20050218 \  In der Diskussion \  Zur Problematik im Umgang mit E-Mails und der Archivierung von E-Mails
Zur Problematik im Umgang mit E-Mails und der Archivierung von E-Mails
Problemfelder und Komplexität der E-Mail-Archivierung 
Im Jahre 2003 führte die AIIM eine sehr breit angelegte Untersuchung in den USA, Irland, Brasilien, Deutschland, Großbritannien und Kanada zum geplanten Investitionsverhalten  in IT-Technologien durch. Legt man diese Untersuchung zu Grunde, so planen oder planten in den untersuchten Ländern zwischen 20%  und 33% der befragten Unternehmen Investitionen im Management von E-Mails. In Deutschland lag dieser Wert wie auch in anderen Bereichen bezeichnenswerter Weise an der unteren Grenze.
 
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Aus unserem eigenen Erfahrungsbereich kennen wir den Wunsch nach Entlastung der E-Mail-Systeme (ebenso wie die Entlastung der ERP-Systeme) als einen der Trends im Markt für Dokumententechnologien (DRT). Genannt werden hier vor allem
   
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Rechtssichere Archivierung 
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Virtuelle elektronische Akten
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Die universelle Inbox
   
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Entlastung für E-Mail und ERP
   
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Personal und Kosten sparen durch Prozessunterstützung
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Erschließung und Wiedernutzung vorhandener Inhalte
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Effiziente Posteingangsverarbeitung
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Elektronische Signatur
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Ablösung von Inseln und proprietären Systemen
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Bereinigung der IT-Infrastruktur
Entlastung der Bürokommunikationssysteme ist aber nur ein Aspekt, der in der Konsequenz zur Einführung eines elektronischen Archivsystems führen wird. Es gibt weitere, weitaus unternehmenskritischere Aspekte.
Wenden wir uns aber zuerst dem meist an erster Stelle genannten Wunsch der Anwender nach Entlastung der E-Mail-Systeme zu. Dieser ist leicht zu verstehen:
   
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Aufgrund der immensen Informationsflut quellen die Bürokommunikationsprogramme über und werden  gleichzeitig immer größer und komplexer.
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Der Spam-Anteil bzw. der Anteil an unnötigen Mails steigt weiter an.
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Der Aufwand für die Systemadministration wächst dadurch enorm.
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Bei E-Mails ist die Identifikation der aufbewahrungspflichtigen, der aufbewahrungswürdigen und der übrigen Dokumente besonders aufwändig, besonders wenn private Nutzung erlaubt ist.
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Häufig werden E-Mails und/oder Attachements generell gedruckt und dann abgelegt, was einen sehr hohen Personalaufwand bewirkt.
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E-Mails werden vielfach multiplikativ mit aufgeblähten Verteilerlisten versandt.
Deshalb widerstrebt heute gerade der gängige Umgang mit E-Mails den Wünschen nach Transparenz, Nachvollziehbarkeit, Verfügbarkeit, Redundanzfreiheit und Sicherheit der Information. Eine revisionssicherer Archivierungsprozess von ein- und ausgehenden E-Mails kann hier Abhilfe schaffen.
Es gibt aber noch weitere Gründe, die für die Einführung einer elektronischen Archivlösung für E-Mails sprechen und die weit über eine Entlastung der Bürokommunikationssysteme hinausgehen.
   
