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Document Related Technologies – Trends 2006
Teil 3 des Beitrags von Dr. Ulrich Kampffmeyer. Teil 1 erschien im Newsletter 20060308Newsletter 20060308, Teil 2 im Newsletter 20060331Newsletter 20060331.
Technologien & Standards
Eine Reihe von Technologien und Standards – auf sehr unterschiedlichen Ebenen – krempeln der Zeit den Markt für Document Related Technologies um.
Architektur
Bei den Architekturkonzepten gewinnt SOA Service Oriented Architecture immer mehr an Bedeutung, auch wenn die Fragen der einheitlichen Schnittstellen und der Orchestrierung der Services noch nicht endgültig geklärt sind. Auch die DRT-Branche wirbt zunehmend mit dem SOA-Ansatz, obwohl bei vielen Produkten immer noch nicht von gekapselten, echten Diensten gesprochen werden kann. APIs, die bisher von Produkten und Suiten nach außen gerichtet den Zugang ermöglichten müssen nun auch konsistent innerhalb der Produkte zur Adressierung einzelner Dienste umgesetzt werden. Besonders die durchgängige Transaktionssicherung, wichtig bei Archivierung und Business Process Management zur Nachvollziehbarkeit der Aktionen,  leidet unter der Vielzahl unterschiedlicher Schnittstellen und Dienste.
AJAX (siehe diesen Newsletter) wird bei einer Reihe von Anbietern zum Thema. Die Abgrenzung der Umsetzung verschiedener Konzepte zur Nutzung von DRT-Lösungen über Browser ist noch nicht abgeschlossen. Hier gilt es AJAX, WebDAV, JSR 170 und JSR 283 gegeneinander abzuwägen und zu harmonisieren.
Formate
PDF/A ist inzwischen als der Standard für die Archivierung von Office-Dokumenten wie auch als „Mantel“ für gescannte Dokumente anerkannt. Immer mehr Anbieter aus der DRT-Branche unterstützen dieses Format. Offen ist noch, wann PDF/A für das Adobe 1.6, bzw. „7“-Format kommt. Hier arbeitet das ISO TC 171 an der Folgeversion von PDF/A. PDF/A hat die Chance langfristig das TIF-Format in der Archivierung abzulösen. Einige Archivsystemanbieter tun sich aber immer noch schwer in der Bereitstellung von serverbasierten PDF/A-Konvertierungsdiensten.
JPEG2000 setzt sich immer mehr bei der Archivierung von Farbbildern durch. Auflösung und Größe der Objekte machen Farberfassung und Farbarchivierung möglich.
Druck auf beide Formate kann durch Microsoft kommen. Durch die Umstellung des Dokument-Formates auf XML und die Präferierung des .png Bildformates für die Archivierung wird der DRT-Markt stark beeinflusst werden. Ein Wettlauf zwischen Microsoft und Adobe um das führende Format zeichnet sich bereits heute ab.
Kundenzufriedenheit
Mit Benchpark.de wurde die Möglichkeit geschaffen, die Produkte der Anbieter im realen Betrieb durch die Anwender selbst begutachten zu können. In der Rubrik ECM Enterprise Content Management auf Benchpark (Benchpark) treffen seit Oktober 2005 immer mehr Bewertungen von Anwendern ein. Dabei ist zu beobachten, dass große Unternehmen selten Stellung beziehen und dass offenbar kritische Erfahrungen eher mitgeteilt werden als zufriedene (Jubelarien von Vertriebspartnern der Produktanbieter, von Beratern und Marketingagenturen werden natürlich auf Benchpark nicht berücksichtigt). Dennoch lassen sich aus den Daten bereits eine Reihe von grundsätzlichen Erfahrungen ableiten.
Entscheidend für die Bewertung ist offenbar die Größe der Projekte. Im Bereich der Projekte über 250.000 EURO ist die Zufriedenheit offenbar geringer als bei den kleineren Projekten, die mit sehr guten Noten abschließen.  Hier macht sich die Komplexität von größeren Projekten, die auch organisatorische Auswirkungen nach sich ziehen, deutlich bemerkbar. Kleinere, abgrenzte Projekte führen offenbar schneller zum Erfolg und erzeugen eine größere Kundenzufriedenheit. Dies gilt auch für das stufenweise Herangehen an große Projekte, die sich so einfacher managen lassen und durch Zwischenschritte bereits erste Erfolge und Anwenderakzeptanz erzeugen.
