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„Hamburger Thesen“ zum Chancenparadox
Kooperation zwischen informationswirtschaftlichen Anbietern und Anwendern
Hamburg - Unter der Überschrift „Kooperation zwischen informationswirtschaftlichen Anbietern und Anwendern“ haben sich namhafte Experten am 20.08.2002 im Hamburger Hotel Vier Jahreszeiten zusammengefunden. Beauftragt durch das BMWi Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie ( http://www.bmwi.de ) wurde dieser Expertenworkshop von der AIIM Association for Image and Information Management International, dem IIE Institute for Information Economics und der PROJECT CONSULT Unternehmensberatung veranstaltet.
Trendbericht: Die Entwicklung der deutschen Informationswirtschaft bis 2006
Hintergrund dieser Veranstaltung ist die Diskussion wesentlicher Aussagen des 2. Trendberichts 2001/2002 unter dem Titel „Die Entwicklung der deutschen Informationswirtschaft bis 2006“, welcher vom IIE in Zusammenarbeit mit NFO Infratest im Auftrag des BMWi erstellt worden ist. Mit dem Zusammenbringen von Persönlichkeiten aus den Bereichen Politik, Anbieter, Anwender und Wissenschaft stand für das BMWi im Vordergrund, auf Basis einer regen Diskussion Erkenntnisse zu erhalten, wie die heutige Förderpolitik den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden kann.
In der Studie wurden von über 95% der befragten Experten Mängel in der Kooperation zwischen Anbietern und Anwendern nicht nur festgestellt, sondern als Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland bewertet. Doch es wurde auch erkannt, dass diese Risiken eigentlich als Chancen zu verstehen sind, die heute durch mangelnde Kooperation nicht genutzt werden. Dieses hat die Ursache, dass die eigentlichen Chancen nur sehr selten als solche verstanden werden. Aufbauend auf der These des Chancenparadox entstand eine interessante Diskussion zwischen den Teilnehmern.
Diskussion und konkrete Maßnahmen für die zukünftige Förderpolitik des BMWi
Die Experten von Bayer ( http://www.bayer.de ), BMWi, EON ( http://www.eon.de ), Factiva ( http://www.factiva.com ), HWWA ( http://www.hwwa.de ), IIE, KPMG Consulting, MAK Data System ( http://www.makdata.de ), PriceWaterhouseCooper ( http://www.pwc.de ), PROJECT CONSULT, Spiegel Verlag ( http://www.spiegel.de ), Universität Hamburg ( http://www.uni-hamburg.de ), Wer liefert was? ( http://www.wlwonline.de ) und WestLB ( http://www.westlb.de ) diskutierten nicht nur die Ursachen, sondern schlugen auch konkrete Maßnahmen für die zukünftige Förderpolitik des BMWi vor. Die AIIM International sieht es, als von Anwendern und Anbietern getragener Verband, als eine ihrer wichtigsten Aufgaben an, die Diskrepanzen zwischen den Möglichkeiten und der tatsächlichen Nutzung von Synergiepotentialen zu überwinden.
Neben diesem gerade vergangenen Workshop ist noch ein weiterer in diesem Jahr geplant. Die bisher vorläufig zusammengefassten Ergebnisse, welche in den nachfolgenden „Hamburger Thesen“ zusammengefasst sind, sollen dabei weiter konkretisiert werden. Damit ist ein erster Ansatzpunkt geschaffen, informationswirtschaftliche Anwender und Anbieter in eine gemeinsame Diskussion zu involvieren, die hoffentlich über die nächsten Jahre weiterhin fruchtbare Ergebnisse liefern wird.
Die „Hamburger Thesen“
1. „Chancenparadox“
Für die Zusammenarbeit zwischen den informationswirtschaftlichen Anbietern und Anwendern besteht ein „Chancenparadox“. Auf der einen Seite ergeben sich die größten Chancen der deutschen Informationswirtschaft  im Zusammenwirken mit den Anwendern (zum Beispiel Automobilindustrie, chemische und pharmazeutische Industrie, Finanzdienstleister, Gesundheitswesen). Auf der anderen Seite bestehen zwischen den informationswirtschaftlichen Anbietern und Anwendern durchweg gravierende Kooperationsprobleme.
