Die CeBIT ist geschrumpft und ihre Bedeutung wird von zahlreichen Ausstellern in Frage gestellt. Dies betrifft besonders die Anbieter von Software, denn was man auf einem Messestand zeigen kann ist ebenso und mit geringerem Aufwand im Internet präsentierbar, als Life-Demo, als Webinar oder Animation. Von den Gängen aus betrachtet sieht eine Softwareoberfläche aus zwei Metern Entfernung sowie so immer gleich aus. Deshalb ist auch die Präsenz auf Messen – nicht nur auf der CeBIT – generell eine Frage, mit der sich die ECM-Branche auseinandersetzt.
In den vergangenen Jahren war der Schwerpunkt der DRT- und ECM-Branche die Halle 1. Durch die Neuorganisation der Hallen haben sich nunmehr drei Schwerpunkte zum Thema Dokumentenmanagement herausgebildet. Halle 3 mit dem Fokus-Punkt des VOI-Standes, Halle 2 mit zahlreichen Softwareanbietern und Halle 9 mit dem E-Government-Bereich. Einige Aussteller sind auch in den Halle 4 und 6 zu finden. Da viele Funktionen von ECM inzwischen Commodity sind und die ECM-Anbieter als Teilsysteme in zahlreiche Produkte eingebunden wurden, findet sich zum Thema inzwischen auf nahezu jedem Softwarestand etwas – mal ausgeprägter, mal nachgeordneter.
Ein guter Ansatz ist in jedem Fall die Darstellung eines kompletten Ablaufs von der Erfassung über die Verarbeitung bis zur Weiterleitung und Prozessintegration von Posteingängen auf dem Stand des VOI (Halle 3, A29). Neben den immer wiederkehrenden Standardthemen wie Posteingangserfassung, virtuelle Akte, automatische Klassifikation, Business Process Management, MOSS- und SAP-Integration und Archivierung sind auch einige neue Trends zu beobachten: Selbstdokumentation von Systemen auf dem Stand von ELO (Halle 3, Stand C40). Dort kann man auch einmal nachfragen, ob außer der Nutzung von ELO-Systemen per iPhone inzwischen auch die Erfassung von iPhone-Photos in die ECM-Anwendung funktioniert. Bei bpi (Halle 3, Stand A29) kann man sich über die Integration von ECM in CRM- und CMP-Lösungen informieren. Bei Optimal Systems ist sicher ein Blick auf die Integration mit Across interessant (Halle 3, Stand C55). Hyperwave (Halle 3, Stand A29) setzt auf SaaS und Records Management. Bei Fabasoft (Halle 9, Stand D68) und Open Text (Halle 6, Stand J24) kann man sich vielleicht schon die erste MoReq2-konforme Records-Management-Lösung ansehen. Ein Blick auf die Microsoft-Partner in Halle 4 (Stand A26) dürfte neue Varianten der Integration mit MOSS und Exchange zu Tage fördern, die die Lücken im Microsoft-ECM-Portfolio schließen. Die großen internationalen Anbieter wie IBM (Halle 2, Stand A10), Open Text und EMC (Halle 9, Stand C60) dürften aus dem Vollen ihrer Portfolios schöpfen können – doch auch hier werden unter Umständen die Anwendungslösungen der Partner für den Endanwender interessanter sein. Ob Oracle mit den Produkten der ehemaligen Stellent (Halle 9, Stand C90) und HP mit den Produkten der ehemaligen Tower Software (Halle 3, Stand E66) das Thema ECM in den Vordergrund stellen werden, ist eher zweifelhaft – ein Thema unter vielen. Und natürlich kann man auch einmal bei SAP nachfragen (Halle 4, Stand D12), was denn aus der angekündigten neuen ECM-Strategie und der ECM-Middleware nebst neuen Schnittstellen geworden ist. Auf den Ständen im Bereich E-Government und bei den Storage-Anbietern wird der eine oder neue Ansatz zum Thema Langzeitarchivierung zu finden sein.
Drei Überschriften werden sich auf fast allen Ständen identifizieren lassen, die heute als wesentliche Treiber des Marktes anzusehen sind: Integration, Wirtschaftlichkeit und Compliance. Die Integration in andere Anwendungen mit ECM als Infrastruktur ist ein wesentlicher Trend der letzten Jahre. Angesichts der Wirtschaftskrise sind natürlich Themen wie Kostenreduzierung, höhere Effizienz und schnellere Reaktionsfähigkeit durch den Einsatz von ECM aktuelle Themen – jedoch zeigt sich auch hier, das ähnlich wie bei dem Thema Compliance der Bogen von den Marketing-Abteilungen leicht überspannt wird. Das Thema Compliance in Verbindung mit Governance und Risk Management stärkt Lösungen für Records Management, Archivierung und durchgängiges Prozessmanagement den Rücken. Die Integration und Nutzung von Web-2.0-Funktionalität im ECM-Umfeld ist kein Highlight mehr sondern gehört fast schon zur Tagesordnung. Neue Nutzungsmodelle, vereinfachte Oberflächen, die Einbindung von Business Intelligence und Enterprise Search Werkzeugen sowie verbesserte Collaborationsansätze werden hier neue Akzente setzen. In dem Maße wie ECM zum Allgemeingut wird, kommt der besseren und intuitiveren Unterstützung des Endanwenders wieder mehr Bedeutung zu. (Kff)