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DLM Forum 2002 Review
Barcelona – Das dritte DLM-Forum in Barcelona vom 6. bis 8. Mai 2002 erwies sich für alle Beteiligten als durchschlagender Erfolg. Allein an der Hauptkonferenz nahmen über 500 Teilnehmer nicht nur aus Europa, sondern auch aus den USA, Kanada, Indien, Japan, Russland und anderen Staaten teil. Alle wichtigen Archive in Europa waren mit Delegierten vertreten. Parallel zum DLM-Kongress fanden Workshops, ein Kongress der katalanischen und spanischen Archivare, der AIIM Executive Summit sowie Treffen von Expertengruppen wie DLM Scientific Committee, DLM Network Initiative, DigiCult und ERPANET statt. Begleitet wurde die Konferenzveranstaltung von einer Ausstellung zum Thema, die von der AIIM International Europe organisiert worden ist. Die DLM-Veranstaltung war Teil der „Digitalen Woche“ in Barcelona mit zwei weiteren Kongressen und Ausstellungen.
In seiner über Video übermittelten Eröffnungsansprache machte Erkki Liikanen, Kommissar für die Informationsgesellschaft und Schirmherr der Veranstaltung, klar, das schnelle und praktikable Lösungen für die Herausforderung der Bewahrung des Gedächtnisses des Informationszeitalters erforderlich sind (siehe auch den Beitrag „The Memory of the Information Society“ in diesem Newsletter). Martine de Boisdeffre, Direktorin des französischen Nationalarchives, verdeutlichte, dass diese Herausforderung nur von allen europäischen Organisationen gemeinsam bewältigt werden könne, um mit dem schnellen Wandel der Technologie Schritt halten zu können. Diese Entwicklungen wurden von Piero Corsini, IBM Vizepräsident für den öffentlichen Sektor in Europa, eindrucksvoll in einem visionären Vortrag dargestellt. Dr. Ulrich Kampffmeyer, Geschäftsführer von PROJECT CONSULT und Vorsitzender des DLM-Forum-Programmkomitees betonte in seinem Plenumsvortrag die Notwendigkeit schnellen und konzentrierten Handels um der wachsenden digitalen Flut entgegen treten zu können. Er stellte hierzu Lösungen aus den sechs Industry White Papers von AIIM und DLM-Forum vor. Sein Appell, mehr Bewusstsein in der Öffentlichkeit, bei den Archivaren selbst sowie in Politik und Verwaltung für den Wert von Information in Archiven zu schaffen wurde in die Beschlussfassung des DLM-Forums aufgenommen. Paul E. Murphy, Generaldirektion der Europäischen Kommission, wies in seinem Vortrag auf die besondere Bedeutung einheitlicher Standards hin. Die Verbreitung, Nutzung und Detaillierung des MoReq Standards auf europäischer Ebene sei eine vordringliche Aufgabe.
In den anschließenden parallelen Sitzungen wurden die Themen vertieft. Die Sitzung „Das Gedächtnis des Informationszeitalters – Sicherung, Migration und Langzeitverfügbarkeit“ beschäftigte sich mit Beispielen elektronisch bereits zugänglicher Archive in England und den Niederlanden. Die Erfahrungen der Speicherung der Daten und Vordrucke der letzten Volkszählung in Großbritannien waren ebenso Thema wie das Projekt, der Europäischen Kommission für ihr eigenes elektronisches Archiv. Frank Brady stellte hier den aktuellen Projektstand dar. Am Beispiel des dänischen Staatsarchivs wurde auf die Bedeutung von Sicherheit und Qualität bei der Bewahrung des digitalen Kulturerbes hingewiesen.
Die Sitzungsreihe „Die Nutzung öffentlicher Information – Inhalte, Authentizität, Schutz und Kontrolle“ zeigte in einem Beispiel aus Dänemark, wie auf kommunaler Ebene mit dem Problem umgegangen wird. Der australische Beitrag beleuchtete die Bedeutung digitaler Signaturen bei der Sicherung elektronischer Objekte. Die Vertreterin des staatlichen italienischen Forschungsrates CNR erläuterte das laufende Projekt des Forums für öffentliche Archive. Der Vortrag des Leiters des Programms für elektronische Archive NARA der Vereinigten Staaten bot neue Einblicke in die Vorhaben der US-Regierung zur Sicherung des digitalen Wissens in Archiven. Die Reihe wurde mit einem Vortrag zur Bedeutung von Directory Services zur Kontrolle des Zugriffes und zur Verwaltung der Nutzer in geschlossenen und offenen Nutzungsgemeinschaften abgeschlossen.