2. Internationalität ist ein „Muss“
Für informationswirtschaftliche Anbieter und Anwender sind internationale Orientierung und internationales Engagement ungeachtet der Betriebsgröße ein absolutes Muss, weil die besten Geschäftsideen, Anwendungen und Best Practice-Beispiele häufig im Ausland zu finden sind, weil der internationale Wettbewerb mit der Europäisierung der Märkte längst auch für den Binnenmarkt typisch ist und weil Kooperationspartner und Lieferanten immer häufiger auch für Klein- und Mittelbetriebe im Ausland ihren Standort haben. Während nationale und andere regionale Orientierungen für politische Handlungseinheiten notwendig bleiben, müssen diese in der Wirtschaft auch bei kleinen und mittleren Unternehmen relativiert werden. Im Rahmen eines Erfahrungsaustausches sollte ein besonderer Wert auf die Einbeziehung internationaler Expertise gelegt werden und kommt der internationalen Erfahrung in den Qualifikationsprofil der Mitarbeiter eine kontinuierlich wachsende Bedeutung zu.
3. Anwenderunternehmen: Balance zwischen Strategie, Planungstreue und Change Management wahren
Die bestehenden Kooperationsprobleme zwischen informationswirtschaftlichen Anbietern und Anwendern können nicht vollständig den beteiligten Unternehmen angelastet werden. Wohl verfügen die meisten Unternehmen über eine IT-Strategie und die Partner im Rahmen von Kooperationsprojekten über eine ausreichende informationstechnische Kompetenz. Aber die gesamte Branche ist von kontinuierlichen strukturellen Umbrüchen gekennzeichnet. In Kooperationsprojekten führen der rasche technische Wandel, Defizite bei eingeführten Produkten, oligopolistisches Handeln einzelner Marktführer sowie die Notwendigkeit, bestehende Angebote an unternehmensindividuellen Besonderheiten anzupassen, dazu, dass die Anwenderunternehmen immer wieder vor neuen Herausforderungen gestellt werden und sich bei Projekten in der Kooperation mit den Anbietern immer wieder Überraschungen einstellen. Dies führt sowohl unternehmensstrategisch als auch kooperationspolitisch zu den folgenden Anforderungen: Zwar muss die Offenheit für Visionen erhalten, die Konzeptualisierung von Strategien beibehalten und die Umsetzung von Strategien so weitgehend wie möglich vorgenommen werden. Gleichzeitig müssen Anwender und Anbieter jedoch fähig bleiben, sich flexibel im Rahmen eines Change Management auf neue Bedingungen einzustellen. Es sollte also so weitgehend wie möglich eine angemessene Balance zwischen Visionen und Strategie sowie Planungstreue und Change Management angestrebt und gewahrt werden..
4. Anbieterunternehmen: Nach der Krise der „New Economy“ ist der Nachweis der Seriosität wichtiger denn je
Im Zusammenhang mit der „Krise der New Economy“ ist die Seriosität der Anbieter publizistisch ins Gerede gekommen und hat dies in vielen Anwenderunternehmen zu Zurückhaltung geführt. Desto mehr sollte der informationswirtschaftliche Anbieter in der Zusammenarbeit mit seinen Kunden gerade in der gegenwärtigen Situation darauf achten, dass der individuelle Bedarf des Kunden etwa in einem Kick off-Meeting erfasst und immer wieder von diesem ausgegangen, eine weitgehende Transparenz über das eigene Angebot und den Stand der eigenen Leistungen hergestellt, nicht produkt-, sondern kundenorientiert gedacht und gehandelt wird und eventuelle Standardmodule auf den unternehmensindividuellen Bedarf angepasst sowie Versprechen und Zeitpläne eingehalten werden. Der informationswirtschaftliche Anbieter zeigt sich bereit, sich an dem möglichst zu quantifizierenden Nutzen der Anwendung messen zu lassen und über Help Desk- und Wartungsdienste die laufende Anwendung von eventuell noch bestehenden Kinderkrankheiten zu befreien und ihre Performance zu verbessern. Bei der Implementierung von Lösungen muss der Anbieter parallel an dem System ausgebildet werden, da er anschließend mit dem System allein zurechtkommen muss.
