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Zeitgemäßes E-Mail-Management - Stabsstelle für Geschäftsprozesse
Gastbeitrag von Markus Goss, Vice President Marketing, GROUP Technologies AG, Karlsruhe, E-Mail: markus.goss@group-technologies.com.
Das E-Mail-Aufkommen in Unternehmen nimmt nicht nur quantitativ zu. Da immer mehr geschäftskritische Aktivitäten auf diesem Weg ablaufen, erhält das Medium auch eine ganz neue Qualität. Mit entsprechenden Auswirkungen auf das E-Mail-Management: Dort führt kein Weg mehr an einem systematischen, durchgängigen Konzept vorbei. Der Beitrag stellt ein solches vor und zeigt, wie es sich auf andere wichtige IT-Abläufe ausdehnen lässt.
„Daten und Informationen zu managen ist leicht, aber wie beherrschen wir die vielen Prozesse und Aktivitäten, die wir über Mail abwickeln?“ Diese Frage warf Internet-Vordenkerin Esther Dyson in einem Interview der Computer Zeitung (39/2004) auf. Würde man zehn Mitarbeiter in einem beliebigen Unternehmen um eine Beschreibung solcher Aktivitäten bitten, liefe die Antwort wahrscheinlich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner hinaus, dass E-Mail ein schneller und konkurrenzlos bequemer Weg ist für alles, das irgendwie kommuniziert werden soll. Das ist grundsätzlich richtig. Die Aussage bezieht sich jedoch auf die Anwendung des Mediums, nicht auf die Qualität der Nachrichten selbst.
Gerade dieser Parameter ist aber zur Beantwortung der Dyson-Frage entscheidend. Jede Nachricht, die den Mail-Server erreicht und verlässt, ist heute als Einflussfaktor auf kurz- und langfristig ausgelegte Geschäftsvorgänge im Unternehmen anzusehen. Schon deshalb, weil immer mehr wichtige Korrespondenz (Angebote, Vertragsentwürfe) auf diesem Weg abgewickelt wird. Wie sich der Einfluss äußert, erklärt ein Blick in die Tagespresse: „Spam zerstört Vertrauen ins Webgeschäft“, „Kundendaten frei Haus per Phishing“, „Teuere Quittung für gelöschte Post“. Der Wortlaut ist fiktiv, die Szenarien real, bei allen spielt E-Mail die entscheidende Rolle. Dieser Tatsache haben sich die Strategien zum E-Mail-Management zu stellen. Wenn die elektronische Post Geschäftsabläufe immer mehr beeinflusst, muss auch ihre Verwaltung als ein solcher gehandhabt werden.
Das Wesen eines Geschäftsprozesses zeigt sich in zwei Bereichen: Er ist zum einen in sich systematisch und durchgängig und zum anderen sinnvoll in weitere Prozesse integriert. Für das E-Mail-Management heißt das: Statt der Abfolge einzelner, isolierter Aktionen – Spamprüfung, Virenfilter, Archivierung usw. – tritt ihre nahtlose und effiziente Verbindung in den Vordergrund der Betrachtung. Das betrifft auch die zeitliche Dimension: Der Verwaltungsprozess beginnt mit dem Eintreffen der E-Mail auf dem Server und endet mit dem endgültigen Löschen der Nachrichten vom Speichermedium.
E-Mail Lifecycle Management
Die GROUP Technologies spricht deshalb von E-Mail Lifecycle Management (ELM), dessen Umsetzung ein nahtloses Zusammenspiel von diversen Prozessen (verschiedene Prüfschritte für E-Mail), Regeln (unternehmensintern/gesetzlich), Anwendungen (Messaging-System, E-Mail Management-Plattform, Archivsystem) und Werkzeugen (Virenscanner, Verfahren zur Textklassifizierung und Verschlüsselung) ist. Im Folgenden wird die Abfolge der Prozessschritte beschrieben.
Grob aufgeteilt geht es dabei um die beiden Bereiche Sicherheit für und Organisation von E-Mail. Zum Sicherheitsblock gehören beispielsweise die Ver- und Entschlüsselung und die Vergabe digitaler Signaturen. Ebenso zählen die Abwehr unerwünschter E-Mails (Spam) und virentragender Nachrichtenteile dazu. Auch Versandrichtlinien (z.B. zeitversetzter Versand von E-Mails mit großem Anhang bei weniger Netzlast) und das Ergänzen von Nachrichten um Absendersignatur und Haftungsausschluss fallen in diese Prozessphase.
