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AIIM Marktstudien 2003 (Teil 2)
Hamburg - Im Laufe des letzten Jahres führte die AIIM ( http://www.aiim.org ) eine Reihe von Umfragen durch. Im vorangegangenen Newsletter 20040415Newsletter 20040415 haben wir die Ergebnisse aus den USA, England und Deutschland gegenüber gestellt. In diesem Beitrag geht der Blick nach Brasilien, Kanada und Irland.  Damit verschiebt sich auch der Fokus der Betrachtung. Während die USA und England durch die zahlreichen Anbieter in Deutschland einen direkten Einfluss auf den deutschen Markt haben, ist dies bei Brasilien, Irland und Kanada nicht gegeben. Die Daten geben daher eher Auskunft darüber, wie in diesen Ländern sich unabhängig von Deutschland das gleiche Thema darstellt. Am Ende des Beitrages werden wir die sechs Studien noch einmal übergreifend vergleichen.
Wichtigste Ergebnisse auf einen Blick
Die folgende Übersicht zeigt die in allen fünf Studien meistgenannten, und von den Anwendern als notwendig erachteten drei ECM-Technologien
    
 
Kanada (CAN)
Brasilien (BRA)
Irland (IRE)
1
RM /
Archivi
erung
Dokumentenkontrolle
Dokumentenkontrolle
2
Dokumentenkontrolle
RM /
Archivi
erung
RM /
Archivi
erung
3
Web Publishing
Prozess-automatisierung
Web Publishing
Quelle: AIIM International
Hieraus wird auf den ersten Blick bereits deutlich, das Archivierungsthemen und die Kontrolle des Lebenszyklus der Information im Vordergrund des Interesses der Befragten standen. Web Publishing und Prozessautomatisierung teilen sich den dritten Platz.
Geplante Investitionssummen
Der größte Teil der geplanten Projekte liegt in Brasilien deutlich unterhalb der 100.000 $ Schwelle. Dies war in den USA, England und Deutschland nicht viel anders, jedoch ist der prozentuale von Großprojekten deutlich geringer.
Quelle: AIIM International
In Irland ist der Anteil der großen Projekte wesentlich höher und auch die Anzahl der kleineren Projekte geringer. Dies kann einerseits auf eine höhere Wirtschaftskraft als auch auf anspruchsvollere Projekte schließen lassen. Wie wir noch bei den Schwerpunkten der Projekte sehen werden, ist in Brasilien das relativ überschaubare Thema Archivierung und Records Management im Vordergrund.
Quelle: AIIM International
Das Bild für Kanada ist sehr stark abweichend. Dies kann auf die statistische Basis zurückgeführt werden. Der Anteil an kleinen Projekten ist ungewöhnlich hoch. Die Anzahl der Großprojekte liegt aber auf international vergleichbarem Niveau.
Quelle: AIIM International
Projektschwerpunkte
Die nachfolgenden Grafiken zeigen die zehn wichtigsten Projektschwerpunkte in den USA, Großbritannien und Deutschland. Erstaunlich ist das zu beobachtende Gefälle zum Thema Archivierung und Records Management von 59% in Brasilien zu 34% in Irland. Hier wird sicherlich auch der Nachholbedarf bei den Basistechnologien Lateinamerikas deutlich.
Quelle: AIIM International
Auffällig ist auch das große Interesse am Thema Prozessautomation in Brasilien, das die Interessenlage in Kanada und Irland übertrifft. Auch scheint der Begriff Knowledge Management in Brasilien nicht so abgenutzt wie in den beiden anderen Ländern oder in Deutschland und den USA.
Quelle: AIIM International
Da sich die einzelnen Produktkategorien durch immer neue Slogans heute kaum noch abgrenzen lassen, ist natürlich der Interpretation der Begriffe in den verschiedenen Kulturräumen mit „native Speakers“ und portugiesischer Interpretation hier Tür und Tor geöffnet. Deshalb lohn noch einmal ein Blick auf den einzigen, von ECM-Technologien unabhängigen und in allen drei Studien abgefragten Begriff „Kundenservice“: Eigentlich muss man bei allen drei Ergebnissen, das dieser wesentliche Zweck des Einsatzes von ECM-Lösungen im Vergleich zu den eher technisch orientierten Themen unterbewertet ist.
Quelle: AIIM International
Benötigte Technologien für zentrale Projekte