Entscheidend für die Zufriedenheit ist häufig auch die Wahl des geeigneten Realisierers. Eine Reihe von Produktanbieter setzt die Projekte mit eigenem Personal um, andere vertrauen auf Systemhauspartner und Integratoren. Entscheidend sind hier, die Verfügbarkeit geeigneten Personals und bereits in ähnlichen Projekten gemachte Erfahrungen. Branchenkenntnisse und das „Einfühlen“ in die Situation des Kunden jenseits des „Denkens in finanziellen Umsätzen“ sind wichtige Parameter für den Erfolg der Projekte und die anschließende Zufriedenheit.  Da vom Funktionsumfang her die Produkte immer ähnlicher werden liegen in der Kundenbetreuung und der effizienten Umsetzung der Kundenanforderungen der Schlüssel für die Kundenzufriedenheit. Verbesserter Kundenservice, schnellere Realisierung und besseres Eingehen auf die speziellen Anforderungen der Kunden stehen daher bei vielen DRT-Anbietern ganz oben auf der „To-do-Liste“ da sind zunehmend das wichtigste Unterscheidungsmerkmal bei immer gleichförmigeren Produkten werden.
Integration
Die Integration von Dokumenten-Technologien in bestehende Infrastrukturen, Standardprodukte und Anwendungen wird immer mehr zum Schwerpunkt der Projekte.  Die Bereitstellung von Funktionen in vorhandenen Oberflächen wird immer wichtiger. Nicht mehr der Client des DRT-Anbieters steht im Vordergrund sondern der Aufruf von Funktionen aus Office-, kaufmännischen, Bürokommunikations- und Fachanwendungen. Standardinterfaces werden heute erwartet für SAP (z.B. Archivelink) und andere ERP, Microsoft Outlook/Exchange, IBM Lotus Notes/Domino, Novell Groupwise und in Portale über WebDAV, JSR 170 oder JSR 283. Dokumenten-Technologien werden hier zu nachgeordneten Diensten und stellen meistens nicht mehr die führende Anwendung dar. Ausnahmen gibt es beim Business-Process-Management,  beid er Posteingangsverarbeitung und bei der „virtuellen Akte“, die die letzte Visibilität der DRT-Produkte auf dem Desktop der Endanwender darstellen.
Ein wichtiger Trend ist die Zusammenführung von Informationen aus unterschiedlichen Quellen in einer strukturierten Ansicht. Dies gilt sowohl für den Posteingang als auch für die Ergebnisse von Suchen und die Präsentation zugehöriger Dokumente in Anwendungen. Widersprüche finden sich hier in der Strategie der Behandlung von E-Mails. Einerseits wird nach speziellen Lösungen für die E-Mail-Problematik gesucht, andererseits wird aber auch die Erfordernis erkannt, Informationen unabhängig von Quelle und Format im Sachzusammenhang darzustellen. Mit der Fokussierung von Produkten auf reine E-Mail-Archivierung, wie bei zahlreichen Anbietern zu sehen, werden aber ganzheitliche Ansätze bei Anwendern konterkariert. Es ist zur Zeit nicht eindeutig feststellbar, ob hier mit solchen Produkten echte Anwenderbedürfnisse befriedigt werden sollen oder ob sich die Marketiers der Anbieter unter der Überschrift „Compliance“ hier nur einen einfachen Zugang zu den Unternehmen verschaffen wollen.
Die Integrationsanforderungen sind sowohl technisch als organisatorisch getrieben. Bei der technischen Integration geht es eher um die Vereinheitlichung der Administration, Nutzung gemeinsamer Datenquellen und einen einfacheren Betrieb. Bei der organisatorischen Dimension geht es eher darum, Dokumenten-Technologien in die Prozesse durch gemeinsame Nutzung mit bestehenden Anwendungen zu integrieren, den Schulungs- und Umstellungsaufwand zu minimieren und die Nutzung zu vereinfachen. Beiden Ansätzen ist gemeinsam, Information nicht redundant vorzuhalten und pflegen zu müssen. Dies zeigt sich z.B. bei der Nutzung vorhandener Stammdaten und besonders bei den Berechtigungen. Während früher DRT-Systeme eigenständige Berechtigungssysteme favorisierten, erwartet der Anwender heute, dass zumindest vorhandene Berechtigungsstrukturen und Berechtigungen aus führenden Verzeichnisdiensten übernommen werden oder besser noch, diese gleich genutzt werden. Ziel ist es, den Pflegeaufwand zu verringern und eine konsistentere Nutzung aller Anwendungen zur erreichen.