5. Umfassende Zusammenarbeit zwischen Anbietern und Anwendern vonnöten
Die Zusammenarbeit zwischen Anbietern und Anwendern sollte sich nicht nur auf Prozessrationalisierung, sondern auch auf die gemeinsame Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen beziehen. Je früher informationswirtschaftliche Anbieter in ein geplantes Kooperationsprojekt beispielsweise bereits bei der Bedarfsanalyse einbezogen werden, je umfassender die bei der Konzeptualisierung behandelten Fragestellungen sind, je genauer und klarer die Aufgaben für beide Seiten im Rahmen eines Pflichtenheftes festgelegt werden, je mehr der Kooperationsprozess durch eine frühzeitige Klärung finanzieller Fragen entlastet wird, je mehr auf ein professionelles Projektmanagement zurückgegriffen und eine allseitige Kommunikation innerhalb des Kommunikationsprozesses sichergestellt werden kann, desto größer sind die Chancen, dass das Kooperationsprojekt gelingen wird. Der Planung der Zusammenarbeit unter Einbeziehung von Anwendern und Anbietern zum Beispiel über Vorstudien und Testinstallationen kommt eine besondere Bedeutung zu und sollte gegebenenfalls vom Anwender besonders honoriert werden.
6. Besondere Bedeutung von Soft Skills.
Kooperationsprojekte zwischen informationswirtschaftlichen Anbietern und Anwendern leiden häufig daran, dass sie als rein technische definiert und darüber Probleme der Konsensfindung innerhalb der Anwenderfirmen (zum Beispiel zwischen Management, Technik und Fachabteilungen), Probleme der Vertrauensbildung zwischen Anbietern und Anwendern und Probleme gruppendynamischer Prozesse während der Verhandlungen sowie Notwendigkeiten der allseitigen Information und Kommunikation zwischen allen internen und externen Partnern vernachlässigt werden. Soft Skills wie Kommunikationsfähigkeit, Beratungsfähigkeit, Verhandlungsgeschick, Offenheit und Flexibilität sind im Rahmen dieser Projekte ebenso notwendig wie selten und müssen teilweise im Rahmen von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen erst herangezogen werden. Die entsprechenden Angebote an Hochschulen und Weiterbildungseinrichtungen bedürfen zum Teil der Reform. Mitarbeiter müssen ihre Soft Skills aber auch in ihrem Unternehmen anwenden können und sind entsprechend an Informations-, Kommunikations-, Entscheidungs- und Umsetzungsprozessen zu beteiligen.
7. Größte ungenutzte Kooperationspotenziale bei KMUs
Die größten ungenutzten informationswirtschaftlichen Kooperationspotenziale bestehen bei den kleinen und mittleren Anwenderunternehmen. KMUs sind sich der bestehenden Chancen häufig nicht bewusst, müssen sich unter den gegenwärtigen schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen vor allem über das Überleben im Tagesgeschäft kümmern, nutzen die im Prinzip verfügbaren relevanten Informationen suboptimal, kennen neue fortgeschrittene Managementverfahren etwa im Wissensmanagement nicht oder sind zu klein, um die angebotenen Lösungen zu nutzen. Auch haben sie selbst im Falle einer ausreichenden Innovationsorientierung schon aus finanziellen Gründen kaum mehr als eine Chance, um ein größeres informationswirtschaftliches Projekt durchzuführen.