Bei den Technologien spielt natürlich die verwendete Begrifflichkeit eine wichtige Rolle. Während man in Deutschland von elektronischer Archivierung, einer Kombination von Datenbank, Anwendung und Speichersystem spricht, ist in den englischsprachigen Ländern eine deutliche Trennung zwischen Records Management als Archiverwaltungskomponente und separat betrachteten Speichersystemen zu beobachten. Records Management wird jedoch sehr ungewöhnlich bewertet. Während es in Irland und Kanada zahlreiche Projekte im öffentlichen Sektor mit Records Management gibt, ist es in der Aufstellung nur mit 34% vertreten wohingegen in Brasilien Records Management einen Stellenwert von 47% hat. Führende Technologien sind in Brasilien jedoch Dokumentenmanagement und Workflow.
Quelle: AIIM International
Auch elektronisches Dokumentenmanagement, in Deutschland eher als Übergriff für die ganze Branche benutzt, führt zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Hier macht sich auch bemerkbar, dass das gleiche Geschäftsproblem heute mit sehr unterschiedlichen Produktansätzen gelöst werden kann. Während in Irland fast alle Kategorien in den mittleren 30%-Rängen angesiedelt sind, fallen nur Imaging (auch als Komponente von Archivierung und Capture zu betrachten), Dokumentenmanagement und Datenbanken auf. Datenbanken sind aber eine Infrastrukturkomponente nahezu aller im Fragebogen angebotenen Technologien. In Bezug auf Datenbanken stimmen übrigens die Daten zwischen Irland und England überein.
Quelle: AIIM International
Herausragende Technologien gibt es bei den Kanadiern kaum eine. Alles ist irgendwo zwischen 25% und 35% angesiedelt und gibt keine Trendsetter preis.
Quelle: AIIM International
Gründe für Investition in ECM Technologien
In allen drei Ländern sind die Gründe für den Einsatz von ECM-Technologien die Hoffnung der Unternehmen auf einen höheren Gewinn und eine bessere Performance. Dies unterscheidet sie z.B. von Untersuchungen in Deutschland, wo Kosteneinsparungen noch deutlicher im Vordergrund stehen. Die deutlichsten Werte liefert hier übrigens wieder Brasilien. Hier ist auch die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit besser bewertet als in Irland oder Kanada.
 
Quelle: AIIM International
Dagegen ist das Thema Compliance in Brasilien noch nicht „angekommen“. Anders in Irland und besonders sichtbar mit 21% in Kanada. In Kanada sind die Auswirkungen von den US-amerikanischen Compliance-Anforderungen natürlich deutlicher zu spüren als beim Rest der Welt und übertreffen sogar die Werte für die USA.
Quelle: AIIM International
Verbesserter Kundenservice spielt in Brasilien und Irland eine höhere Rolle als in Kanada.
Quelle: AIIM International
Wichtigste Hindernisse für den Einsatz von ECM
Das größte Problem für eine erfolgreiche Implementierung einer ECM-Lösung stellt nach wie vor das fehlende Verständnis und vielmehr die unzureichende Spezifikation der Bedürfnisse seitens der potentiellen Anwender dar. Diese wissen häufig nicht, was für Möglichkeiten eine ECM-Lösung bietet und welche Vorteile sie aus dieser Lösung ziehen könnten. Die Umfrage in den drei Ländern bestätigt dies.
Quelle: AIIM International
Planung, „Management-Buy-In“ und Verständnis sind in allen drei Staaten als größte Hinderungsgründe aufgeführt. Dies zeigt besonders auch den Bedarf an qualifizierter Beratung.
Quelle: AIIM International
Viele der Befragten sind offenbar noch in einem frühen Stadium der Planung und Einführung von Dokumenten-Technologien, denn bei denjenigen, die schon einmal ein solches System eingeführt, erhöht sich in der Regel auch drastisch der Prozentsatz für „Zustimmung der Mitarbeiter“.
Quelle: AIIM International
Abschließender Vergleich
Die Daten aller sechs untersuchten Länder werden im Folgenden noch einmal tabellarisch einander gegenübergestellt. Dabei wird auch deutlich, wie sich der Fragebogen verändert hat (leere Felder zeigen nicht abgefragte Informationen an).
       
