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Der Arbeitsplatz der Zukunft
Der zweite DoQDAY ( http://www.doqday.de ) fand am 23.06.2003 in München statt und ist ausführlich in der DoQ ( http://www.doq.de ), Ausgabe 4, 2003, Seite 56ff, beschrieben. Den abschließenden Vortrag der Konferenz hielt Dr. Ulrich Kampffmeyer, Geschäftsführer von PROJECT CONSULT, zum Thema „Der Arbeitsplatz der Zukunft“. Im Folgenden ist der zweite Teil der Mitschrift dieses Vortrages wiedergegeben. Teil 3 folgt in der nächsten Ausgabe des PROJECT CONSULT Newsletters.
ROI
Wir haben heute bereits einige Male den Begriff „ROI“ gehört. In Projekten macht man meistens eine Ist-Analyse, um hinterher einen ROI zu ermitteln und um die Frage zu beantworten: „Habe ich wirklich die gewünschten Effizienzpotentiale erreicht?“ Wenn man keine Analyse vorher macht, hat man auch keine Vergleichswerte, um überhaupt einen ROI zu ermitteln. Jedoch bleibt eine entscheidende Frage: „Ist der ROI alles? Will ich nur einen Return On Invest?“ Ich bin der Meinung, dass man zukünftig viel mehr auf die Nachhaltigkeit blicken muss. So springen Anbieter auch häufig zu kurz, wenn sie immer nur mit schöngerechneten ROI-Berechnungen an die Öffentlichkeit gehen anstelle einmal aufzuzeigen, dass Unternehmen, die vielleicht schon vor acht oder neun Jahren solche Technologien eingeführt haben, durch den Einsatz neue Geschäftsfelder, neue Geschäftsformen, neue Dienstleistungen und eine nachhaltige Veränderung des Unternehmens zum Positiven geschaffen haben. Dabei kommt es gar nicht darauf an, ob nun die genutzte Software dem aktuellsten technologischen Stand entspricht oder ob sie unter dem Aspekt eines ROI wirtschaftlich war. Solche Success Stories können für den potentiellen Kunden viel interessanter sein als nur ein kurzfristiges Erreichen des ROI. Wenn man nur den ROI betrachtet, werden viele andere wichtige Faktoren unterschätzt. Ich fand es bemerkenswert, dass hier in einem Vortrag heute gesagt wurde: „Auf die Sachkosten, Raumkosten, Transportkosten oder so etwas haben wir gar nicht geguckt.“ Diese rechenbaren Kosten sind häufig die Grundlage für eine ROI-Betrachtung, sie sagen aber wenig über die Nachhaltigkeit aus.
So kommt man dann immer auf eine kostenträchtige Ressource zurück, das ist das Personal. Wer ROI-Betrachtungen macht, wer solche Ideen verfolgt wie „elektrisch rein, elektrisch verarbeiten, elektrisch raus“, denkt immer auch an Personaleinsparungen. Ich kenne keine Analyse, wo nicht hinterher zumindest rechnerisch auf dem Papier so und so viel Köpfe hätten rollen müssen. Andererseits ist es gerade in Deutschland nicht so einfach, Köpfe rollen zu lassen. Die Rechtssituation ist sehr restriktiv in Bezug auf Kündigungen, man kann Mitarbeiter nicht einfach freisetzen, und man möchte sich ja das Know-how der Mitarbeiter auch weiterhin sichern.
Es muss aber einmal in aller Deutlichkeit gesagt werden: Wenn man die die Effizienzpotentiale der Personaleinsparung in den immer wieder zitierten ROI-Betrachtungen wirklich ausnutzen würde, dann hieße dies, dass wir einen massiven Beitrag zur Steigerung der Arbeitslosigkeit leisten! Dokumenten-Technologien sind Technologien zur Einsparung menschlicher Ressourcen. Nur dadurch, dass wir die Möglichkeiten dieser Technologien bis jetzt noch nicht konsequent ausschöpfen, ist dieser Aspekt des Freisetzens von Personalressourcen noch nicht mit all seinen Auswirkungen sichtbar geworden.
Ich möchte die Entwicklung an einem kleinen historischen Rückblick erläutern: Als im 17. Jahrhundert die Agrarrevolution griff, war bereits die industrielle Revolution im Entstehen, um all die frei werdenden Bauern, Landarbeiter und Tagelöhner aufzunehmen. Man war dankbar für die Arbeitskräfte. Aber auch die industrielle Revolution war zunächst sehr arbeitsintensiv. Erst durch die Automatisierung im vergangenen Jahrhundert wurden die Arbeitsprozesse immer stromlinienförmiger, der Einsatz von Menschen wurde immer mehr reduziert. Die sich entwickelnde Dienstleistungsgesellschaft war aber in der Lage, die freiwerdenden Arbeitskräfte zumindest teilweise zu absorbieren. Ein solcher Veränderungsprozess findet nun auch in den Verwaltungen statt. Die Verwaltungen, die Administration, die Büros, über die wir hier sprechen, schufen damals die Arbeitsplätze, die die Menschen, die aus industriellen Produktionsprozessen freigesetzt wurden, aufnahmen. Wenn wir jetzt einmal das Büro der Zukunft so betrachten als ob es eine Fabrik wäre – diese Assoziation wurde heute bereits mehrfach genannt und es gibt zum Beispiel im Kreditgewerbe regelrechte „Kreditfabriken“ –, dann stellt sich die Frage, wer denn zukünftig die durch automatisierte Büroprozesse frei werdenden Arbeitnehmer auffangen soll? Der Handel? Nein. Hier wird auch an automatisierten Logistikverfahren zur Füllung der Regale und zur automatischen Kassen gearbeitet. Andere Branchen? Nein, überall ist der Trend zur Einsparung teurer Personalressourcen zu sehen. Die öffentliche Hand? Jein, hier müsste eigentlich mehr gespart werden, aber trotz aller politischen Willensbekundungen zu einer reformierten, schlankeren Verwaltung wird hier immer noch Personal aufgebaut. Dies ist die Hybris der politischen Botschaft. Einerseits wird propagiert, dass man eben durch solche Technologien eine effiziente Verwaltung schafft und Einsparungen umsetzt, was aber in letzter Konsequenz bedeutet, dass damit der Berg der Arbeitslosigkeit wächst. Ein wunderschönes Beispiel ist die Bundesanstalt für Arbeit. Sie werden sicherlich die Zahlen gelesen haben, wie viel Prozent der Angestellten sich dort mit der eigenen Verwaltung beschäftigen und wie wenige mit der realen Arbeitslosenvermittlung. Da müssten meines Erachtens eigentlich eine Reihe der Angestellten jetzt die Seiten des Schreibtisches wechseln, vom Sachbearbeiter hinter dem Schreibtisch zum Arbeitslosen vor dem Schreibtisch.