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Müssen aufgrund betrieblicher oder rechtlicher Anforderungen E-Mails systematisch recherchiert werden, bedeutet dies für die betroffenen Unternehmen meist einen enormen Aufwand. Ältere E-Mails müssen mühselig aus Bandsicherungen wiederhergestellt werden, falls dies überhaupt noch möglich ist. Ein Archivsystem erlaubt dank seiner integrierten Suchfunktionalitäten eine drastische Reduzierung von Suchzeiten.
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Über E-Mail wird heute eine Vielzahl von geschäftskritischen Informationen übermittelt. Diese gilt es sowohl aus rechtlichen als auch aus unternehmensinternen Gründen zu sichern und in nachgelagerten Systemen bereitzustellen. Dem Archivsystem kann hierbei eine Schlüsselrolle zukommen.
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Compliance-Anforderungen, resultierend aus gesetzlichen Regelungen in den USA wie den Sarbanes-Oxley-Act, führen zu einer verstärkten Aufmerksamkeit auf die E-Mail-Kommuniukation verbunden  mit der Forderung nach höherer Transparenz und Verfügbarkeit. Durch die Skandale um ENRON und WorldCom hat dies in den USA eine neue Brisanz erhalten: neue, mit bis zu 20 Jahren strafbewährte Anforderungen zur Aufbewahrung geschäftsrelevanter elektronischer Informationen.
Ein Beispiel für Compliance Anforderungen sind auch die Auswirkungen von Basel II für die Unternehmen. Auch wenn man in Bezug auf die Kreditvergabe und die Dokumentations-pflichten hier zunächst nur an die Banken denkt, hat Basel II auch erhebliche Auswirkungen auf alle Unternehmen. Kaum ein Unternehmen kommt ohne Kredite der Banken aus. Da sich die Kreditnehmer einem Rating unterziehen müssen, schlagen die Transparenzanforderungen von Basel II praktisch auf die Unternehmen durch. Ratingagenturen verlangen heute Einblick in die IT-Infrastruktur eines Unternehmens und zwar auch hinsichtlich der Sicherheit und der Verfügbarkeit geschäftskritischer Informationen.
Weitere Beispiele sind die Compiance-Anforderungen des HGB/AO, der GDPdU, der GoBS oder der sogenannten Verrechnungspreisdokumentation im Finanzbereich, die ebenfalls Auswirkungen auf das Management der in der Bürokommunikation enthaltenen Information haben können.
Eine durchaus wachsende Zahl von Anwender löst heute die Probleme mit der Integration der E-Mal-Korrespondenz in ein elektronisches Archivierungskonzept oder über Insellösungen, die andere Problemfelder schaffen können. Auf der anderen Seite behindert die Komplexität der E-Mail-Strukturen eine systematische und möglichst automatische Klassifikation und Indizierung der E-Mail-Dokumente, was eine zwingende Voraussetzung für die Einführung jedes elektronischen Archivs ist.
E-Mails sind aus Dokumentensicht nur jeweils ein Element in der gesamten Betrachtung des Dokumenten-Inputs und –Outputs – aber eines mit besonderer Komplexität.
Um die Komplexität der Struktur und des Umgangs mit E-Mails zu verstehen, müssen wir nur einen Blick auf das heutige moderne Verständnis  des Dokumentenbegriffs werfen. Früher orientierten sich der Begriff Dokument und das Verständnis von Dokumenten-Management an einer physisch greifbaren Form. Heute kann ein Dokument eine beliebig komplexe Struktur wie ein Container mit beliebigen digitalen Komponenten besitzen. Host-Output, Web-Formulare, Protokolle von Web-Transaktionen, dynamische HTML-Seiten, digitale Video- und Ton-Aufzeichnungen, Datensätze, Office-Dateien, elektronisch signierte Dateien und eben E-Mails mit Attachement – dies alles sind nach heutigem Verständnis Dokumente. Die E-Mail, mit der Möglichkeit über Attachments beliebig  verschachtelte Strukturen zu schaffen ist das gängigste Beispiel für hoch komplexe Dokumentenstrukturen.
Hinzu kommt, dass bei einer Archivierung von E-Mails der Umgang mit verschlüsselten E-Mails beachtet werden muss. Bei verschlüsselten Dokumenten widersprechen sich der Wunsch nach Geheimhaltung von Informationen mit wesentlichen Kriterien der Langzeitarchivierung wie Sicherstellung der Information und Verfügbarkeit. Was passiert, wenn während der Aufbewahrungsfrist der Schlüsselinhaber verstirbt oder wenn der Schlüssel selbst abhanden kommt?
Elektronische  Signaturen stellen eine weitere Schwierigkeit beim Archivieren von E-Mails dar. Die meisten Archivsysteme können heute signierte Dokumente verwalten. Elektronische Signaturen stellen einen wichtigen Schritt zu einer höheren Rechtssicherheit in der Bürokommunikation dar. Dummerweise läuft die Gültigkeit einer elektronischen Signatur in der Regel deutlich vor der gewünschten oder geforderten Aufbewahrungsdauer ab. In solchen Fällen müssen die Dokumente vor Ablauf der Gültigkeit des Zertifikats einer Signatur „nach-„ oder „übersigniert“ werden. Solche Prozeduren werden, auch wenn sie durch die zuständige Aufsichtbehörde abgenommen sind von manchen Richtern sehr kritisch gesehen.
Der Umgang mit E-Mails und die E-Mail-Archivierung stellen also alles andere als ein triviales Problemfeld dar.
Strategien für die E-Mail-Archivierung
Bei der Archivierung von Emails können verschiedene Strategien gefahren werden. Ob man Emails komplett, also inklusive aller Anhänge oder Emails mit aufgelösten Anhängen archiviert, kann nur über eine individuelle Betrachtung der Vor- und Nachteile der einzelnen Vorgehensweisen erfolgen:
  
