Sparkassenorganisation und Landesbanken stellen universelles Archivsystem vor (Teil 2)
Von Thorsten Brand, Senior-Berater bei PROJECT CONSULT
Systemanforderungen
Die Anforderungen für DM auf Basis elektronischer Archivierung sind speziell bei Finanzdienstleistern äußerst komplex und umfangreich. In besonderem Maße trifft dies auf Lösungen zu, die für große und kleine Institute gleichermaßen geeignet sein sollen. Dementsprechend umfangreich fiel auch der Anforderungskatalog für ELSA aus. Eine Auswahl ist nachfolgend zusammengestellt:
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| · | Kunden- und kontenorientierte (elektronische) Ablage aller Objekte, die im Kundenverkehr entstehen können. |
| · | Revisionssicheres Ablagesystem nutzbar für viele technische Umgebungen und zudem leicht skalierbar. |
| · | Einfache Zusammenführung von (unterschiedlichen) Dokumentbeständen. |
| · | Bearbeiten und Verändern von Informationen. |
| · | Erfassung von Informationen, sofern sie noch nicht rechnergestützt vorliegen. |
| · | Konvertierung von Informationen in eine zur Archivierung geeignete Form. |
| · | Attributierung der jeweiligen Information zum Zwecke der späteren Wiederauffindbarkeit. |
| · | Sicherstellung der leichten Wiederauffindbarkeit durch geeignete Retrievalsysteme. |
| · | Dokumentenzugriff über gezielte Datenbankabfragen und visualisierte Ordnungsstrukturen. Daten sollen parallel angezeigt und bereitgestellt werden. |
| · | Bereitstellung gespeicherter Informationen an berechtigte Nachfrager. |
| · | Verteilen von Information, falls nötig auch an andere Kommunikationssysteme wie Fax oder E-Mail. |
| · | Administration der DMS-Inhalte, der Ablagestrukturen und der Benutzerrechte. |
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| · | Administration und ggf. Organisationsunterstützung von Datenflüssen und Bearbeitungs-prozessen im Rahmen vorhandener Arbeits-abläufe. |
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| · | Generelle Darstellung der Informationsinhalte am ELSA-Client. |
Auswahl Grundsystem
1998, zu Beginn des ELSA-Projektes, fand sich am DMS-Markt kein gängiges Produkt, welches in der Lage gewesen wäre, den Anforderungskatalog auf Anhieb zu erfüllen. Also prüfte man verschiedene Systeme und wählte dasjenige als ELSA-Startbasis aus, welches insbesondere bezüglich technischer Voraussetzungen in der Architektur der Archiv-anwendung den Vorstellungen am nächsten kam: Die Wahl fiel auf die Standard-Anwendung CE Akte der CE Computer Equipment AG, Bielefeld.
Nicht nur Architektur, sondern auch der Umfang der Basisfunktionen stimmten weitestgehend mit den ELSA-Anforderungen überein. Gemeinsam mit dem Anbieter wurden die restlichen Anforderungen herausgearbeitet und zu einer neuen Version der CE Akte umgesetzt, zu ELSA 1.0.
ELSA Architekturmodell
Die Lösung
ELSA 1.0 steht in der Praxisbewährung. Die gelisteten Anforderungen werden erfüllt. Eine zentrale Stammdatenschnittstelle für Kunden- und Kontodaten erlaubt die Recherche über alle relevanten Informationen aus dem Kundengeschäft, ohne (sonst teilweise kostenpflichtigen) Zugriff auf Drittsysteme. Die DM-Funktionalitäten für Office-Produkte, Versionierung, Volltextunterstützung, und Check in/Check out helfen den Sachbearbeitern der Anwender-Institute oder den Vorstands-Sekretariaten bei der Erstellung, und Verteilung von Protokollen und Rundschreiben. Bei der Landesbank befindet sich ein solches System bereits seit mehr als zwei Jahren im produktivem Einsatz.
