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Document Related Technologies - Trends 2007
Seit 1999 schreiben wir jeweils zur DMS EXPO unter diesem Titel zu den aktuellen und zukünftigen Trends (http://www.project-consult.net/portal.asp?UR=24). Ein Blick in die älteren Versionen der Trendartikel zeigt, dass vieles nur Neu-Etikettierung war, dass Anbieter und Anwender angesichts ständig neuer Akronyme weiterhin aneinander vorbeireden, dass so richtig Neues nur selten kam. Aber für eine Geschichte der Trends ist es noch zu früh – die folgt erst im Jahr 2009. Die diesjährige Trendbeschau beschränkt sich auf wenige wichtige Haupttrends, in die zahlreiche andere Strömungen münden.
   
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Informationsmanagement 
Enterprise Content Management geht auf im allgemeinen Informationsmanagement. Die Grenzen verwischen immer mehr. Zunehmend wird die ECM-Funktionalität in andere Produkte direkt integriert. ECM überlappt sich immer mehr mit angrenzenden Bereichen der ITK. Immer mehr Anbieter drängen aus angrenzenden Anwendungsgebieten in den ECM-Markt. Das Profil von ECM wird von Jahr zu Jahr verschwommener und ist immer weniger geeignet damit eine Gruppe von Produkten oder Anbietern zu identifizieren.  DRT Document Related Technologies wird dagegen überleben, weil es immer Technologien geben wird, die sich speziell mit den Anforderungen elektronischer Dokumente beschäftigen müssen.
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Konsolidierung
Ja, es gibt immer wieder neue Anbieter, die es mit neuen Produktideen oder in Nischen von ECM versuchen. Den Mainstream haben aber bereits die großen Standardsoftwareanbieter übernommen. Man darf außerdem nicht den Effekt übersehen, dass durch die ständige Weiterentwicklung der und die Übernahmen von  Produkten die Meßlatte für neue Anbieter immer wieder höher gelegt wurde. Man muss schon etwas Besonderes bieten oder bestimmte Branchenanforderungen bedienen, um als Neuankömmling in der ECM-Branche Fuß fassen zu können. Und es gibt noch eine zweite Form der Konsolidierung – nicht die des Marktes, sondern die der Lösungen bei den Anwendern. Hier gilt es besonders in größeren Unternehmen und Unternehmensgruppen den Wildwuchs der vergangenen Jahre auf einheitliche Plattformen zurückzuführen.
   
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2.0
Ich kann es selbst nicht mehr hören, dieses 2.0.  Aber mit Web 2.0 kamen viele neue Ansätze auch in den ECM-Markt. Neue Funktionalität wie RSS, Wikis, Blogs, Mash-ups, Instant Messaging, Bewegtbild, Communities, Bookmarking, Tagging, Folksonomy, Foren usw.,  die die bestehende ECM-Funktionalität ergänzt und ECM und WCM einander nähr bringt. Aber auch neue Nutzungsmodelle und Anwenderoberflächen. Das wichtigste aber ist das Anwenderverhalten. Durch eine erhöhte Bereitschaft Information Systemen anzuvertrauen, rücken auch manche gescheiterte Visionen des Wissensmanagements wieder in greifbare Nähe.
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Marktauftrennung 
Der Markt wurde neu definiert. Auf der einen Seite dominieren Unternehmen wie Microsoft mit MOSS den Massenmarkt, auf der anderen Seite übernehmen ERP-, CRM-, SCM- und Fachanwendungsanbieter immer mehr Funktionalität, während sich die großen Anbieter mit kompletten ECM-Suiten absetzen.  Für die gewachsene Gemeinschaft der übrigen ECM-Anbieter bleibt nur die Konzentration auf bestimmte Branchen, spezielle dokumentenlastige Prozesse, bestimmte Dienste und Komponenten oder Nischen, die die Großen nicht bedienen. Eine Vergleichbarkeit ist im ECM-Markt nicht mehr gegeben.