Die dritte Sitzungsreihe „Verwaltung und Bereitstellung von Inhalten – Aufbau und Pflege von Archivsystemen, Best Practice Beispiele und benutzerfreundlicher Zugang“ wurde von einem Beispiel aus Katalonien für den „papierlosen öffentlichen Dienst“ eingeleitet. Auf strategische Aspekte ging der englische Beitrag zum Thema „Sicherung wissenschaftlicher und technischer Aufzeichnungen“  ein. Der Beitrag des dänischen Staatsarchives betonte die Bedeutung von Normen für Metadaten und Dokumente. Hierauf konnte der Vortrag aus dem Camileon-Projekt der Universität Michigan, USA, aufsetzen, der die Haupteigenschaften von Dokumenten definierte. Das Fraunhofer Institut stellte zusammen mit dem deutschen Filminstitut ihre Erfahrungen bei der Einführung eines Archivsystems für die historische Filmforschung vor.
Die Sitzungsreihe „Organisation von Dokumenten und Archiven – Anforderungen an Meta-Daten, Standardisierung und Modelle“ fokussierte sich auf den MoReq Standard, dessen praktische Umsetzung an mehreren aktuellen Beispielen aus Groß-Britannien dargestellt wurde. Vom Vertreter des niederländischen Regierungsprogrammes für „Digital Longevity“ wurden die Bedeutung von Meta-Daten für den Zugang unterstrichen. Der belgische Beitrag von Eurocontrol beschäftigte sich praxisnah mit den Erfahrungen der Konvertierung von Papier zu digitalen Daten und deren Langzeitarchivierung. Der Beitrag der britischen Staatsarchives stellte besonders die funktionalen Aspekte, die sich aus den Anforderungen der britischen Regierung ergeben, heraus.
In der Reihe 5 „Den Zugang zum Wissen erleichtern – Die Ausbildung von Informationsexperten und Informationsnutzern“ wurden Themen der Weiterbildung, des E-Learnings und einer einheitlichen Qualifikation für Archive und Records Manager in Europa behandelt. Der niederländische Beitrag von Innogration stellte neue Berufsbilder für Archivare und Informationsmanager in den Vordergrund. Diese wurden aus dem E-TERM-Projekt abgeleitet. Mit diesem Projekt der Europäischen Kommission beschäftigte sich auch der zweite niederländische Beitrag, der den Stand der E-TERM-Schulungsprogramme darstellte. Der Beitrag der Universität Toronto, Kanada, beleuchtete das Informationsnutzungsverhalten durch die verschiedenen Adressatengruppen elektronischer Archive. Der Vortrag von Communicando aus Italien stellte die Möglichkeiten des E-Learnings zur Ausbildung von Informationsmanagern vor. Das gleiche Thema war auch Gegenstand der Präsentation des University College of London und des abschließenden spanischen Beitrages der Universität Alcala zusammen mit dem spanischen Staatsarchiv. Alle drei Vorträge unterstrichen den Nutzen dieser Methoden um einheitliche Ausbildungsstandards zu erzielen.
In der Sitzungsreihe „Erfassen und Wandeln von Informationen -  Automatsche Technologien zur In-dizierung und Anwendung effizienter Retrievalmethoden“ erläuterte zunächst der Vertreter des deutschen Finanzministeriums sein Vorhaben mit automatischer Klassifikation Steuersündern auf die Schliche zu kommen. Der japanische Beitrag stellte den aktuellen Stand der Forschung für solche Technologien dar. Auf den Einsatz effektiver Retrievaltechnologien konzentrierten sich die Beiträge des UNHCR und des DFG-Projektes zur „Entwicklung von Werkzeugen zur Retrokonversion archivischer Findmittel.“ Der abschließende Beitrag aus Russland stellte Methoden und Verfahren für den Aufbau und die internetbasierte Erschließung von Photodokumenten dar.
