20050124 \  In der Diskussion \  Hilfetisch
Hilfetisch
Die Einführung eines neuen Dokumentenmanagementsystems wird begleitet von Schulungs-, Qualifizierungs- und Organisationsmaßnahmen, die die effiziente Nutzung einer neuen Lösung erst möglich machen. Ein wichtiger Schritt ist dabei, aus dem Einführungsprojekt heraus die ständige Betreuung, Verbesserung und Beratung für den Einsatz sicherzustellen. Eine wichtige Position nimmt hier das Helpdesk ein. Aufgaben und Wichtigkeit sollen an einem Beispiel aufgezeigt werden, das auch den kulturellen Wandel bedingt durch den Einsatz von Document Related Technologies deutlich macht. Folgen Sie mir dazu ein paar Jahre in der Geschichte des Dokumentenmanagements zurück ...
Irgendwann, irgendwo im Mittelalter: Abt Gregorius ist gerade von einer Reise an den Bischofssitz zurückgekehrt und hat von dort die Innovation des Jahrhunderts, einige Bücher, in sein abgelegenes norwegisches Kloster mitgebracht. Er weiß um den Bildungsstand seiner Mitbrüder und hat zusätzlich zu seiner Ankündigung in der letzten Messe einen Hilfetisch eingerichtet, den der pfiffige Bruder Magnus betreut. Seine Aufgabe ist es, allen anderen Mönchen bei der Einführung des überwältigenden neuen Mediums Buch mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Folgen wir Bruder Magnus auf seinem Weg in die Zelle von Bruder Innocentius, der am Vorabend eine Anfrage an den Hilfetisch gerichtet hatte.
„Lieber Bruder Innocentius, GottzumGruss, was gibt’s?“ 
„Vater Abt hat mir dieses, dieses – dieses Dings gegeben und mir gesagt ich solle einen passenden Spruch zur Apok
alypse raussuchen.“ 
Auf dem Pult von Bruder Innocentius liegt ein dickes, geschlossenes Buch mit dem Rücken nach rechts, über den nervös die Hand von Bruder Innocentius streift.  
„In me
inen Rollen steht nichts Passendes.“ 
Sein Blick schweift zurück auf die Rückwand der Zelle, wo in einem Regal zahlreiche Schriftrollen gestapelt sind.  
„Nun gut Bruder Innocentius, für solche Fragen bin ich als Meister des Hilfetisches ause
rwählt worden. Dies ist ein Buch und man muss es sich zunächst einmal richtig zurechtlegen.“  
Magnus dreht das Buch so, dass der Rücken links zu liegen kommt, öffnet den Deckel und einige Seiten.  
„Sieh, wenn Du es so aufgemacht hast, kannst Du darin l
esen!“ 
„Gra
ndios, Grandios! Ja aber, wenn ich hier unten am Ende bin, bei meiner Rolle rolle ich einfach weiter!“ 
„Kein Pro
blem. Dann nimmst Du die Finger hier oben und blätterst die Seite um. Diese Funktion nennt man ‚Blättern vorwärts’. Dann kannst Du auf der nächsten Seite erst links und dann rechts weiter lesen!“  
„Oh Gott, das geht!“
 
“Und nun eine weitere wichtige Funktion, ‚Blättern z
urück’, vor und zurück, verstanden? Wenn Du noch einmal etwas lesen willst, musst Du nur zurückblättern – NEIN, die Seiten nicht einrollen, die sind einzeln und hinten zusammengebunden!“  
„Ja, jetzt weiß ich wie es geht. Dank Dir.“
 
„Es gibt aber noch eine wichtige Innovatio mit dem Buch. Sieh hier, die Zahlen am Fuß der Seiten. Wenn Du direkt auf etwas zugreifen willst, brauchst Du nur so lange zu Blättern, Funktion ‚Vorwärts’, bis Du die richtige Seite hast!“
 
„Lieber Bruder Magnus, aber ich kann mir doch nicht so vi
ele Zahlen merken.“  
„Auch kein Problem, Bruder Innocentius. Vorne gibt es im Buch meistens ein Inhaltsverzeichnis. Sieh mal hier, da st
ehen die Titel und die Zahlen der Seiten drin. Da, auf Seite 70, da hast Du auch die Apokalypse.“  
„Aber wo lege ich es ab, wenn ich fertig bin mit dem Lesen. Wenn ich es auf meine Rollen im Regal lege, ze
rdrückt es diese.“  
„Bruder, mein Bruder, B
ücher stellt man aufrecht ins Regal, mit dem Buchrücken zu Dir gewandt, und dann kommt noch eine nützliche neue Funktion zum Tragen, die Rückenbeschriftung, so dass man von außen schon weiß, was im Buch drin steht. Und Deine Rollen, die kommen sowie irgendwann weg!“  
„OhGottohGottohGott, meine wertvollen Schriftrollen ko
mmen weg?! Und ich soll mir das alles merken?! Na gut, ich probiers erstmal. Hab schönen Dank, Bruder Magnus!“ 
Er klappt das Buch zu, so dass der Rücken wieder rechts zu liegen kommt, während Bruder Magnus sich anschickt die Zelle zu verlassen.  
„Halt Bruder Magnus, es geht nicht, es geht nicht auf, es geht einfach nicht auf!“
 
Bruder Innocentius zerrt verzweifelt am Rücken des Buches. Magnus nimmt es ihm mit einem leichten Stöhnen aus der Hand und dreht es wieder herum.  
“Du musst es so herum drehen, dann geht es auch auf! Es ist doch von der Seite zu sehen, wo die Seiten sind. Nicht den R
ücken abreißen! Und dann immer schön von einer Seite zur nächsten weiterblättern.“  
„Ja, aber ...“
 
“Und wenn Du nicht weiter weißt, hier hast Du ein Man
ual.“  
Magnus reicht ihm aus den Falten seiner Kutte ein kleines Buch.  
“Da steht alles drin, wie man Bücher bedient und sie richtig wegstellt.“
 
„Warum heißt das Manual?“
 
“Weil es ein so kle
ines Buch ist, das genau in die Hand, die Manus, passt.“  
Innocentius greift ungeschickt das Manual und versucht es am Rücken zu öffnen.   
„Nein Bruder Ma
gnus, lass mich mit Deinen Innovationes in Frieden, das Manual geht auch nicht auf!“ 
Unabsehbare Akzeptanzprobleme und Technologiefolgen bei der Einführung von modernem Dokumentenmanagement gab es also schon immer zu bedenken. Uns stellt sich nur noch die Frage, ob wir den geschilderten Problemen – natürlich in einer ganz anderen Qualität – schon entronnen sind. (Kff)
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