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Dienste
SOA Serviceorientierte Architekturen haben massive Auswirkungen auf das ECM-Angebot. Das Dienstekonzept hilft einerseits den Anbietern die Fertigungstiefe zu verringern und erleichtert die Integration von ECM-Komponenten. Um SOA-Konzepte umsetzen zu können, müssen die Anwender zumeist neue Lizenzen oder Updates kaufen. Ob sich SOA positiv bei den Anwendern auswirkt muss sich noch zeigen – besonders beim Betrieb, bei der Administration der „Orchestrierung“, bei der Performance und bei der Transaktionssicherheit zwischen den Diensten.
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Records-Management 
Bedingt durch den Compliance-Druck und immer neue Angleichungen der Rechtssituation wird Records Management zu einem wichtigen Trendthema. Auch wenn der Begriff heute in Deutschland noch nicht sehr bekannt ist, schwappt die Welle  getrieben von den internationalen Anbietern auf Deutschland über. Records Management wird die herkömmliche elektronische Archivierung ergänzen, konzeptionell mit der Trennung von Archivspeichern und Verwaltung der Records auch ablösen.
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Speichersubsysteme 
Festplatten sind bei der elektronischen Archivierung durch ihre einfache Integration in bestehende NAS- und SAN-Umgebungen auf dem Vormarsch. Hinzu kommt die Performance und die Integration in Netzwerkmanagementsysteme. ILM Information Lifecycle Management kann auch in naher Zukunft nicht den Anspruch erfüllen, der sich aus der Definition ergibt, wird sich aber gegen herkömmliche Konzepte durchsetzen. Mit dem Speichersubsystem kommt auch zukünftig gleich das Archiv mit. Die Tage der Jukebox sind angesichts des Preisverfalls bei Festplatten gezählt. Optische Speicher und WORM-Magnet-bänder behalten  nur durch das Konzept, dass ein Speicher eines Typs nie ausreichend ist, eine gewisse Bedeutung. Der Super-USB-Stick der Zukunft mit 500 oder mehr Gigabyte ist für die sichere Aufbewahrung von Information keine Alternative.
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Absatzbewegung 
Kaum richtig als Bestandteil in das ECM-Konzept integriert, befinden sich einige der Hauptkom-ponenten bereits in einer Absatzbewegung.  „Capture“ ist inzwischen eine eigenständige Disziplin, die nicht nur ECM-Systeme und Archive füttert, sondern Daten an operative Systeme liefert. „Deliver“ – Outputmanagement – hatte sich immer nur an ECM angelehnt und besteht eigenständig weiter.  „Storage“ und „Preserve“ haben längst unter der Flagge ILM ein Eigenleben entwickelt. Allen drei gemeinsam ist, dass sie viele Komponenten wie Workflow oder Konverter einfach dem ECM entlehnt haben und in ihre Domäne mitnehmen.  Ein besonderer Fall ist Business Process Management. Die BPM-Community hat nie den Anspruch von ECM ernst genommen, dass BPM Bestandteil von ECM sein soll. ECM zerfleddert durch Absatzbewegung und Eindringen neuer funktionaler Komponenten.
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Enabling
ECM verschwindet immer mehr als Infrastruktur im Untergrund der IT-Systeme. Zukünftig bleiben von der Standardfunktionalität nur drei Knöpfe: „Speichern“, „Finden“ und „Visualisieren“. Durch Enabling wird diese Funktionalität in diejenigen Anwendungen integriert, mit denen der Anwender ständig oder meistens arbeitet – Office, Fachanwendungen, ERP, Portale. Übrig bleiben spezielle Anwendungsmodule wie Posteingangskorb, virtuelle Akte, Records Management und … da wird es schon schwierig.
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Schnittstellen
Ohne Schnittstellen zu Microsoft Exchange und MOSS sowie zu SAP via Archivlink oder WebDAV kommt heute kein ECM mehr aus. Wer in den CAD- oder den Gesundheits-Markt will, muss noch weitere Schnittstellen dazu packen. Der Mangel aber an standardisierten Schnittstellen bei anderen Standardsoftwareprodukten macht das Leben den ECM-Anbietern schwer.