Vollständige Archivierung
Vorteile
Nachteile
Konformität mit den rechtlichen Erfordernissen
Möglichkeit der Prozessintegration
Kaum Einfluss auf die Arbeitsweise der Nutzer
Volle Integration in das bestehende IT Management des Unternehmens
Umfangreichster und aufwendigster Lösungsansatz
Meist kostenintensivste Lösung
Oft komplizierte Verhandlungen mit Betriebsrat und Datenschutzbeauftragten der Unternehmen
 
Vollständige Archivierung mit Separierung der Attachments
Vorteile
Nachteile
Wesentliche Reduzierung der Mailboxgrößen.
Daraus resultierender Performancegewinn.
Reduzierung der Hardwareanforderungen.
 
Rechtliche Anforderungen werden u.U. nicht erfüllt.
Nach Crash des Mailsystems ist eine Zuordnung der archivierten Anhänge zu Mails schwierig.
Offline Retrieval der Anhänge nicht möglich.
Auch die Frage, ob alle ein- und ausgehenden E-Mails grundsätzlich oder selektiv über Filterkriterien archiviert werden sollen, lässt sich ebenfalls nur durch individuelles Abwägen entscheiden. Als Vor- und Nachteile einer selektiven Archivierung können genannt werden:
  
Selektive Archivierung
Vorteile
Nachteile
Filterung unerwünschter Mails.
Reduzierung des Speicherplatzbedarfs.
Daraus resultierender Performancegewinn.
Reduzierung der Hardwareanforderungen.
Filterung aufwändig
Filterkriterien extrem schwierig zu definieren
Bei ungenauer Festlegung der Selektionskriterien werden rechtliche Anforderungen nicht erfüllt.
Die Problematik des heutigen Umgangs mit E-Mails ohne strukturierte und sichere Aufbewahrung der in E-Mails enthaltenen Informationen, wie sie ein elektronisches Archivsystem bietet, lässt sich an zwei Phänomen der heutigen Informationsgesellschaft fest machen (Zitate Dr. Ulrich Kampffmeyer, PROJECT-CONSULT):
1. Information Overflow
„Wir leiden an einer Informationsüberflutung und müssen die werthaltige, wichtige Information mühsam suchen.
Der systematischen Erschließung der exponentiell wachsenden Information kommt eine immer größere Bedeutung zu.“
2. Information Gap
„Die ersten Lücken in der elektronischen Überlieferung treten auf: Elektronisches Wissen ist bereits unwiederbringlich verloren gegangen“ (JH)
 
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