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Der DMS-Markt im Wandel der Zeit: Tendenzen und Auswirkungen
 
Keynote-Vortrag von Dr. Ulrich Kampffmeyer, Mitglied des Vorstands und des Executive Committee der AIIM Europe, auf dem DOMEA Anwenderforum in Bonn am 11.11.1999.  Teil 2 (der erste Teil des Vortrages erschien im Newsletter 19991217Newsletter 19991217)
Konsolidierung des Markts
Bei der Konsolidierung des Marktes spielen Partnerschaften und Mergers&Acquisitions die größte Rolle. Ein wichtiger Konzentrationsfaktor in Deutschland sind die in den letzten Jahren gegründeten Aktiengesellschaften. Mit dem Kapital wurden nicht nur Unternehmen, sondern auch neue Produktideen, vorhandene Märkte und – derzeit im Markt besonders rar – geschultes Personal übernommen.
Zu viele Anbieter, zu wenig Marktdurchdringung 
Der Markt für Dokumenten-Management-Lösungen hat sich in den letzten Jahren im Vergleich mit der allgemeinen IT- und Telekommunikations-Industrie eher zögerlich entwickelt – auch wenn viele Anbieter nach den mühsamen Anfängen die Entwicklung der letzten drei Jahre als „stürmisch“ empfunden haben. Die Argumente der Anwender waren häufig gleich – zu teuer, zu aufwendig, zu viele Risiken bei der organisatorischen Einführung, geringer rechenbarer Nutzen usw. Dies gipfelte in einem Akquisegespräch in der markanten Aussage eines größeren Mittelständlers: „ ... durch den ganzen Dokumentenkrams bekomme ich nicht einen einzigen Kunden mehr, und dafür soll ich meinen ganzen Laden umkrempeln, ne ...“.
Eine Marktsättigung ist noch lange nicht erreicht. Während die Wachstumsrate des europäischen Marktes (1998-2003) genau wie in den USA um 23 % erwartet wird, steigen die Ergebnisse in diesem Marktsektor weltweit um 26 %. Denn der Marktzuwachs im Asien/Pazifik-Bereich wird auf mehr als das doppelte prognostiziert (51 %). Obwohl der DM-Markt in Deutschland mit 774 Millionen US Dollar Umsätze in 1999 der zweitgrößte in Europa ist, bleibt England mit 1 963 Millionen US Dollar (1999) deutlich dominierend. Die Rolle Englands in Europa wird durch den hohen Anteil amerikanischer Lieferanten verstärkt, die in England einen offenen und leichter zugänglichen Markt sehen.
Diese Umsätze konzentrieren sich auf eine relativ kleine Gruppe von führenden Anbietern und ein großes Feld von kleineren Firmen. Nur die wenigsten Anbieter können allein von Dokumenten-Management-Softwarelizenzen leben. Ein Großteil der Umsätze wird weiterhin durch das Projektgeschäft realisiert. Für das reine Produktgeschäft benötigt man qualitätsgesicherte Standardkomponenten und effiziente Tools, damit die Lösungen über Partner- und Distributionsnetzwerke verbreitet werden können. Den hierfür notwendigen Aufwand können sich immer weniger der kleineren und mittelgroßen DMS-Anbieter leisten. Bis zum Ende dieses Jahrtausends gilt hier immer noch mein Merksatz aus dem Jahr 1996 (IMC Executive Summit, Cannes, Keynote-Vortrag „Trends in Document Management“): „... those vendors, who will have less than 2000 productive networking installations in the year 2000, will have no chance to survive“ (wer im Jahr 2000 nicht wenigstens 2000 Netzwerkinstallationen im Felde hat, wird nicht überleben). Stark betroffen werden sogenannte „One-Product-Companies“ sein, die nur ein Produkt anbieten oder nur in einem Marktsektor tätig sind. Dies gilt besonders für Workflow- und klassische Dokumenten-Management-Programme. Die Funktionalität wird, wie bereits erläutert, zunehmend von anderen Produkten großer Softwareanbieter absorbiert. Der Bereich elektronische Archivierung wird auf Grund seiner speziellen Problemstellungen größere Chancen haben, obwohl auch hier durch die Bereitstellung von Internet-Storage-Repositories zunehmend Druck entsteht. Ein größerer Teil des Marktwachstums wird von Unternehmen abgeschöpft werden, die man nicht zum Umfeld der Dokumenten-Management-Branche rechnen kann. Vergleicht man die positiven Wachstumszahlen der Marktforscher mit den Lösungen, die tatsächlich im Markt