   
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Geschäftsprozessmanagement 
Da viele Anwender bereits Dokumentenmanagement und Archivierung haben (oder glauben dies mit Sharepoint oder Datensicherung umgesetzt zu haben) wird sich die Entwicklung auf das Thema Business Process Management konzentrieren. In den Prozessen steckt das größte ungenutzte ECM-Potential. BPM wird dabei aber nicht als alleinstehende Funktion auftreten, allenfalls als Basis für Anwendungen oder integriert in führende Anwendungen wie ein ERP-System. Spätestens mit der weiten Nutzung von VISTA wird Workflow ein für alle Anwender zugängliches Thema sein und das ursprüngliche Microsoft-Malwerkzeug Visio wird manchem professionellen Workflow-Design-Werkzeug das Wasser abgraben.
   
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Standards
Jedes Jahr wurde wieder über Erfolg oder Misserfolg, Nutzen oder Unsinn von Standards geschrieben. Eines muss aber in der Ära von SOA (der letzte Abschnitt der  netzwerkzentrischen Informationsverarbeitung bevor wir in das Zeitalter des informationszentrischen Informationsmanagements hinübergleiten) klar sein – ohne Standardschnittstelle, Standardformate und Standardprotokolle kann SOA nicht funktionieren. Auch das klassische ECM leistet Beiträge zum Thema Standards wie PDF/A, WebDAV oder JSR170. Die überwiegende Mehrheit der Standards wird aber vom Records Management oder der Digital Preservation beigesteuert oder kommt von außerhalb der Branche.
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Aufsatzprodukte 
Aufsätze wie z.B. der Posteingangskorb, die elektronische Akte oder gleich ganze Branchenlösungen nutzen ECM-Infrastrukturkomponenten. Hier machen zunehmend Integratoren und Standardsoftwareanbieter das ECM-Geschäft. Leere ECM-Lösungen verkaufen sich zunehmend schlechter. Der Kunde möchte einfach zu installierende, einfach zu betreibende und möglichst auf seine fachliche Thematik vorkonfigurierte Lösungen einsetzen. So werden denn in Auswahlprozessen nicht mehr die reinen ECM-Produkte die Hauptrolle spielen sondern Integratoren und ihre Lösungen.
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Formularmanagement 
Ob man nun innerhalb eines ERP auf Formularmanagement setzt oder sich Produkte dazukauft – Formulare und Vordrucke bleiben weiterhin eines der wichtigsten Mittel der Informationserhebung, Informationsorganisation und Prozesssteuerung. Inzwischen geht es nicht mehr nur um die Verarbeitung von Papiervordrucken und deren Datenextraktion. Angesagt ist die Identität von elektronischen Formularen, PDF-Formularen und papiernen Vordrucken um durchgängige Prozesse umsetzen zu können. Dabei kommt eigenständigen Textbaustein- und Formularmanagement-Lösungen mit entsprechender Versionierung, Synchronisation mit Datenmodellen und weiterer Verwaltungsfunktionalität eine wichtige Bedeutung zu.
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Rezentralisierung 
Die Vereinheitlichung von Softwarelandschaften und höhere Bandbreiten fördern die Rezentralisierung von dezentralen DMS-Lösungen. Zentrales Management  und mehr Sicherheit für die Systeme forcieren diesen Trend, der im ECM-Umfeld Mandantenfähigkeit, Web- und Portalfähigkeit und die Integration in Standard-System-Management-Konsolen erforderlich macht. Auch bei großen Archiven mit hoher Belastung und beim Scannen wird sich die Rezentralisierung bemerkbar machen. Durch Rezentralisierung gewinnt auch das Thema Outsourcing und ASP für ECM wieder an Bedeutung.
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Klein-Klein-Lösungen 
Mini-ECMs für Privatleute, kleine Firmen und Arbeitsgruppen werden auch für die großen Anbieter interessant. Das Mengenproblem drückt inzwischen jeden. Die Ergänzung von CRM-, Collaborations- und Projektmanagement-Angboten im Internet macht ECM-Funktionalität für viele erreichbar und wird mit der kleinen Installation vor Ort in Wettbewerb treten. Es fragt sich heute, welche Strategie bei den kleinen Lösungen sich schneller durchsetzen wird – z.B. das Angebot auf Webportalen oder z.B. die mit dem Multifunktionsgerät mitgelieferte DMS-Lösung. Auch wenn SaaS zur Zeit noch ein Hype-Thema ist, werden verschiedene Aspekte bereits kurzfristig Veränderungen bei der Anschaffung lokal zu installierender Lösungen bemerkbar machen.