8. Kooperationen zwischen KMUs und Großunternehmen fördern
Eine informationswirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen KMUs und Großunternehmen ist sowohl auf der Anwender- als auch auf der Anbieterseite in beiderseitigem Interesse. Für die Großunternehmen ist eine solche Zusammenarbeit wichtig, um sie von der Bewältigung von „Nischenaufgaben“ zu entlasten und sie in der Lage zu versetzen, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren. Ferner ist es für sie notwendig, den informationstechnischen Bedarf von KMUs kennenzulernen, um Produkte speziell für die kleinen und mittleren Unternehmen entwickeln zu können. Für kleine und mittleren Unternehmen ist eine Zusammenarbeit mit Großunternehmen interessant, um sie vor allem durch ein Learning by Doing an die neuesten informationstechnischen und informationswirtschaftlichen Entwicklungen anzukoppeln sowie ihre Akquisitionschancen ebenso wie die Installation effizienter Anwendungen zu verbessern. Diese informationswirtschaftliche Kooperation sollte auf die Auslandsmärkte, insbesondere die weiteren Märkte der Europäischen Union, ausgedehnt werden. In diesem Zusammenhang kommt den deutschen informationswirtschaftlichen Mega-Unternehmen Siemens, Deutsche Telekom und Bertelsmann eine besondere Bedeutung zu.
9. Der brancheninterne Erfahrungsaustausch sollte durch eine branchenübergreifende Zusammenarbeit ergänzt werden
Der brancheninterne Erfahrungsaustausch sowohl unter den informationswirtschaftlichen Anbietern und Anwendern ist eine zentrale Aufgabe der Verbände und wird von diesen auch wahrgenommen. Hier besteht allerdings nicht selten ein Effektuierungsproblem. Dagegen bleibt die Kommunikation zwischen Anwendern und Anbietern häufig auf die einzelwirtschaftliche Ebene im Rahmen konkreter Kooperationsprojekte zwischen Anbietern und Kunden beschränkt. Der Aufbau von branchenübergreifenden Netzwerken könnte zu einem allgemeinen Problembewusstsein im Hinblick auf die bestehende Kooperationsproblematik, zu einer weiten Verbreitung von Best Practice-Beispielen, zur Kodifizierung bewährter Regeln und Empfehlungen für die Gestaltung der Zusammenarbeit und letzten Endes zu einer bedeutenden Eliminierung der gegenwärtig weitverbreiteten Ineffizienzen in der Zusammenarbeit zwischen den informationswirtschaftlichen Anbietern und Anwendern führen.
10. Unternehmensberater können wichtige Funktionen im Kooperationsprozess zwischen informationswirtschaftlichen Anbietern und Anwendern übernehmen
Unternehmensberater können wichtige Funktionen im Kooperationsprozess zwischen informationswirtschaftlichen Anbietern und Anwendern übernehmen, indem sie eventuelle Kompetenzdefizite auf der Anwenderseite im Falle kleinbetrieblicher Strukturen ausgleichen, Verständnislücken zwischen Anwendern und Anbietern überbrücken, als neutrale Experten und Moderatoren zur Konsens- und Vertrauensbildung sowohl innerhalb der Anwenderunternehmen als auch zwischen Anwendern und Anbietern beitragen, Qualitätsstandards aufrechterhalten beziehungsweise Aufgaben der Qualitätssicherung übernehmen sowie in einer kritischen Begleitung des Kooperationsprozesses Koordinationsdefizite und weitere Probleme benennen und über eine entsprechende Moderierung zu deren Bewältigung beitragen.