Der Umfang der Integration definiert in der Regel heute auch den Umfang eines Projektes. Standardisierte Interfaces sind Voraussetzung jedoch müssen die DRT-Lösungen meistens mit weiteren Systemen kombiniert werden, die nicht über standardisierte Schnittstellen verfügen. Dies ist besonders in sehr heterogenen IT-Umgebungen und bei älteren Fachanwendungen sehr aufwändig. Das Ziel, der Vereinfachung der Lösung und der Herausnahme der Komplexität wird hierbei häufiger konterkariert. Ein entscheidender Faktor sind hier die Administrations- und Einrichtungswerkzeuge. Sie sind der Maßstab, wie einfach sich eine Lösung betreiben lässt. Es geht inzwischen nicht nur um die Integration der Anwendungen und Dienste sondern auch um die Integration der Administrationswerkzeuge. Die Überwachung und Steuerung soll aus Sicht der Großanwender möglichst mit den bereits vorhandenen Werkzeugen durchgeführt werden, in die sich die speziellen Funktionen für das Management der ECM-Lösungen einbinden lassen sollen.
Die Integration von DRT-Systemen hat so inzwischen sehr viele unterschiedliche Facetten, die Herausforderungen nicht nur an die Technik sondern auch an die Projektteams und das Betriebspersonal stellen.
Konsolidierung
Konsolidiert sich die DRT-Branche, konsolidiert sie sich nicht – eine manchmal heiß umstrittene Frage auf Tagungen und in Podiumsdiskussionen. Es ist natürlich immer eine Frage des Blickwinkels und der Färbung der Brille. Betrachtet man die klassischen Anbieter von Dokumentenmanagement-Lösungen, die sich jetzt unter dem Banner ECM versammeln, so ist deren zahl deutlich kleiner geworden. Viele namhafte Anbieter wurden aufgekauft, von Captiva über Tower Technologies bis zu RedDot. Verschwinden die Produkte? Nicht immer – sofort -. Die Integration aufgekaufter Firmen und Produkte ist ein schwieriger, langwieriger Prozess, der dauert.  Auch in 2006 werden wieder zahlreiche Anbieter gekauft werden, aufgeben oder sich vom Anbieter eines eigenen Produktes zu einem Systemintegrator wandeln.
Blickt  man auf den Gesamtmarkt, so stellt man fest, dass dieser sich ausgeweitet hat. Neue Spieler aus Bereichen, die man bisher nicht dem Dokumentenmanagement zugerechnet hat, mischen mit einem Mal mit.  Das Marktvolumen für Dokumenten-Technologien ist stark gewachsen, verteilt sich aber sehr unterschiedlich. Wer hätte vor ein paar Jahren damit gerechnet (außer uns bei PROJECT CONSULT  natürlich … sic!) das Microsoft ein ernsthafter ECM Anbieter wird? Dass Unternehmen wie Sun sich in diesen Markt begeben? Dass Firmen wie SAP alles selbst in ihrer Lösung abwickeln wollen und der DRT-Branche nur den Capture-Process und die Langzeitarchivierung, genau genommen nur noch die Speicher, überlassen? Wer hätte mit dem Angriff der Speichersystemhersteller gerechnet, die unter  dem Motto ILM Information Lifecycle Management in den Markt für Archivierung einbrechen und nun auch in das Prozess-Management vorstoßen?
Wie im ersten Teil dieses Beitrages deutlich gemacht (siehe den Newsletter 20060308Newsletter 20060308), haben sich die Gewichte im Markt deutlich verschoben. Eine Handvoll Anbieter wird den Markt dominieren. Darunter nicht immer die, die von Anfang an dabei waren. Diejenigen, die in den 90er Jahren sich als DMS-Anbieter bequem eingerichtet haben müssen sich nun mit den großen Anbietern von Standardsoftware auseinandersetzen, die ECM-Funktionalität und Dokumenten-Technologien zum Allgemeingut machen. Der Trend ist offensichtlich – wie viel Browser gibt es heute noch, wie viele Datenbanken, wie viele Textverarbeitungen? Von einer Monokultur sind wir noch weit entfernt. Die großen IT- und Softwareanbieter haben jedoch das erklärte Ziel, die Information selbst in den Griff zu bekommen, die Prozesse im Unternehmen zu kontrollieren und keine Unterschiede mehr zwischen strukturierten und unstrukturierten Informationen zu machen. Dies heizt den Konsolidierungsprozess auch im Jahr 2006 an.
Was bringt die Zukunft?
