20020121 \  In der Diskussion \  Extrawurst für die elektronische Signatur in der öffentlichen Verwaltung ?
Extrawurst für die elektronische Signatur in der öffentlichen Verwaltung ?
Die elektronische Signatur ist ein zur Zeit viel diskutiertes Thema. Im Privatrecht ist die elektronische Signatur der handschriftlichen Unterschrift in weiten Bereichen gleichgestellt. Auch im Handelsgesetz wird diese Form der elektronischen Willenserklärung nach und nach verankert. Der Gesetzgeber hat dabei auf Grund der EU-Vorgaben drei Formen der elektronischen Signatur definiert, die unterschiedliche Sicherheitsniveaus definieren. Unter Wahrung des Gleichheitsgrundsatzes wurde mit den Änderungen der Formvorschriften im Privat- und Handelsrecht einheitlich die qualifizierte elektronische Signatur festgeschrieben. Diese Form der elektronischen Signatur weist sich durch das höchst mögliche Sicherheitsniveau aus, dass vor allem bei der Wahl von freiwillig akkreditierten Anbietern dem Stand der Technik entspricht. Dabei hat die Regierung bislang immer bewusst den Bereich der öffentlichen Verwaltung ausgeklammert. Dieses geschah wohl in der Hoffnung, dass die hohen Kosten für die Erstinvestition in diese Technologie zunächst von der Wirtschaft und den Bürgern übernommen werden. Gerade diese Personengruppe hat sich aber bis heute davor gescheut, sich mit diesem Thema anzufreunden. Der erhoffte Boom für die elektronische Signatur ist bisher ausgeblieben. Um die elektronische Signatur nun aber doch noch in den Griff zu bekommen, hat sich das Kabinett nun etwas neues ausgedacht. Für Ministerien und Behörden soll das Sicherheitsniveau kurzerhand zurückgeschraubt werden. Dabei wird damit argumentiert, dass das Sicherheitsniveau der jeweiligen Anwendung und Nutzung angepasst werden soll. Damit erlaubt sich die öffentliche Verwaltung einen Freiheitsgrad, der den anderen Bereichen nicht eingeräumt wird. George Orwell könnte man in diesem Fall folgendermaßen zitieren: „Manche sind eben ein wenig gleicher als gleich“. Für die interne Kommunikation der öffentlichen Verwaltung bedeutet dies, dass dort nicht mehr die ebenfalls im Privat- und Handelsrecht eingeführte qualifizierte Signatur maßgebend sein wird, sondern die durchaus einfachere fortgeschrittene Signatur. Die Verfahren bei der fortgeschrittenen Signatur sind im Wesentlichen mit denen der qualifizierten identisch, nur dass auf den Einsatz von Trust Center und Chipkarte verzichtet werden kann. Hier können erhebliche Kosten gespart werden. Die Hoffnung dabei ist, dass das im Herbst vergangenen Jahres vorgestellte Projekt BundOnline 2005 erfolgreich umgesetzt wird und dadurch eine Initialzündung für die Verbreitung der elektronischen Signatur erreicht wird. Wenn Handel und Bürger bis dahin zumindest zum Teil mit Chipkarten und Lesegeräten ausgestattet sind, hofft der Bund darauf, relativ kostengünstig auf ein höheres Sicherheitsniveau umsteigen zu können. Dabei kann aber davon ausgegangen werden, dass die entstehenden Migrationkosten ebenfalls erheblich sein werden. Diese müssen aber in heutigen Budgets nicht berücksichtigt werden. Den Spitzenplatz im Umgang mit der modernen Informationstechnologie würde Deutschland mit diesem Vorhaben zumindest verlieren. Schade, dass Deutschland dieses Thema nach den ersten Gesetzesinitiativen 1997 nicht ehrlich forciert hat. Da können wir nur neidisch auf Staaten wie Finnland schauen. Dort wird die Signaturkartenfunktion bereits im Personalausweis integriert. Der Staat ist dort also der aktive Promoter dieser Technologie. In Deutschland verkommt der Staat in dieser Hinsicht zu einem passiven Element. Da hilft es zusätzlich wenig, wenn erste Grundsatzurteile den rechtlichen Bestand einer eMail-Korrespondenz, die keine elektronische Signatur beinhaltet, anerkennen. Mit solchen Aussagen werden letztendlich überhaupt keine aktiven Elemente zur Förderung der elektronischen Signatur erzeugt. Hier kommt man immer wieder zu dem Schluss, dass der Staat seine aktive Rolle eigentlich nicht aufgeben sollte. Die gesteckten Ziele zum Aufbau eines modernen Staats werden so jedenfalls sicherlich nicht erreicht. (FvB)
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