20030612 \  Messen & Kongresse \  GDPdU-Roadshow Review
GDPdU-Roadshow Review
Hamburg – Die gemeinsame Roadshow „Die Intelligenz der digitalen Steuerprüfung nach den GDPdU“ von Audicon (° http://www.audicon.net°) und Ernst&Young (° http://www.ey.com°) unter Beteiligung des Bundesamtes für Finanzen (° http://www.bundesfinanzministerium.de°) und PROJECT CONSULT (http://www.PROJECT-CONSULT.com°) fand vom 5. bis 19. Mai 2003 in Düsseldorf, Hamburg, Berlin, Stuttgart, Frankfurt und München statt. Über 1100 Zuhörer nahmen an den sechs Veranstaltungen der Reihe teil. In vier ausführlichen Vorträgen wurden die neuesten Erkenntnisse zur Umsetzung der GDPdU bei aktuell laufenden Außenprüfungen, das neue Auswertungstool TaxAudit von Audicon und das Thema elektronische Archivierung vorgestellt.
Ernst&Young zur aktuellen Situation  
bei digit
alen Betriebsprüfungen
Verschiedene Spezialisten von Ernst&Young - Dr. Thomas Haffner, Dr. Otto-Ferdinand Graf Kerssenbrock, Steffen Mack, Dr.  Frank Moszka, Olaf Riedel und York Zöllkau - referierten jeweils im Zweierteam im ersten Vortrag der Veranstaltungen über den aktuellen Stand der Prüfungen. Hierbei wurde deutlich, dass vermehrt Steuerprüfungen nach den GDPdU vorgenommen werden. Bei diesen Prüfungen trat häufiger zu Tage, dass die GOBS-Konformität der eingesetzten Verfahren bei den Steuerpflichtigen zu wünschen übrig lässt. Anhand von Szenarien wurden einige Prüfungsfelder vorgestellt, so z. B. Vorgehen bei verkürzten Abschreibungen von Investitionsgütern, Sonderpreise für nahestehende Personen oder Unternehmen, und andere. Die Steuerprüfer machen von allen drei Zugriffsarten, Z1, Z2 und Z3 immer intensiver Gebrauch. Das Bewusstsein für die Anforderungen der GDPdU bei den Unternehmen ist gestiegen und viele haben zumindest mit der Qualifizierung der steuerrelevanten Daten begonnen.
Audicon stellt TaxAudit vor
Dr. Axel Becker und Pietro Dilthey von der Audicon stellten das neue, auf IDEA aufsetzende Werkzeug TaxAudit vor. Während man für IDEA einiges an Spezialwissen für die Erstellung und Nutzung von Auswertungsmakros benötigt, erlaubt TaxAudit interaktiv die Durchführung von Prüfungsschritten auf Basis vordefinierter Szenarien. Diese Szenarien entsprechen in weiten Teilen den Prüfungen, die auch von den Außenprüfern der Finanzbehörden durchgeführt werden. Die notwendigen Daten nach Z3 können interaktiv eingeladen und den Szenarien zugeordnet werden. Für Standardlösungen wie DATEV ist der Import sogar automatisiert. Das Tool erlaubt die Erstellung von Reports, die dem Steuerprüfer wie dem Steuerpflichtigen Hinweise of Problemfelder in den ausgewerteten Daten geben. Das Tool TaxAudit ist frei käuflich.
PROJECT CONSULT zum Thema elektronische Archivierung
Dr. Ulrich Kampffmeyer ging in seinem Vortrag auf die Probleme der Begrifflichkeit im Umfeld des Dokumentenmanagements, der Archivierung und der GDPdU ein. Er behandelte nicht nur die Rechtssituation um Umfeld des Steuerrechts sondern spannte einen weiteren Bogen einschließlich HGB, AO, GoBS, BGB, SigG und ZPO. Nach der Darstellung der konkreten Anforderungen an die Archivierung gab er einen Ausblick auf die größere Dimension des Themas. Der Vortrag ist im PROJECT CONSULT Newsletter abgedruckt und kann auch mit den Folien von der PROJECT CONSULT Webseite abgerufen werden.
