Palo Alto. - Das seit 20 Jahren von der Computerindustrie versprochene papierlose Büro kommt näher: Zeitlich nahezu parallel nähern sich die Entwicklungen im IBM-Umfeld (www.de.ibm.com; CeBIT 2000: Halle 1, Stand 4g2) und bei XEROX
( www.xerox.de; CeBIT 2000: Halle 1, Stand 4f4) der Marktreife. Beide US-Firmen wollen das elektronische Papier auf den Markt bringen. Es soll sich beliebig oft löschen und neu beschreiben lassen. Dabei wird der Ansatz verfolgt, kleinste Kunststoff-Kügelchen in einer Folie elektronisch so anzusteuern, daß Kontraste dargestellt werden können. Beide Unternehmen bedienen sich dabei zwei kleineren aber um so innovativeren Forschungsinstituten. Die Nase vorn hat derzeit das Verfahren der IBM/E-Ink-Kooperation (www.eink.com), bei dem eine kontrastreiche Darstellung von großformatigen Zeichen möglich ist. Wohingegen die XEROX/3M-Lösung (www.3m.com/de; CeBIT 2000: Halle 8, Stand D06) zwar in der Lage ist auch kleinere Zeichen darzustellen, aber lediglich zwischen den Farben Dunkel- und Hellgrau unterscheiden kann. So unterschiedlich wie die technischen Verfahren, müssen auch die nächsten Schritte beider Unternehmen sein: Während der Fokus der IBM auf der Verfeinerung der elektronischen Ansteuerung der Darstellung liegen muß, sollte das Augenmerk der XEROX-Variante auf einer kontrastreicheren Darstellung liegen. Das IBM-Verfahren ist bereits in der Fläche mit dem Ergebnis getestet, daß zumindest Reklametafeln und ähnliche großformatige Anzeige-Boards gemietet werden können. (RG/FvB) | |
| PROJECT CONSULT Kommentar:
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Nun haben wir gerade mal den Einstieg in vernetzte digitale Zeitalter mittels Internet geschafft - da kommt ein neues Medium wie das digitale Papier daher. Die technologischen Grundlagen waren lange umstritten und die voreiligen Ankündigungen der letzten Jahre ließen sich nicht in Produkte umsetzen. Offenbar ist nunmehr der Durchbruch erzielt und die digitale Zeitung tritt in direkten Wettbewerb zu den Internet-News. Das digitale Papier hat eben eine besondere Faszination für Zeitschriftenverleger, kann es doch das Überleben der Papiergazetten sichern. Ob man nun die Zeitschrift morgens an der Telefonsteckdose füllt oder zur Überlebenssicherung der Zeitungs-Kiosk-Branche doch in den Regen hinaus muß, ist letztlich unerheblich. Auf die Mediendokumentare und Archivare kommt nunmehr eine weitere neue Herausforderung zu. Hatte man gerade eben erst begonnen, sich über die Speicherung von digital erstellten Dokumenten und MultiMedia-Objekten Gedanken zu machen, ist nunmehr zu überlegen, wie das Zeitschriftenarchiv der Zukunft aussieht. Das schöne neue digitale Papier als separate Ausgaben abheften zu wollen, ist wohl nicht die Lösung. Aber auch der Leser muß sich umstellen - mit dem Marker Unterstreichungen machen, mit dem Kugelschreiber Notizen anbringen oder gar einen interessanten Artikel ausreißen zu wollen - alles nicht mehr drin. Auch die Hersteller des digitalen Papiers müssen noch an einigen Stellen nachbessern, zum Beispiel für das realistische, taktil subtile Gefühl beim Umblättern oder das knitterfreie Falten von Großformaten für die engen Sitze in der Business-Class. (Kff)