20040315 \  Projektmanagement \  Mit systematischem Projektmanagement zum Erfolg
Mit systematischem Projektmanagement zum Erfolg
Eine Einführung in den internationalen Standard
Gastbeitrag von Christoph Jeggle, PMP, Kossow & Jeggle Results GmbH, E-Mail: c.jeggle@kj-results.com 
Viele Menschen beschäftigen sich mit Projektmanagement, gerade auch unter den Lesern dieses Newsletters. Der Begriff des Projektmanagements wird aber durchaus sehr unterschiedlich verstanden, basierend auf dem, wie Projekte erlebt werden. Für manche hat der Begriff vielleicht auch einen unangenehmen Beigeschmack, weil das letzte Projekt gerade in einem mittleren Desaster endete.
Die Artikelreihe, die mit dieser Folge beginnt, versucht, Projektmanagement trotz der vielen unterschiedlichen Ansichten darüber eindeutiger zu fassen.
Wer zunächst Definitionen sucht, ist bei der DIN immer gut aufgehoben. Auch das Projektmanagement ist hier genau definiert. Nach DIN 69901 umfasst Projektmanagement die „Gesamtheit von Führungsaufgaben, -organisation, -techniken und -mitteln für die Abwicklung eines Projektes“.
Aber worin besteht denn diese Gesamtheit?
Eine Möglichkeit, Projektmanagement in seiner Gesamtheit unabhängig von einzelnen Branchen zu erfassen, besteht in dem Ansatz des „PMBOK Guide“. Dieses vom Project Management Institute (PMI) herausgegebene Standardwerk versucht etwas sehr Mutiges. PMBOK ist die Abkürzung für Project Management Body of Knowledge, frei übersetzt „ Die Gesamtheit des Projektmanagementwissens“.
Das erinnert ein wenig an die Versuche der sogenannten Enzyklopädisten des 18. Jhd., die sich zum Ziel gesetzt hatten, das gesamte damalige Wissen zusammenzutragen. Genauso wenig, wie die damaligen Versuche mit der Erweiterung des Wissens Schritt halten konnten, wird der „PMBOK Guide“ das gesamte Wissen über Projektmanagement wirklich erfassen können. Dennoch stellt er einen sehr interessanten Versuch dar, Projektmanagement branchenübergreifend und länderübergreifend systematisch, wissenschaftlich fundiert, aber dennoch nicht wirklichkeitsfremd darzustellen. Der „PMBOK Guide“ beschreibt die Prozesse und dazugehörigen Wissensgebiete des Projektmanagements. Mit diesen werden sich die folgenden Artikel beschäftigen.
Bleiben wir in diesem Artikel zunächst bei den Grundlagen.
Was ist überhaupt ein Projekt?
Nicht alles, was Menschen geplant und organisiert tun, ist ein Projekt. Die Buchhaltung in einem Unternehmen sollte kein Projekt sein, sondern ein fortlaufender Arbeitsablauf, der sich beständig wiederholt. Die Einführung einer neuen Methode der Buchhaltung inklusive der dazugehörigen Software stellt allerdings ein Projekt dar, denn sie ist
   
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zeitlich begrenzt – irgendwann ist die Buchhaltung umgestellt –
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sie ist einmalig – die Umstellung der Buchhaltung wird in dieser Form im Unternehmen nie wieder durchgeführt –
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und sie führt zur Schaffung eines Produktes oder Dienstleistung – es sollte zumindestens festgelegt sein, was am Ende herauskommen soll.
Natürlich gibt es Projekte, die zu keinem Ende zu kommen scheinen, und deren Ergebnis ungewiss und undefiniert erscheint. Das sind eben Beispiele für misslungene Projekte, aber widersprechen keineswegs der Definition. Diese Definition sei hier noch einmal zusammengefasst:
   
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Ein Projekt ist ein zeitlich begrenztes Vorhaben zur Schaffung eines einmaligen Produktes oder einer Dienstleistung*.
Die zeitliche Begrenzung ist eine ganz entscheidende Eigenschaft eines Projektes. Ein Projekt will ein Ziel erreichen. Ist das Ziel erreicht, endet das Projekt. Das Setzen eines neuen Zieles im Anschluss daran bedeutet ein neues Projekt. Ein Arbeitsablauf oder Geschäftsprozess hingegen verfolgt kein spezifisches Ziel, sondern dient der Aufrechterhaltung z.B. eines Geschäftsbetriebes.
