20020925 \  In der Diskussion \  Generationenwechsel
Generationenwechsel
Betrachtet man heute die Szene, so kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, dass die „guten alten Zeiten“ vorbei sind. Allerorten neue Gesichter in den Führungsetagen. Bei den Börsengängern haben sich Brintrup, Hanisch, Reinhard, Strack-Zimmerman, Vollmering, Wenzke und viele andere im Mittelmanagement selbst weggebeamt. Aber auch bei vielen anderen Unternehmen, ob sie nun FileNET, GFT Solutions, COI oder wie auch immer heißen mögen, sind die Führungspositionen neu besetzt worden. Auch der Ruhestand forderte seinen Preis. Der Trend geht zum ausgebildeten Manager, der ruhig branchenfremd sein kann, aber dafür in der Lage ist, ein Unternehmen herumzureißen – was viele der Anbieter in der DRT-Branche auch dringend nötig hatten. Vor einem Jahr veröffentlichte die Zeitschrift DoQ eine Liste der wichtigsten Köpfe der Branche, mal sehn wer in der nächsten Ausgabe in dieser Liste (Heft 6/2002) noch dabei ist. Viele der bekannten Kollegen sind in andere Branchen oder den permanenten Urlaub abgetaucht, andere suchen noch Jobs oder machen sich als Berater selbstständig. Der sich rapide vollziehende Wandel der Branche bei Produkten, Firmen und Köpfen ist nicht gerade als vertrauensbildende Maßnahme anzusehen.
Der potentielle Anwender, aber mehr noch der echte Anwender mit einer bereits im Betrieb befindlichen Lösung, blickt mit Sorgenfalten derzeit auf die Kurse, die Unternehmen und auch auf die Führungskräfte. Doch wer ist eher ersetzbar, der nach außen hin in Interviews und Artikeln präsente Unternehmenslenker, oder aber der angegraute Programmierer, der als einziger alle Schnittstellen und Übergabeformate der letzten 20 Versionen kennt? Nein, nein - natürlich ist mir klar, dass ein Unternehmen natürlich von den besonnenen, kühl rechnenden, den Überblick bewahrenden Köpfen natürlich abhängt. Aber was soll ein solcher Unternehmenslenker tun, wenn ihm sein Stammpersonal, sein Knowhow abwandert? Je kleiner die Mannschaft und je spezieller ein Produkt ist (von der Qualität der Dokumentation einmal ganz abgesehen), um so größer wird die Abhängigkeit. Die Spielräume des Machbaren sind häufig sehr gering. So ist es nicht verwunderlich, wenn sich große Anwender aus Sicherheitserwägungen das notwendige Personal vom Anbieter wegkaufen oder gleich ganze Firmen selbst durchfinanzieren
Nicht ohne Grund machen zur Zeit die großen DRT-Anbieter und ihre größeren Partner die besseren Geschäfte. Gerade beim Thema langfristige Informationsverfügbarkeit haben kleinere Unternehmen meistens Argumentationsprobleme. Was sie jedoch häufig vorweisen können, ist Kontinuität – in den Kundenbeziehungen, im Management und in der Produktentwicklung. Während bei den großen Anbietern häufig Personen und Organisationsstrukturen wechseln und den Kunden zum „Kartensammler“ machen, bieten die kleineren Unternehmen eine enge Kundenbeziehung, persönliche Betreuung und langfristig die gleichen Ansprechpartner. Soll diese Form der Stabilität geringer gewertet werden als die vermeintliche wirtschaftliche Stabilität eines größeren Unternehmens? Auch bei den großen fallen bei Bedarf ganze Produktlinien und Bereiche per Federstrich weg. Kleinere Anbieter können sich dieses gar nicht leisten. So muss sich denn ein potentieller Kunde entscheiden, vertraut man dem großen Namen oder setzt man auf den kleineren Anbieter, der einem größere Nähe und ein besseres Eingehen auf die eigenen Wünsche bietet? Gerade Archivierung und Informations-management sind Vertrauenssache, weil man sich als Anwender in eine langfristige Abhängigkeit bringt. Generationenwechsel beim Anbieter sind daher immer gute Zeitpunkte, über die Beziehung zum und die Abhängigkeit vom Partner nachzudenken – egal ob dieser nun klein oder groß ist.  (Kff)
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