20010607 \  Gastbeiträge \  Know how ist langfristig der größte Engpass
Know how ist langfristig der größte Engpass
von Dr. Willi Bredemeier
Die Qualifikationsengpässe in den Betrieben der deutschen Informationswirtschaft sind ein universales, auf den Nägeln brennendes und vor allem langfristiges Problem. Sie gefährden auf Dauer die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Informationswirtschaft. Das ist ein zentrales Ergebnis des Trendreports "Die Entwicklung der deutschen Informationswirtschaft bis 2005" auf der Basis von Interviews mit den "hundert besten informationswirtschaftlichen Köpfen", das das Institut für Information Economics (Hattingen) im Auftrage des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie erarbeitete. Der Trendreport kann unter www.password.de/partner/iie/trendreport eingesehen und heruntergeladen werden. Der Trendreport ist Bestandteil eines größeren BMWi-Projektes "Monitoring Informationswirtschaft" und wird in Kooperation mit Infratest Burke (München) durchgeführt.
Die Experten für den Trendreport wurden größtenteils im Zusammenwirken mit Verbänden ermittelt und gewonnen: BITKOM, Deutscher Industrie- und Handelstag, Deutscher Multimedia Verband/dmmv, Industrie- und Handelskammern Bochum und Hagen, Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdienste/VATM, Verband der Privaten Rundfunk- und Telekommunikationsanbieter/VRPT, Verband der Unterhaltungssoftware Deutschlands/VUD, Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ). Von den hundert befragten Experten gehörten 64 der Anbieter- und 36 der Anwenderseite an. Es ergab sich die folgende Verteilung nach informationswirtschaftlichen Teilbranchen: Telekommunikation (einschließlich Mobilkommunikation) 22,33; Informations- und Kommunikationstechnik (einschließlich Software und Beratung) 22,33; Elektronische Informationsdienste (einschließlich elektronische Kommunikations-, Bildungs- und Unterhaltungsdienste), Print 25,5; Electronic Commerce (einschließlich Online-Werbung) 28,83. Eine ganze Reihe von Experten beanspruchte eine Kompetenz für mehrere informationswirtschaftliche Teilmärkte. Bei der Verteilung der Kompetenzen eines Experten auf zwei Teilmärkte wurde jeder Teilkompetenz 0,5 Punkte zugeordnet usw.
Aber auch dann, wenn sich die Kompetenz der Experten nach eigenen Angaben auf nur einen Teilmarkt beschränkte, ähnelten sich die Ergebnisse nach verschiedenen Teilmärkten häufig sehr. Zwei Schlussfolgerungen lauten, dass es die Informationswirtschaft auch in einem weit definierten Sinn (von der Telekommunikation bis zum E-Commerce) tatsächlich im Sinne gemeinsamer Herausforderungen, Handlungsmöglichkeiten und Kooperationschancen gibt und beispielsweise die Verleger elektronischer Publikationen gut beraten sind, über etwaige eng definierte Branchengrenzen zu schauen.
Querbeet über alle Teilmarktgrenzen hinweg ergab sich eine breite Zustimmung zu "neuen Zauberworten", die also die informationswirtschaftliche Marktentwicklung vorantreiben und die besonderen Merkmale dieser Branche gut beschreiben. Diese "Buzzwords" sind in der Literatur über die "New Economy" keine Unbekannten. Es werden dort aber auch andere "Zauberworte" diskutiert, und bislang galten die für die "Buzzwords" angegebenen Zusammenhänge vorwiegend als Behauptungen auf einer unklaren empirischen Grundlage.
Nach den Erfahrungen der befragten hundert führenden deutschen Informationswirtschaftler sind die "neuen Zauberworte" ihrer Branche die folgenden (siehe auch Abbildung 1):
Unternehmen müssen sich nach den neuen Anforderungen - der Mobilisierung, Nutzung, Bündelung und Verbreitung von Know-how - organisieren.