installiert sind, ergibt sich ein anderes Bild. Viele der Lösungen sind lediglich kleinere Installationen, die abteilungsorientiert eingerichtet wurden. In vielen Unternehmen finden sich unterschiedlichste „Insel“-Lösungen. Aus diesem Grund sind z. B. die TOP-500-Unternehmen auf mehr als nur einer Referenzenliste zu finden. Viele der frühen Installationen, die in Artikeln und auf Kongressen als Musterbeispiele dargestellt worden sind, wurden in der Zwischenzeit sogar abgebaut. Andere frühe Anwender haben häufig bei der ersten Migration – meistens weil dies nur ungenügend eingeplant worden war – den Anbieter oder das Produkt gewechselt. Noch immer behindern vermeintliche und reale rechtliche Unsicherheiten den Einsatz von Dokumenten-Management-Lösungen. Auch wird die Branche ständig von anderen Trends überholt – Unified Messaging, Internet, E-Commerce, Enterprise Portals – um nur einige zu nennen. Es hilft auch relativ wenig, auf herkömmliche Dokumenten-Management-Lösungen das schöne neue „Label“ Knowledge Management zu kleben, da diese Disziplin auch von zahlreichen anderen großen Softwareanbieter von außerhalb der traditionellen DMS-Branche besetzt wird. Es bleibt damit den DMS-Anbietern nur die Möglichkeit, mit innovativen Produkten zügig den Markt aufzurollen – oder sich kaufen zu lassen.
Mergers&Acquisitions
Es vergeht fast keine Woche, ohne daß eine neue Übernahme, Beteiligung oder Verschmelzung von Unternehmen der DMS-Branche in der Presse veröffentlicht wird. Ursprünglich waren es Unternehmen aus den USA, die in Deutschland kleinere Produktanbieter oder Systemintegratoren übernahmen, um sich eine Startplattform ohne aufwendige Gründung einer eigenen Niederlassung zu schaffen. Heute sind es meistens die in den letzten zwei Jahren gegründeten AG`s, die die Mergers&Acqui-sitions-Landschaft dominieren.
Es gibt sehr unterschiedliche Gründe für die Übernahmen. Zu den auffälligsten und häufigsten gehören:
   
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Einkauf neuer, innovativer Technologien.  
Hierbei werden vorrangig kleinere Startup-Firmen mit innovativen Ansätzen aufgekauft, die meistens nicht aus eigener Kraft die Chance haben, ihre Innovationen erfolgreich im Markt zu positionieren. Ziele sind die Ergänzung des vorhandenen Produktportfolios, die Schaffung neuer Produkte, Generierung neuer Alleinstellungsmerkmale (USP`s Unique Selling Points) oder die Expansion in neue Märkte.
   
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Vergrößerung des Marktanteils.  
Ein Ziel des Erwerbs von Wettbewerbsfirmen ist die Übernahme von bereits vorhandenen Kunden, deren Wartungsverträge ein nicht unbeträchtliches Potential darstellen, die das Entree in eine neue Branche ermöglichen oder mit der Migration der Altsysteme durch das Produkt des aufkaufenden Unternehmens bedient werden können. Durch die Übernahme von direkten Wettbewerbern in bestimmten Produktkategorien oder Märkten, kann sehr schnell die Durchdringung des Marktsegmentes und die kostengünstigere Multiplikation von Lösungen erreicht werden. Sie ist, in den gemeinsam mit dem Wettbewerber bedienten Märkten kurzfristig die Führerschaft zu übernehmen oder den Marktanteil zu vergrößern.
   
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Eintritt in internationale Märkte.  
Die Übernahme von ausländischen Wettbewerbern bietet eine Vielzahl von Vorteilen. Ziele sind die Gewinnung von Marktanteilen im Ausland, Übernahme vorhandenen Personals und einer bereits bestehenden, eingeführten Organisationsstruktur sowie die vereinfachte Lokalisierung der Produkte für einen nationalen oder regionalen Markt.
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Gewinnung qualifizierten Personals. 
Im aufstrebenden Dokumenten-Management-Markt sind derzeit kaum qualifizierte und mit der speziellen Materie vertraute Mitarbeiter für Vertrieb, Anwendungsprogrammierung und Systemberatung zu finden. Ziel von Übernahmen ist daher auch die schnelle Gewinnung von personellen Ressourcen.