Für zentrale Projekte benötigte Technologien (in %)
(Quelle: AIIM 2003)
USA
IRE
BRA
D
UK
CAN
XML
28
35
 
22
33
25
Storage
30
32
38
 
 
31
E-Mail-Management
30
34
 
25
38
25
Capture
32
 
43
31
 
 
Datenbanken
35
52
 
36
52
 
Electronic Document Management
39
44
66
36
49
29
Records Management
40
34
47
 
44
33
Imaging
42
42
50
29
44
35
Content / Web Content Management
42
31
38
32
40
 
Workflow / BPM
44
 
55
37
39
33
Knowledge Management
 
32
38
20
37
 
Data Mining / Warehousing
 
32
 
 
 
 
Sicherheit
 
 
33
 
 
27
Web Services
 
39
32
19
42
35
Kommunikation
 
 
 
 
 
35
Bei den Technologien fällt nur der Ausreißer Datenbanken in England und Irland besonders auf. Web Content Management spielt in Deutschland offenbar eine nachgeordnete Rolle. Bei vielen ist Imaging und Archivierung ein wichtiges Thema. Viele Analysten hatten für diese Basistechnologien bereits eine Marktsättigung vorausgesagt. In jedem Fall ist das Thema Workflow wieder im Kommen.
       
Wichtigster Grund für Investition in ECM Technologien (in %)
(Quelle: AIIM 2003)
USA
IRE
BRA
D
UK
CAN
Effizienzsteigerung
5
6
6
5
10
6
Risk Management
4
3
3
3
4
13
Höhere Reaktionsfähigkeit
9
6
8
5
4
13
Verbesserter Kundenservice
14
14
24
7
17
4
Compliance
17
9
3
2
13
21
Kostenreduzierung
18
19
10
31
15
10
Verbesserung der
Wettbewerbsfähigkeit
6
4
10
3
6
2
Höhere Gewinne,
bessere Performance
27
36
33
40
31
31
Außer „Höhere Gewinne, bessere Performance“ und ein „Ausreißer“ bei der Frage „Kostenreduzierung“ zeigen die Gründe für den Einsatz von ECM vorrangig eines – dass offenbar die meisten Unternehmen nicht wissen, warum sie ECM brauchen, oder aber es ganz andere Argumente für den Einsatz wichtig sind. Erstaunlich ist auch, dass das Interesse in allen sechs Untersuchungsgebieten gleichermaßen gering ist. Offenbar sind hier die %-Werte auch auf 100 normiert worden, so dass Mehrfachnennungen wie in den anderen Untersuchungen, nicht vorkommen.
       
Wichtigstes Hindernis für den Einsatz von ECM Technologien
(in %) (AIIM)
USA
IRE
BRA
D
UK
CAN
Sonstige Gründe
5
2
4
5
6
6
Produktauswahl
8
2
5
14
3
13
Klassifikation, Migration
12
7
11
11
4
10
Zustimmung der Mitarbeiter
12
9
8
5
9
10
Zustimmung der Führung
16
20
25
6
23
17
Verständnis, Spezifizierung der Bedürfnisse
29
32
26
36
32
33
Planung, Change Management
17
28
20
21
22
10
Auch bei der Aufstellung der wichtigsten Hindernisse erfolgte eine Normierung auf 100. Um so deutlicher werden die durchgängigen Hindernisse „Verständnis, Spezifizierung der Bedürfnisse“ und „Planung, Change Management“.
       
