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GDPdU & Archivierung: Endlich Klarheit!
von Dr. Ulrich Kampffmeyer, Hamburg, und StB Stefan Groß, München
Der Artikel wurde für die ComputerWoche verfasst und dort in gekürzter Fassung in der Ausgabe 46, 14.11.2003, S. 16-17, veröffentlicht. Für die Inhalte und Meinungsäußerungen dieses Beitrages wird keine Haftung übernommen.
Die Diskussion um die GDPdU hat in letzter Zeit hohe Wellen geschlagen. Nachdem in den ersten 12 Monaten nach dem Inkrafttreten der Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen kaum eine Reaktion erfolgt war, wird den steuerpflichtigen Unternehmen inzwischen bewusst, dass ihnen die Zeit wegläuft. Bei den nächsten Außenprüfungen können die Daten bereits digital geprüft werden und die Vorbereitungen sind bei den betroffenen Unternehmen erst angelaufen. Besonders um die elektronische Archivierung von steuerrelevanten Daten und deren Auswertbarkeit wurde heftig debattiert. Der Artikel bietet einen praktikablen Lösungsansatz, der bereits breite Anerkennung gefunden hat.
Nächste Stufe längst gezündet
Fast unbemerkt von der aktuellen Diskussion rüstet die Finanzverwaltung demnächst vielleicht schon weiter auf. Die „IDEA-Waffe“ wurde von der Fa. Audicon ( http://www.audicon.net ) mit einem „Nachbrenner“ ausgestattet, der es in sich hat. Mit AIS TaxAudit können steuerrelevante Daten weitgehend automatisiert analysiert werden und Unregelmäßigkeiten kommen schnell ans Licht. Ob und wann die Finanzverwaltung diese Makros einsetzen wird ist noch offen, doch die Unternehmen können bereits jetzt darauf zugreifen und sich so optimal auf künftige, nicht nur digitale Betriebsprüfung vorbereiten. Die Schonfrist für die Unternehmer ist so schneller vorbei, als viele prognostiziert haben und die ersten digitalen Prüfungen haben bereits begonnen. Höchste Zeit für die Unternehmen sich vorzubereiten.
In der Diskussion spielte die elektronische Archivierung eine wichtige Rolle, denn wie soll man über einen Zeitraum von 10 Jahren die Daten vorhalten. Anbieter elektronischer Archivsysteme waren mit schnellen Ankündigungen "GDPdU-konformer" Systeme zur Hand, ohne eigentlich zu wissen, welche Anforderungen die Finanzverwaltung hier stellt. Auch die Flut diverser Checklisten und Leitfäden vermochten kein Licht in das Dunkel GDPdU-konforme Archivierung bringen, ganz im Gegenteil.
Flut der Leitfäden
Als die Entwürfe zu den GDPdU zum ersten Mal im Jahr 2000 in die Öffentlichkeit gelangten, regte sich nur in Fachkreisen etwas Interesse. Selbst als die GDPdU rechtskräftig wurden, fand eine Diskussion nur in Fachzirkeln, bei den Archivsystemherstellern und bei Wirtschaftsprüfern oder Steuerberatern statt. Erst sehr spät reagierten die Anwender. Zunächst die großen Unternehmen, bei welchen praktisch ständig eine Betriebsprüfung läuft und bei denen für den Prüfer längst der Zugriff auf die Daten möglich ist. Die breite Masse der Steuerpflichtigen und selbst die Steuerberater beginnen erst jetzt die Dimension der elektronischen Steuerprüfung zu erkennen. Aufklärung tut not. So fühlen sich viele berufen, mit Argumentarien, Checklisten, Fragen-und-Antworten-Katalogen, Leitlinien, Büchern, Folienvorträgen und Webseiten das Informationsbedürfnis zu stillen. Nach zwei Jahren GDPdU ist nunmehr eine Flut von Handreichungen zu beobachten. Einzelne Hersteller , Berater, Rechtsanwälte und Steuerberater, Verbände wie AWV, BitKOM, VOI und Industrie- und Handelskammern usw. bedienen den Markt. Nicht nur die GDPdU ließen Spielraum in der Interpretation, die erst zu dieser Flut von Leitfäden geführt hat, sondern auch die vielen Checklisten und Fragen-und-Antworten-Kataloge divergieren in ihren Aussagen. Dies ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass sich durch den Praxiseinsatz der elektronischen Steuerprüfung laufend neue Auslegungen und Problemstellungen ergeben, zum Teil aber auch darauf, dass aus wirtschaftlichem Interesse oder aus Positionierungsgründen die eine oder andere Interpretation favorisiert wird. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat sich seinerseits an dieser Leitfaden-Flut beteiligt. Der aktuell in der dritten Fassung vorliegende Fragen-und-Antworten-Katalog vom März 2003 auf der Webseite des BMF hat in vielen Fragen zur Klärung beigetragen. Eine Reihe der Antworten hat aber erneut zur Verunsicherung geführt. Die vielen Leitfäden haben zumindest eine positive Komponente. Sie können den Bundesfinanzbehörden Orientierungshilfe sein und für bekannte Probleme praktikable Lösungen vorschlagen. Endgültige Klarheit kann es aber nur durch das BMF selbst geben. Die GDPdU müssen überarbeitet, GDPdU und GOBS auf einander harmonisiert und der Fragen-und-Antworten-Katalog im Internet muss durch eine belastungsfähige, nicht nur die Finanzbehörden selbst verpflichtende, Sicherheit schaffende Ausarbeitung offiziellen Charakters ersetzt werden. Solange das BMF selbst nicht für Klarheit sorgt, ist immer neuen Interpretationen und Leitfäden Tür-und-Tor geöffnet.