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Erreichung einer kritischen Größe. 
Um im Rennen für Marktanteile und Marktdurchdringung mithalten zu können, ist eine kritische Größe zu erreichen. Diese ist im wesentlichen durch die Anzahl der Systementwickler, des Supports, die Anzahl der Geschäftsstellen, eine großräumige regionale Marktabdeckung und Kundenbasis definiert. Nicht zu unterschätzen ist bei der Akquise der psychologische Aspekt einer größeren Sicherheit durch ein großes, bekanntes und anerkanntes Unternehmen.
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Verbesserung des Ansehens. 
Besonders die Börsengänger müssen ihre Investoren und Akteninhaber regelmäßig mit positiven Wachstumszahlen bedienen. Hierzu sind Übernahmen und Kooperationen ein einfaches, Publicity-wirksames Mittel. Ziel ist dabei, möglichst schnell die Kapitalisierung umzusetzen und entsprechend den vorgegebenen Marktwachstumszahlen der Analysten zu wachsen.
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Ergänzung des Produktportfolios. 
Zahlreiche Übernahmen finden statt, um Komplementärprodukte zu übernehmen. Hierbei steht im Vordergrund, eigene Ressourcen und Entwicklungskosten zu sparen. Ziel ist die Abrundung der Produktpalette, um mit einem möglichst vollständigen Leistungsangebot im DRT-Markt auftreten zu können.
In der Regel werden Mergers&Acquisitions durch mehrere dieser Ziele bestimmt. Risiken sind dabei die Unterschätzung der Differenzen unterschiedlicher Firmenkulturen, Fehleinschätzungen des Wertes der Firmen, Produkte oder Marktsegmente oder der Weggang wichtiger Mitarbeiter, die das „Human Capital“ des Unternehmens darstellen.
Vom Produktanbieter zum Systemintegrator
Partnerkonzepte und Realisierungspartnerschaften kennzeichnen den derzeitigen DMS-Markt in Deutschland. Da verschiedenste Komponenten und Technologien für unternehmensweite Lösungen integriert werden müssen, sind zahlreiche Partnerschaften und Kooperationen entstanden.  Zahlreiche Anbieter, die sich früher eine eigene Produktentwicklung geleistet haben, sind inzwischen in das Lager der Systemintegratoren gewechselt. Das eigene Produkt wurde verkauft oder eingestellt. Zwei wesentliche Strategien lassen sich hier feststellen:
   
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Größere Integratoren übernehmen Standardprodukte vom Markt als sogenannte OEM-Version. D.h., die Software wird unter dem eigenen Markennamen verkauft, ohne daß der Originalhersteller sofort ersichtlich wird. Häufig wird hierzu sogar das vorhandene Markenzeichen der ursprünglichen, eigenen Softwareentwicklung genutzt, ohne daß es keine Kompatibilität, Interoperabilität oder Migrationsmöglichkeit gibt.
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Mittlere und kleinere Integratoren setzen dagegen auf den Markennamen des Softwareherstellers und fungieren als deren Projektrealisierer. Dies ist besonders bei der Integration und kundenspezifischen Anpassung auf Basis von Produkten mit den „großen Markennamen“ zu beobachten.
Der entscheidende Erfolgsfaktor für expandierende Produktanbieter ist heute die Partnerschaft mit möglichst vielen qualifizierten Vertriebs- und Realisierungspartner im In- und Ausland. Nur mit Partnern läßt sich einerseits eine eigene Produktentwicklung finanzieren und andererseits ein schnell ausreichender Anteil am Markt erreichen.
Nutzen oder Risiko für den Anwender? 
Mergers&Acquisitions sind für Anwender ein „zweischneidiges Schwert“:
   
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Einerseits sichern Übernahmen nicht das Überleben des übernommenen Produktes, da es häufig die Strategie des Akquisiteurs ist, das eigene Produkt durchzusetzen. Dies kann für den Endanwender mit einer vorhandenen Lösung bittere Folgen haben. Das eingesetzte Produkt wird nicht weiterentwickelt, die Wartungskosten steigen, Pflege-KnowHow geht verloren oder kostenträchtige Migrationen auf das neue Produkt sind erforderlich.