In drei weiteren interaktiven Workshopreihen wurden aktuelle Probleme der Archive thematisiert. Mit Normen und Standards beschäftigte sich der von Walter Koch aus Österreich geleitete Workshop mit Kurzreferaten zu den Standards Dublin-Core, ISO 14589 und MoReq mit Beiträgen von SERDA, Frankreich, der Archivschule Marburg, Deutschland, der Universität Urbino, Italien, und von Cornwell, Groß-Britannien. Ein Problem der Standards stellt häufig ihr allgemeiner Charakter dar, der sich nicht technisch in Systemen prüfen lässt. Die Workshopreihe 2 unter Leitung von Seamus Ross aus Großbritannien konzentrierte sich auf die Auswirkungen der Archivierung digital signierter Dokumente. Sprecher der Europäischen Kommission, von CODA aus Deutschland, des Staatsarchivs aus Finnland und der Universität Glasgow, Groß-britannien, erläuterten ihre zum Teil sehr unterschiedlichen Erfahrungen und machten deutlich, dass hier noch einheitliche Regelungen und passende technische Lösungen erforderlich sind. Der Workshop 3 beschäftigte sich unter der Leitung von Claes Granström aus Schweden mit den rechtlichen Aspekten der digitalen Speicherung. Beiträge der Universität Leiden, Belgien, des schwedischen Staatsarchivs und des Zentrums für zeitgenössische Archive in Frankreich machten deutlich, dass man in Europa noch weit von einheitlichen Regelungen entfernt ist. Dabei gilt es Aufbewahrungsverpflichtungen ebenso wie den Schutz von persönlichen Rechten einheitlich zu gestalten.
In der abschließenden Plenumssitzung, in der zunächst von den drei „Rapporteurs“ Thekla Kluttig, Catherine Dhérent und George Mackenzie die Ergebnisse der parallelen Sitzungen vorgestellt wurden, trug Eric Ketelaar, Professor für Archivwesen an der Universität Amsterdam, in einem visionären Vortrag die Essenz des DLM-Forum zusammen. Er stellte dabei auch das eigene Selbstverständnis der Archivare in Frage, die sich bisher nur an ihren eigenen Maßstäben orientieren, wohin gegen das Thema Archivierung außerhalb der geschlossenen Archivgemeinschaft ganz anders positioniert wird. In einem mehrere Punkte umfassenden Katalog stellte er die Herausforderungen für die Zukunft zusammen. Im Anschluss fassten Hans Hofmann, Europäische Kommission, und Erik Norberg, schwedisches Nationalarchiv, das Ergebnis der Konferenz zusammen und verabschiedeten mit dem Plenum zusammen die „Conclusions“ der diesjährigen Veranstaltung (siehe den folgenden Textkasten). Besondere Danksagungen gingen an das lokale katalonische Organisationsteam für die wirklich hervorragende Vorbereitung und Durchführung, die Vorsitzenden und Mitglieder des Scientific Committee und alle weiteren Organisationen (siehe Fuß des Textkasten), die sich an der Veranstaltung beteiligt hatten.
Das vollständige Programm der DLM-Forum Konferenz ist im Internet unter ( http://www.dlmforum2002.org ) abrufbar. Mit der Veröffentlichung der Beiträge ist in den nächsten Monaten zu rechnen. Die folgende DLM-Forum-Konferenz soll bereits in zwei Jahren und nicht wie bisher im Rhythmus von drei Jahren stattfinden. Die Teilnehmer am DLM-Forum haben auch hier erkannt, dass man sich schneller auf die technologische Weiterentwicklung einstellen muss.
Das Abschlussdokument der Konferenz ist im Folgen im Wortlaut wiedergegeben: (IKB/Kff)
Conclusions of the European DLM-Forum 2002
@ccess & Preservation of Electronic Information: best practices and solutions 
Barcelona, May, 6th-8th, 2002
The successful DLM-Forum 2002* confirmed its role as the leading event for archivists, records and information managers of the European public sector. Since the mid 1990’s the DLM-Forum has evolved as a platform for multi-disciplinary cooperation between archivists, public administration, research and the ICT industry, with a view to identifying and promoting best practices and concrete solutions. This 3rd DLM-Forum extended the participating community and thereby enriched the exchange of information and expertise on electronic document and records management. This event brought a new quality of partnership, in particular with the ICT industry. The Forum also launched the European DLM-network initiative. The acronym DLM was newly interpreted as “Document Lifecycle Management” to reflect the broadened scope of this initiative.
