Grundsätzliches und praktisches Wissen rund um Workflow-Management: Neue Studie
Rezension von Dr. Dietmar Weiß, erschienen in der Fachzeitschrift is report, Heft 3/2000, Seite 31-33.
Der Workflow-Markt ist durch die Großprojekte Euro-Einführung und Jahr-2000-Umstellung etwas unberücksichtigt geblieben. Zu Unrecht, denn technologisch und fachlich gibt es Weiterentwicklungen. Dies ist für die Unternehmensberatung Project Consult GmbH, gegründet von Dr. Kampffmeyer, Grund, eine umfassende Studie zu diesem Thema vorzulegen.
Die Studie richtet sich hauptsächlich an Anwender,
die vor der Softwareauswahl stehen oder sich über das Thema Workflow-Management umfassend informieren wollen. Verfaßt wurde die Studie von Martin Fichter, der seit 1998 Projekte bei Project Consult bearbeitet. Erhoben wurden Angaben von nahezu allen Herstellern und teilweise auch Lösungsanbieter, die im Umfeld von Workflow- Management tätig sind. Exakte Auswertungen und Produktbeschreibungen gibt es von mehr als 20 Produkten, darunter befinden sich auch die marktführenden Produkte von Staffware, CSE, FileNET, COI und IBM. Auf rund 250 Seiten enthält der erste Band der zweiteiligen Studie eine umfassende Einführung in das Thema, die sehr gelungen ist und sowohl technische als auch fachliche Aspekte behandelt. So werden verschiedene Themen wie E-Commerce, Internet-Anbindung sowie Archivierung und Dokumenten- Management und deren Beziehung zu Workflow-Management eingehend behandelt. Ein Glossar und Literaturverzeichnis runden den Einführungsteil ab. Es fehlen lediglich Verweise auf die aufgeführte Literatur, was ein gezieltes Weiterlesen in anderen Quellen verhindert. Klassifikation. Auf weiteren 400 Seiten im zweiten Band findet sich ein zusammenfassender Überblick über die Teilnehmer, die Produkte und die Auswertungen sowie über den Markt. Die berücksichtigten Systeme werden wertneutral in folgenden fünf Kategorien klassifiziert:
GPO-Tools: Werkzeuge zur Geschäftsprozessoptimierung (GPO) dienen der Definition und Modellierung von Vorgangstypen. Diese Modelle werden in der Regel über Schnittstellen an die Vorgangssteuerungs-Systeme übergeben und übersetzt und sind dann Grundlage für operative Vorgangsbearbeitung.
Vorgangssteuerungs-Systeme bzw. Workflow-Management-Systeme führen definierte Vorgangstypen aus und übernehmen die Termin- und Datensteuerung. Den Nutzern werden in jedem Schritt die notwendigen Informationen mit Terminen und Anwendungen zur Verfügung gestellt.
Routing-Systeme sind eine besondere Kategorie von Vorgangssteuerungs-Systemen. Sie weisen
geringe Workflow-Funktionalitäten auf und beschränken sich auf eine Regelung des Datenflusses wie durch einen Verkehrspolizist.
Groupware-Systeme bieten Anwendergruppen Datenbanken als Informationspools an, auf die indi-viduell zugegriffen werden kann. Formular- bzw. maskenorientierte Informationserfassung und –übertragung ermöglichen die Kommunikation und die Bearbeitung von Ad-hoc-Workflows.
Anwendungssysteme mit Workflow-Engine: Das sind komplette kaufmännische Lösungen oder Branchenlösungen, die eine Workflow-Engine beinhalten, um eine prozessorientierte Bearbeitung zu ermöglichen. Die Veränderungsmöglichkeit der Prozesse hängt vom jeweiligen System ab. Je nach Kategorie gibt es in der Studie unterschiedliche Kriterien, deren Erfüllungsgrad in Tabellen übersichtlich dargestellt wird. Das Kriterium Internet ist in einer zeitgemäßen Studie selbstverständlich auch enthalten, allerdings ist das Kriterium „internetfähig“ nicht näher erläutert und der Grad der Internet-Fähigkeit ist nicht deutlich genug beschrieben. Nach dieser Klassifikation kann der Leser auch eine Produktliste auf CD-ROM ansehen und schritt-weise nach verschiedenen Kriterien Hersteller und Produkte aus 20.000 Datensätzen selektieren. Eine genaue Bedienungsanleitung fehlt allerdings. Es ist auch nicht möglich, zu einem Produkt alle Kriterien angezeigt zu bekommen. Damit dies gelingt, empfiehlt es sich, die Export-Funktion in Excel zu nutzen. Ebenfalls schlecht gelöst ist die Suche nach Herstellern oder Produktnamen, die weder kategorieübergreifend funktioniert noch das Suchen nach Wort-Teilen unterstützt.
Qualitative Prognose
Das Kapitel über die Marktprognose in Deutsch-land zeigt den qualitativen Charakter der Studie, da auf jede quantitative Abschätzung des Marktvolumens seitens des Verfassers verzichtet wird. Project Consult führt stattdessen verschiedene andere Studien aus unterschiedlichen Jahren an und vermeidet damit etwaige Fehlprognosen. Die Kernaus-sage dieser Auswertungen ist, dass mit einem weiteren Marktwachstum bei Workflow-Management-Systemen und Dokumenten-Management-Syste-men zu rechnen ist. Insbesondere beim Workflow-Management sei ein Aufholbedarf zu erkennen. Der Verfasser geht auch auf die Konzentrationsbewegung am Markt ein und begründet diese mit den notwendigen Produktportfolio-Ergänzungen einiger Hersteller und Entwicklungsengpässen bei kleineren Anbietern. Diese Gründe stünden somit nicht im Widerspruch zu den prognostizierten Marktzuwächsen.
Die Studie liefert in umfassender Weise grundsätzliches und praktisches Wissen rund um Workflow-Management. Die Studie ist eine produkt- und technologieorientierte Zusammenfassung des Workflow-Marktes im deutschsprachigen Gebiet. Die Behandlung des Workflow-Umfeldes ist sehr wertvoll, vernachlässigt aber im Bereich der GPO-Tools den Bereich Controlling mit der Prozessko-stenrechnung. Ein Indiz für die Unabhängigkeit der Studie ist die offene Auflistung aller nicht berücksichtigten Unternehmen inklusive einer Begründung. Für denjenigen, der einen aktuellen, umfassenden und unabhängigen Blick auf den Stand des Workflow-Management-Marktes in Deutschland werfen will, ist diese Studie bestens geeignet. Auf der CeBIT kann sich der Interessent gleich die berücksichtigten Hersteller mit ihren neuen High-lights ansehen.
Workflow-Management-Systeme. Eine Studie für
Hersteller und Anwender; Martin Fichter, 2 Bände
und CD-ROM; Preis: 1.690,00 Mark zzgl. MwSt.. Bezug bei der Project Consult GmbH, Oderfelder Str. 17, 20149 Hamburg, E-Mail: info@project-consult.com
Die Themen im is report - Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Informationssysteme sind anwender- und praxisorientiert. Sie bilden eine Brücke zwischen Betriebswirtschaft und Informationstechnologie. Die Zielgruppe der Zeitschrift ist wie folgt beschrieben: Kaufmännische Geschäftsführung, Leitung Rechnungswesen, Leitung Controlling, Leitung EDV und IT-Abteilung sowie Leitung Vertrieb von mittelständischen Unternehmen ab 30 Mitarbeitern bis zu Großunternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Informationen und Probehefte unter www.oxygon.de.