Berlin - Bisher war die rechtliche Stellung von Emails im geschäftlichen Verkehr umstritten. Unklarheit herrschte vor allem darüber, ob es die über das Internet verschickten Nachrichten tatsächlich als Geschäftsbriefe im rechtlichen Sinnen anzusehen sind. Eine von der Öffentlichkeit fast unbemerkte Änderung hat jetzt Licht ins Dunkel gebracht. Am 10. November 2006 wurde das „Gesetz über elektronische Handels-register und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister“ (EHUG) verabschiedet, das seit dem 1. Januar 2007 gilt.
Zentrale Inhalte des Gesetzes sind neben der Errichtung eines zentralen Unternehmensregisters in Deutschland die neuen Regelungen für die Inhalte gewerblicher Emails. Durch die Ergänzung der Definition von Geschäftsbriefe um den Hinweis "gleichviel welcher Form", verlangt der Gesetzgeber die für geschäftliche Korrespondenz erforderlichen Pflichtangaben jetzt auch zwingend für geschäftliche E-Mails.
Was bedeutet das in der Praxis?
Die gezeigten Regelungen betreffen alle deutschen Kaufleute und deren Angestellte, vom Einzelkaufmann über Personengesellschaften bis zu Kapitalgesell-schaften unabhängig von der Größe. Ebenfalls erfasst werden Zweigniederlassungen ausländischer Gesellschaften. Ausnahmen bilden bisher nur die nicht angesprochen Privatpersonen und Freiberufler.
Unterschiede bestehen aber je nach Rechtsform des Kaufmanns oder des Unternehmens. Grundsätzlich müssen in einer gewerblichen E-Mail die Firma mit Rechtsform, der Ort der Handelsniederlassung, das zuständige Registergericht und die Handelsregisternummer angegeben werden. Für bestimmte Gesellschaften sind weitere Angaben erforderlich.
So ist eine GmbH seit dem 1. Januar 2007 verpflichtet in Ihren E-Mails u.a. die Rechtsform und den Sitz der Gesellschaft, das Registergericht des Sitzes der Gesellschaft, die Registernummer, unter der die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist, alle Geschäftsführer und, sofern die Gesellschaft einen Aufsichtsrat gebildet und dieser einen Vorsitzenden hat, den Vorsitzende des Aufsichtsrats mit dem Familiennamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen, aufzuführen. Es werden diese Angaben auf dem Geschäftsbrief selbst verlangt, ein einfacher Link auf das Impressum der Website des Kaufmanns oder Unternehmens ist nicht ausreichend.
Das „Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossen-schaftsregister sowie das Unternehmensregister“ kann unter http://www.bgbl.de abgerufen werden. E-Mails sind Geschäftsbriefe
Dem Begriff "Geschäftsbriefe" wurde jeweils der Hinweis "gleichviel welcher Form" angehängt (vgl. § 37a HGB, § 35 GmbHG und § 80 AktG) und damit deutlich gemacht, dass die für geschäftliche Korrespondenz erforderlichen Pflichtangaben nunmehr auch zwingend in die geschäftliche E-Mail-Korrespondenz aufgenommen werden müssen. Die entsprechenden §§ im Einzelnen: § 37a HGB (Handelsgesetzbuch)
Angaben auf Geschäftsbriefen
(1) Auf allen Geschäftsbriefen des Kaufmanns gleichviel welcher Form, die an einen bestimmten Empfänger gerichtet werden, müssen seine Firma, die Bezeichnung nach § 19 Abs. 1 Nr. 1, der Ort seiner Handelsniederlassung, das Registergericht und die Nummer, unter der die Firma in das Handelsregister eingetragen ist, angegeben werden.
(2) Der Angaben nach Absatz 1 bedarf es nicht bei Mitteilungen oder Berichten, die im Rahmen einer bestehenden Geschäftsverbindung ergehen und für die üblicherweise Vordrucke verwendet werden, in denen lediglich die im Einzelfall erforderlichen besonderen Angaben eingefügt zu werden brauchen.
(3) Bestellscheine gelten als Geschäftsbriefe im Sinne des Absatzes 1. Absatz 2 ist auf sie nicht anzuwenden.
(4) Wer seiner Pflicht nach Absatz 1 nicht nachkommt, ist hierzu von dem Registergericht durch Festsetzung von Zwangsgeld anzuhalten. § 14 Satz 2 gilt entsprechend.