ELSA Kundenakte
Die Ausweitung auf andere fachliche Bereiche wie Personalakte oder auf Listenarchivierung ist im Idealfall ohne Entwicklereinsatz und Programmierung möglich. Es reicht anwendungsspezifische, einfache Anpassung (Customizing). Von besonderer Wichtigkeit ist die Import-Schnittstelle für die zentrale Einstellung, einheitlicher Begrifflichkeiten und Vordruck-Beschreibungen (deutschlandweit). Nur damit lassen sich die Einheitlichkeit der Archivbestände und die Konformität zu den zentralen Vorgaben der Sparkassenorganisation sicherstellen.
Viele Sparkassen setzen Unterschriften-Prüf-systeme im Bereich Zahlungsverkehr ein. Meist beschränkt sich deren Funktionalität auf das Anzeigen einer oder mehrerer Unterschriften eines Kontos, teilweise mit entsprechenden Zusatzinformationen. Weil in ELSA nicht nur alle diese Informationen vorliegen, sondern Ausschneide-Werkzeuge für Unterschriften und Spezial-Viewer zur schnellen Anzeige an den dafür vorgesehenen Arbeitsplätzen System-Bestandteil sind, können mittelfristig die bisherigen reinen Anzeige-Anwendungen durch ELSA ersetzt werden.
Ohnehin kommt dem Thema Integration in vorhandene Anwendungen ein immer höherer Stellenwert zu. Es ist stets ärgerlich, wenn man Zugangscode oder Suchroutine in Anwendung A eingegeben hat, Anwendung B, die neben A auf dem Bildschirm läuft, davon aber nichts weiß. Enabling heißt hier das Zauberwort und natürlich ELSA. Denn das System ist in viele gängige Anwendungen wie MS Word, Mail oder bankfachliche Anwendungen derart integrierbar, daß Daten sowohl für die Archivierung als auch für die Recherche übernommen werden können.
Weitere Features wie die Recovery-Funktion bei Systemausfällen, das mehrstufige Caching-Konzept für dezentrale Strukturen oder die Massenexport-Funktion beim Systemwechsel sind Eigenschaften von ELSA, die der Normalnutzer nicht wahrnimmt, auf die ein moderner Archivbetrieb jedoch nicht verzichten kann. Ebenso unverzichtbar ist eine Protokollierung, ein Vier-Augen-Prinzip bei der Erfassung und die Möglichkeit der zentralen Überwachung aller Systemkomponenten. Ferner verfügt ELSA über ein spezielles Konzept zur verteilten Erfassung, Caching und Dokumentenbereitstellung, um die gegebenen Strukturen von Rechenzentren einerseits und Instituten, teilweise mit Filialen, andererseits optimal bedienen zu können, ohne daß dafür außergewöhnliche Bandbreiten im WAN benötigt werden. So können beispielsweise nachts ausgewählte Dokumentenarten an verschiedenen Standorten zur Verfügung gestellt werden. Damit nicht genug.
Eine für die Folgeversion geplante Funktionalität zielt direkt auf den Endkunden: Zugriff auf die eigenen Dokumente im Archivsystem der Hausbank über Web-Technologie. Da Sicherheitsparameter wie PIN und TAN bereits beim Kunden eingeführt sind, läßt sich dieser alte Kundenwunsch nach sicherer Ablage einerseits und direkter Einsicht in das ihn betreffende Archiv und „seine Dokumente“ andererseits realisieren.
Einführungsszenario
Innerhalb der deutschen Sparkassenorganisation existieren diverse Vorgaben für den Einsatz von DMS und elektronischen Archivsystemen. Entwickelt wurden diese als Hilfestellung für die Institute und Rechenzentren vom Sparkassen-Informatik-Zentrum SIZ, Bonn (technische Vorgaben, Grundindex, Herstellerselektion), vom Deutschen Sparkassen und Giro-Verband DSGV, Bonn (einheitliche Nomenklatur und Dokumentenklassen), und vom Deutschen Sparkassen Verlag DSV, Stuttgart (optimierte Vordruck-Gestaltung für automatische Verarbeitung). Inhalt und Ziel der Vorgaben ist ein optimaler Betrieb von elektronischen Archiv- und DM-Systemen. Bundesweit einzigartig ist in diesem Zusammenhang ein Vorgehenskonzept (Produktneutrales Rahmenkonzept zur Einführung von Archivsystemen), welches alle Aspekte der technischen und organisatorischen Einführung entsprechender Systeme beschreibt, von der Analyse über die Implementierung bis hin zur Abnahme.
