Artikel von Dr. Rainer Kossow, PMP, CDIA+, Senior-Berater bei PROJECT CONSULT, E-Mail: Rainer.Kossow@PROJECT-CONSULT.com.
Um bei der Auswahl von IT-Systemen nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen ist es wichtig die Total Cost of Ownership (TCO) im Blick zu haben. Unter TCO versteht man eine Gesamtkostenrechnung für eine technische Einrichtung unter Berücksichtigung aller direkten und indirekten Kosten über die Nutzungszeit. Mit den richtigen Maßnahmen können Sie die TCO signifikant senken. In diesem Artikel erfahren Sie die wichtigsten Aspekte der TCO, um sie dann in Ihrer Unternehmenspraxis anzuwenden.
Die Gartner Group gilt als Erfinderin der "Total Costs of Ownership" im Jahre 1987. Sie wollte die Kosten für einen Arbeitsplatzrechner mit denen einer Terminal-basierten Lösung vergleichen. Neben den Kosten für die Anschaffung von Hard- und Software versuchte Gartner, mit seinem TCO-Modell alle Unterhaltungskosten (Support, Schulung etc.) zu erfassen, die beim Lebenszyklus eines PC in einer Firma anfallen. Nach der Einführung von Gartners TCO-Modell kamen zahlreiche konkurrierende Modelle auf den Markt, etwa RCO (Real Costs of Ownership) von der Meta Group. Somit existieren für die Berechnung der TCO viele unterschiedliche Konzepte. Ein Benchmark anhand der TCO kann aber immer nur auf Grundlage eines einheitlichen Berechnungsverfahrens möglich sein. Die Methodik der Berechnung beruht meist auf der Eingabe wesentlicher Parameter einer IT-Organisation innerhalb bestimmter Software-Tools, welche mittlerweile von vielen Beratungsunternehmen sowie von Gartner selbst, angeboten werden. Somit ist der Vergleich von TCO ohne Angabe der Berechnungsmethode schwierig. Auch für historische Betrachtungen zur Beurteilung der TCO-Verbesserung sollte immer das gleiche Verfahren abgewendet werden.
Die TCO Verfahren unterscheiden „Direkte-“ und „Indirekte Kosten“.
Beispiele für die einfach zu budgetierenden „Direkte Kosten“ sind:
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| o | Anschaffungskosten für Hard- und Software (Abschreibungen oder Leasingraten), |
| o | Kosten aus Wartungsverträgen mit Herstellern oder Dienstleistern und Kosten für IT-Infrastruktur (Netzwerke, Server) |
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| o | alle Prozesse aus dem Bereich Administration und Support |
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| o | Verwaltungsaufwand (z.B. Asset-Management, Ausarbeitung von Verträgen, Budgetplanung), |
| o | Koordination von Trainingsmaßnahmen für IT-Personal sowie Endanwender |
Beispiele für die schwer zu erfassenden „Indirekte Kosten“ sind:
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| · | Unterstützung anderer unbedarfter Anwender im Kollegenkreis ohne Benutzung des offiziellen Help Desks |
| · | Selbsthilfe und Gelegenheitstraining |
| · | Trainingsmaßnahmen zur Schulung des Endanwenders in einer bestimmten Applikation |
| · | Datenmanagement, sowie Konfiguration des Desktops |
| · | Entwicklung von eigenen Applikationen (beispielsweise Lotus Notes Datenbanken und Excel-Tabellen etc.) |
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| · | Nicht-Verfügbarkeit des betrachteten Systems (Personalkosten bzw. incl. Kosten für entgangene Geschäftstätigkeiten (Opportunitätskosten)) |
Unternehmen können ihre Kosten für den Support der eingesetzten IT-Lösungen signifikant reduzieren, wenn sie ihre Konfigurationen standardisieren. Eine weltweite Studie des IT-Dienstleisters Wipro spricht sogar von 55% Reduktion im Desktop Bereich.
Eine Firma mit 40 unterschiedlichen Hardware-Konfigurationen benötigt z.B. für ein kleineres Software-Update dreimal so lange wie eine Firma mit zehn Konfigurationen. Bei regelmäßigen Updates kann im Extremfall allein dadurch der Betrieb der Applikationen zum Flaschenhals in den IT-Abteilungen werden.