   
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Know-how, nicht Geld ist der Engpass. Für einen Wirtschaftswissenschaftler, der alle Zusammenhänge in finanzielle Ströme zu konvertieren geneigt ist, ist das wirklich ein nettes Ergebnis. In der Befragung wurden finanzielle Größen von der Kapitalausstattung über Investitionen bis zu dem Anreizsystem für Mitarbeiter nur sehr selten und wenn, dann fast immer nur nebenbei genannt. Hingegen wurden insgesamt gesehen die Verfügbarkeit von Know-how eindeutig als entscheidender Engpass und der Erwerb der benötigten Qualifikationen ebenfalls klar als Herausforderung Nummer 1 gesehen.
Das bedeutet zwar nicht, dass die Gesetze der "Old Economy" aufgehoben sind. Es bedeutet aber sehr wohl, dass finanzielle Probleme relativ leicht in den Griff zu bekommen sind, während dies für Fragen des Know-hows und des Qualifikationserwerbs keineswegs zutrifft. Damit müssen sich die Unternehmen weit mehr als bisher an Fragen der Mobilisierung, der Nutzung, der Bündelung und der Verbreitung von Know-how orientieren und sich entsprechend organisieren. Das bedeutet in der Tat eine Notwendigkeit zu radikalen Veränderungen.
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Hierarchien sind out, informelle, flexible und zeitlich instabile kooperative Netzwerke sind in. Das gilt sowohl unternehmensintern als auch -extern. Organisationen und Abteilungen, die sich an die neuen Kooperationsformen nicht anpassen (können), erleben einen schleichenden Bedeutungsverfall und auf längere Sicht Einbrüche. Das Eingehen neuer Partnerschaften ist in den immer kürzer werdenden "Internet-Jahren" die überlegene Alternative zum internen Know-how-Erwerb und wird zu einer Notwendigkeit fürs Überleben. Sogar eine Renaissance der "Small is beautiful"-These ist nicht auszuschließen. So erklärte ein Experte:
"Durch neue Vernetzungsformen kleiner und mittlerer Betriebe können schlagkräftige und flexible Einheiten gebildet werden, die schnell auf Marktbedürfnisse reagieren und sonst Wettbewerbsvorteile gegenüber den großen Einheiten gewinnen können."
   
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An der Internationalisierung, mindestens der Europäisierung führt für kleine und mittlere Unternehmen kein Weg vorbei. Das gilt umso mehr, als auch etablierte Binnenmärkte selbst für kleine hochgradig spezialisierte Zielgruppen mehr und mehr von Newcomern aus dem In- und Ausland bedroht werden. Das Zauberwort für Erfolge auf den Auslandsmärkten ist Customization, das heißt die Anpassung der eigenen Produkte und Dienste an die sprachlichen und kulturellen Besonderheiten der Zielregion. Das Zauberwort für Erfolge auf dem Binnenmarkt lautet Individualisierung. Individualisierung kann auch als eine fortgeschrittene Form der "Customization" angesehen werden, mit der eine Anpassung an die Bedürfnisse immer kleinerer Zielgruppen erfolgt. An derem logischen Ende steht wenn schon nicht der einzelne private Haushalt, so doch der einzelne Betrieb.
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Insgesamt gesehen sind die Chancen der deutschen Informationswirtschaft, die von Produkt zu Produkt und von Dienst zu Dienst verschieden sein können, hochdifferenziert zu beurteilen. Auf allen informationswirtschaftlichen Teilmärkten werden die deutschen Anbieter aber als gehandicapt angesehen, weil sie der Anforderung "Service, Service und nochmals Service" nur unzureichend nachgekommen sind. Deutschland gilt "nach wie vor als Servicewüste", was umso schwerer wiegt, als sich die Informationswirtschaft zu reinen Nachfragemärkten wandelt und die Präferenzen von "König Kunde" immer differenzierter ausfallen. Die folgende Aufforderung eines Experten ist demnach alles andere als trivial:
"Nur wer den besten Service, die schnellste und umfassendste Hilfe anzubieten vermag, kann neue Kunden gewinnen und bestehende Kunden halten - denn nur zufriedene Kunden wandern nicht zu anderen Unternehmen ab."