Die organisatorischen Teilprozesse im E-Mail Lifecycle Management umfassen die Aspekte Klassifizierung sowie Compliance und Archivierung. Bei der Klassifizierung geht es um die gezielte Weiterleitung von E-Mails aufgrund inhaltsbezogener Kriterien. Man spricht auch von Content Based Routing. Compliance meint das Einhalten rechtlicher Vorgaben und Regularien in der E-Mail-Verwaltung. Das können allgemein gültige gesetzliche Vorschriften sein, etwa Fristen für die Aufbewahrung elektronischer Dokumente, aber auch unternehmensinterne Richtlinien, zum Beispiel die Abwesenheitsregelung, die gewährleistet, dass der Vertreter des Empfängers zumindest geschäftswichtige Nachrichten zeitnah bearbeiten kann.
 
Abb. 1: So lässt sich E-Mail Lifecycle Management realisieren (© Group Technologies)
Ein wichtiger Punkt beim Thema Compliance ist die unveränderte und unveränderbare Aufbewahrung der Dokumente über den gesamten Archivierungszeitraum. Um jede Manipulationsmöglichkeit auszuschließen, müssen Nachrichten vor der Zustellung an interne und externe Empfänger im Original an einem Speicherort abgelegt werden, der nur mit spezieller Berechtigung zugänglich ist. Der Empfänger erhält nur eine Kopie der E-Mail. Was dann damit geschieht, ist unter Compliance-Gesichtspunkten unerheblich.
Der Schlussbaustein im E-Mail Lifecycle Management befasst sich mit der langfristigen Archivierung von Nachrichten bis zum endgültigen Löschen, sorgt aber auch dafür, dass E-Mails in dieser Zeit bei Bedarf immer verfügbar sind.
Effektive E-Mail-Kommunikation
Der beschriebene Geschäftsprozess für die E-Mail-Verwaltung ist nur sinnvoll, wenn jede Nachricht obligatorisch die verschiedenen Prüfschritte durchläuft. Natürlich ist es nicht sinnvoll, alle E-Mails unterschiedslos derselben Behandlung zu unterziehen und etwa alle eintreffenden und ausgehenden E-Mails pauschal zu verschlüsseln. Deshalb benötigt diese Form des E-Mail-Managements ein zentrales Regelwerk, dass für jeden E-Mail-Typen definiert, was zu tun ist. Dadurch werden zum Beispiel nur Nachrichten verschlüsselt, die an bestimmte Domänen gehen. Dem gegenüber stehen Aktionen, die für jede E-Mail wichtig sind, die das Unternehmen verlässt, etwa das Anfügen einheitlicher Absendersignaturen samt Haftungsausschluss.
Seinen ganzen Wert und Nutzen entfaltet der Geschäftsprozess E-Mail-Management aber erst im Zusammenspiel mit anderen Geschäftsprozessen. Die Verknüpfung scheint zunächst abwegig, denn E-Mail dreht sich um Kommunikation, während andere IT-gestützte Bereiche (z.B. Datenbanken, Warenwirtschaftssysteme) „handfeste“ Aufgaben übernehmen. Da die geschäftliche Kommunikation per E-Mail aber meistens irgendeine Handlungsaufforderung enthält, liegt es nahe, alle Systeme direkt einzubinden, die damit in Zusammenhang stehen.
