20040722 \  Märkte & Trends \  Das schlimme „K“-Wort
Das schlimme „K“-Wort
Konsolidierung im Markt für Dokumenten-Technologien. Aufkäufe, Merger & Acquisitions, Insolvenzen – in den Markt ist in den letzten Monaten wieder viel Dynamik eingekehrt. Unternehmen, die einstmals den Markt geprägt haben, sind verschwunden oder in anderen Unternehmen aufgegangen. Und ein Ende ist noch nicht abzusehen. Aber nicht jeder sieht in den Veränderungen eine Konsolidierung, da immer noch neue Firmen aus unterschiedlichsten Segmenten in den Markt für Document Related Technologies, Enterprise Content Management und Information Lifecycle Management einsteigen.
Konsolidierung – das schlimme „K“-Wort
Die Veränderungen im Markt sind nicht mehr zu ignorieren. Tibco übernimmt Staffware – einstmals das Glanzlicht im Workflow-Segment. BetaSystems übernimmt Kleindienst – und ergänzt damit das Output-Portfolio um Input-Komponenten. OpenText übernimmt „Gott-und-die-Welt“ – ein Warenkorb unterschiedlichster Produkte von IXOS, Obtree, Gauss, SER E-Government, Magellan, Powerworks und andere Produkte muss konsolidiert werden. EMC übernimmt Documentum, Legato und andere Anbieter um sein ILM Information Lifecycle Management Portfolio auszubauen. Documentum seinerseits hatte verschiedene Unternehmen übernommen und betreibt dies eifrig weiter. Auch bei den großen Content Management Anbietern wie Vignette (Tower Technologies), Serena (MERANT), Stellent (Optika) und Interwoven (IManage) wird das Produktspektrum um Dokumenten-Technologien ergänzt, nicht zu vergessen der Aufkauf von Cardiff durch Verity, die in den Markt für ECM strebt Auch die Großen im Markt wie IBM oder HP legen sich innovative Produkte durch Zukäufe zu. Damit sind viele der klassischen Anbieter in größeren Firmenkonstrukten aufgegangen. Gleichzeitig sind die deutschen „Neue-Markt-Stars“ der 90er Jahre auf Größenordnungen gesundgeschrumpft, die sie vor dem Börsengang hatten: SER Solutions, CEYONIQ und EASY. Auch die eklatanten Entlassungen bei IXOS sind in diesem Licht der Konsolidierung zu sehen. Einige Insolvenzen wie Amenotec oder Asimus – um nur ein paar Firmen mit dem Anfangsbuchstaben „A“ vom Beginn der Abgangsliste zu nennen – runden das Bild vom sich konsolidierenden Markt ab. Große Namen der Vergangenheit sind nunmehr Geschichte. Eine Ära geht zu Ende. Aus der innovativen Vielfalt, der stürmischen Entwicklung eines neuen Marktsegmentes in den 80er und 90er Jahren, werden nun Commodities der allgemeinen IT-Landschaft.
Die Veränderungen sind längst nicht abgeschlossen. Um den allumfassenden Anspruch an ECM Enterprise Content Management Lösungen erfüllen zu können bedürfen nahezu alle Anbieter weitere Produktkomponenten. Nur wenige Anbieter können heute auf ein nahezu vollständiges Portfolio blicken: FileNet, EMC und IBM gehören sicher dazu, andere wie z.B. OpenText, Hummingbird oder Vignette befinden sich vorn im Verfolgerfeld. Dabei darf man aber nicht übersehen, dass auch „Branchenfremde“ sich immer mehr in das Umfeld hineinbewegen. An erster Stelle SAP mit Workflow, Dokumentenmanagement und Records Management. Adobe bietet immer mehr Komponenten in Ergänzung der reinen PDF-Technologie an. Oracle bastelt weiterhin an den eigenen ECM-Komponenten. SUN und Microsoft beginnen ihren Turf abzustecken. Und die ganze Phalanx der Storage-Anbieter, die nunmehr unter dem neuen Kampfruf ILM Information Lifecycle Management in den Markt für Archivierungs- und Dokumentenmanagementlösungen drängen – allen voran EMC, StorageTek, Hitachi und HP.
Im Trend: die drei „K“
Ein anderes „K“-Wort in diesem Zusammenhang ist die Konvergenz der Technologien. Immer breitere Portfolios mit zahlreichen Modulen und verschwimmende Abgrenzungen zu angrenzenden IT-Marktsegmenten. Komplettierung ist das dritte „K“-Wort, das den Motor der Aufkäufe von Technologie, Produkten und Unternehmen antreibt. Komplettierung, Konsolidierung und Konvergenz gehen Hand-in-Hand. Ob jemand dabei an die Anwender gedacht hat? Viele der neuen Angebote sind überdimensioniert, denn der Anspruch des Angebotes wird immer umfassender. Gerade das Akronym ECM mit seinen Einheiten Capture, Deliver, Store und Preservation sowie den Manage-Komponenten Dokumentenmanagement, Web Content Management, Business Process Management, Records Management und Collaboration lädt zu Träumen von einer „eierlegenden Wollmilchsau“ ein. Abgesehen davon, dass jeder der Anbieter noch seine eigenen Interpretationen eines ECM-Portfolios mit einbringt.
Und noch ein paar „K“-Worte ...
Herkömmliche Kategorisierungen – ein weiteres „K“-Wort - des Marktes greifen nicht mehr. Auch die neuen Akronyme wie ECM oder ILM sind wenig geeignet, eine Identifikation für den Endanwender zu ermöglichen. Dazu ist bei allen Anbietern der Warenkorb zu gemischt und die einzelnen Komponenten – ob nun als Lizenz oder Firma dazugekauft – zu wenig integriert. ECM und ILM sind ebenso wie der Schlachtruf vergangener Tage – Knowledge Management – und neue Slogans wie „Compliance“ oder „Collaboration“ (könnte man auch mit „K“ schreiben, wenn man an die Kollaboration im unseligen Krieg erinnern wollte) Visionen, die erst mit Leben gefüllt werden müssen. Die Anbieter tun sich keinen Gefallen, wenn sie zu viel versprechen. Sie müssen sich und ihre Produkte an den Marketingslogans messen lassen. Und dies dürfte dann zu weiteren „K“-Fällen führen – Konkurse weiterer Anbieter oder Katastrophen in schlecht gemanagten Projekten als Folge der Kulmination von Konsolidierung, Komplettierung und Konvergenz. Genug der „K“-Worte. (Kff)
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