Die Informationswirtschaft ist keine gesamtwirtschaftliche Jobmaschine, weil sie ihrer eigenen Qualifikationsengpässe nicht Herr wird.
Zurück zum Qualifikationserwerb als neuem zentralen Engpass, nach dem mehrere Fragen direkt gestellt wurden. Die grundlegenden Ergebnisse lauten:
(1) Die Zahl der Arbeitsplätze in der Informationswirtschaft wird in den nächsten Jahren weiterhin zunehmen. Das gilt sowohl allgemein als auch auf der Ebene der einzelnen Teilmärkte.
Auf eine entsprechende Frage gingen 82 % der Befragten von einem starken Wachstum der Arbeitsplätze in ihrem Kompetenz- und Erfahrungsbereich aus. Siehe Tabelle sowie Abbildung 2.
Tabelle 1 Weiterhin starkes Wachstum der Arbeitsplätze?
N = %
  
ja, Zunahme
82
nein, Abnahme
3
Zahl der Arbeitsplätze bleibt in etwa konstant
9
keine oder andere Angaben
6
 
(2) Das Wachstum auf den informationswirtschaftlichen Teilmärkten wird hoch bleiben und oberhalb fast aller anderen Branchen in der Volkswirtschaft liegen. Die weitgehendsten Arbeitsplatzgewinnen finden im E-Commerce statt.
So variierten die Schätzungen der jährlichen Wachstumsraten zwischen 19 % für die Telekommunikationsbranche und 44 % für E-Commerce. Die geschätzten Wachstumsraten bleiben auch dann sehr hoch, wenn man die jeweils maximalen Schätzungen nach oben und unten aus den Berechnungen herausnimmt (Reichweite nunmehr zwischen 14,4 % in der Telekommunikationsbranche und 26,5 % bei E-Commerce). Bei Elektronischen Informationsdiensten lag das prognostizierte Beschäftigungswachstum bei 22,3 %, bei Herausnahme der maximalen Schätzungen bei 15,4 %.
(3) Die hohen Arbeitsplatzgewinne auf der Anbieterseite gelten allerdings weniger für die Anwenderseite und bedürfen aus einer volkswirtschaftlichen Sicht einer weiteren Relativierung, da informationswirtschaftliche Produkte auch zu Rationalisierungszwecken eingesetzt werden.
So schätzten die Anbieter das durchschnittliche jährliche Beschäftigungswachstum in ihrem Kompetenz- und Erfahrungsbereich auf 32,1 % (bei Herausnahme der maximalen Schätzungen auf 22,3 %), während die entsprechenden Prognosen der Anwender lediglich bei 16,0 % beziehungsweise bei 8,7 % lagen.
(4) Auch für die einzelnen informationswirtschaftlichen Teilmärkte sahen die Mitglieder des Expertenpanels einen zum Teil dramatischen Strukturwandel voraus.
Damit verbunden können die diagnostizierten insgesamt 21 Trends auch innerhalb der Branche zu einer "Klassengesellschaft" mit einer Polarisierung zwischen den Gewinnern und zu einer großen Gruppe an Arbeitnehmern führen, die "qualifikationsmäßig den Anschluss verpasst haben" und womöglich dazu die Motivation verlieren, den Anschluss wieder zu finden. Auch ist es möglich, dass die Informationswirtschaft und hier insbesondere die kleinen "Newcomer" eine Vorreiterrolle bei der Durchsetzung neuer Arbeitsformen, etwa in der Telearbeit, übernehmen.
(5) Soweit die Informationswirtschaft gleichwohl eine Jobmaschine ist, könnte sie besser funktionieren, wenn sich die bestehenden Qualifikationsengpässe kurzfristig abbauen ließen.
Viele Arbeitsplätze in der Informationswirtschaft sind notwendigerweise komplementär. Plastisch gesagt, macht es wenig Sinn, Marketing und Vertrieb auszubauen, wenn das Produkt, das verkauft werden soll, erst gar nicht entwickelt werden kann. Die Dringlichkeit der bestehenden Qualifikationsengpässe wurde in einer Vielzahl von Varianten wiederholt, zum Beispiel:
"Das Wachstum wird durch den Mangel an geeignetem Personal stark gebremst."