Geplante Investitionen (US $)
(Quelle: AIIM 2003)
USA
IRE
BRA
D
UK
CAN
<$100.000
41
35
51
37
40
59
$100.000 - $200.000
17
15
21
20
14
6
$200.000 - $500.000
19
15
11
16
15
12
$500.000 - $1.000.000
12
9
3
8
10
0
>$1.000.000
11
26
14
18
21
24
Die geplanten Investitionsdaten lassen noch keine Segmentierung in individuelle Großprojekte, standardisierte Mittelstandslösung und „off-the-Shelf“-„Low-Budget“-Standard-Produkte erkennen. Diese Dreiteilung im Preis und in der Leistungsfähigkeit zeichnet sich inzwischen in den USA sehr deutlich ab. Gerade Standard-E-Mail-Archivsystempakete für die Erfüllung der Anforderungen von Sarbanes Oxley leiten wieder einen Trend zu Standardprodukten ein. Auffällig ist an den Zahlen aus den USA in jedem Fall, dass dort der Anteil der Großprojekte vergleichbar gering ist.
        
Projektschwerpunkte (in %)
(Quelle: AIIM 2003)
USA
IRE
BRA
D
UK
CAN
 
Prozessautomation
22
27
45
16
26
23
 
Technisches Dokumenten Management
22
21
42
29
 
33
 
E- Mail-Management
22
28
30
20
30
33
 
Web-Publishing
24
31
31
14
33
38
 
Knowledge Management
25
29
41
14
36
33
 
Information Capture
27
30
33
18
38
35
 
Dokumentenkontrolle
34
40
57
22
50
44
 
Archivierung / Records Management
44
34
53
14
46
48
 
Compliance
20
 
 
 
 
 
 
Formularbearbeitung
18
 
 
18
26
25
 
Fortbestand der Geschäfte
 
23
 
 
 
 
 
Kundenservice
 
29
34
 
33
23
 
Personalmanagement
 
 
28
 
 
 
 
Buchführung
 
 
 
14
 
 
 
e-Government
 
 
 
 
28
 
 
Diese Tabelle weist die größten Lücken auf, da in der verschiedenen Untersuchungen die Fragen zu den Projektschwerpunkten nicht gleich waren. Das Thema Archivierung bewegt alle – nur die Deutschen nicht, obwohl hier viel über die GDPdU und Archivierungsanforderungen geredet wird?  Mit dem Begriff Dokumentenkontrolle konnten wir offenbar in Deutschland auch nichts anfangen – bei allen anderen ist er deutlich höher bewertet.  Das Knowledge Management im Vergleich mit dem Rest der Welt gering geschätzt wird lässt sich leicht aus der seitens der Anbieter in den vergangenen Jahren erzeugten Übererwartung an die Technologie erklären.
Dennoch, die Ergebnisse 1:1 zu übernehmen, ist nicht möglich. Die Daten sind nicht sauber und repräsentativ genug. Der Ansatz der AIIM, erstmals einen weltweiten Vergleich zu ermöglichen, ist gut und lobenswert. Er macht aber auch deutlich, dass entsprechende Definitionen, Erklärungen oder Erläuterungen für die Befragten hinzukommen müssen, die eine Vergleichbarkeit erst ermöglichen. Immerhin gibt es für AIIM-ATM-Mitglieder die Möglichkeit, die Daten von der AIIM vollständig zu erhalten, so dass detailliertere Interpretationen nach Marktsegmenten, Branchen etc. möglich sind. (Kff)
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