11. Wichtige Aufgaben auch für Hochschulen und Forschung für informationswirtschaftliche Zusammenarbeit
Die Hochschulen sind für die Zusammenarbeit zwischen informationswirtschaftlichen Anbietern und Anwendern wichtig, weil sie die Mitarbeiter in den Betrieben - zum Teil notwendigerweise in enger Zusammenarbeit mit der Wirtschaft - mit den benötigten Qualifikationsprofilen (einschließlich der Soft Skills) versehen (sollten), weil sie besonders bei stark innovativen Projekten die in These (10) genannten Funktionen externer Unternehmensberater wahrnehmen können und weil sie gut geeignet für die Übernahme von Moderatorenaufgaben im Rahmen eines branchenübergreifenden Erfahrungsaustausches sind. Die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Informationswirtschaft sollte verbessert werden, damit sich die Hochschulen rascher und intensiver auf den Mitarbeiterbedarf der Betriebe einstellen können. Ein Interesse der Informationswirtschaft an einer solchen Zusammenarbeit darf vorausgesetzt werden. Wissenschaft und Forschung sind zu einer praxisnahen Begleitung branchenübergreifender Kooperationsprojekte aufgerufen, da bislang wenige Erfahrungen aus einer gelungenen branchenübergreifenden Zusammenarbeit vorliegen und Kooperationserfahrungen aus anderen Bereichen wegen der unterschiedlichen Interessen und Orientierungen der Anbieter und Anwender in der branchenübergreifenden Zusammenarbeit nicht ohne weiteres übertragbar sind.
12. Der öffentliche Bereich als informationswirtschaftlicher Anwender (E-Government)
Der öffentliche Bereich als informationswirtschaftlicher Anwender hat einen Nachholbedarf gegenüber dem privaten Bereich. Es ist sehr wichtig, dass diese „Anwendungslücke“ wenn schon nicht aufgehoben so doch über besondere Anstrengungen des öffentlichen Bereiches verringert wird. Die Übernahme von Vorbildfunktionen zumindest in einzelnen Anwendungsbereichen ist aus der Sicht der Wirtschaft sehr wünschenswert, weil so kleine und mittlere Unternehmen rascher bewogen werden können, auf „progressive“ Anwendungen umzusteigen. Im Rahmen der E-Government-Initiativen dominieren derzeit Insellösungen im Rahmen überkommener Organisationsstrukturen und traditioneller Verwaltungsabläufe. Diese sollten über eine Sicherstellung amts- und behördenübergreifender Kompatibilitäten und darüber hinausgehender Organisationsreformen abgelöst werden. Gegen die Ziele der E-Government-Initiativen Verwaltungsmodernisierung (Kostensenkung, Effektivitätssteigerung) sowie größere Bürgernähe ist zwar im Prinzip nichts einzuwenden. Doch kommt der Zusammenarbeit und auch der Vernetzung zwischen Wirtschaft und Verwaltung derzeit ein noch zu geringer Stellenwert zu. Die informationswirtschaftliche Zusammenarbeit sollte teilweise zweckmäßigerweise im Rahmen von Public Private Partnerships erprobt werden.
13. Der öffentliche Bereich als informationswirtschaftlicher Anbieter: Problembereich „Public Sector Information“
Als informationswirtschaftlicher Anbieter tritt der Public Sector vor allem im Informationsbereich auf.  Im Bereich Public Sector Information nimmt Deutschland in einem EU-internen Vergleich einen der hinteren Plätze ein. Dies gilt für die Informationsrechte von Bürgern und Wirtschaft gegenüber dem öffentlichen Bereich, für die formale Verfügbarkeit der öffentlichen Informationen, für ihre faktische Verfügbarkeit, die beispielsweise erst durch eine nutzerfreundliche Aufbereitung und entsprechende Marketinganstrengungen sichergestellt werden kann, für die Entwicklung wirtschaftsfreundlicher Mehrwertdienste (beispielsweise durch eine Kombination von Informationen aus dem privaten und öffentlichen Sektor), für die Zusammenarbeit zwischen privatem und öffentlichem Bereich bei der Verfügbarmachung und Vermarktung öffentlicher Informationen und zum Teil für die Nutzung öffentlicher Informationen durch Wirtschaft und Informationswirtschaft. Öffentliche Informationen wie Statistiken oder geografische Daten werden mehr und mehr zu einem bedeutenden Wettbewerbsfaktor, so dass hier besondere Anstrengungen des öffentlichen Bereiches geboten sind. Der öffentliche Bereich und/oder die Verbände sollten systematisch Informationen über Möglichkeiten der Zusammenarbeit innerhalb der Wirtschaft, unter anderem auch eine branchenübergreifende Zusammenarbeit (beispielweise Erfahrungen aus Best Practice-Modellen), fördern.
