Die zunehmende Dezentralisierung in der Produktion und der wachsenden Verbreitung elektronischer Kommunikation auch im Austausch technischer Dokumente erschweren die Sicherstellung einer aktuellen, einheitlichen und vollständigen technischen Dokumentation.
Dies stellt Unternehmen der unterschiedlichsten Branchen in Hinblick auf Nachweispflichten und die Erfüllung rechtlicher Vorgaben vor eine große Herausforderung.
Auch für technische Dokumente gibt es diverse Rechtsquellen; zur Aufbewahrung technischer Dokumente gibt es aber keine direkte rechtliche Verpflichtung, die aus dem Zivilrecht hervorgeht.
Die Aufbewahrungspflicht ergibt sich vielmehr aus der Notwendigkeit des Selbstschutzes eines Unternehmens in einer Schadensersatzanspruchstreitigkeit.
Im Schadensfall stehen die Hersteller unter Beweispflicht. Im BGB und in dem Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) sind die rechtlichen Grundlagen zur Schadensersatzpflicht festgehalten. In den §§ 1-4 des ProdHaftG geht es unter anderem um die Folgen für den Hersteller, die durch fehlerhafte Produktion entstehen können. Sollte der Hersteller im Falle einer Schadensersatzforderung also nicht in der Lage sein, vollständig zu dokumentieren, dass seine Ersatzpflicht gemäß §1, Abs. 2 oder 3 ProdHaftG ausgeschlossen ist, trägt er die Beweislast.
Eine weitere zentrale rechtliche Grundlage im Rahmen der Schadensersatzpflicht stellt das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) dar, das im Januar 2004 auf Grund des Gesetzes zur Neuordnung der Sicherheit von technischen Arbeitsmitteln und Verbraucherprodukten entstanden ist. Durch Einführung des GPSG wurde die europäische Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit in Deutschland in nationales Recht umgesetzt.
Neben diesen rechtlichen Anforderungen, gibt es unterschiedlichste, zum Teil branchenspezifische Normen und Regelwerke, die die Anforderungen an eine technische Dokumentation spezifizieren und deren Umsetzung erläutern. Im Folgenden werden einige dieser Standards und Richtlinien aufgeführt und erläutert.
Relevant sind für die technische Dokumentation unter anderem folgende Normen:
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| · | DIN 6789 zur Dokumentationssystematik, |
| · | DIN EN ISO 62079, die regelt, welche Informationen beim Erstellen von Anleitungen aufgenommen werden müssen, |
| · | DIN ISO 11442, in der die rechnergestützte Handhabung von Dokumenten festgeschrieben ist und |
| · | ISO 16949:2002, bei der es sich um das Qualitätsmanagementsystem für die Serien- und Ersatzteilproduktion in der Automobilindustrie handelt. |
Neben der genannten ISO 16949:2002 gibt es diverse weitere branchenspezifische Anforderungen, die von den Unternehmen erfüllt werden müssen. Zu nennen ist hier beispielsweise die VDA-Empfehlung 4958 der Automobilindustrie, die Handlungsanweisungen zur digitalen Langzeitarchivierung von 3D- und PDM-Daten gibt. Die Empfehlung soll für eine gesicherte Produktdokumentation, Nachweisführung und Wiederverwendung von Daten sorgen.
Eine Richtlinie für die technische Dokumentation ist die „VDI 4500 – Technische Dokumentation“. Für weitere Informationen lesen Sie bitte den Artikel „Richtlinie VDI 4500“ in der Rubrik „Normen und Standards“ in diesem Newsletter.
Für die technische Dokumentation in der Luftfahrtindustrie gibt es u.a. die Richtlinie „ATA iSpec 2200“. ATA steht für Air Transport Association of America und ist ein Zusammenschluss von Luftverkehrsgesellschaften, die gemeinsam mit Herstellern Standards für die technische Dokumentation aufgestellt hat. Der Standard „ATA iSpec 2200“ nutzt für die Definition der Handbuchstrukturen und als Grundlage für den Datenaustausch zwischen Firmen die Metasprache SGML. SGML ermöglicht es, Informationen von verschiedenen Herstellern in das eigene System einzubinden und diese in einem eigenen Layout zu gestalten. Außerdem werden Airline-spezifische Prozesse wie das Erstellen von Job-cards unterstützt.
Eine branchenspezifische Verordnung für die Chemiebranche REACH (Registration, Evaluation and Authorisation of Chemicals), die seit dem 01. Juni 2007 in Deutschland gültig ist. Die Verordnung wurde von der Europäischen Gemeinschaft Anfang des Jahres 2007 aufgestellt und soll zur Reform des europäischen Chemikalienrechts dienen, welches die Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe regelt. Nach dieser neuen Verordnung ist nun der Hersteller für die Sicherheit und Beschreibung der Chemikalien selbst verantwortlich und ist zusätzlich zur Registrierung im REACH System verpflichtet. Dadurch sind weitere Kontrollen der Sicherheit nicht mehr notwendig. (Quelle: PC Newsletter 20071120Newsletter 20071120) Eine Vorschrift für Medizinprodukte ist in der EU-Richtlinien über Medizinprodukte (93/42/EWG) geregelt. Die technische Dokumentation muss gemäß Anhang II Abschnitt 2 und 3 der Medizinprodukterichtlinie erstellt werden und muss mindestens 5 Jahre zur Einsicht der Behörde aufbewahrt werden. Die Richtlinie enthält u.a. Produktbeschreibung, Konstruktions- und Fertigungszeichnungen, Risikoanalyse, Prüfberichte, Gebrauchsanweisungen und Kennzeichnung.
Im konkreten Anwendungsfall ist entsprechend zu prüfen, welche grundsätzlichen und branchenspezifischen Anforderungen an die technische Dokumentation gestellt sind, um eine vollständige und rechtskonforme im eigenen Interesse des Unternehmens zu gewährleisten. (KM)