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ECM-Anbieter tummeln sich im Sharepoint-Umfeld
Microsoft Office Sharepoint 2007, kurz MOSS, ist die neue Version der Portal-Software aus dem Hause Microsoft, die im Vergleich zur Vorgänger-Version, die noch unter dem Namen Sharepoint Portal Server lief, erhebliche Fortschritte gemacht hat. Auf Grund der massiven Weiterentwicklung positioniert Microsoft selber den MOSS jetzt als ECM-Plattform.  
Nimmt man die Definition zu ECM von AIIM, so stellt man fest, dass der derzeitige MOSS mit den Hauptkomponenten Capture, Output, Delivery, Store und Preserve nichts zu tun hat. Bei den Managementkomponenten deckt er die Bereiche Dokumenten-Management, Records-Management, Web-Content-Management sowie schwerpunktmäßig Collaboration ab.
Der Einsatz von Sharepoint-Lösungen scheint sich auszubreiten, es ist eine deutliche Zunahme der Nachfrage im Markt zu spüren, obwohl die Microsoft Lösung bekanntlich einige Lücken aufweist. Gleichzeitig haben immer mehr  ECM-Hersteller Produkte im Angebot, die diese Lücken, zumindest im Bereich der Archivierung, zu schließen versuchen. Dieser Artikel versucht einen Überblick über vorhandene Lösungen, offene Punkte und weitere Möglichkeiten der Integration mit Sharepoint zu geben.
Lücken im ECM-Konzept des MOSS
Eine der größten Schwachstellen des Sharepoint ist ohne Frage die sehr rudimentäre Ausprägung der Records Management Funktionalitäten sowie die Datenhaltung, die für eine revisionssichere Archivierung und die Erfüllung der Compliance-Anforderungen nicht ausreichend/geeignet sind.  Zwar verfügt die 2007er Version über ein zentrales Content Repository, in dem Inhalte unter Einhaltung der vorgegebenen Aufbewahrungsfrist abgelegt werden. Die Ablage erfolgt manuell oder auf Basis von Policies, die jedoch nur für bestimmte Ordner oder Content-Typen festgelegt werden können. Der Ablageordner im Records Center wird ebenfalls basierend auf dem Content Typen oder dem Template zugeordnet, so dass der ursprüngliche Kontext eines Dokumentes vollkommen verloren geht. Bei Ablage im Records Center wird das Ursprungsdokument nicht gekennzeichnet, so dass eine Mehrfachablage durch verschiedene Nutzer vorprogrammiert ist und zudem im Records Center nicht durch Mechanismen zur single-Instance-Archivierung verhindert wird. Neben den fehlenden Records Management Funktionalitäten birgt die Datenhaltung des Sharepoint einige Defizite: Alle Dokumente werden in Sharepoint SQL Server Datenbanken gespeichert, was nicht der ideale Speicherort für große Dokumentenvolumina oder Dokumente mit langen Aufbewahrungsfristen ist. Das Wachstum der Datenbank und Backup und Recovery Prozesse beeinflussen die langfristige Skalierbarkeit und die Zuverlässigkeit der Datenhaltung. Darüber hinaus können revisionssichere und Read-Only Speichermedien nur schwer genutzt werden, solange die Dokumente in der Datenbank verbleiben. Die Auslagerung von Dokumenten auf günstigere Speichermedien gemäß ihrem Lebenszyklus, wie es ILM-Konzepte vorsehen, ist ebenfalls nicht möglich.
Die ECM-Anbieter als Lückenfüller?
Viele Anbieter traditioneller ECM-Produkte haben sich darauf spezialisiert, Lücken in den Portfolios der großen Standardsoftwareanbieter zu füllen, wie z.B. IBM, SAP und besonders Microsoft.
So bieten sie mit den Integrationslösungen für Sharepoint auch einen Ausgleich für die oben genannten Schwachstellen. Dabei reicht die Bandbreite der Ansätze von reinen Archivierungslösungen für Sharepointinhalte bis hin zur umfangreichen Integration von Archivinhalten und anderen ECM-Komponenten wie Workflow in die Sharepoint-Umgebung.
In technischer und funktionaler Hinsicht kann grundsätzlich zwischen eher Archivorientierten- und eher Portalorientierten-Konnektoren unterschieden werden. Diese werden allerdings meistens in einem Produkt kombiniert angeboten.
