20070816 \  In der Diskussion \  Was ist ein ECM-Ökosystem?
Was ist ein ECM-Ökosystem?
Man hat bereits viel Skurriles an Begriffen im ECM-Markt Kommen-und-Gehen gesehen und ich weiß auch nicht so recht, wer als erster damit angefangen – ECM Eco-System, ECM Ökosystem. Im Deutschen klingt es natürlich noch seltsamer als auf Englisch. Und vielleicht meinen wir ja auch wieder einmal etwas ganz anderes mit dem Ausdruck  als die begriffsflexiblen amerikanischen Marketing-Manager.  In der Zeitschrift „Mycologia“ wird in “Abundance and characteristics of Pisolithus ectomycorrhizas in New Zealand geothermal areas” zumindest die Bedeutung der „the ecological importance of EcM extramatrical mycelium“ betont. Dies war – glaube ich – aber nicht gemeint. Ich hätte es gleich beim kleinen „c“ merken müssen, Content wird doch immer groß geschrieben! Zurück zu den Urhebern. Der Begriff ECM ECM System tauchte – glaube ich -  erstmals bei Open Text auf der LiveLink in Phoenix im Jahr 2006 in der größeren Öffentlichkeit auf: „to support your entire ECM eco-system as part of Livelink ECM 10“. Die Rede war damals von der Verbindung mit anderen Systemen wie Microsoft. Und – Potzblitz – gab es dazu auch die passende „ECM Eco-System Architecture“- April 2006 steht als Datum auf der offiziellen Analysten-Präsentation. Auf einer Folienpräsentation von Open Text aus dem Mai 2006 spricht man noch von der „Herausforderung ECM Eco-System“.  Doch halt – im Oktober 2006 sprechen auch Microsoft und EMC von einem ECM Eco-System.  Kommt die Idee des Öko-Systems gar nicht von Open Text sondern aus der Marketing-Schmiede von Microsoft? Microsoft bezeichnet schließlich sich als das „Eco-System“. Also geht es hier nur um das „Anflanschen“ von ECM an Microsoft, ist dies mit der großartigen Worthülse „ECM-Ökosystem“ gemeint? Derart verunsichert werfen wir doch zunächst noch einmal einen Blick darauf, was Lexika zum Begriff Ökosystem sagen.
Das Umwelt-Lexikon (www.umweltlexikon-online.de) sagt hierzu: „Ein Ökosystem ist  eine mehr oder weniger abgegrenzte ökologische Funktionseinheit einer darauf abgestimmten Lebensgemeinschaft aus Pflanzen und Tieren (Biozönose). Vollständige Ökosysteme können folgendermaßen charakterisiert werden:  Es handelt sich um offene Systeme mit Zu- und Abfuhr von Energie und Stoffen sowie ihrem internen Kreislauf, der drei ernährungsphysiologische Typen von Organismen umfasst: nur die autotrophen Pflanzen können als primäre Produzenten (Erzeuger) ausschließlich aus abiotischen Quellen energiereiche organische Verbindungen aufbauen (Photosynthese, primäre Produktion). Davon leben die Konsumenten (Verbraucher), entweder direkt als Herbivore (Pflanzenfresser) oder indirekt als Carnivore (Fleischfresser, Räuber) erster, zweiter oder weiterer Ordnung. Die toten organischen Rückstände der Produzenten und Konsumenten (Detritus)  werden schließlich durch Destruenten (Zersetzer) zu anorganischen Stoffen abgebaut und damit wieder den Stoffkreisläufen zugeführt.“  Dieser Definition entnehmen wir einmal den Begriff „Destruent“. Wer löst hier wen auf? Doch wohl Micrsoft die ECM-Anbieter oder zumindest immer mehr ECM-Funktionalität. Oder ist der Destruent vielleicht sogar der ECM-Anwender, der das Ökosystem nutzt?