Im Dschungel der Definitionen
Die GoBS und die GDPdU benutzen eine Reihe von Begriffen, die auf Softwaresysteme zur Verarbeitung und Speicherung von Daten abzielen. Um die Klärung der Begriffsdefinitionen ranken sich so auch zahlreiche Checklisten, Argumentarien und Fragen-und-Ant-worten-Kataloge. Auch das BMF hat hier selbst versucht Klarheit in die Begriffswelt zu bringen, ohne mit ihrem Fragen-und-Antworten-Katalog die grundsätzlichen Missverständnisse ausräumen zu können. Bevor wir uns der Frage eines revisionssicheren Archives für steuerrelevante Daten zuwenden, soll hier versucht werden, etwas Licht in die verwendete Begrifflichkeit zu bringen.
Steuerrelevante Daten
Der sehr weiche Begriff der „steuerrelevanten Daten“ ist unter zwei Gesichtspunkten zu betrachten: Einmal inhaltlich und zum zweiten technisch. Inhaltlich geht es darum, auf welche Informationen der Steuerprüfer im Rahmen einer Außenprüfung zugreifen darf. Die inhaltliche Frage muss das steuerpflichtige Unternehmen in Abhängigkeit seiner Geschäftstätigkeit zusammen mit seinem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer beantworten. Wichtig: Dies ist keine Aufgabe der Softwarebranche, ganz im Gegenteil. Nach Auffassung der Bundessteuerberaterkammer gehört die Ermittlung der steuerlich relevanten Daten zu den „Vorbehaltsaufgaben“ der steuerberatenden Berufe. Dabei gilt, dass sich durch die GDPdU am fachlichen Umfang und Inhalt der Prüfung eigentlich nichts ändert, sondern dass die Form der Bereitstellung, des Zugriffes und der Auswertung sich der technologischen Entwicklung angepasst hat. Immer mehr Information entsteht originär elektronisch und kann auch nur elektronisch ausgewertet werden. Technisch geht es darum, wie diese Informationen für eine Auswertung bereitgestellt werden. Steuerrelevante Daten können in einem Unternehmen in unterschiedlichen Systemen entstehen und gespeichert werden. Hier ist die Aufgabe, nach der fachlichen Qualifizierung der steuerrelevanten Daten die entsprechenden Systeme, Speicherorte und Formate zu ermitteln, um die Daten anhaltend auswertbar bereitzustellen.
„Originär elektronische Unterlagen“
Bei originär elektronische Unterlagen handelt es sich in erster Linie um Daten, die in einem kaufmännischen System selbst durch Verarbeitungsschritte entstanden sind. Bei der Entstehung dieser Daten sind unterschiedliche Quellen zu berücksichtigen. Sie können aus anderen Datenverarbeitungssystemen importiert (siehe Nebensysteme und vorgelagerte Systeme), von Dritten durch Datenübertragung übermittelt (z.B. EDI, E-Mail) oder aber durch manuelle Eingaben erfasst worden sein. Durch die Verarbeitung, d.h. im wesentlichen durch die Zuweisung zu Vorgängen, Konten, Lieferanten oder Kunden, durch Berechung von abgeleiteten Werten, Zuordnung von Stammdaten und andere Operationen der Programmlogik entstehen erst die originär elektronischen, steuerrelevanten Daten. Erst durch die Verarbeitung und die Zuweisung im buchhalterischen Sachzusammenhang entstehen die steuerrelevanten Daten. Die Rohdaten vor der Verarbeitung haben daher eher einen Belegcharakter, der die Nachvollziehbarkeit der durchgeführten Operationen der Software sicherstellen muss.
