Jedes Jahr beklagt man sich aufs Neue, daß es zu eng und unübersichtlich war, daß man nicht die richtigen Ansprechpartner vorfindet, daß es eine ewige Lauferei von einem zum anderen Ende sei – und geht natürlich wieder hin. Gemeint ist die CeBIT. Letztlich ist es eine Frage des Anspruchs an die Veranstaltung. Die Besucher möchten vielleicht nur mal nachsehen, welches bekannte Gesicht noch da ist oder zum Wettbewerb gewechselt hat, die Anbieter möchten zeigen, daß es sie noch gibt – trotz sogenannter Krise der IT-Branche, die sich jedoch vorrangig nur auf dem Börsenparkett abspielt. Oder man geht auf die CeBIT, weil sie eine gigantische Personalbörse ist und sich im Gewühl der Gänge doch so das eine oder andere aufschnappen läßt.
Neben den großen Schlagworten sind es häufig auch die „Nichtnachrichten“, die einem zu denken geben. Einfaches Beispiel HP und Oracle gingen nicht auf die CeBIT. Die Organisatoren der CeBIT müssen ein ständiges Wechselbad erlebt haben – kaum war eine Halle fertig durchdesigned, schon brachten Absagen wieder alles durcheinander. Auch bei den DRT-Anbietern waren interessante Veränderungen zu sehen – die einen wie Ceyoniq verdoppelten sich, andere verkleinerten sich. Unternehmen, die in vergangenen Jahren nur mit kleineren Ständen auf der CeBIT waren, glänzten nunmehr mit repräsentativen Bauten. Doch an der eigentlichen Front der Entwicklung tat sich wenig. Einige neue Themen sind ganz vom Tisch, WAP und Dokumentenmanagement hat sich sehr schnell ad absurdum geführt - ausgeWAPpt. Dem universellen Anspruch von E-Business konnte kaum einer der herkömmlichen Archiv-, DMS- und Workflow-Anbieter gerecht werden - als Marketingslogan derzeit wieder vom Tisch. Neue Produkte wurden uns versprochen und zumindest als "Mockup" vorgeführt - es sind jedoch häufig nur mit etwas mehr Funktionalität angereicherte, neue Versionen oder Releases längst bekannter Produkte. Viele Anbieter kämpfen mit dem "Suite-Konzept", der Integration von unterschiedlichen Typen von DRT-Produkten in ein geschlossenes Lösungsportfolio - nur wenige haben jedoch ihre Unternehmensaufkäufe, Produktakquisitionen und strategischen Allianzen wirklich verdaut. Konzentration auf das Wesentliche ist angesagt. Andererseits sind eine Reihe von Konzepten, die auf der letzten CeBIT noch im Stadium der Vision oder Entwicklung waren, gereift - Beispiele sind die A.I.S. mit windream, der integrierende Prozeßansatz von FileNET mit eProcess, die nunmehr wirklich einsetzbare aber zu teuer positionierte SERbrainware von SER Systems oder die neuen Lösungen von Documentum. Unternehmen, die in Bedrängnis waren, haben sich erholt. So kann iXOS nun mit einer modernen Lösungsarchitektur aufwarten - auch der Ausstieg, Abschied oder Abgang aus MemIQ dürfte dem Wiederaufstieg von iXOS in die DRT-Oberliga wenig schaden. Einige Unternehmen wiederum haben sich ganz verabschiedet - Ditec z.B. streicht die Segel und stellte einen Insolvenzantrag. Letztlich sind noch alle spezialisierten DRT-Anbieter Mittelständler, Entschuldigung, global tätige Softwareunternehmen, die ihre mittelständische Herkunft überwinden wollen. Letztlich ist es hilfreich für die Branche, daß die wirklich großen Anbieter wie Oracle, Lotus oder Microsoft das Thema immer noch halbherzig und zum Teil mit wenig geeigneten Produkten adressieren - es ist immer noch ein Hoffnungsschimmer für größeres Wachstum der arrivierten DRT-Anbieter am Horizont zu sehen. Auch das Personalkarussel rotiert. Auf allen Ebenen der Unternehmen wechseln die Mitarbeiter, von Vorständen, Pressereferenten, Geschäftsführern, Systemberatern bis zu Entwicklungsleitern - aber irgendwie finden sie sich alle in der DRT-Branche wieder, es geht selten jemand vollständig verloren. So gesehen ist ein Besuch der CeBIT doch immer wieder sehr interessant - Produktinformationen holt man sich jedoch lieber aus dem Internet oder durch individuelle, messestreßfreie und persönliche Treffen mit den Anbietern. Also wird es auch im nächsten Jahr wieder ein Gewühl in den Gängen geben. (Kff)