Ein gutes Beispiel hierfür sind Support-Anfragen. Der Absender stellt eine Frage zu einem Produkt oder einer Dienstleistung und erwartet eine eindeutige Antwort. Deren Qualität hängt wesentlich von zwei Faktoren ab: Ob der Bearbeiter die Frage versteht und ob er alle notwendigen Informationen zur Beantwortung beibringen kann. Bei diesen Aufgaben können die beschriebenen E-Mail-relevanten Prüfschritte wertvolle Unterstützung leisten. Die Basis hierfür bildet eine inhaltliche Bewertung der Texte durch die E-Mail-Management-Software. Denn wenn deren Prüfverfahren in der Lage sind, Spam-Nachrichten mit hoher Treffsicherheit richtig zu klassifizieren, können sie das auch mit „guten“ Texten, in diesem Fall den Support-Anfragen. Steht nach dieser Beurteilung fest, welches Produkt die Anfrage adressiert, greift die erwähnte Verzahnung zwischen E-Mail-Management und anderen Systemen, zum Beispiel durch das Extrahieren von Produktinformationen aus der entsprechenden Datenbank im Unternehmen oder durch das Prüfen eines Kunden auf die frühere Inanspruchnahme von Support-Leistungen hin. Diese Informationen werden zusammen mit der Absender-Mail automatisch an den Bearbeiter weitergeleitet, so dass er alle relevanten Informationen auf einen Blick erhält. Dadurch beschleunigen sich Bearbeitungsprozesse. denn fällt der Aufwand für die manuelle Suche der Details weg, kann die Support-Anfrage wesentlich schneller und effizienter bearbeitet werden – was sich in der Regel übrigens auch positiv auf die Kundenzufriedenheit auswirkt.
E-Mails automatisch klassifizieren und archivieren
Im einfachsten Fall ergibt sich die Zuordnung einer E-Mail aus der „Betreff“-Zeile der Nachricht. Umfassende Prüfverfahren ermöglichen es, den Nachrichtentext für die Klassifizierung von E-Mails auszuwerten. So wird sichergestellt, dass auch weniger spezifische Anfragen mit großer Wahrscheinlichkeit beim richtigen Mitarbeiter in der Support-Abteilung landen, etwa wenn sich nicht schon aus der „Betreff“-Zeile ersehen lässt, um welches Produkt es sich dreht, sondern die Hinweise aus dem Nachrichtentext gewonnen werden müssen. Mit lediglich einer Handvoll Beispielnachrichten kann der Inhaltsklassifikator des Prüfverfahrens dafür „angelernt“ werden.
Ein zweites Beispiel für die Verknüpfung von Geschäftsprozessen mit dem E-Mail-Management ist die Archivierung. Die Aufbewahrungsfrist von Dokumenten richtet sich in erster Linie nach ihrer Relevanz für Geschäftsvorgänge – gleich, ob sie in digitaler oder „klassischer“ Form vorliegen. Den Archivierungsvorgang für elektronische Dokumente führen in der Regel spezielle Archivsysteme mit hierarchischem Speichermanagement durch. Das heißt, Dateien werden nach bestimmten Kriterien auf primäre und sekundäre Speichermedien verteilt. Ein Kriterium für die Wahl des Speichermediums ist die Zugriffshäufigkeit. Ist ein Dokument über einen langen Zeitraum aufzubewahren und die Wahrscheinlichkeit gering, dass es oft genutzt wird, genügen zur Aufbewahrung Speichermedien mit geringer Performance, die wesentlich billiger sind als leistungsstarke und sich daher für längerfristige Speichervorgänge optimal eignen. Das spart Platz auf primären Speicherressourcen und kann Prozesse wie die Datensicherung auf hochperformante Tape- oder Disk-Backup-Systeme beschleunigen.
Ein anderes Kriterium ist die Datensicherheit: Bei besonders wertvollen Dateien liegt die Aufbewahrung auf einem hochverfügbaren und schnellen System nahe, so dass jederzeit ohne Einschränkungen auf das Dokument zugegriffen werden kann. Die Entscheidung, welche Nachricht wo und wie lange zu halten ist, trifft das Storage-System, nachdem die Klassifizierung vom E-Mail-System abgeschlossen und die Indexierung an das Storage-System übergeben wurde.
Welche Datensicherungs-, Datenverwaltungs- und -archivierungsprozesse verknüpft werden, hängt von den Geschäftsanforderungen der jeweiligen Unternehmen ab. Entscheidend ist jedoch, dass die Steuerung beim E-Mail-Management-System liegt. Dieses wandelt sich so von der ordnenden Hand für die explosionsartig wachsende Nachrichtenflut – nach Angaben der Marktforschungsfirma Lünendonk belegen E-Mails in diesem Jahr bereits 39 Prozent mehr Speicher als 2003, für 2005 wird ein weiterer Zuwachs von 38 Prozent erwartet – zu einer zentralen Drehscheibe für eine Reihe IT-gestützter Geschäftsprozesse.
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