Sobald die Anzahl von unterschiedlichen Hardware-Konfigurationen steigt, können sich neben den Ausfallraten für wichtige Applikationen auch die Kosten für die Wartung von Desktops mehr als verdoppeln. Es ist schon ein großer Unterschied, ob pro Jahr 250 oder 500 Euro für die Wartung der Anwender PCs ausgegeben wird und es lohnt sich, regelmäßig zu überprüfen, ob heterogene Konfigurationen und in die Jahre gekommene Desktops noch wirtschaftlich sind. Als Faustregel kann gelten, dass die Wartung für PCs, die älter als 3 Jahre sind die Anschaffungspreise für neue aktuelle Modell übersteigt.
Die Hauptkomponenten der Kostensteigerung bei unterschiedlichen Konfigurationen liegen in den Bereichen
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| · | Garantie |
| · | Help Desk |
| · | Probleme im Bereich von kleineren Updates |
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| · | Probleme im Bereich von großen Updates |
Softwareupdates werden regelmäßig durchgeführt (Betriebssysteme z.B. alle 2-3 Jahre). Allerdings erfolgt die Installation in vielen Fällen auf der alten Hardware. Damit können die TCO unter Umständen so stark ansteigen, dass besser aktuelle Hardware gekauft worden wäre, die weniger Folgekosten verursacht.
Standardisierung ist ein probates Mittel zur Reduzierung der TCO. Nahezu alle Bereiche einer IT-Umgebung können Gegenstand einer Konsolidierung sein: Server, Netzwerk, Storage, Clients, Accounts, Prozesse und das IT-Management.
Als Spezialfall der Server-Konsolidierung nimmt die Server-Virtualisierung heute eine besondere Stellung ein. Waren früher oft zahlreiche Server mit einzelnen Applikationen notwendig, so können heute bei der Virtualisierung unterschiedliche Serversysteme auf einem einzelnen Hardware-Server zusammengefasst werden. Als ein führender Vertreter dieser Lösungen sei hier der Anbieter VMware genannt.
Bei auf den ersten Blick preiswerten Lösungen können neue Kostenaspekte hinzukommen. So sollte z.B. bei der Einführung von OpenSource Produkten neben den rein operativen Kosten auch die juristischen und politischen Faktoren (z.B. wegen Patentrechtsverletzungen) in der TCO-Berechnung berücksichtigen werden.
Die Kosteneinsparungen werden nur dann sichtbar, wenn in der TCO-Analyse mehrere Szenarien verglichen werden. Wird die Analyse zur Entscheidungsfindung herangezogen, nimmt man in der Regel an, dass der Nutzen der verschiedenen Alternativen mehr oder weniger der gleiche ist, sich die Alternativen aber auf der Kostenseite unterscheiden.
Zusammenfassung:
TCO ist ein anerkanntes Abrechnungsverfahren um Verbrauchern und Unternehmen dabei zu helfen, alle anfallenden Kosten von Investitionsgütern (insbesondere in der IT) wie beispielsweise Software und Hardware abzuschätzen. Dabei werden nicht nur die Anschaffungskosten berücksichtigt, sondern alle Aspekte der späteren Nutzung (Energiekosten, Reparatur und Wartung) der betreffenden Komponenten. Somit können bekannte Kostentreiber oder auch versteckte Kosten möglicherweise bereits im Vorfeld einer Investitionsentscheidung identifiziert werden.
Problematisch ist, dass verschiedene TCO Berechnungsmodelle nicht unmittelbar vergleichbar sind und Benchmarks sich auf das gleiche Verfahren beziehen sollten.
Das größte Defizit bringt das TCO-Modell aber mit sich, indem es keinerlei Ansätze liefert, inwiefern eine Verbesserung der TCO, vor allem im Bereich der indirekten Kosten, tatsächlich erfolgswirksam für das Unternehmen sein kann
Für Interessierte ist zur Berechnung des TCO ist unter www.tcotool.org eine Open Source Software verfügbar. (RKo)