1. ICT industry brings forward best practice solutions for electronic document and records management
 The Message to Industry of the DLM-Forum 1999 asked for support and advice on how to handle the challenge of document and information management in the digital age. The ICT industry gave a positive answer (INSAR, European Archives News, nr. 8; www.dlmforum.eu.org) and provided a first series of six Industry White Papers about the following topics of interest:
          1. Capture, Indexing & Auto-Categorization
          2. Conversion & Document Formats
          3. Content Management
          4. Access & Protection
          5. Availability & Preservation
          6. Education, Training & Operation
 In the preface to these Industry White Papers, Erkki Liikanen, European Commissioner for Enterprise and the Information Society, states: “The importance of providing public access and long term preservation of electronic information is seen as a crucial requirement to preserve the memory of the information society as well as improving business processes for more effective government”. The content of the Industry White Papers was enhanced with the experiences of end-users given in presentations at the conference and shown in the exhibition.
 The DLM-Forum welcomes the initiative by the ICT industry to continue with further events, seminars, additional publications and guidelines. The DLM-Forum underlines the necessity of a joint effort to deliver solutions.
2.  The European Model Requirements (MoReq) – an emerging standard
 The MoReq specification on model requirements and meta-data is now positioned to make key contributions to effective electronic records management. They are already used in several European countries for tenders and implementations. The use of the MoReq specification should be further promoted to archivists, administration, industry and service providers.
 The positive response to MoReq creates the possibility to establish it as a standard in Europe. This opportunity should be examined in more detail and supported by the DLM community.
3. Progress on professional education and training on electronic documents and records management
 The DLM-Forum 2002 confirmed the essential role of education, training and e-learning in the field of document life-cycle management. The first training modules together with the pedagogic material of the European training programme on electronic records management (E-TERM) are now available to interested member states and candidate countries. The DLM-Forum 2002 urges that the DLM-Network of Excellence pays special attention to forging stronger links between archive schools and other specialised training bodies in this field.
 The DLM-Forum 2002 recommends the development of competencies, standards and knowledge profiles as instruments to enhance skills, implement solutions and support recruitment. The DLM-Forum stresses that special attention should be given to programmes to promote greater public awareness of the value of archival information and the necessity of the modern management of that information.
4. The challenge of constant change –  
legal a
spects of modern archive management
 The Forum notes that ongoing changes in legal regulations and standards at the regional, national and European levels, with regard to e-government, e-citizenship and e-commerce generate a need for a harmonised approach to create and make available information for short- and long-term use. The requirements of document life-cycle management make it necessary to examine in depth existing and forthcoming legislation which effect archives with respect to access, privacy, data protection, authenticity, copyright, electronic signatures and related issues.
 The task is to define and propose adequate lines of action.
5. The launch of the European DLM-Network  
initi
ative
 One of the major results of the DLM Forum 2002 is the broad acceptance and support to establish a strengthened and enlarged European platform with emphasis on standardisation, legal aspects, education, user access, long term preservation and DLM events. During the Forum new partners from the public sector, industry, and other specialised bodies joined the initiative to launch the European DLM-Network of Excellence on electronic archives. It is envisaged that the DLM-Network will organise the next DLM-Forum.
 The Scientific Committee of the DLM-Forum 2002 established the DLM-Network Monitoring Committee to further develop and evaluate this DLM-Network of Excellence. The tasks include the preparation of an application for the 6th framework programme of the European Union, further integration of new partners and presenting a progress report on the evolving initiative.
 
The participants at the DLM-Forum 2002 stressed that the high quality of the papers presented at the forum merit publication. The European Commission is therefore asked to rapidly publish and distribute the proceedings of the DLM-Forum 2002.
 
* The DLM-Forum 2002 was organised by the Secretariat for the Information Society of the Catalan Government together with other Catalan institutions and departments of the Spanish central government. They benefited from the support of the European Union Presidencies of Sweden (first half of 2001), Belgium (second half of 2001) and Spain (first half of 2002), the European Commission (Secretariat General, Information Society DG) and representatives of the ICT industry. The DLM-Forum 2002 was organised in close cooperation with the EU Member States and regions.
DLM is the acronym for Document Lifecycle Management
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