20070529 \  Artikel \  Media Asset Management
Media Asset Management
Artikel von Dr. Ulrich Kampffmeyer, Geschäftsführer der PROJECT CONSULT Unternehmensberatung GmbH, Hamburg, und Manager der DLM Network EEIG, Worcester. E-Mail : Ulrich.Kampffmeyer@PROJECT-CONSULT.comSarah Risse, Beraterin der PROJECT CONSULT Unternehmensberatung GmbH, Hamburg. E-Mail : Sarah.Risse@PROJECT-CONSULT.com
Im Zuge der fortschreitenden Multimedialisierung in unserem Informations- und Medienzeitalter wird es immer wichtiger, multimediale Inhalte wie Bilder, Grafiken, Audios, Videos, technische Zeichnungen, Layouts und Präsentationen, die in den unterschiedlichsten Formaten vorkommen, optimal zu verwalten. Mit der wachsenden Verbreitung von Informationen in multimedialer Form – man betrachte z.B. die Verwendung von Webcasts oder Videos on Demand zur Kundeninformation oder Elearning Angebote zur internen Weiterbildung oder zu Schulungszwecken – ist die Verwaltung von Medienobjekten nicht länger nur ein Thema für Medienunternehmen sondern auch für Organisationen, deren primäres Ziel nicht die Erstellung oder der Vertrieb von medialem Inhalt ist.
Brauchen letztere aber ein Media Asset Management (MAM) System oder können die multimedialen Inhalte in einem herkömmlichen Enterprise Content Management (ECM) System mitverwaltet werden? Was sind überhaupt die Unterschiede zwischen MAM und ECM, falls es sie gibt? Können mit einem ECM System nicht die gleichen Informationsobjekte verwaltet werden wie mit einem Media Asset Management System?
Definitionen
In der Finanzwelt bezeichnet das Asset Management die Vermögenswertverwaltung. Das Media Asset Management versucht die Vermögenswerte, die Medieninformationsobjekte für ein Unternehmen darstellen, zu verwalten und zur optimalen Nutzung zur Verfügung zu stellen. Ziel des Media Asset Managements  ist somit, ein effektives und effizientes Management von multimedialen Informationen zu ermöglichen und dadurch einen wirtschaftlichen Nutzen und Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Medien sollen wieder verwertbar, auffindbar und cross-medial einsetzbar verwaltet werden. Die Verwaltung von Medieninformationsobjekten wird oft auch  als Digital Asset Management bezeichnet. Dies wird als Synonym zu MAM gesehen.
Ein Media Asset ist grundsätzlich eine Form von Content. Content ist Information in strukturierter, schwach strukturierter und unstrukturierter Form, die in elektronischen Systemen zur Nutzung bereitgestellt wird. Ein Media Asset besteht zum einen aus medialen unstrukturierten Informationsobjekten wie Bildern, Grafiken, Präsentationen oder Rich-Media-Inhalten wie Audio und Video, zum anderen aus strukturierten Metainformationen. Die Bezeichnung Rich-Media bezieht sich auf digitale, interaktive Inhalte und wird weitestgehend synonym mit dem Begriff Multimedia verwendet. Erst durch das Hinzufügen der strukturierten Metadaten wird aus einem Medieninformationsobjekt, welches lediglich Informationen darstellt, ein „wertbehaftetes Asset“, welches verfügbar, recherchierbar, wieder verwendbar und handhabbar wird. Die strukturierten Metadaten beinhalten beispielsweise Informationen zum Autor, zu Urheberrechten, Erstellungsdatum und Format-informationen sowie Informationen zum Farbmanagement und Inhaltsbeschreibungen.
Zur Verwaltung und Bereitstellung von Media Assets können Media Asset Management Systeme eingesetzt werden, die versuchen, den speziellen Anforderungen der Medienbranche und den Besonderheiten in der Verwaltung multimedialer Inhalte gerecht zu werden.
Was macht ein Media Asset Management System aus?
Das Media Asset Management sorgt für die Aufnahme, Speicherung, Kategorisierung, Indizierung und Bereitstellung von Media Assets mit der Prämisse, eine hohe Bearbeitungsgeschwindigkeit und eine optimale Wiederverwendung zu ermöglichen. Ein Media Asset Management System verwaltet beliebige Inhalte über Metadaten und Datenbanken.
Über die Kernfunktionalitäten eines Content Management Systems hinaus – die Bereitstellung eines Repository, den Metadaten-Index, eine Search Engine, ein Zugriffs- und Berechtigungssystem und Workflow oder Collaboration – verfügt ein MAM-System über weitere für den Einsatz in der Medienwelt typische Funktionalitäten.
MAM-Systeme sind auf hohe Skalierbarkeit zur Speicherung sehr großer Datenmengen und für den Umgang mit sehr großen Dateien ausgelegt. Sie verfügen über Funktionen zur Bildbearbeitung mit Features wie Resizing, Farbkonvertierung und Konverter für Media-Formate, um den gespeicherten Content in unterschiedlichen Formaten für die Online-Nutzung und die Distribution zur Verfügung zu stellen. Zur Handhabung der speziellen visuellen Inhalte verfügen MAM-Systeme in der Regel über Bilderkennungsverfahren zur ähnlichkeitsbasierten Suche und neben Text Indizierung z.B. auch über Funktionen zur Video Indexierung.