„Maschinell auswertbare Daten“
Steuerrelevante Daten sind maschinell auswertbare Daten aus kaufmännischen Softwaresystemen, die als Datensatz vorliegen. Jeder Datensatz repräsentiert eine steuerrelevante Transaktion und beinhaltet alle notwendigen Informationen, die für eine steuerliche Veranlagung im Sinne von Entstehen, Entfallen oder Minderung einer Steuerlast relevant sind. Er setzt sich hierfür aus identifizierenden Attributen und Stammdaten wie Konto, Adressat, Steuersatz etc., Zweck oder Objekt und den Werten wie Betrag, Währung und Datum zusammen. Die Vollständigkeit und der Zusammenhang dieser Attribute sichert die Auswertbarkeit des Datensatzes im Kontext. Diese Daten müssen in Deutschland strukturiert, geordnet, periodengerecht und vollständig durch die Software IDEA (offizielle Prüfsoftware der Finanzverwaltung) in der jeweils gültigen Version auswertbar bereitgestellt werden. Anders sieht dies mit Dokumenten aus, z.B. mit einer von Hand eingegebenen Rechnung in einem Textverarbeitungsprogramm. Hier handelt es sich um die Übertragung von Daten in ein Dokument, das hierdurch Belegcharakter erhalten kann.
„Nicht maschinell auswertbare Belege“
Belege sind der Nachweis zum Datensatz mit den steuerrelevanten Daten. Belege sind in der Regel nicht maschinell automatisch auswertbare, schwach strukturierte oder unstrukturierte Dokumente. Entsprechend ihrer Entstehung können sie beim Steuerpflichtigen in Papier, elektronischer Form oder anderer Form vorliegen. Sind die Dokumente originär elektronisch entstanden oder beim Steuerpflichtigen originär elektronisch eingegangen, so sind sie im Originalformat mit den dazugehörigen Entstehungs- oder Eingangsdaten zu speichern. Elektronische Dokumente können auch als strukturierte Datensätze vorliegen und müssen dann auch für maschinelle Auswertung bereitgestellt werden. Elektronische Dokumente müssen über einen eindeutigen Index wieder auffindbar und über die Attribute des Index eindeutig mit dem dazugehörigen steuerrelevanten Datensatz verknüpft sein. Diese Dokumente sind so zu speichern, dass keine Veränderung der Dokumente selbst möglich ist, die Beziehung zwischen Dokument und zugehörigem Datensatz nicht aufgelöst oder verändert werden kann, und der Bestand der Dokumente gegen Verlust und Veränderung geschützt ist. Das System hat sicherzustellen, dass die gespeicherten Dokumente über den vorgegebenen Aufbewahrungszeitraum recherchiert und verlustfrei zur Anzeige gebracht werden können. In der Verfahrensdokumentation nach GoBS ist dieses Verfahren nachprüfbar zu beschreiben und die Prozesse müssen durch eine revisionssichere Protokollierung nachvollziehbar sein. Beim Datenzugriff nach den GDPdU ergeben sich je nach Typus zwei unterschiedliche Zugriffsarten. Für originär elektronische Unterlagen ist die direkte Auswertbarkeit der Daten für die Zugriffsarten Z1 (unmittelbarer Zugriff) und Z2 (mittelbarer Zugriff) sowie Z3 (Datenträgerüberlassung) sicherzustellen. Liegen die Daten noch im operativen System, in der sie ursprünglich erzeugenden Anwendung vollständig vor, kann Z1 und Z2 direkt auf diesen Datenbestand erfolgen. Die Anwendung muss jedoch in der Lage sein, auch Datenträger nach Z3 für die Auswertung mit IDEA zu erzeugen. Für nicht maschinell auswertbare Belege gilt, dass die Dokumente über die Attribute des Index im ersten Schritt recherchiert werden, um dann im zweiten Schritt angezeigt zu werden.