Die wahren Revolutionen stehen uns noch bevor.
Dokumentenmanagement auf dem MultiMedia-PC in jeder Stube. Vielleicht eher unter dem Namen Digital Media Management für Filme, Songs, Schreiben an das Finanzamt, Photos, E-Mails und Liste des Whiskyschranks mit herunter geladenen Tastingnotizen. Nur die Formate unterschieden sich, nicht die Aufgabe der Verwaltung. Dazu gehört natürlich die Bedienung der Benutzeroberfläche eines DMS mit der Fernbedienung.
Sichere, vertrauenswürdige Archive im Internet, z.B. bei der Bank, damit man sich nicht selbst um Technik, Migration, Sicherungen und Softwareupdates kümmern muss. Die Informationen liegen sicher bei jemandem, der dies professionell mit einem Rechenzentrum im Hintergrund für den privaten Anwender und die Kleinfirma, aber auch als Sicherheitskopie für den Mittelständler und das Großunternehmen übernimmt. Muss ja nicht die Bank sein, kann auch der Arbeitgeber, der Verband, die Versicherung, der Telekommunikationsanbieter oder meine Gemeinde sein (da liegt dann auch die Kopie des Passes, der Steuererklärung und des Kfz-Briefes gleich mit bei). Die ersten Anwendungen jenseits der einfachen Festplatte im Internet zeichnen sich ab und gerade für virtuelle Unternehmen und die übergreifende Zusammenarbeit in Projekten ist diese Vision verlockend.
Bleiben wir beim Thema Archivierung: intelligente, meinetwegen auch virtualisierte Speichernetzwerke kümmern sich selbst um das Thema Informationsbewahrung. Der Anwender muss sich nicht mehr darum kümmern, wo die Information liegt, ob sie auf andere Medien verlagert werden soll und was bei einem Technologiewechsel geändert werden muss. Speicherkomponenten werden einfach nach Bedarf hinzu gesteckt oder gleich nach Bedarf nur angemietet.
Workflow wird zur Verbindungsschicht der Anwendungen. Hier ist Microsoft einer der Vorreiter. Die Prozesssicht auf Informationen gewinnt immer mehr an Bedeutung. Dies wird auch die E-Mail-Anwen-dungen verändern, da unkontrolliertes, individuelles E-Mail bisher der natürliche Feind von kontrolliertem Workflow ist. Die Wahrung der Zusammenhänge von eingehenden und beantworteten E-Mails, die echte Unterstützung von Prozessen mit Prüfungen, Entscheidungen und Steuerungsmechanismen, werden eines der herausragenden Anwendungsfelder von Business-Process-Management werden und die derzeitigen Unzulänglichkeiten der E-Mail-Standardanwendungen – hoffentlich - überwinden.
Wird es das mobile Telefon, wird es der Organizer, wird es das Mini-Notebook oder wird es das eBook? Irgendwann werden die mobilen, kleinen „Devices“ zusammenwachsen und auf Ihnen wird sich auch Dokumentenmanagement wieder finden. Das vorgelesene Fax, die E-Mail, die mir das Profil meines Kunden aus dem CRM hochlädt, die Bestätigung, dass meine Dokumente in Singapur beim Druckdienstleister ausgegeben und versendet wurden, der Zugriff auf das Wissensmanagementsystem meiner Firma mit den letzten beiden Studien im Faksimile, das automatisch übersetzte Textdokument meines Kollegen aus Bahrain, usw Die Mobile Nutzung von Dokumenten-Technologien ist eine der größeren Herausforderungen an die DRT-Branche, besonders wenn man an die Nutzung und Einbindung komplexerer ECM-lsöungen denkt.
Die Grenze zwischen strukturierten, schwach strukturierten und unstrukturierten Informationen wird aufgehoben. Dokumente und Records definieren sich nur noch durch ihren rechtlichen Charakter, ihren Kontext und durch die Geschlossenheit beliebiger elektronischer Informationen zu einem gegebenen Zeitpunkt. Damit verliert die DRT-Branche ihr eigenständiges Profil. Je mehr Dokumenten-Technologie zum Allgemeingut wird,  desto weniger hat eine eigene DRT-Branche eine Berechtigung.  Sie wird zum integralen Bestandteil der Informations- und Telekommunikationsbranche. Lassen Sie uns also zukünftig nur noch von Informationsmanagement sprechen und die anderen Akronyme in der Versenkung verschwinden – ganz soweit sind wir dieses Jahr noch nicht. (Kff)
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