Grundsätzlich können MAM-System danach unterschieden werden, ob sie intern eingesetzt werden, als Partnersysteme oder aber als öffentliche Systeme mit Vertriebfunktionen. Mit der Nutzung über Unternehmensgrenzen hinweg wachsen die Sicherheitsanforderungen und vor allem die Anforderungen an die Wahrung von Urheberrechten. In dem Zusammenhang können als typische mögliche Features Watermarks, Digital Rights Management und Usage Tracking gesehen werden. Systeme, die zu kommerziellen Zwecken eingesetzt werden, sind zudem in der Regel mit eProcurement-Komponenten zur Abrechnung der Nutzung von Assets ausgestatte.
MAM-Systeme verwalten nicht nur elektronisch vorliegende Informationen sondern können auch als Referenzsystem für physisch vorliegende Objekte mitgenutzt werden. Dies erlaubt eine einheitliche, medientypunabhängige Verwaltung von Assets.
Ein weiterer integraler Bestandteil ist das „CrossMedia-Publishing“. Mit dieser Eigenschaft kann ein MAM-System gleichen Inhalt über unterschiedliche technische Kanäle publizieren. Nach dem Motto „create once, publish everywhere“ können beispielsweise die Bereiche Druck, Internet und Multimedia mit gleichem Inhalt aus dem MAM-System bedient werden. Unter gleichen Gesichtspunkten ist auch Content Syndication, die mehrfache Nutzung von Inhalten auf verschiedenen Anbieterseiten mit unterschiedlicher Visualisierung und Informationszusammenstellung zu sehen. Voraussetzung dafür ist die Speicherung der Inhalte in medienneutralen Formaten, aus denen für die unterschiedlichsten Anwendungszwecke die benötigten Formate automatisch generiert werden können.
Wo liegen die Unterschiede zwischen ECM und MAM?
Die Unterschiede zwischen ECM und MAM resultieren aus ihrer Entwicklungsgeschichte.
Dokumenten Management ist für den Zweck geschaffen worden, den juristischen und geschäftsprozessrelevanten Dokumentenbestand eines Unternehmens verwalten zu können.
Diese dokumenten-orientierten Systeme waren zunächst nicht dafür gemacht, den Anforderungen aus dem Bereich der Medien-Unternehmen gerecht zu werden. Aus dieser Lücke heraus ist Media Asset Management heraus entstanden, um den Wert des Unternehmens in Form von Texten, Grafiken, Bildern und Rich-Media-Formaten verwalten zu können und verfügbar zu machen.
Herkömmliche ECM-Systeme können grundsätzlich jegliche Form digitaler Daten managen, auch die Dateiformate, auf die MAM-Systeme spezialisiert sind; sie verfügen aber in der Regel nicht über die Anzeige-, Bearbeitungs- und Konvertierungsfunktionalitäten die ein MAM-System bereitstellt. Media Asset Management konzentriert sich demnach auf einen relativ kleinen, sehr spezialisierten Bereich in der ECM-Land-schaft.
Ständige Verfügbarkeit und kommerzielle Nutzbarmachung der Informationsobjekte stehen beim Media Asset Management an erster Stelle. Aus diesem Grund unterscheiden sich ECM und MAM auch auf technischer Ebene.
Anders als bei einem MAM-System wird ein herkömmliches ECM-System in der Regel mit einer Referenzdatenbank realisiert, die im Index Referenzen der Informationsobjekte speichert. Das MAM-System dagegen speichert die Informationsobjekte direkt in spezialisierten Datenbanken, welche auch eine höhere Performance in Bezug auf die Verfügbarkeit mit sich bringen. Um die Verfügbarkeit auch bei stark frequentierten Systemen garantieren zu können, werden im MAM Informationsobjekte auch redundant gehalten. Bei ECM-Systemen wird dies nach Möglichkeit aus Konsistenz-, Zugriffsschutz- und Verwaltungsgründen vermieden. Die redundante Datenhaltung zur Verbesserung der Verfügbarkeit geht einher mit Load-Balancing-Komponenten, die die Anfragelast optimal auf die verschiedenen Datenbanken verteilen.
ECM- Marktentwicklung: Annäherung
Auf dem ECM-Markt ist eine zunehmende Annäherung von MAM und ECM zu beobachten:
Im Zuge der Erweiterung ihrer Produktlinien haben einige ECM-Hersteller ihr Portfolio durch den Zukauf von MAM-Lösungen erweitert. Dazu gehören z.B. Documentum mit BullDog, FileNet mit eGrail, Interwoven mit MediaBin und OpenText mit Artesia. Die Entwicklungen im Umfeld von SOAP und Open Architecture zeigen neue Möglichkeiten der Integration von MAM-Diensten auf.
Damit reagieren die Hersteller auf den wachsenden Bedarf an der umfassenderen Verwaltung von Rich-Media Inhalten, integriert mit der Verwaltung aller Unternehmensinformationen.
Solange diese Entwicklung noch in den Anfängen steckt, ist die Frage, ob Media Assets nicht mit einem herkömmlichen ECM-System verwaltet werden können, nicht eindeutig zu beanworten: Es ist abhängig von der Rolle, die die Media Assets für ein Unternehmen spielen. Sind sie das Produkt eines Unternehmens und stellen somit seinen Hauptunternehmenswert dar, sind sicherlich momentan noch MAM Produkte mit ihren spezialisierten Features für Medienunternehmen am besten geeignet. Sind multimediale Informationsobjekte nur eine Art von Unternehmensinformationen die zu verwalten sind, neben elektronischen Dokumenten, E-Mails etc., so ist sicherlich ein ECM-System mit MAM-Funktionalitäten ausreichend. (Kff/SR)
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