Durch die vorgeschlagene Unterscheidung zwischen maschinell auswertbarem Datensatz und zugehörigem, nicht maschinell auswertbarem Belegdokument ist das Problem der steuerrelevanten Daten lösbar. Letztlich lässt sich damit unabhängig von der Form der Daten und Dokumente die „Auswertbarkeit“ als „wahlfreier Zugriff auf die steuerrelevanten Daten“ beschreiben.
Datenverarbeitungssystem im Sinne der GDPdU
Durch die GDPdU sind eine Reihe von unterschiedlichen Datenverarbeitungssystemen betroffen. Je nach dem, in welchem Umfang steuerrelevante Daten in ihnen entstehen und gespeichert werden ist ihre Relevanz für eine elektronische Steuerprüfung verschieden. Daher ist eine Differenzierung notwendig.
„Hauptsystem“
Unter einem Hauptsystem ist dasjenige System, bestehend aus Software und benötigter Hardware zu verstehen, in dem die originär steuerrelevanten Daten verarbeitet und gespeichert werden. Dies sind in der Regel kaufmännische Anwendungen, ERP-Systeme, Buchhaltungssysteme etc. Solange dieses Hauptsystem im Betrieb ist spricht man auch vom operativen, Produktiv- oder Produktionssystem um es von stillgelegten, redundanten Sicherheits- oder im Testbetrieb befindlichen Systemen zu unterscheiden. Unter einem Produktivsystem versteht man somit eine Anwendung, die aktiv und nutzbar ist, und die für den Zweck der Anwendung benötigten Daten enthält oder auf diese direkt zugreifen kann. Bei einer kaufmännischen Anwendung wären dies auch die aktuellen steuerrelevanten Daten. Das Hauptsystem mit seiner Programmfunktionalität und seinen Auswertungsmöglichkeiten erfüllt auch die Voraussetzungen von Z1 (unmittelbarer Zugriff) und Z2 (mittelbarer Zugriff). Es sollte auch die Erstellung von Datenträgern nach Z3 (Datenträgerüberlassung) ermöglichen.
„Vorgelagertes System“
Vorgelagerte Systeme sind Lösungen, mit denen steuerrelevante Daten und Belege erfasst und verarbeitet werden (z.B. Scannen mit automatischer Klassifikation von Rechnungen mit Übertragung ins ERP), deren Ergebnisse jedoch in ein Buchführungs-, ERP- oder vergleichbares System übertragen werden und dort für den Zugriff bereitstehen. Dabei ist sicherzustellen, dass die Verarbeitung und Übertragung verlustfrei, nachvollziehbar und die originär Information nicht verändernd geschieht. Häufig geben diese vorgelagerten Systeme aber nur Teile oder konsolidierte, verdichtete Daten an das Hauptsystem ab. Die Auswertbarkeit dieser Daten im Sinne des wahlfreien Zugriffs ist im Hauptsystem dann nicht mehr vollständig gegeben. Bei vorgelagerten Systemen kann es sich z.B. um Kassensysteme, Zahlungsverkehrssysteme oder andere Lösungen handeln, in denen steuerrelevante Daten entstehen. Die Daten dieser Systeme rechnen zum Umfang einer digitalen Außenprüfung. Vorgelagerte Systeme sind im Regelfall nicht darauf ausgelegt Z1 und Z2 zu unterstützen und besitzen auch keine Funktionalität um selektiv Datenträger nach Z3 zu erstellen. Häufig sind die Datenmengen so groß, z.B. in Kommunikations-, Energie- und Handelsunternehmen, dass eine vollständige Übergabe nach Zugriffsart Z3 unmöglich ist.
„Nebensystem“
Unter Nebensystemen versteht man Systemlösungen, in denen steuerrelevanten Daten entstehen, gespeichert und verarbeitet werden, die nicht oder nur sehr stark verdichtet im Buchhaltungs- oder ERP-System vorliegen. Hierbei kann es sich um Materialwirtschafts-, Zeiterfassungs- oder E-Business-Anwendungen handeln, die eine eigenständige Logik und Speicherung besitzen. Die Daten dieser Systeme dürfen auch der elektronischen Steuerprüfung unterworfen werden. Sofern die steuerrelevanten Daten in diesen Systemen qualifiziert und identifiziert werden können, kann auch ein direkter Zugriff über die Anwendung möglich sein. Da Nebensysteme aber in der Regel nicht über den Programm- und Datenaufbau wie ein kaufmännisches System verfügen, kann der Zugriff nach Z1 und Z2 beschränkt sein. Es besteht daher im Regelfall auch bisher nicht die Möglichkeit, aus solchen Nebensystemen Datenträger für Z3 zu erstellen.