"Es gibt eine dramatische Suche nach Programmierern im Gesamtverlag. Vor wenigen Jahren wusste man bei uns im Hause nicht einmal, was man mit diesen Leuten anfangen sollte."
"Es suchen wirklich alle."
(6) Der Engpass "fehlende Verfügbarkeit bestimmter Qualifikationen" ist auch für den möglichen arbeitsmarktpolitischen Beitrag der Informationswirtschaft von so zentraler Bedeutung, dass alles - auch politisch - Mögliche getan werden sollte, um diesen Engpass abzubauen, beispielsweise, indem die strukturelle Anpassung des Bildungs- und Ausbildungssystems an die neuen Anforderungen aus der Wirtschaft beschleunigt wird.
Die bestehenden Qualifikationsengpässe werden vor allem auf die mangelnde Anpassungsflexibilität der Hochschulen zurückgeführt.
(7) Die aktuellen Engpässe in der Verfügbarkeit sind noch gravierender, als dies in der aktuellen Diskussion zum Ausdruck kommt, weil sie sich auf die gesamte Informationswirtschaft beziehen und allem Anschein nach fast ohne Ausnahme gelten. Zudem wird das Engpassproblem "Verfügbarkeit benötigter Qualifikationen" noch im Jahre 2005 bestehen und somit die weitere Entwicklung der deutschen Informationswirtschaft erheblich behindern.
Auf der Konfrontation der Experten mit der These "In 2005 wird der Erwerb der erforderlichen Qualifikationen (Einstellung neuer Mitarbeiter, Weiterbildung des Mitarbeiterbestandes, Outsourcing) für die Entwicklung der Unternehmen meines Kompetenz- und Erfahrungsbereiches einer der wichtigsten Engpässe sein" ergab sich die folgende Verteilung (siehe auch Abbildung 3):
Tabelle 2 Verfügbarkeit von Qualifikationen im Jahre 2005 noch immer einer der wichtigsten Engpässe?
N = %
  
stimme weitgehend zu
69
teils/teils
18
lehne weitgehend ab
10
keine Angaben
 3
 
Unter den Repräsentanten Elektronischer Informationsdienste gingen 68.6 % von einem weiterhin bestehenden Engpass im Jahre 2005 aus. 14,1 % nahmen an, dieser Engpass werden spätestens dann beseitigt sein, während 23,5 % eine "Teils/teils"-Position einnahmen.
Wiederum wurde die Dringlichkeit des Problems zum Teil in einer für Experten intensiven Sprache bestätigt:
"Wir suchen schon seit langem vergeblich."
"Bei uns händeringendes dramatisches Ringen nach der richtigen Person."
(8) Die vorwiegend kritische Stimmung der Experten zu den aktuell bestehenden Qualifikationsengpässe richtete sich
   
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in erster Linie gegen die Bildungseinrichtungen und hier in erster Linie gegen die Hochschulen beziehungsweise gegen die Universitäten;
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in zweiter Linie und zwar in weitaus geringerem Maße gegen die Politik, unter anderem ihre "Green Card-Initiative";
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in dritter Linie gegen sich selbst. Die Informationswirtschaft sieht also auch Anlass zur Selbstkritik.
(9) Auch wenn die Bildungseinrichtungen unter schwierigen Rahmenbedingungen arbeiten müssen und zumindest kurzfristig nicht allzuviel von ihnen erwartet werden darf, so tragen sie doch angesichts ihrer mangelnden Anpassungsflexibilität die Hauptverantwortung für die bestehenden Qualifikationsengpässe.
Aus der Sicht der Informationswirtschaft wandert die Ausbildung aus den Hochschulen zu den Betrieben aus. Wenn die Absolventen von der Hochschule kommen, sind sie in den Betrieben nicht einsetzbar, und es dauert im Grenzfall mehrere Jahre, um sie einsatzfähig zu machen.