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Andererseits kann aber eine Übernahme auch eine Investitionssicherung darstellen. Das übernommene Produkt eines kleineren Anbieters hat größere Überlebenschancen, wird um andere Funktionen und Module des Akquisiteurs ergänzt und erreicht eine höhere Marktverbreitung.
Entscheidend ist, ob das akquirierende Unternehmen ein großes Interesse am Produkt hat, und nicht etwa nur Marktanteile und Personal oder gar die Bereinigung zu Gunsten eines eigenen Produktes plant. Für den Anwender bringt die Konsolidierung im Markt besonders bei der Langzeitarchivierung besondere Probleme mit sich. Die Sicherstellung der Aufbewahrungsfristen von sieben, zehn oder dreißig Jahren und die ständige Verfügbarkeit  von Unternehmensinformationen machen den Auswahlprozess sehr schwierig. Die Fragen, welche Produkte, welche Standards und welche Unternehmen die stürmische Entwicklung überleben werden, stellen sich nicht nur bei der Neuanschaffung. Zahlreiche Anwender sehen sich heute schon vor den ersten Migrationsproblemen – Systeme sind nicht mehr verfügbar, müssen abgelöst, mit anderen kombiniert oder auf neue Plattformen umgestellt werden.
DRT Document Related Technologies
In den achtziger Jahren bildete sich das heraus, was wir heute als die Dokumenten-Management-Branche kennen. Wir müssen uns damit abfinden, daß Dokumenten-Management-Technologien und -Funktionalitäten Bestandteil der allgemeinen IT geworden sind. Fast alle Anwendungen erzeugen, verarbeiten, verteilen, verwalten und speichern heute Dokumente. Hierdurch ergibt sich ein wesentlich breiteres Anwendungsspektrum, das man für DRT Document Related Technologies definieren kann.
Der Paradigmenwechsel findet statt
Besonders das Internet und damit verbunden neue Ansätze der Informationstechnologie, Systemarchitekturen und Demokratisierung der Informationsverfügbarkeit krempeln derzeit den Dokumenten-Management-Markt um. Die  Integration von Dokumenten-Management-Funktionen in Betriebs-systeme, kommerzielle Anwendungssoftware und Toolboxen stellen die Doku-menten--Management-Hersteller heute vor schwerwiegende Entscheidungen, die über das Überleben von Produkten, Firmen und einer eigenständigen Doku-menten-Management-Branche bestimmen. Einerseits haben die Dokumenten-Management-Produkte die Stufe der Reife und Maturität erreicht - andererseits werden sie von neuen Trends und Entwicklungen in ihrer eigenständigen Daseins-berechtigung bedroht. Anlaß genug, von einem Paradigmenwechsel zu sprechen. Dieser im vergangenen Jahr von mir postulierte Paradigmenwechsel betrifft nicht nur Convergence of Technologies, Mergers&Acquisitions, neue Funktionalität und Systemansätze, sondern auch das Selbstverständnis der Branche.
Knowledge Management als neues Paradigma versus DRT 
Hier sind derzeit zwei Strömungen im Markt festzustellen – einmal die Überführung des alten Paradigmas Dokumenten-Management in Knowledge Management, um das Weiterbestehen als eigene Disziplin zu sichern, andererseits die Einsicht, das Dokumenten-Management Basistechnologie geworden ist und als DRT Document Related Technologies Bestandteil anderer Anwendungen wird.
Knowledge Management ist das neue „Buzz-Word“ der Branche – vielfach noch zwischen Vision und Marketingversprechen angesiedelt. Der Begriff wird von vielen Anbietern benutzt, ohne daß sich dahinter Lösungen verbergen, die dem Anspruch an die Erschließung von Wissen gerecht werden. Knowledge Management wird vielfach als die Klammer betrachtet, über die die herkömmlichen DMS- und die neuartigen Technologien verbunden werden. Eine wesentliche Komponente wird dabei die intelligente Informationserschließung sein. Knowledge Management wird derzeit noch zu technisch betrachtet, die organisatorische Komponente wird häufig bei der Einführung von Knowledge-Management-Lösungen unterschätzt. Die Verfahren Wissen zu gewinnen, zu erschließen und bereitzustellen, benötigen die Mitwirkung und die Akzeptanz des Anwenders.