Der Funktionsumfang der Archivkonnektoren umfasst bei allen Anbietern die manuelle und regelbasierte Verlagerung von Dokumenten in das Archiv, einschließlich der Übernahme der Metadaten bzw. einem Mapping der Sharepoint-Attribute auf das Archivschema. Einige der Lösung unterscheiden dabei zwischen den Optionen, eine Kopie des Dokumentes in Sharepoint zu belassen, einen Link in Sharepoint abzulegen und das Dokument zu löschen. Nicht spezifiziert wird, welche Sharepoint-Elemente neben Dokumenten (Listen, Ankündigen etc.) archiviert werden können und ob auch ganze Ordner, Dokumentenbibliotheken oder Seiten in das Archiv verlagert werden können.
Auch in Hinblick auf den Funktionsumfang der Portalkonnektoren entscheiden sich die im Markt befindlichen Lösungen erheblich: eigentlich alle binden den Zugriff auf archivierte Dokumente mit Hilfe von Webparts für die die Suche im Archiv ein. Die Einbindung des Archivs als Content Source in die Sharepoint-Suche allerdings bieten nur wenige, ebenso wie die Anzeige der Archivstrukturen in navigierbarer Form in Webparts.
Anscheinend deckt keine der Lösungen die Anforderungen der Archivierung kollaborativer Inhalte ab. So wird weder die Möglichkeit geboten, einzelne Blog- oder Wiki-Einträge zu archivieren, noch Momentaufnahmen ganzer Blogs oder Wikis einzufrieren und zu archivieren.
Auswahl an Anbieterlösungen
Der folgende Überblick basiert auf den Angaben von ECM-Anbietern, die derzeit im Rahmen einer Marktuntersuchung überprüft werden. Hierbei verfolgen die ECM-Anbieter sehr ähnliche Konzepte der Integration.
Es kann lediglich eine Auswahl von Anbietern und ein Auszug ihres Lösungsumfangs beschrieben, jedoch nicht das gesamte Spektrum der Anbieter und Funktionalitäten abgedeckt werden
EASY  
bietet mit Easy xSHARE die Möglichkeit, Dokumente manuell oder regelbasiert aus Sharepoint heraus in den EASY ENTERPRISE.x Server zu übernehmen. Die Metadaten aus Sharepoint werden dabei über ein Mapping auf die  EASY Archiv-Schemata abgebildet. Der Zugriff auf die Dokumente erfolgt bei dieser Lösung über WebParts. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der Integration von Sharepoint in vorhandene Workflows.
Mobius (jetzt ASG Software Solutions)  
hat mit dem Total Content Integrator for SharePoint ein Modul für den TCI Total Content Integrator aus dem eigenen Haus im Angebot. Über den TCI  bietet Mobius eine vollautomatische regelbasierte oder manuelle Archivierung in die vom TCI unterstützten Archive. Die Suche ist in die Oberfläche von Sharepoint integriert und bindet Dokumente aus allen angeschlossenen Repositories mit ein.
d.velop  
hat für die Sharepoint Integration das Produkt d.link for microsoft sharepoint im seinem Portfolio. Bei der Archivierung werden die vorhandenen Metadaten aus Sharepoint im d.3 Archiv verwendet, um dort die virtuellen Akten aufzubauen. Für die Suche werden die d.3 Archive in die Standardsuchfunktion von Sharepoint integriert und es wird eine gemeinsame Trefferliste zurückgeliefert. Die Anzeige wird über WebParts realisiert. Eine Integration des d.3 Workflows (Postkorb) in Sharepoint ist ebenfalls vorhanden.
SER  
bietet Kunden eine Projektspezifische Umsetzung der Sharepoint Integration an. Die Ablage im Archiv erfolgt direkt aus Sharepoint heraus und kann über frei definierbare Regelmechanismen erfolgen. Eine Workflow-Funktionalität wird über WebParts in den Sharepoint-Server integriert.
ELO  
bietet das Produkt ELO4SharePoint an, um seine Produkte mit Sharepoint zu integrieren. Bei dieser Lösung erfolgt die Archivierung aus Sharepoint heraus und es wird die Möglichkeit zum Ein- und Auschecken von Dokumenten aus einem ELO-Archiv angeboten. Zusätzlich bietet ELO den Zugriff auf Dokumente aus anderen Systemen, wie z.B. einem CAD- oder ERP-System. Die in Sharepoint integrierte Suche umfasst ebenso alle im ELO-Repository archivierten Dokumente. Die Integration erfolgt auch bei ELO über WebParts. Hierbei können für die einzelnen Anwender individuelle Einstellungen gespeichert werden, damit nur die für den aktuellen Anwender relevanten Informationen angezeigt werden.
Oracle  
bietet nach der Übernahme von Stellent in den neuen Produkten eine gegenüber den vorangegangenen Versionen etwas verbesserte Sharepoint-Integration. SharePoint-Funktionen wie Check-in, Dokumentensuche und Workflows lassen sich nun direkt aus der Oracle-Umgebung heraus nutzen. Außerdem können Daten aus dem Sharepoint-Repository in die Oracle-Applikation migriert werden.