Allerdings gibt es zu den bestehenden Bildungseinrichtungen keine prinzipielle Alternative. Die Informationswirtschaft sieht daher eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit den Bildungseinrichtungen zur mittelfristigen Behebung der aktuellen Engpässe als vordringlich an.
Ungeachtet dieser harschen Kritik am Bildungssystem argumentierten die Experten insgesamt gesehen differenziert. An "Entschuldigungsgründen" zugunsten der Bildungseinrichtungen wurden vor allem angeführt: Kreatives Potenzial ist grundsätzlich knapp. Angesichts der demografischen Entwicklung gibt es immer weniger junge Menschen, die in eine Ausbildung eintreten. Das gesellschaftliche Klima ist der Wahl einer naturwissenschaftlichen Ausbildung, speziell einer Informatik-Ausbildung, nicht günstig. Die Qualifikationsanforderungen der Wirtschaft ändern sich angesichts der technischen Entwicklung und einer permanenten Innovation bei Produkten, Diensten, Anwendungen und Lösungen rapide. Diesem Tempo könnte das Bildungssystem auch dann nicht nachkommen, wenn die Qualifikationsanforderungen von morgen und übermorgen bekannt wären. Es kommt hinzu, dass die Qualifikationsanforderungen der Informationswirtschaft von übermorgen der Informationswirtschaft selbst nicht bekannt sind. Hier kann auch die qualitative Arbeitsmarktforschung nur begrenzt mehr Transparenz über zukünftige Bedarfe herstellen. Zudem hat die Differenzierung und Arbeitsteilung in der sich weiter entfaltenden Informationswirtschaft und im Elektronischen Handel gerade erst begonnen. Es gibt ein natürliches Spannungsverhältnis zwischen dem kurzfristigen Interesse der Unternehmen an betriebsspezifischen unmittelbar einsetzbaren Qualifikationen, dem Interesse der Mitarbeiter an Kenntnissen und Fertigkeiten, die betriebsübergreifend einsetzbar sind, und der Aufgabe allgemeiner Bildungseinrichtungen, ein grundlegendes Basiswissen sowie Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln, die langfristig genutzt werden können. Den Bildungseinrichtungen kann kaum zum Vorwurf gemacht werden, wenn junge Mitarbeiter mit überzogenen Vorstellungen in den Beruf eintreten.
Alle diese "Milderungsgründe" reichten jedoch nicht aus, um dem Expertenpanel insgesamt die Skepsis vor der gegenwärtigen Praxis der Bildungseinrichtungen zu nehmen. Die Kritik etwa an den Schulen und Hochschulen lässt sich am ehesten unter dem Begriff mangelnde Anpassungsflexibilität oder unter der plakativeren Aussage eines Experten "Die Hochschulen sind zu verschlafen" subsumieren:
   
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"Das deutsche Bildungssystem liefert immer weniger qualifizierte Abgänger in der Rechtschreibung und im Rechnen." Die in den Einrichtungen der Primärbildung teilweise nicht vorgenommene Selektion muss später von den Hochschulen vorgenommen werden und bindet hier - anderswo besser einsetzbare- Ressourcen.
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Bei den Lehrern an den Schulen besteht insgesamt gesehen eine zu geringe Weiterbildungsbereitschaft.
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Teilweise besteht an den Schulen und Hochschulen eine fehlende Bereitschaft, für die Praxis auszubilden und zu lernen.
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Die durchschnittliche Ausbildung an den Universitäten ist viel zu lang.
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Die Hochschulen vermitteln zu wenige interdisziplinäre Kenntnisse, obgleich es wegen der notwendigen Zusammenschau technischer und kaufmännischer Aspekte und wegen der Konvergenzprozesse zwischen den verschiedenen informationswirtschaftlichen Teilmärkten ganz besonders auf interdisziplinäre Kenntnisse ankommt.
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Es dauert zu lange, notwendige neue Inhalte an den Hochschulen zu integrieren.