Der Begriff Knowledge Management wird von zahlreichen Anbietern inzwischen besetzt. Dies sind nicht nur ehemalige Dokumenten-Management-Anbieter. Der Markt wird hier durch die großen Softwareanbieter wie Microsoft und Lotus dominiert sowie Internet-orientierte Firmen, die mit Enterprise-Portal-Lösungen auch in dieses Marktsegment drängen. Es ist daher fraglich, ob die bisherigen Dokumenten-Management-Anbieter hier eine ausreichend große Marktlücke finden können.
 DRT - die neue Dimension
Was verbirgt sich hinter DRT ?
DRT Document Related Technologies bedeutet nichts anderes, daß bisherige und erweiterte Dokumenten-Management-Funktionen im weitesten Sinne für andere Anwendungen bereitgestellt und in diese direkt integriert werden. Hierdurch ist der Markt für DRT vom Volumen und von der Verbreitung zukünftig wesentlich größer als der bisher eng umrissene Dokumenten-Management-Markt.
Der Begriff DRT umfaßt heute bereits Gebiete und Lösungen wie 
   
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Internet, Intranet & Extranet
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Document, Workflow & Knowledge Management
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E-Commerce & Digital Signatures
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Document Input, Distribution & Storage
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OCR, ICR & Pattern Recognition
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Databases, DataWarehouses & Retrieval Engines
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Imaging & Multimedia
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Archival & Records Management
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Secure Communication & Unified Messaging
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Groupware & Office Solutions
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Forms & Output Management
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Middleware & Componentware
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Content Management & Content Distribution
DRT gehört in jede Art von Anwendung und bisher als eigene Lösung vertriebene Produkte werden “im Bauch” anderer Anwendungen verschwinden. Dokumenten-Management hat eigentlich hierdurch sein Ziel erreicht: es wird als DRT Allgemeingut und Bestandteil der Infrastruktur.
Der neue Dokument-Begriff
Eine der wichtigsten Grundlagen für die Veränderungen ist der neue Dokument-Begriff.
Der Begriff „Dokument“ besitzt in Europa eine andere Bedeutung als z. B. in den USA. Diese Unterschiede haben häufig zu Mißverständnissen und Verwirrungen beigetragen. In Deutschland z. B. haftet dem Begriff Dokument immer noch eine starke papiergebundene rechtliche Qualität an. Von Dokumenten spricht man in Zusammenhang mit Urkunden, Verträgen, Handelsbriefen. In den USA ist ein Dokument ein beliebiger Text, der in einem DV-System erzeugt wurde – dies zeigt z. B. auch die bekannte Dateiendung „DOC“. Heute können elektronische Dokumente fast beliebigen Inhalts sein:  Dateien, Faksimiles, Listen, digitalisierte Sprache, digitalisierte Videos, „eingefrorene Bildschirminhalte“, Protokolldaten und Kombinationen dieser Typen. Im Prinzip ist alles ein Dokument, was als Datei oder definiertem Bestandteil einer Datei in strukturierter oder unstrukturierter Form in einem DV-System vorliegt und zu einem bestimmten Zeitpunkt als eine authentische, inhaltlich und formal zusammengehörige Einheit betrachtet wird.
Durch die Möglichkeiten der Veränderung von Daten in EDV-Systemen ergeben sich an elektronische Dokumente hohe Anforderungen. Sie müssen genau den Zustand, die Zusammensetzung, die Form und den Inhalt wiedergeben, die sie zum Zeitpunkt ihrer intentionellen Erstellung hatten. Dynamische Links, automatische Updates in Dokumenten, Veränderungen der Zusammenhänge, Zusammensetzung von Dokumenten aus eigenständigen Komponenten, die Abhängigkeit von Formaten und Laufzeitumgebungen und andere Faktoren stellen damit besondere Anforderungen an ein System zur Verwaltung solcher Dokumente. Wichtig ist hierbei, daß Dokumente durch digitale Signaturen eine neue Rechtsqualität erhalten, die sie zukünftig den "Papier-originalen” gleichstellen werden. Die Verbreitung von elektronischen Dokumenten in allen Bereichen des Wirtschafts- und täglichen Lebens wird hierdurch stark gefördert. Die Handhabung von solchen Dokumenten wird zukünftig in jeder Softwareumgebung notwendig sein – nicht nur in spezialisierten Archiv-, klassischen Dokumenten-Management- oder Workflow-Systemen.
Ausblick
Egal welchen Ansatz man weiterverfolgt - Knowledge Management als neues Paradigma oder die DRT-Einsicht -, wichtig ist, daß der Einsatz dieser Technologien ganzheitlich betrachtet werden muß:
   
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mit einer strategischen Komponente,
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einer organisatorischen Komponente und auch
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mit einer menschlichen Komponente.