Das Lexikon Wasser-Wissen (www.wasser-wissen.de) definiert Ökosystem wie folgt: „(engl. ecosystem) Ein Ökosystem ist eine funktionelle Einheit aus Organismen und Umwelt und umfasst einen räumlich abgrenzbaren Lebensraum (z. B. ein Fluss- oder ein Feuchtgebiet) und die ihn bewohnende Lebensgemeinschaft (z. B. Pflanzen, Tiere). Die belebten und unbelebten Komponenten eines Ökosystems sind durch allseitige Wechselbeziehungen miteinander verknüpft. Ökosysteme besitzen eine gewisse Regulationsfähigkeit (z. B. Selbstreinigungskraft der Gewässer); sie besitzen ein ökologisches Gleichgewicht. Bei Versagen kann der Gesamtcharakter des Ökosystems geändert und Teile oder die Gesamtheit gestört werden (z. B. durch Eutrophierung). 
Dieser D
efinition entnehmen wir einmal den Begriff „Gleichgewicht“. Wo ist das Gleichgewicht, wenn Microsoft das führende System ist, die Richtung bestimmt, die Schnittstellen vorgibt? Was passiert wenn das Gleichgewicht einmal versagt und nur eine Microsoft-Mono-Kultur übrig bleibt (und im Sinne eines Ökosystems untergeht)?
Wikipedia (de.wikipedia.org) führt aus: „Ein Ökosystem (griech. oikos, „Haus, Haushalt“) ist ein System, das die Gesamtheit der Lebewesen (Biozönosen) und ihre unbelebte Umwelt, den Lebensraum (Biotop), in ihren Wechselbeziehungen umfasst. Die Grenzziehung zwischen verschiedenen Ökosystemen ist nicht allgemeingültig definiert und orientiert sich meist pragmatisch an einer erkennbaren Diskontinuität zu einem angrenzenden Lebensraum (Waldrand zwischen Waldökosystem und Wiesenökosystem, Seeufer oder Meeresküste, Inselküste als Grenze des Inselsystems). Welche Diskontinuitäten auf welcher Maßstabsebene zur Abgrenzung heran gezogen werden, variiert (notwendig) je nach analytischer Fragestellung. Kurz gefasst ist ein Ökosystem ein Wirkungsgefüge von Lebensgemeinschaft (Biozönose) und Lebensraum (Biotop). Der Begriff wird sowohl abstrakt gebraucht (z.B. Ökosystem See, Ökosystem Mangrovenwald, etc.) als auch für konkrete Lebensräume (z.B. Ökosystem Bodensee, Ökosystem Ebersberger Forst). Der Begriff Ökosystem wurde 1935 von dem britischen Biologen und Geobotaniker Arthur George Tansley als teilweise Beobachter-konstruiertes, gedankliches Isolate (mental isolate) in die Ökologie eingeführt. Umgangssprachlich wird auch von dem Ökosystem gesprochen, womit die Gesamtheit aller Ökosysteme und ihren Wechselwirkungen der gesamten Erde gemeint ist (Biosphäre).“ 
Also von einer Übertragbarkeit auf Enterprise Content M
anagement oder andere IT-Systeme ist dort nichts zu finden. Greifen wir aber hier einmal den Begriff „Diskontinuität“ heraus. Wo verläuft die Grenze zwischen den einzelnen Lösungskomponenten? Die Grenze in einer SOA-Welt ist fließend und je mehr Funktionalität einer der Beteiligten in das Ökosystem einbringt, desto weniger wird an gleicher Funktionalität von anderen Partnern im Ökosystem benötigt. Hier gilt dann „Survival of the fittest“ und es hat sich schon vielfach gezeigt, dass Partner in Ökosystemen austauschbar sind. Bleibt nur die direkte Symbiose? Das vollständige ineinander aufgehen, die Übernahme? Oder gibt im ECM-Ökosystem die Chance der gleichberechtigten Koexistenz? Aus biologischer Sicht ist das ECM-Biotop sehr fragil und gehört auf die Liste der gefährdeten Ökosysteme. (Kff)
Weitere Kapitel
© PROJECT CONSULT Unternehmensberatung GmbH 1999 - 2016 persistente URL: http://newsletter.pc.qumram-demo.ch/Content.aspx?DOC_UNID=c5409686e6cd4826002573780050de22