§ 35a GmbHG (Gmbh Gesetz)
Angaben auf Geschäftsbriefen
(1) Auf allen Geschäftsbriefen gleichviel welcher Form, die an einen bestimmten Empfänger gerichtet werden, müssen die Rechtsform und der Sitz der Gesellschaft, das Registergericht des Sitzes der Gesellschaft und die Nummer, unter der die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist, sowie alle Geschäftsführer und, sofern die Gesellschaft einen Aufsichtsrat gebildet und dieser einen Vorsitzenden hat, der Vorsitzende des Aufsichtsrats mit dem Familiennamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen angegeben werden. Werden Angaben über das Kapital der Gesellschaft gemacht, so müssen in jedem Fall das Stammkapital sowie, wenn nicht alle in Geld zu leistenden Einlagen eingezahlt sind, der Gesamtbetrag der ausstehenden Einlagen angegeben werden.
(2) Der Angaben nach Absatz 1 Satz 1 bedarf es nicht bei Mitteilungen oder Berichten, die im Rahmen einer bestehenden Geschäftsverbindung ergehen und für die üblicherweise Vordrucke verwendet werden, in denen lediglich die im Einzelfall erforderlichen besonderen Angaben eingefügt zu werden brauchen.
(3) Bestellscheine gelten als Geschäftsbriefe im Sinne des Absatzes 1. Absatz 2 ist auf sie nicht anzuwenden.
(4) Auf allen Geschäftsbriefen und Bestellscheinen, die von einer Zweigniederlassung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz im Ausland verwendet werden, müssen das Register, bei dem die Zweigniederlassung geführt wird, und die Nummer des Registereintrags angegeben werden; im übrigen gelten die Vorschriften der Absätze 1 bis 3, soweit nicht das ausländische Recht Abweichungen nötig macht. Befindet sich die ausländische Gesellschaft in Liquidation, so sind auch diese Tatsache sowie alle Liquidatoren anzugeben.
§ 80 AktG (Aktiengesetz)
Angaben auf Geschäftsbriefen
(1) Auf allen Geschäftsbriefen, die an einen bestimmten Empfänger gerichtet werden, müssen die Rechtsform und der Sitz der Gesellschaft, das Registergericht des Sitzes der Gesellschaft und die Nummer, unter der die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist, sowie alle Vorstandsmitglieder und der Vorsitzende des Aufsichtsrats mit dem Familiennamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen angegeben werden. Der Vorsitzende des Vorstands ist als solcher zu bezeichnen. Werden Angaben über das Kapital der Gesellschaft gemacht, so müssen in jedem Fall das Grundkapital sowie, wenn auf die Aktien der Ausgabebetrag nicht vollständig eingezahlt ist, der Gesamtbetrag der ausstehenden Einlagen angegeben werden.
(2) Der Angaben nach Absatz 1 Satz 1 und 2 bedarf es nicht bei Mitteilungen oder Berichten, die im Rahmen einer bestehenden Geschäftsverbindung ergehen und für die üblicherweise Vordrucke verwendet werden, in denen lediglich die im Einzelfall erforderlichen besonderen Angaben eingefügt zu werden brauchen.
(3) Bestellscheine gelten als Geschäftsbriefe im Sinne des Absatzes 1. Absatz 2 ist auf sie nicht anzuwenden.
(4) Auf allen Geschäftsbriefen und Bestellscheinen, die von einer Zweigniederlassung einer Aktiengesellschaft mit Sitz im Ausland verwendet werden, müssen das Register, bei dem die Zweigniederlassung geführt wird, und die Nummer des Registereintrags angegeben werden; im übrigen gelten die Vorschriften der Absätze 1 bis 3, soweit nicht das ausländische Recht Abweichungen nötig macht. Befindet sich die ausländische Gesellschaft in Abwicklung, so sind auch diese Tatsache sowie alle Abwickler anzugeben.