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Es dauert zu lange, um zu neuen Ausbildungsordnungen zu kommen (wobei hier allerdings nicht nur die Bildungseinrichtungen, sondern auch der politische Bereich und die Wirtschaft als Partner gefragt sind), zum Beispiel:
"Ein ganz gewichtiger Grund (für den Qualifikationsengpass) ist darin zu sehen, dass es für die in unserer Branche ausgeübten Entwicklungstätigkeiten noch nicht einmal Berufsbilder gibt. Das heißt, es kann nicht in Abstimmung mit den Industrie- und Handelskammern usw. zur gezielten Ausbildung von Fachkräften kommen. Dieser Prozess der Festlegung auf neue anerkannte Berufsbilder und die damit verbundene Erstellung von Ausbildungszügen und Qualifizierungsmaßnahmen läuft gerade an. Das wird sicherlich nicht vor vier bis sechs Jahren spürbare Verbesserungen bringen."
   
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Für manche qualifizierten Tätigkeiten werden an den Hochschulen überhaupt keine wie immer gearteten Ausbildungen angeboten.
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Obgleich sich die Situation in den letzten Jahren gebessert hat, herrscht auf dem Ausbildungs- und Weiterbildungsmarkt zu den angebotenen Inhalten immer noch eine weitgehende Intransparenz, zum Beispiel:
"Das Weiterbildungsangebot am Markt ist inzwischen so groß, dass die Probleme prinzipiell überwindbar erscheinen. Dem ist nicht so: Das Wissen im IT-Bereich veraltet alle sechs Monate, und besonders Kleinunternehmern fehlt es an Zeit und an Geld, um die zahlreichen Angebote wahrzunehmen."
   
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Wenn die Absolventen von den Hochschulen kommen, sind sie in den Betrieben nicht einsetzbar, und es dauert im Grenzfall mehrere Jahre, um sie einsatzfähig zu machen.
Die Hochschulen vor größeren Legitimationsproblemen, wenn der Trend zur Funktionsentleerung nicht gestoppt wird.
Auf der anderen Seite sandten die Experten auch eine positive Botschaft aus. Zu den Bildungseinrichtungen, insbesondere den Hochschulen, gibt es zu Fragen des Qualifikationserwerbs letztlich keine grundlegende Alternative. Wie die Auswertungen zu weiteren arbeitsmarktpolitischen Fragen ergaben, sieht die Informationswirtschaft daher die Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen den Bildungseinrichtungen und den Unternehmen als vordringlich an, um den aktuellen Qualifikationsengpass in den Unternehmen wenigstens auf mittlere Sicht zu beseitigen.
Die Auswanderung der praxisorientierten Ausbildung aus den Hochschulen und deren damit stattfindende teilweise Funktionsentleerung wird also keineswegs und zwar schon aus Kostengründen nicht von der Informationswirtschaft begrüßt. Allerdings könnten die Hochschulen in größere Legitimitätsprobleme geraten, wenn sie das Interesse der Wirtschaft an einer engeren Zusammenarbeit als für sich unverbindlich qualifizieren und der Trend zu einer weiteren Funktionsentleerung im Bereich der Lehre nicht in absehbarer Zeit gestoppt wird.
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Eine der wesentlichen Aussagen des Berichtes von Willi Bredemeier bezieht sich auf das Problem der Beschaffung qualifizierten Personals. Dies gilt auch für Berater bzw. Interessenten, die einen Berater suchen. Zu diesem Themen kann unser zweiter Gastreferent Prof. Dr. Gerd Bornmüller von Türkenfels ( http://www.bvt-web.de ), ehemaliger Roland Berger Berater, einiges beitragen. Die Ausbildung seiner Studenten an der Fachhochschule Hamburg ist äußerst praxisnah und eine der wichtigsten Ressourcen für die Akquise qualifizierten Beraternachwuchses. Darüber hinaus berät Prof. Bornmüller mittelständische Unternehmen, die nicht wie Großunternehmen den ständigen Umgang mit Consultants gewöhnt sind, wie sie qualifizierte Berater zur Lösung ihrer Probleme finden können. Mit diesem Aspekt beschäftigt sich auch der folgende Beitrag, der uns freundlicherweise zum Abdruck überlassen wurde. (SKK)
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