Das Ziel eines Projektes ist einmalig. Es können ruhig sehr viele ähnliche Häuser in Fertigbauweise gebaut werden. Dennoch ist der Bau jedes Hauses einmalig, an einem eigenen Ort in einer eigenen Umgebung.  
Eben ist von den Zielen gesprochen worden, die mit einem Projekt erreicht werden sollen. Diese können am Anfang eines Projektes nicht vollständig und unveränderlich feststehen. Dazu sind fast alle Projekte zu komplex und mit zu vielen Unwägbarkeiten behaftet. Stattdessen muss dieses Ziel, das am Anfang nur in seinen Grundzügen oder vielleicht sogar nur als Idee feststeht, progressiv und iterativ immer weiter herausgearbeitet werden. Das bedeutet in keiner Weise, dass die Ziele unverbindlich sind. Aber am Anfang steht mehr die Vision und nicht das im Detail ausgearbeitete Ziel. Das entwickelt sich – immer orientiert an der anfänglichen Zielvorgabe – weiter, wird detaillierter und damit verbindlicher.
Aber jeder, der mit Projektmanagement zu tun hat, weiss, dass die Realität oft anders aussieht. Auf einer DIN A4 Seite werden kurz die Ziele eines Projektes angerissen. Das muss als Zielvorgabe zunächst reichen, um damit einen detaillierten Projektplan einschließlich verbindlicher Kostenschätzung für das Budget zu erstellen.
Dass das nicht funktionieren kann, weiß jeder und muss sich dennoch auf dieses „Spiel“ häufig einlassen.
Daher bedeutet gutes Projektmanagement immer auch eine Verweigerung gegen diesen Versuch, aus dem Undefinierten definitive Aussagen zu pressen.
Das mag realitätsfremd klingen. Aber immer mehr setzt sich in der Wirtschaft die Ansicht durch, dass es für erfolgreiche Projekte notwendig ist, einer sinnvollen Systematik zu folgen und nicht einfach nur das Unmögliche möglich zu machen. Die Systematik mag oft von der täglich erfahrenen Realität abweichen. Dennoch steckt dahinter die Erkenntnis, dass erfolgreiche Projekte eine bestimmte Herangehensweise erfordern.
Aber es geht nicht nur um eine Systematik. Es geht auch darum, Projektmanagement als eigenständige Tätigkeit mit einem erforderlichen spezifischen Profil zu sehen. Projektmanager werden häufig ausgewählt, wenn sie in ihrem Spezialfach qualifiziert und gut sind und deshalb befördert werden müssen. Die Erkenntnis, dass der Mensch, der z.B. ein exzellenter Entwickler ist, nicht unbedingt ein geeigneter Projektmanager ist, setzt sich nur langsam durch. Das Projektmanagement entwickelt sich jedoch zunehmend zu einem eigenen Berufsbild. Das dazu erforderliche Profil ähnelt mehr dem des Managers als dem des Fachspezialisten. Der Projektmanager löst nicht die fachlichen Probleme, sondern er sorgt dafür, dass die Probleme von Fachleuten gelöst werden. Der weitaus größte Teil der Tätigkeiten eines Projektmanagers besteht aus Kommunikation. Projektmanagement bedeutet darüber hinaus Führen im Sinne vom Vorgeben der Richtung und Motivation der Projektteammitglieder. Es bedeutet auch die Lösung von Konflikten, Verhandeln und Einflussnahme auf die Organisation, in der oder für die das Projekt durchgeführt wird. All dies sind Managementfähigkeiten, die eine Person zum guten Projektmanager machen.
Im nächsten Artikel dieser Reihe werden wir uns die im PMBOK Guide definierten Prozesse anschauen, die zum Projektmanagement dazugehören: Initiierung, Planung, Steuerung, Ausführung und Abschluss.
* Project Management Institute (Hrsg), A Guide to the Project Management Body of Knowledge, Ausgabe 2000, Deutsche Übersetzung, 2003, S. 4
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