Damit wird nahezu gleichlautend für alle Unternehmen und Geschäftstreibende (mit Ausnahme einiger Selbstständiger und Freiberufler) eine einheitliche Vorgabe geschaffen. (FH)
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| PROJECT CONSULT Kommentar:
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Immerhin hat der Gesetzgeber von einer Regelung der Schriftart, Schriftfarbe und Schriftgröße abgesehen. Die neue Regelung mit ihren Pflichtinhalten sollte nicht leichtsinnig ignoriert werden, weil bei Missachtung ein Zwangsgeld verhängt werden kann oder kostenpflichtigen Abmahnungen durch Wettbewerber drohen. Und der Inhalt des Footers selbst mit seinem „Abmahnpotential“ ist nicht das eigentliche Problem. Durch die gesetzliche Regelung werden aus E-Mails Geschäftsbriefe. E-Mails sind also zu archivieren. Damit gehen die Fragen los – als Ausdruck, als gewandeltes Bild, als elektronisches Original? Während überall in den Unternehmen an neuen Footern gearbeitet wird (hübscher und übersichtlicher wird der Footer durch die neue Regelung nicht und bei großen Unternehmen ist er schon heute von der Zeichenanzahl immer größer als die Nachricht) kommen immer mehr Fragen hoch. Wie ist dies mit private E-Mails, was tun mit Korrespondenz, die nicht eindeutig ein Handelsbrief ist, wie unterscheiden die Mitarbeiter, welchen Rechtscharakter wann eine E-Mail hat? Wer darf überhaupt noch welche E-Mails zeichnen, als i.A., i.V. oder wie auch immer? Was ist mit E-Mails, die im Spam-Filter hängen bleiben? Und was mit solchen, die eine elektronische Signatur tragen? Die Liste der Fragen wird schnell länger und man befindet sich unversehens in einem größerem Projekt, das nach Richtlinien, Ausbildungsmaßnahmen, neuer Software und neuen Arbeitsweisen nur so schreit. Das elektronische Dokument, manifestiert durch Gesetze wie das BGB (§§ 126, 127), die ZPO (§§ 130, 371), das Signaturgesetz oder das JKomG im Rechtsverkehr, ist in der Realität angekommen. Es trifft alle Unternehmen an einer empfindlichen Stelle, da über E-Mail immer mehr die Geschäftstätigkeit abgewickelt wird. E-Mail betrifft alle, zumindest alle, die im Unternehmen einen E-Mail-Account haben. Jede kann relevante E-Mails erhalten, sie beantworten oder sie selbst verfassen. E-Mail lässt sich nicht so einfach abstellen. Es lässt sich auch schwer nachträglich eine Regulierung einführen, wo man Jahrzehntelang ohne Regeln auszukommen meinte. E-Mails können bei entsprechendem Inhalt Geschäftsbriefe, Handelsbriefe, Verträge sein. Mit den Organisationsprinzipien papiergebundener Ablagen kommt man weiter, selbst wenn man jede eingehende und ausgehende E-Mail ausdruckt. E-Mails mit elektronischer Signatur sind elektronische Originale. E-Mails lassen sich vor dem Ausdrucken – wenn es zur Ankurbelung der holzverarbeitenden Industrie nicht sogar automatisiert wird - verändern. Allein die Zuständigkeitsfrage bei eingehenden E-Mails – wer prüft, wer archiviert, wer muss nicht archivieren, wer darf nicht archivieren, damit man Redundanz vermeidet und sicher ist, welche Datei das elektronische Original war? Und wieder werden alle Anbieter ihre E-Mail-Archivierungs-software anpreisen. So eine Steilvorlage für die Anbieter hat es selbst mit den GDPdU nicht gegeben. Aber damit wächst auch die Gefahr, Insellösungen zu schaffen - Lösungen nur für die Archivierung von E-Mails. E-Mails und ihre Attachments gehören aber in einen Gesamtzusammenhang mit anderen Dokumenten, mit gescannten Geschäftsbriefen, mit Dateien aus dem File-Verzeichnis, mit Datenobjekten aus den operativen Anwendungen. Der E-Mail-Postkorb ist als Aufbewahrungsort für die längerfristige Archivierung – 6, 10 oder mehr Jahre - sehr ungeeignet. Besonders, wenn er unternehmensseitig auf 30MB oder 50 MB beschränkt wurde und der Mitarbeiter damit angehalten wird, Geschäftskorrespondenz zu löschen – dies geht immer einfache rund schneller als die Dokumente geordnet in irgendwelche Archive oder Dokumentenmanagementsysteme zu verschieben. Besonders wenn er nur für den Anwender selbst zugreifbar ist, da dort auch private E-Mails rumliegen, die unter TDDSG und Postgeheimnis fallen. Besonders wenn es kein zentrales Management aller Daten gibt. Die Liste der besonderen Problemfälle lässt sich beliebig verlängern. Eines ist aber so für das Jahr 2007 sicher – E-Mail-Management (bewusst nicht E-Mail-Archivierung) wird eines der wichtigsten Trendthemen werden. Man kann den zahllosen betroffenen Anwendern nur eines mit auf den Weg geben – nicht in technischen Lösungen denken sondern erst über Abläufe, Organisation, Ausbildung und Regeln nachdenken bevor man ein Stück Software kauft. (Kff)