20080815 \  In der Diskussion \  Herausforderungen
Herausforderungen
Elektronische Archivierung und elektronisches Records Management gibt es inzwischen seit mehr als einem Vierteljahrhundert. Manchmal fragt man sich, was kann es hier denn noch neues geben. Wir haben den Aufstieg der digital-optischen Archivspeichermedien erlebt, zahllose Standards und Richtlinien für die Handhabung von Akten, Records und Archiven verfasst, XML-Schemas im Dutzend produziert – und dennoch hat man das Gefühl, das die Probleme der Langzeitarchivierung immer noch nicht zufriedenstellend gelöst sind. Die schiere Menge an Informationen und die Innovationskraft der Software- und Telekommunikationsindustrie mit immer neuen Formaten, die zunehmende Verknüpfung von Information, die in ihrem Kontext immer schwieriger zu fassen ist – all dies beschert der Verwaltung und Aufbewahrung von Informationsobjekten immer neue Herausforderungen. In dem Maße, wie die Digitalisierung der Arbeits-, Medien- und privaten Welt voranschreitet, erhöht sich auch der Druck für den Einsatz von Verwaltungssoftware für die Bewahrung des Gedächtnisses der Informationsgesellschaft. Wir können uns der Digitalisierung unserer Kommunikation, unseres Wissens und unser Informationen nicht entziehen. Dies ist ein generelles Problem, dass nicht nur Firmen, Behörden und Organisationen sondern uns auch inzwischen als Privatperson betrifft.
Über diese globale Herausforderung hinaus gibt es aber auch eine Reihe von Detailanforderungen, die bestimmte Funktionalität in Archiv- und Records-Management-Software betreffen. Diese Herausforderungen an Produkte lösen nicht das generelle Problem, stellen jedoch sinnvolle Erweiterungen dar, um der Informationsflut Herr zu werden. Greifen wir einmal einige exemplarische Anforderungen heraus:
   
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Die gemeinsame, medienübergreifende Verwaltung von Information 
Noch lange werden wir uns mit Papier neben der Elek
tronik auseinandersetzen, auch wenn das Papier häufig nur eine Repräsentation ursprünglich elektronsicher Informationen ist. Die gemeinsame Verwaltung und Referenzierung von elektronischen und anderen physischen Informationsobjekten sichert die Vollständigkeit und Nachvollziehbarkeit hybrider Ablagen.
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Reduzierung der Komplexität 
Noch immer dominieren Anwendungen mit zahllosen Funktionen und Metadatenfeldern. Ziel ist allerdings die „Kampffmeyersche Drei-Knopf-Anwendung: ein Knopf für die durch Automatismen unterstützte Erfassung, ein Knopf zum einfachen Wiederfinden und ein Knopf zum strukturierten, geordneten Anzeigen der Informationen“. Dies setzt natürlich eine gewisse Integration und Durc
hgängigkeit voraus: gleiche Benennungen, Funktionalität, Nutzungsmodelle, Menus, Look&Feel und Bedienung wie die führende oder verbundene Anwendungen.
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Selbstbeschreibende Informationsobjekte 
Es geht nicht mehr nur darum, mit einer Datenbank oder Anwendung über einen Pointer auf ein gespeichertes O
bjekt zu verlinken – die Objekte müssen selbst intelligent werden. Dies bedeutet, dass Container oder Header mit den Nutzdaten gespeichert werden, die auch außerhalb der erzeugenden Anwendung die Nutzung, den Schutz und die Verarbeitungsfähigkeit der Informationsobjekte sicherstellen. Ansätze gibt es viele – von Informationpackages nach OAIS, über Speicherformatversuche der SNIA bis hin zu proprietären Herstelleransätzen. Die Objekte steuern zukünftig selbst ihre Nutzung, Visualisierung und Verwaltung.
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Zentrale Repositories der Parameter und Konfi-gura-tionen 
Im gleichen Maße wie mit Master Data Management und CMDBs Verwaltungs- und Stammdaten vereinhei
tlicht werden, müssen gerade für Records-Management- und Archivumgebungen aus Gründen der Nachvollziehbarkeit und langfristigen Nutzbarkeit alle Informationen über die Systeme und Subsysteme selbst, ihre Konfigurationen, Einstellungen, verwendete Dokumentenklassen, Auswahllisten, Berechtigungen, Strukturen etc. zentral verwaltet, versioniert und historisiert werden. Es gilt auch die Rekonstruktion ursprünglicher Zustände der Lösung und des Kontextes gespeicherter Information und nicht nur die Dokumente selbst zu bewahren.
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Selbstdokumentation als Basis für die Verfahrensdokumentation 
Mit dem Ansatz zentraler Verwaltungsrepositories braucht man dann auch keine aufwändig manuell g
epflegten Verfahrensdokumentationen mehr – das System dokumentiert alle die Software, die Komponenten, die Einrichtung und die Nutzung automatisch selbst. Alle im System verfügbaren Daten sind damit aktuell, vollständig und ohne manuelle Interaktion verfügbar und können in vorgefertigen Templates auch zur Erzeugung herkömmlicher Verfahrensdokumentationen repräsentiert werden. Eigentlich müsste die Selbstdokumentation und die automatisierte Verfahrensdokumentation heute schon mit jedem Dokumenten-, Archiv- und Records-Manage-ment-System mitgeliefert werden um die Compliance-Anforderungen zu erfüllen.
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Auswertbare Audit-Trails 
Audit-Trails sind zu schade für Datengräber, sondern sie sind Informationsquellen zur Nachvollziehbarkeit. Pr
otokolle, Logs, Journale usw. können mit modernen Auswertungs-, Business-Intelligence- und Klassifikationswerkzeugen als Wissens- und Nachweisquelle ausgewertet werden. Hieraus lassen sich dann auch wieder Dokumente automatisiert generieren, die zur Dokumentation von Ein- und Ausgängen, von Kontext und Nutzung, von Änderung und Löschung selbst wieder als Dokumente archivierbar sind. Mit geeigneten Find- und Auswertungswerkzeuge können so die Audit-Trails als Nachweise der Einhaltung von Compliance-Vorgaben ohne zusätzlichen Aufwand nutzbar gemacht werden.
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Transparente Integration in Office-, ERP- und andere Anwendungen 
Die effiziente Verwaltung beginnt bereits  bei der En
tstehung von Informationsobjekten, nicht erst, wenn sie in die Archive gelangen. Bereits beim Eingang und bei der Erzeugung von Informationen muss das Informationsmanagement zur Vorbereitung der Verwaltung mit Dokumentenmanagement-, Archiv- und Records-Manage-ment-Lösungen greifen.  Ziel ist einfache Integration in ständig genutzte Arbeitsumgebungen mit Reduzierung des manuellen Aufwandes durch Auswertung der Informationsobjekte selbst sowie der Umgebung in der sie sich befinden. Daher müssten eigentlich alle Anwendungen mit Funktionen enabled werden, die die spätere Nutzbarkeit der Informationsobjekte sicherstellen und diese auf die Verwaltung in Archivierungs, Dokumenten- und Records-Management-Lösungen vorbereiten.
Als Fazit könnte man sagen, dass es darum geht,  Information unabhängig machen - vom ursprünglichen Erzeuger oder der erzeugenden Anwendung, vom Ort der Nutzung, vom Zeitpunkt der Nutzung, von der Qualifikation des Nutzers und vom ursprünglichen Zweck. Das Informationsmanagement wird informationszentrisch. Denn Information hat nur dann einen eigenständigen, inhärenten Wert, wenn sie in Geschäftsprozessen als Wissen nutzbar gemacht wird! (Kff)
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