Konkret für ELSA heißt dies, daß die Einführung stets nach einem festen Schema erfolgt. Die Details des jeweiligen ELSA-Vorgehensschemas werden zwischen einem Institut oder einer Abteilung und den fachlich Zuständigen (Verbände, Fachabteilungen) wie technisch Zuständigen (Rechenzentren, IT-Abteilungen) abgestimmt. Basis bildet stets die Ist-Analyse-Datenbank für ELSA. In ihr werden alle anwendungsspezifischen Informationen zusammengetragen und darauf aufbauend die technische Dimensionierung und das fachliche Szenario festgelegt. Um stets in einer reproduzierbaren Bandbreite sinnvoller Gesamtkonstellationen zu bleiben, wurden im Rahmen obiger Vorgaben die Variantenvielfalt einschränkende Betriebsszenarien definiert. Dadurch wird die Systemwartung vereinfacht, die Wirtschaftlichkeit gesteigert und dennoch genügend Freiraum in der Systemgestaltung belassen.
Dem Institut steht es frei zu entscheiden, in welchen Geschäftsbereichen (Kredit, Giro, Zahlungsverkehr etc.) die Anwendung eingesetzt werden soll. Neben der Einführung läuft auch die Schulung nach einem festen Schema ab. Dabei muss vor Ort um so weniger Know-how vermittelt werden, je zentraler eine Installation betrieben wird. Insgesamt begleitet ein ELSA-Rollout-Team mit komplettem Service ein an elektronischer Archivierung interessiertes Institut von der Entscheidung für ELSA über organisatorische Beratung bis zur Abnahme und Bereitstellung einer standardisierten ELSA-Verfahrens-dokumen-tation. Diese Vorgehensweise sorgt für kurze Projektlaufzeiten, entsprechend schnellere Amortisation und ist inzwischen Standard bei den ELSA-Partnern geworden.
Ausblick
ELSA ist die zentrale Management-Plattform für alle Dokumente und Objekte für Sparkassen und Banken. Dabei wird nicht unterschieden zwischen gescannten Eröffnungsanträgen, Kontoauszügen über COLD, Bild-Dateien aus dem Immobilienbereich oder Tonaufnahmen aus dem Telefon-Banking. Diese Systemoffenheit wird zukünftig immer wichtiger. Objekte werden sich immer weiter verändern.
Zunehmend unterliegen auch elektronisch signierte Objekte der Archivierungspflicht. Ende des Jahres 2000 soll das überarbeitete deutsche Signaturgesetz vorliegen. Es ist abzusehen, daß digitale und physische Unterschriften gleichgestellt sein werden. Der vermehrte Einsatz von Unterschriften-Pads an Kassenschaltern treibt diese Entwicklung an. Papier wird zumindest in diesem Zusammenhang an Bedeutung verlieren, doch werden auch neue Fragen aufgeworfen. So bestehen Verträge zukünftig vermehrt aus einem Dateiobjekt wie HTML oder XML, mit einem privaten Schlüssel (private key), der wiederum nur mit einem öffentlichen Schlüssel (public key) funktioniert. Dieser hat aber nur eine fünfjährige Gültigkeit. Was heißt dann im Sinne revisionssicherer Archivierung „im Original reproduzierbar“, wenn der Vertrag vielleicht zehn Jahre aufbewahrt werden muß?
Um also auch in Zukunft umfassende Dokumentenplattform zu bleiben, muß ELSA entsprechend weiterentwickelt werden. Die offene Systemarchitektur bietet hierfür schon heute die Grundlage. Was die Gegenwart anbetrifft, hat ELSA in den ersten Anwendungen die gesetzten Ziele erreicht. Die Anwender berichten von Kostensenkungen und insbesondere von ELSA als Werkzeug für Kundenbindung. Das System stellt auch die technische Basis für Call-Center und Homebanking zur Verfügung, Anwendungen, für die schnellste Auskunftsfähigkeit marktentscheidend ist. Der ELSA-Erfolg steht inzwischen für einen neuen Slogan der Sparkassen:...Wenn’s um DMS geht – Sparkasse!