„Archivsystem“
Archivsysteme kommen erst dann ins Spiel, wenn in den operativen Haupt-, Neben- und vorgelagerten Systemen die steuerrelevanten Daten des Prüfungszeitraums nicht mehr auswertbar vorliegen. Angesichts der Aufbewahrungsfristen von 6 oder 10 Jahren ist die Auslagerung von Datenbeständen aus den Produktivsystemen besonders bei mittleren und größeren Anwendungen der Regelfall. In Archivsystemen entstehen jedoch selbst keine steuerrelevanten Daten, sondern sie dienen lediglich der Speicherung und der Bereitstellung der Daten. Die Auswertbarkeit und die Vollständigkeit muss von den Hauptsystemen und den Nebensystemen bereits bei der Übergabe der Daten an das Archivsystem sichergestellt sein. Die Frage der Aufgaben eines Archivsystems soll im Folgenden noch näher betrachtet werden.
„Universelles Auswertungsprogramm für steuerrelevante Daten“
Die Diskussion um ein universelles Auswertungsprogramm entstand durch den Artikel von Groß, Lindgens und Matheis „Rückstellung für Kosten des Datenzugriffs der Finanzverwaltung“ (veröffentlich im DStR Heft 23/2003, S. 921ff), in dem die Lösung der Archivierungsproblematik beschrieben wurde. Wenn Archivsysteme selbst nicht mehr über die Auswertungslogik des Hauptsystems verfügen müssen, wenn es nur noch vollständige, auswertbare steuerrelevante Daten übernimmt und auf Anforderung wieder bereitstellt, muss die Auswertbarkeit der steuerrelevanten Daten mit anderen Mitteln sichergestellt werden. Hier kommt natürlich sofort das Auswertungsprogramm ins Spiel, mit dem die Finanzbehörden prüfen. Zumindest für die Daten nach der Zugriffsart Z3 ist dies der gesetzte Auswertungsstandard, der die Struktur der Daten vorgibt. Das Bundesministerium der Finanzen scheut sich natürlich gleich ein einzelnes Produkt wie „IDEA“ offiziell zu verankern. Man kann Wettbewerbsprodukte wie ACL nicht grundsätzlich benachteiligen. Mit einer Festlegung auf IDEA hätte man jedoch den Vorteil, dass die Funktionalität und die benötigten Strukturen bekannt sind. Will man jedoch einen neutralen Begriff wie z.B. „Universelles Auswertungsprogramm“ benutzen, muss der Funktionsumfang auch neutral definiert werden. Die Formulierung aus dem Fragen-und-Antworten-Katalog des BMF vom März 2003, dass bei der Auslagerung der steuerrelevanten Daten aus dem operativen System für die Archivierungssysteme die gleiche Auswertungsfunktionalität wie beim die Daten erzeugenden System vorhanden sein soll (Frage und Antwort Nr. 11), greift bei Auswertungsprogrammen wie IDEA oder ACL nicht mehr.
Keine Zertifizierung für Archiv- und Speichersysteme
In jüngst erfolgten Stellungnahmen auf Eingaben hat das BMF deutlich gemacht, dass es weder für Speichersubsysteme noch für Archivsysteme eine Zertifizierung gibt oder geben wird. Damit erübrigen sich auch die Diskussionen um die Marketing-Slogans „GDPdU-konforme Archivierung“ und die Frage des „richtigen“ Speichermediums. „GDPdU-Konformität“ beschränkt sich auf die Vollständigkeit und Auswertbarkeit der Daten selbst. Dies ist Angelegenheit der die Daten originär erzeugenden Systeme. Das „richtige“ Speichermedium gibt es nicht. Eine Festlegung auf nur eine Technologie ist weder sinnvoll noch angesichts des schnellen technologischen Wechsels machbar. Sicherheit und Verfügbarkeit sind außerdem nicht allein vom Speichermedium abhängig. Die gespeicherte Information muss auch auslesbar, anzeigbar und verarbeitungsfähig sein. Hierfür sind entsprechende Betriebssysteme, Treibersoftware und Verarbeitungsprogramme notwendig. Die Information auf einem sicheren Speicher zu haben nützt nicht viel, wenn man sie nicht mehr benutzen kann.