DRT wird sich in ein paar Jahren auf jedem PC und auf jedem digitalen Fernseher wiederfinden. Wir müssen uns darauf vorbereiten, auch außerhalb der bisher nur am professionellen Benutzer in einer Büroumgebung mit diesen Technologien umzugehen. Der Anwenderkreis wird sich kurzfristig auf semi-professionelle und private Nutzer ausweiten.
Die Auswahlkriterien haben sich geändert
Die Veränderungen im Markt machen es dem potentiellen Anwender nicht einfacher, eine geeignete Lösung zu finden. Die Begriffsvielfalt, der Überschwang an Funktionalität, die Wahl zwischen einer reinen DMS-Lösung oder einer Fachwendung mit DRT wird immer schwieriger. Herkömmliche Produktauswahlverfahren helfen hier nicht mehr weiter. Jeder Anbieter kann heute bei fast jeder funktionellen Frage sein „Ja-Kreuz“ machen. Konkrete Aufgabenstellungen und detaillierte Fachkonzepte sind gefordert, um die richtige Lösung zu finden. Auf der anderen Seite hilft dieses Verfahren auch dem Anwender, sich konkret über seinen Bedarf und seine Anforderungen klarzuwerden. Durch die umfassende Darstellung des fachlichen Einsatzgebietes werden auch die Projektdurchführung und die Prüfung des vom Anbieter abgelieferten Ergebnisses erheblich erleichtert. Die Projektarbeit beginnt hierdurch wesentlich früher als bisher. Wurden in der Vergangenheit zwar erhebliche Aufwände in die Produktauswahl investiert, so konzentrierte sich die Hauptarbeit jedoch auf die Realisierungsphase zusammen mit dem Anbieter. Inzwischen ist die Design- und Konzeptphase die wichtigste geworden. Dies trägt auch dem Ansatz der Anwender Rechnung, möglichst wenig individuelle Programmierung notwendig zu machen und weitmöglichst auf Standardkomponenten und Standardfunktionalität aufzusetzen.
Markt und Produkte sind matur
Die Veränderungen im Markt, Mergers&Acquisitions und die Kurzlebigkeit von Software-Releases haben erheblich zu einer Verunsicherung der Anwender beigetragen. Der potentielle Anwender ist sich inzwischen klar geworden, daß die organisatorische Komponente wichtiger als die Technologie ist. Unter Berücksichtigung des zu betreibenden Aufwands wurden daher häufig die Investitionen in Lösungen zurückgestellt. Bei einer realistischen Projektplanung und einem geordneten Vorgehen ist dies jedoch nicht mehr zeitgemäß. Die Produkte sind ausgereift und bei den großen Anbietern in Tausenden von Lösungen im Einsatz. Der qualitative Nutzen ist unumstritten. Es gibt inzwischen Branchen, in denen die Unternehmen ohne den Einsatz von DRT nicht mehr effizient arbeiten können oder nicht mehr wettbewerbsfähig sind. DRT sind die Voraussetzung für neue kundenorientierte Dienstleistungen, die Verbesserung der Betriebsorganisation und die effiziente Handhabung des immer größer werdenden Informationsberges. Der DRT-Branche obliegt es,  durch vertrauensbildende Maßnahmen die Verunsicherung zu überwinden und die Notwendigkeit des Einsatzes von Dokumenten-Management, Knowledge Management und DRT einfach, verständlich und nachvollziehbar zu vermitteln.
Die organisatorische Herausforderung
bleibt weiterhin bestehen
Auch wenn die Technologie heute kostengünstig und ausgereift verfügbar ist, bleibt die organisatorische Herausforderung bestehen. Die Einführung von elektronischem Dokumenten-Management verändert Arbeitsweisen, Abläufe, Organisationsstrukturen und die Interaktion der Mitarbeiter. Hier sind begründete und unbegründete Ängste zu überwinden, durch Qualifizierung und „sanfte Einführung“ vorhandene menschliche Ressourcen zu sichern und einen Ausgleich zwischen den wirtschaftlichen Zielen des Unternehmens und der gewachsenen Unternehmenskultur zu finden. Technologie ist nur dann sinnvoll, erfolgreich und effizient einführbar, wenn den organisatorischen Herausforderungen Rechnung getragen wird.
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