Symantec  
bietet die Möglichkeit, Inhalte aus Sharepoint in Enterprise Vault zu archivieren. Hierbei werden ältere, selten aufgerufene Dokumente in Enterprise Vault ausgelagert, während häufig aufgerufene Dokumente im Sharepoint-Server verbleiben. Symantec konzentriert sich auf die Auslagerung der Dokumente. Eine ähnliche Strategie ist auch bei der E-Mail-Archivierung zu beobachten.
EMC  
bietet zwei unterschiedliche Produkte für die Sharepoint-Integration an. Die Documentum Archive Services for SharePoint erlauben eine Migration der Inhalte eines Sharepoint-Servers in ein Documentum-Repository. Die Archivierung kann über flexibel gestaltbare Regeln erfolgen und erlaubt ein Kopieren, Verschieben oder Verschieben mit Shortcut der Dokumente. Den Eigenschaften der Dokumente im Sharepoint-Server werden EMC Documentum Doctype-Metadaten zugeordnet. Das zweite Produkt von EMC sind die Documentum Content Services for SharePoint. Diese integrieren die Documentum-Suche und den Zugriff auf Documentum-Anwendungen und –Inhalte in die Sharepoint-Oberfläche. Sie bieten dem Anwender eine Teilnahme an den Documentum Workflows und ermöglichen Abonnements von Elementen im Repository sowie den direkten Zugriff auf die Documentum Inbox, QuickFlows und das BPM-System.
Bei den Anbietern COI, GFT und DocuWare  
konnten keine konkreten Informationen zur Integration mit Sharepoint gefunden werden, lediglich die Möglichkeit der Portal-Integration wurde allgemein erwähnt.
Wichtige funktionale Komponenten
Nach der Betrachtung der Funktionalität der bisherigen Lösungen, die sich auf die Archivierung der Sharepoint-Inhalte und die Integration der Archivinhalte in das Portal beschränken, stellt sich die Frage, ob zukünftig auch andere Lücken des Sharepoint mit Hilfe erweiterter Integrationslösungen der ECM-Anbieter geschlossen werden:
E-Mail Management:  
Durch die Trennung von Exchange und Sharepoint besteht immer noch keine gemeinsame Datenhaltung. Zwar können E-Mails über die Outlook Managed Folders in Sharepoint abgelegt werden, die Ablage verfügt aber weder über eine ausreichende single-instance Funktionalität, noch findet die Trennung von Body und Attachements statt.
Offline-Client:  
Dokumentenbibliotheken und Listen können zur Offline-Nutzung in Outlook zur Verfügung gestellt werden. Offline gemachte Änderungen werden allerdings nur auf Dokumentenebene synchronisiert, das Anlegen neuer Strukturen, Ordner etc. wird nicht unterstützt. Ganz zu schweigen davon, dass die im Browser ablaufende Sharepoint-Anwendung dem Benutzer offline nicht zur Verfügung steht.
Capture-Modul:  
Wenn Sharepoint wirklich als ECM-System genutzt werden soll, kann auch die Anbindung an bestehende Scan- und Klassifikationslösungen, bzw. Posteingangslösungen nicht außer Acht gelassen werden. In diesem Umfeld sind bisher aber noch keine Aktivitäten zu erkennen.
Ausblick
Wenn man sich auf die Lücken im Sharepoint und anderen Microsoft-Produkten konzentriert, ist man immer von der Weiterentwicklung von Sharepoint, Exchange, Infopath etc. bedroht. Erste Auswirkungen zeigen sich z.B. im, Verhältnis zwischen den eigenen Workflow-Komponenten der ECM-Anbieter und der in Microsoft Vista integrierten Workflow-Foundation. War Microsoft mit Sharepoint bisher schlecht im Records Management aufgestellt, konnte mit den Erweiterungen der Funktionalitäten für die DOD 1550.2-Zertifizierung einiges an Boden wettgemacht werden. Da sich Microsoft jedoch nach eigener Aussage und der Meinung von Marktanalysten auf die Basisfunktionalität beschränken wird, bleibt den ECM-Anbietern immerhin der Ausweg in komplexere Lösungen und dedizierte Branchenlösungen. Microsoft selbst ist mit der Weiterentwicklung seiner Produkte unter Druck. IBM legt mit Web 2.0 Funktionalität im Lotus-Umfeld nach und auch SAAS-Dienste im Internet gewinnen an Bedeutung. So wird der Wettlauf zwischen Sharepoint, ECM-Anbietern und Web Services immer schneller und schweißtreibender. (SR/SMe)
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