECM gegen „0“ wandern lassen.
ECM & ROI
Besonders schwierig wird es, wenn man den Return on Investment – ROI -  von ECM-Investitionen in den Vordergrund rückt und die weichen Faktoren der Verbesserungen vernachlässigt. Vergleichsdaten aus der Literatur helfen hier nicht weiter – es müssen die realen Kosten des Unternehmens, die Kosten für die Anschaffung und Implementierung und die zu erwartenden laufenden Kosten im Betrieb vollständig erhoben und ausgewertet werden. Für die ehrliche Berechnung eines ROI benötigt man verlässlich Ist-Daten um die Investition dagegen zu rechnen. Doch wer erhebt diese schon gern, wenn dadurch die Unzulänglichkeiten und Fehler der Vergangenheit zu Tage treten? Wer kann schon die Kosten seiner bisherigen Prozesse und Ablagen in Euro und Cent ausdrücken, so dass sie gegen die Investition in eine neue Lösung, deren Einführung und deren Betrieb einschließlich Wartung und Folgekosten gerechnet werden können?
Hier liegt das Problem vieler Success Stories, die mit dem „breiten Daumen“ den ROI kalkulieren und häufig die Kosten für Einführung, Nutzung und Betrieb nachrangig behandeln. Ganz abgesehen davon, dass die organisatorischen Herausforderungen der Umstellung von Prozessen und Arbeitsweisen durch ECM nicht immer zu einer vollständigen Ausschöpfung der errechneten Potentiale führen. Von Folgen für die Mitarbeiter beginnend bei der ständigen Bildschirmarbeit bis hin zur Freisetzung „dank“ neuer schnellerer Workflows einmal ganz abgesehen. Die effiziente Nutzung von ECM besonders im Business Process Management vernichtet auch Arbeitsplätze. ECM ist so nicht nur positiv im Sinne von Kosten-/Nutzen- und Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen zu sehen, sondern man muss auch die Abhängigkeiten , die organisatorischen und menschlichen Auswirkungen berücksichtigen. Nur auf den ROI zu schielen, ist falsch. Man möchte schließlich nicht einfach das investierte Geld zurück, sondern nachhaltige Verbesserungen im Unternehmen erreichen.
 
Die Krise, eine Chance für ECM?
Und damit wären wir wieder beim Ausgangspunkt, der aktuellen Wirtschaftskrise. Der Einsatz von ECM-Lösungen, welcher Ausprägung auch immer, ist unerlässlich. Nur so lässt sich die Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen. Dies ist völlig unabhängig von der Wirtschaftskrise zu sehen – die Krise verstärkt nur den Druck auf die Unternehmen und liefert ein eingängiges Vertriebsargument. Dass die Handhabung der wachsenden Informationsmengen und die geforderte, immer schnellere Reaktionsfähigkeit nur durch entsprechende Informations- und Kommunikationstechnologien zu erreichen ist, dürfte jedem klar sein. Es gilt nur noch den Entscheidern klar zu machen, dass hier ECM-Komponenten wie Dokumentenmanagement, Records Management, Workflow, Archivierung, Collaboration usw. essentielle Bestandteile einer modernen IT-Infrastruktur sind. Krise hin oder her – ohne den Einsatz von ECM geht es mit der Wirtschaft sowieso nicht voran. (Kff)
 
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