Dementsprechend kann man heute verschiedene Technologien als mehr oder weniger gleichberechtigt betrachten, wenn es um die veränderungssichere Speicherung von steuerrelevanten Daten geht. Traditionelle WORM-Technologien mit unterschiedlichen Verfahren stehen dabei zu CD und DVD, speziell abgesicherten Festplattensubsystemen und WORM-Bändern für Tape-Libraries im Wettbewerb. Entsprechend der beim Anwender im Einsatz befindlichen IT-Infrastruktur Umfeld wird die eine oder andere Technologie bevorzugt werden. In Rechenzentren z.B. WORM-Tapes oder Festplattensubsysteme, bei Anwendern mit vorhandenen Archivsystemen traditionelle WORM-Medien und bei Kleinanwendern eher CD und DVD. Letztere eignen sich besonders, wenn man alle Daten einer Periode auf nur einem Medium unterbringen kann.
Für alle Medien gilt jedoch, „ein Medium allein reicht nicht aus!“ Es geht um die Erstellung von Sicherheitskopien, die regelmäßige Prüfung der Medien und Sicherheitskopien auf Lesbarkeit und Verarbeitungsfähigkeit, die Migration auf neue Medien und andere Themen der Sicherheit. Revisionssicherheit ist hierbei mehr als nur technische Sicherheit zum Schutz vor Veränderung. Revisionssicherheit schließt den ganzen Prozess von der Entstehung der Daten bis zu ihrer Entsorgung ein. Speichermedien und Speichersubsysteme stellen daher nur eine Komponente eines revisionssicheren Systems dar. Im Vordergrund der Überlegungen zur Revisionssicherheit steht die Information und ihr Kontext. Wie die Information aufbewahrt wird ist wichtig, aber im Rahmen eines Gesamtkonzeptes zur revisionssicheren Archivierung nur ein Baustein. Die Wahl des Mediums muss dem Wert der Information gerecht werden. Die Erfüllung gesetzlicher Vorgaben ist hierbei auch nur ein Aspekt des Wertes von Information. Archivsysteme nur für die Erfüllung der GDPdU, also nur zur Speicherung steuerrelevanter Daten, die ein Prüfer vielleicht in ein paar Jahren auswerten will, sind unwirtschaftlich. Elektronische Archivsysteme machen nur dann Sinn, wenn man sie auch zur Speicherung aller anderen elektronischen Informationen eines Unternehmens einsetzt. Steuerrelevante Daten sind dann nur noch ein spezieller Informationstyp, der vom universellen Unternehmensarchivsystem quasi nebenbei mitverwaltet wird. Nebenbei: Es gibt noch weit aus mehr Vorschriften die zu beachten sind als „nur“ die GDPdU. Dabei ist insbesondere an den Prüfungsstandard 330 des IdW (Institut der Wirtschaftsprüfer) oder an die geänderten Dokumentationspflichten für Verrechnungspreise und deren Prüfbarkeit zu denken.
Zugriff auf das Hauptsystem?
Beim Vorhaltenden der Daten für den unmittelbaren bzw. mittelbaren Datenzugriff der Finanzverwaltung wurde immer wieder die Frage gestellt, in welchem Bereich der Unternehmens-EDV dies zu gewährleisten ist. Die Abgabenordnung geht von einer Auswertung im Datenverarbeitungs- und damit im Haupt- oder Produktivsystem aus. Um dieses jedoch nicht mit einer zu großen Datenmenge zu überlasten, sind Archivsysteme notwendiger Bestandteil der meisten IT-Umgebungen. Archivierte Daten müssten so für Zwecke der Betriebsprüfung in das laufende System zurückgespielt werden um eine Verarbeitung mit den dort vorhandenen Auswertungsmöglichkeiten zu gewährleisten. Doch genau hier entstehen große technische Probleme, da es beim Zurückladen dieser alten Daten i.d.R. zu Unverträglichkeiten mit inzwischen upgedateten Systemen kommt. Dies betrifft nicht nur die auszuwertenden Daten, sondern besonders die Strukturinformationen und veränderte Stammdaten. Einfacher wäre es, archivierte Daten durch direkten Zugriff auf das Archivsystem auszuwerten, jedoch halten die meisten Archivlösungen nur eingeschränkte Auswertungsmöglichkeiten vor. Die Lösung dieses Konflikt liegt wie so oft greifbar nahe: IDEA, doch dazu später mehr.
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