Die Bundesfinanzbehörden zum aktuellen Stand der Umsetzung der GDPdU bei Prüfungen
Bernhard Lindgens vom Bundesamt für Finanzen, der einer der „Väter“ der GDPdU und des BMF-Fragen-und-Antworten-Kataloges ist, machte in seinem Vortrag zunächst deutlich, dass die vielfach vorhergesagte Abwehrhaltung bei den geprüften Unternehmen nicht besteht. Beide Seiten, Steuerprüfung und betroffene Unternehmen kooperieren optimal. Dabei kam es sogar zu Synergieeffekten bei den Unternehmen, z.B. beim Herausfinden von doppelt bezahlten Rechnungen. In seinem Vortrag ging er am Rande auch auf die „Checkliste – sind sie GDPdU fit“ ein, in deren ersten Versionen falsche Aussagen von ihm kolportiert worden waren. Lindgens machte deutlich, dass die Finanzbehörden keine besondere Speichertechnologie vorschreiben. Die Steuerprüfer können auf ihren speziell gesicherten Notebook-Rechnern nur Daten von Übergabe-Medien wie CD, DVD oder Diskette einlesen. Diese speziell für den Prüfer erstellten Medien haben aber nichts zu tun mit den Archivspeichern, die beim Steuerpflichtigen eingesetzt werden. Man gehe allerdings seitens der Finanzbehörden davon aus, dass die Verfahren und die Speicherung beim Steuerpflichtigen den GoBS entsprechen. Derzeit läuft ein umfangreiches Schulungsprogramm für die Prüfer. Es wurden aus diesem Grund noch nicht sehr viele digitale Betriebsprüfungen durchgeführt, da man die Prüfer erst nach  eingehender  Ausbildung Prüfungen mit  IDEA durchführen lassen will. In seinem Vortrag legte er dar, dass Versuche, die Prüfungsrechte einzuschränken, abgewiesen wurden. Dies ist auch von Vorteil für den Steuerpflichtigen, denn wenn z.B. auf dem Datenträger nach Z3 nicht alle Daten vorhanden sind und nur ein Datenträger abverlangt werden dürfte, entstände hinsichtlich der fehlenden Daten für den Geprüften eine rechtliche Grauzone, die auch in ein Steuerfahndungsverfahren münden könne. Lindgens wies eindringlich darauf hin, dass sich die Unternehmen bereits heute für die Jahre ab 2001 auf die elektronische Steuerprüfung einrichten müssen, auch wenn der Steuerprüfer erst in ein paar Jahren kommt. Dann ist es für eine schnelle und einfache Aufbereitung der geforderten Daten zu spät. Inzwischen wurde auch eine Koordinierungsstelle für die Prüfer eingerichtet, die die Ausbildungsmaßnahmen begleitet und zukünftig für einheitliche Prüfungsmakros sorgen wird. Die Finanzverwaltung evaluiert derzeit außerdem, ob sie zukünftig selbst auch das Audicon-Tool TaxAudit als Ergänzung zu IDEA einsetzt.
Angeregte und aufgeregte Diskussionen
In den sehr regen Abschlussdiskussionen der Veranstaltung meldeten sich zahlreiche Anwender mit ihren aktuellen Problemen zu Wort, die hier nur in Auszügen behandelt werden können.
In einer hitzigen Diskussion mit Vertretern der SAP User Group DSAG wurde deutlich, dass die heutige Version des SAP-Benutzerprofils bei Steuerprüfungen nicht immer als ausreichend anerkannt wird. Wie auch im BMF-Fragen-und-Antworten-Katalog dargestellt, darf der Prüfer alle installierten, aber auch im Standardlieferumfang enthaltene und nicht installierte, Auswertungsmöglichkeiten eines ERP-Systems nutzen. Prüfer werden daher auch auf SAP geschult. SAP DART Reports werden von den Finanzbehörden auch kritisch gesehen und wurden entgegen  anders lautenden Artikeln auch von den Finanzbehörden noch nicht auf ihre „GDPdU-Konformität“ untersucht. Diese Position wurde nicht nur von Herrn Lindgens vorgetragen, sondern von einem Vertreter der Finanzverwaltung aus Stuttgart gestützt. Dabei fiel auch auf, dass es offenbar für HR eine Schnittstelle nach dem IDEA-Beschreibungs-standard gibt, aber für andere Module von R3 nicht.
Eine Problemstellung beschäftigt offenbar Handelsunternehmen besonders. Im Rahmen des Bestell- und Lieferwesens, der Lagerbestandsbewertung, des elektronischen Datenaustauschs und in Tausenden von Kassen entstehen originär elektronisch steuerrelevante Daten. Diese können unmöglich über 10 Jahre online vorgehalten werden geschweige denn auf einen Datenträger nach Z3 gebracht werden. Hier kann man sich nur auf eine individuelle Übereinkunft mit der zuständigen Finanzbehörde, gegebenenfalls auf einen Antrag auf Steuererleichterung nach §148 und auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zurückziehen. Es wurde aber auch deutlich gemacht, dass die Unternehmen alle Anstrengungen unternehmen müssen, die Daten bereitzuhalten. Ein Nachweis der Unverhältnismäßigkeit muss außerdem im Vorwege erbracht werden und mit konkreten Zahlen untermauert sein. Ähnliche Probleme mit Massendaten  wurden  auch  von Teilnehmern aus der  Energieversorgungsbranche, z.B. bei Einzelabrechnungsnachweisen von Zählerständen, von Telekommunikationsanbietern, z.B. bei den Einzelabrechnungen von Gesprächen, und von Finanzdienstleistern, z.B. im Zahlungsverkehr, vorgetragen. Die Teilnehmer des Podiums von Audicon, Bundesamt für Finanzen, Ernst&Young und PROJECT CONSULT wiesen hier eindringlich darauf hin, dass es keine allgemeingültigen Empfehlungen geben kann und dass dies individuell in den Unternehmen zu evaluieren ist.
Die Frage dagegen, ob es ausreichend sei, alle relevanten Daten in ein DataWarehouse ohne digital optische Archivierung zu überführen, wenn dieses DataWarehouse denn die Anforderungen an die Revisionssicherheit und die GoBS erfülle, konnte konkreter mit „ja“ beantwortet werden.