14. Der öffentliche Bereich als Förderpolitiker
Der öffentliche Bereich kann im Rahmen förderpolitischer Maßnahmen zum Teil in enger Zusammenarbeit und Abstimmung mit den informationswirtschaftlichen Verbänden zu einer Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen informationswirtschaftlichen Anbietern und Anwendern beitragen, indem er:
   
 ·
Pilotprojekte der branchenübergreifenden Zusammenarbeit fördert und diese wissenschaftlich begleiten lässt,
 ·
Modelle entwickelt, die die Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen Bereich und der Wirtschaft im Rahmen der diversen E-Government-Initiativen verbessert,
 ·
Best-Practice-Beispiele zur branchenübergreifenden Zusammenarbeit verfügbar macht und Checklisten für eine erfolgversprechende Vorbereitung und Durchführung von branchenübergreifenden Kooperationsprojekten entwickeln lässt, dies sowohl im Hinblick auf die Vorbereitung einer Zusammenarbeit als auch im Hinblick auf die konkrete Gestaltung des Kooperationsprozesses,
 ·
die internationale Zusammenarbeit, den internationalen Erfahrungsaustausch zur branchenübergreifenden Zusammenarbeit und die Einbindung internationaler Expertise auch bei nationalen Projekten fördert,
 ·
dafür Sorge trägt, dass die Beratung kleiner und mittlerer Unternehmen auf das gesamte Spektrum informationswirtschaftlicher Chancen ausgeweitet sowie generell intensiviert wird,
 ·
Pilotprojekte der nationalen und internationalen Zusammenarbeit zwischen Großunternehmen auf der einen Seite sowie kleinen und mittleren Unternehmen auf der anderen Seite beispielsweise in den Bereichen Technologietransfer, Arbeitsteilung und Koordination bei Großprojekten sowie gemeinsame Exportbemühungen gefördert werden,
 ·
die Entwicklung angemessener Modelle der Informationsfindung, -teilung, -nutzung und
 ·
 - anwendung besonders in kleinen und mittleren Unternehmen unterstützt,
 ·
den in einem innereuropäischen Vergleich bestehenden dringendsten Handlungsbedarf im Bereich „Public Sector Information“ eliminiert,
 ·
Curricula und Studiengänge fördert, die über das reine Fachwissen hinaus die Entwicklung wichtiger Soft Skills fördert, und
 ·
die Einrichtung von Gremien unterstützt, die den branchenübergreifenden Dialog und Erfahrungsaustausch zwischen Informationswirtschaft und weiterer Wirtschaft (unter Einschluss des öffentlichen Bereiches) voranbringen.
15. Prinzipiell wichtige Aufgabe für informationswirtschaftliche Verbände bei Sicherstellung einer effizienten branchenübergreifenden Zusammenarbeit
Verbände können und sollten bei der Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen informationswirtschaftlichen Anbietern und Anwendern wichtige Aufgaben wahrnehmen, indem sie über entsprechende Informationsmaßnahmen eine „Awareness“ des Problems erzeugen, eine Plattform für den branchenübergreifenden Dialog und Erfahrungsaustausch verfügbar machen und die Umsetzung und Koordination einer Reihe von Fördermaßnahmen (beispielsweise: Entwicklung von Best Practice-Beispielen) übernehmen. Um diese Aufgaben effizient wahrnehmen zu können, ist es allerdings auch erforderlich, dass die informationswirtschaftlichen Verbände zum Teil zu einer handlungsfähigeren Größe heranwachsen und die verbandlichen Grenzen zwischen Anbietern und Anwendern durchlässiger als bisher gestaltet werden.  
(SKK/FvB/Dr. Bredemeier)
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