Was wir als Erkenntnis hieraus mitnehmen sollten, ist, dass sich durch den Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien auch das Verständnis der Begriffe Arbeit und Arbeitsplatz ändert. Immer weniger Menschen haben heute Arbeit und diejenigen, die Arbeit haben, müssen immer mehr Arbeit leisten. Je besser nun die Systeme werden, die uns bei der Arbeit unterstützen, desto weniger Menschen werden in diesen Büroprozessen benötigt. Menschen werden dann vielleicht noch für Fehlerbereinigung, für Clearing, für Qualitätskontrolle, für Entscheidungen zuständig sein. Herr Prinz (Vorredner vom BKK Bundesverband zum Thema elektronische Signaturen), vielleicht kommt man doch irgendwann darauf zurück, dass doch jedes gescannte Image einzeln geprüft und signiert wird, um andern Ortes in Prozessen freiwerdenden Arbeitskräfte doch noch irgendwie zu beschäftigen. Unser Begriff von Arbeit ändert sich durch diese Technologien rapide. Die Revolution, die sich jetzt sozusagen als Office-Revolution abzeichnet, wird fast jeden von uns treffen und unseren Arbeitsplatz nachhaltig verändern.
Investitionssicherheit
Ein anderes Schlagwort in meiner Vortragsthemenliste war das Wort „Investitionssicherheit“. Was können wir tun, um heute schon unsere Investitionen in Dokumenten-Technologien zu sichern? Zunächst möchte ich anmerken, dass es zahlreiche Aspekte von Sicherheit gibt – Datensicherheit, Zugriffssicherheit, Betriebssicherheit, Rechtssicherheit, Investitionssicherheit, Verfügbarkeitssicherheit und so weiter. Zum Thema Investitionssicherheit und Verfügbarkeit kam bereits in einem Diskussionsbeitrag eine Anmerkung nach dem Motto: „Ich habe mich nicht mit einem kleineren mittelständischen DMS-Anbieter eingelassen, weil diese in ihrer Existenz bedroht sind, verschwinden und aussterben. Deshalb habe ich mich für einen großen Anbieter entschieden.“. Dies kann man nicht so einfach im Raum stehen lassen. Es gab auch genug große, namhafte Unternehmen, die das Thema Dokumenten-Technologien einfach haben fallen lassen, ihren Kunden keine Kontinuität gewährt haben. Größe allein ist kein ausreichendes Kriterium und es muss klar erkannt werden, dass auch beim Anwender ein Großteil der Verantwortung für die Sicherstellung der Investitionssicherheit liegt. Unabhängig davon, ob Sie sich für einen großen oder kleinen Anbieter am Markt entscheiden, Sie als Anwender müssen sich vorher mit dem Thema Abhängigkeit von Information und Verfügbarkeit von Information auseinandersetzen und ihre eigenen Strategien festzurren.
Langfristige Verfügbarkeit impliziert beispielsweise die Einplanung von Migrationen. In sechs, acht, zehn oder zwanzig Jahren werden nicht mehr die gleichen Anbieter und Produkte am Markt sein. Auch heute große Namen der Branche werden dann vielleicht verschwunden sein. Aber ist das Verschwinden von Produkten und Anbietern eine Katastrophe? Wenn wir die Idee der freien Marktwirtschaft akzeptieren, ist dies das Natürlichste der Welt, ein Ausleseprozess, wie er sich überall vollzieht. Sie als Anwender müssen sich auf diesen Prozess, wenn Sie von Investitionssicherheit reden, im Vorwege einrichten, mit einer Migrationsplanung: Zu welchen Zeitpunkten werde ich auf Grund der technologischen Weiterentwicklung gezwungen sein zu wechseln, oder zu welchen Zeitpunkten will ich selbst aus betriebswirtschaftlichen Gründen auf andere Systeme wechseln? Diese Überlegungen gehören bereits in die Planungsphase einer Systemeinführung. Denn diese Dokumenten-Technologie-Systeme, über die wir hier reden, speichern das Wissen Ihres Unternehmens, bewahren rechts- und steuerrelevante Informationen auf, und sind die Basis der Abwicklung all ihrer elektronisch unterstützten Arbeitsprozesse.
Anm. der Redaktion: der dritte und letzte Teil dieses Beitrags erscheint im Newsletter 20030928Newsletter 20030928.
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