In mehreren Fragen wurde die Thematik „Kryptografie“ angesprochen. Offenbar durch die falsche Darstellung in der unautorisierten Version der Checkliste hervorgerufen, gab es hier gravierende Missverständnisse. Es wurde deutlich gemacht, dass es wenig sinnvoll ist, in einem Archiv kryptografische Verfahren anzuwenden, um auch noch in 10 Jahren die Daten ohne Probleme auslesen zu können. Eine kryptografische Verschlüsselung des Übergabemediums für Z3 mache aber Sinn, damit bei Verlust, z.B. auf dem Postwege, die Daten nicht in falsche Hände geraten. Allerdings müssen die Daten vom kodierten Medium extrahierbar sein, ohne dass der Prüfer hierfür eine Software auf seinem Rechner installieren muss, dies gehe nämlich nicht.
Die Fragen eines möglichen Missbrauchs der Daten der Steuerpflichtigen, dass jetzt die Finanzverwaltung in der Lage sei, direkte Vergleiche zwischen Wettbewerbern in einer Branche durchzuführen oder große Datenbanken aufzubauen, wurde ganz klar beantwortet: es werden keine Datenbanken aufgebaut, dies sei nicht zulässig und werde deshalb auch nicht geschehen. Jeder Steuerpflichtige werde abgegrenzt und vertraulich behandelt. Dies galt in der Vergangenheit für die Aktenordner, die ein Steuerprüfer auf seinem Schreibtisch liegen hat und ebenso für die Daten mehrerer steuerpflichtigen auf einem Rechner. Hier gibt es eindeutige rechtliche Regelungen, auf deren Einhaltung sich der Steuerpflichtige verlassen kann.
Auch die Antworten auf die Fragen 11 und 12 des BMF-Fragen-und-Antworten-Kataloges boten mehrfach Diskussionsstoff. Für die maschinell auswertbaren Daten aus ERP-Systemen und kaufmännischen Anwendungen liegt die Verantwortung an die Richtigkeit, die vollständige und auswertbare Übergabe an ein externes Speichersystem und Mitlieferung der benötigten Strukturen bei diesen Systemen, und nicht bei den Archivsystemen. Man könne auch nicht erwarten, dass ein Archivsystem für mehrere kaufmännische Anwendungen, über mehrere Releases in einem Zeitraum von 10 Jahren, die Auswertungsmöglichkeiten dieser ERP- und kaufmännischen Systeme quantitativ und qualitativ bieten können. Die Anbieter ERP- und kaufmännischen Systeme können die Verantwortung für die Auswertbarkeit nicht einfach bei den Archivsystemherstellern abladen. Hierbei wurde auch offenbar, das der Begriff der Archivierung von Seiten der Hersteller, der Anwender, der Finanzbehörden und der wissenschaftlichen Definition sehr unterschiedlich benutzt wird.
In weiteren Diskussionsbeiträgen in diesem Umfeld wurde deutlich, dass Begriffe wie maschinelle Auswertbarkeit, Daten, wahlfreier Zugriff, und andere zu Verständnis- und Auslegungsproblemen führen. So wurde auch mehrfach nachgefragt, was denn nun die steuerrelevanten Daten seien. Kommentar hierzu war „man solle versuchen sich zu erinnern, was denn die steuerrelevanten Daten vor der Erinnerungslücke waren, die in der Schrecksekunde am Silvesterabend 2001/2002 offenbar eintrat.“ Nicht die Grundlagen der Steuerprüfung haben sich geändert, sondern die Verfahren des Zugriffs und der Auswertung elektronischer Daten. Es wird keine offizielle Liste geben, was denn steuerrelevante Daten und Belege seien, da dies von Unternehmen zu Unternehmen verschieden ist. Der Vertreter von Audicon wies in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass TaxAudit zwar alle typische Prüfungsfelder abbildet, aber das die dafür benötigten Daten vom Steuerpflichtigen zu qualifizieren und zuzuordnen sind.
Ein voller Erfolg für Teilnehmer und Veranstalter
Die zahlreichen, sehr qualifizierten Fragen und die Auswertung der abgegebenen Teilnehmerfragebögen zeigen, dass die Veranstaltung ein voller Erfolg war. Positiv wurde aufgenommen, dass anders als in vielfach angeboten Seminaren die GDPdU selbst nicht mehr „vorgelesen“ wurden. Der Informationsstand der Teilnehmer war sehr gut und zeigt, dass der Bekanntheitsgrad und die Kenntnis der Auswirkungen der GDPdU seit der letzten Audicon-Roadshow im vergangenen Jahr deutlich gewachsen sind. Nur eines muss man bedenken: von den GDPdU sind ca. 3 Millionen Steuerpflichtige betroffen, teilgenommen haben „nur“ 1100. Die Beiträge der Diskussion und die Analyse der Branchen der Teilnehmer zeigten eines besonders deutlich: gerade bei den Steuerberatern ist offenbar noch großer Nachholbedarf. (IKB/Kff)
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