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Wachstum
Viele der Trends überlappen oder bedingen sich. Gemeinsam ist allen, dass sie in Kombination den Markt weiter wachsen lassen. Die Aufteilung des Wachstums verändert sich jedoch, da mehr Mitspieler aus angrenzenden Bereichen sich ebenfalls am ECM-Kuchen bedienen und die großen Anbieter ihre Marktanteile noch ausbauen werden. Das Wachstum wird aber gleichzeitig mit günstigeren Preisen einhergehen, was wiederum das Wachstum fördert. ECM-Funktionalität – wie auch immer verpackt – wird Allgemeingut.
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Mobilität 
Mobile Devices, ob als geschrumpfte Notebooks oder aufgeblähte Mobiltelefone, erlauben den Zugriff auf Daten und Dokumente jederzeit, an jedem Ort. ECM-Produkte müssen sich auf die speziellen Anforderungen dieser Geräte einstellen, auch wenn die Bandbreiten die Nutzung bereits heute möglich machen. Die Bildschirmgröße und die Bedienelemente erfordern neue Oberflächen, neue Formen der Navigation und neue Formen der Visualisierung. Jenseits der Anforderungen an Synchronisation und Replikation müssen ECM-Anwendungen zukünftig Mobile-fähig sein.
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Klassifkation
Noch vielfach ist die manuelle Erfassung von Indizes ein Engpass für die effiziente und akzeptierte Nutzung von ECM. Durch verbesserte Klassifikationsverfahren wird das Erkennen beim Scannen wie auch die Erfassung von E-Mails zunehmend automatisiert – mit allen gesellschaftlichen Konsequenzen. Die Klassifikation findet darüber hinaus Einsatzfelder bei der Suche und verbessert durch Ordnung und semantische Erschließung von Kontext die Ergebnisse von Suchmaschinen und Volltextdatenbanken erheblich.
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Migration
Die Migration von bestehenden Lösungen in neue Systeme und die Zusammenführung bestehender Systeme wird eines der Hauptthemen der Zukunft. Viele Anwender besitzen inzwischen die Dritte Generation ihres elektronischen Archives. Auf Grund von Aufbewahrungsfristen und Compliance-Anforderungen müssen Informationen über die „natürliche“ Lebensdauer von Software und Hardware in neue Systeme gerettet werden. Spätestens bei der Beschaffung neuer Netzwerkspeicher wird das Thema Migration von Archiven aktuell.
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Qualität
Wir besitzen bereits zu viel Information. Unkontrollierte Datenredundanz, fehlende Versionierung, mangelnde Entsorgung und die Schaffung neuer Datengräber machen das Thema Datenqualität auch für ECM immer wichtiger. Für die Evaluierung und Bewertung von Datenbeständen fehlen heute noch Strategie und Werkzeuge. Nur auf die Abarbeitung von Retention Policies zu setzen reicht nicht aus. Selbstdokumentierende Systeme, dieauch gleich die manuelle Verfahrensdokumentation ersparen, und sich selbstanalysierende Systeme, die selbst über die Qualität der Information wachen können, werden zukünftig verstärkt nachgefragt werden.
 Natürlich ließe sich noch das Eine oder Andere Thema aufführen, dass nicht in den bisher benannten Trends enthalten ist. Jedoch wollen wir uns hier beschränken, weil mit den vielen neuen Anforderungen der Anwender und des Marktes, der externen Trends, die ECM beeinflussen,  werden die meisten Produktentwicklungsabteilungen kurzfristig nicht fertig werden. Denn der wichtigste Megatrend ist:
   
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Beschleunigung
Die Innovationszyklen in allen Branchen werden immer kürzer; die Datenberge wachsen schneller, exponentiell; die Releases von Hard- und Software kommen immer kurzfristiger; das Wissen hat immer kürzere Verfallszeiten; das Arbeitsleben wie auch das private Leben wird immer schneller. Wir müssen uns an den ständigen Wechsel gewöhnen – Change Management heißt die Devise, rapider Wandel ist der Trend.
Und wenn dann irgendeinmal das Akronym ECM von Enterprise Content Management wieder freigeworden ist, weil ECM im Informationsmanagement aufgegangen ist, dann können wir die drei Buchstaben ECM neu verwenden – für Enterprise Change Management. (Kff)
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