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Preserve (Erhalten, Bewahren, Archivieren)
Die „Preserve“-Komponenten von ECM dienen zur langfristig stabilen, statischen und unveränderbaren Aufbewahrung und Sicherung von Informationen. Im deutschsprachigen Raum ist dies das Anwendungsfeld der elektronischen Archivierung. Letztere besitzt heute aber wesentlich mehr Funktionalität als unter „Preserve“ subsummiert. Archivsysteme werden auch zur temporären Speicherung von Informationen, die nicht archivierungswürdig oder archivierungs-pflichtig sind benutzt und unterstützen so den Dokumenten-lebenszyklus. Elektronische Archivsysteme sind heute meistens eine Kombination aus Verwaltungssoftware wie Records Management, Imaging oder Document Management, Library Services (IRS Information Retrieval Systeme) und Speicher-Sub-systemen.
Aber nicht nur elektronische Medien eignen sich zur langfristigen Aufbewahrung. Zur reinen Sicherung von Informationen ist weiterhin Mikrofilm geeignet, der inzwischen in hybriden Systemen mit elektronischen Medien und datenbankgestütztem Zugriff eingesetzt werden kann. Entscheidend bei allen Langfristspeicher-systemen ist die rechtzeitige Einplanung und regel-mäßige Durchführung von Migrationen um die Information in sich verändernden technischen Um-gebungen verfügbar zu halten. Dieser konti-nuierliche Prozess wird auch Continuous Migration genannt. Zu den „Preserve“-Komponenten rechnet man unter anderem:
   
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WORM (Write Once Read Many) rotierende digital optische Speichermedien 
zu denen die klassischen WORM in einer Schutz-hülle in 5 ¼“ oder 3 ½“ Technologie ebenso wie CD-R und DVD-R gehören. Die Aufzeichnungs-techniken der Medien, die in Jukeboxen für einen Online- und automatisierten Nearline-Zugriff bereit-gestellt werden, sind unterschiedlich.
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WORM-Tape (Magnetband mit WORM-Eigen-schaften) 
wird in speziellen Laufwerken eingesetzt, die mit besonders abgesicherten Bändern bei ordnungs-gemäßem Betrieb ähnliche Sicherheit wie ein traditionelles WORM Medium erreichen können.
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CAS (Content Adressed Storage) magnetische Fest-plattenspeicher 
die durch spezielle Software gegen Überschreiben, Löschen und Verändern wie ein WORM-Medium geschützt sind
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NAS/SAN (Network Attached Storage / Storage Area Networks 
können ebenfalls eingesetzt werden, wenn sie die Bedingungen der Revisionssicherheit mit un-ver-änderbarer Speicherung, Schutz vor Manipu-la-tionen und Löschen etc. erfüllen.
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Mikrofilm 
kann als Sicherungsmedium eingesetzt werden, wenn die Informationen nicht mehr in der Nutzung sind und keine maschinelle Auswertbarkeit ge-fordert ist.
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Papier 
ist als Langzeitspeicher von Informationen ebenfalls weiterhin zu berücksichtigen, da die Aufzeichnung migrationsfrei ist und ohne Hilfsmittel gelesen werden kann. Ebenso wie beim Mikrofilm handelt es sich aber nur um die Sicherung originär elektronischer Information.
Deliver (Liefern, bereitstellen, ausgeben)
Die „Deliver“-Komponenten von ECM dienen zur Bereitstellung der Informationen aus den „Manage“-, „Store“- und „Preserve“-Komponenten. Sie beinhalten aber auch Funktionen, die wiederum für die Eingabe von Informationen in Systeme (zum Beispiel Informationsübergabe auf Medien oder Erzeugung formatierter Ausgabedateien) oder für die Aufbereitung von Informationen (zum Beispiel Konvertierung oder Kompression) für die „Store“- und „Preserve“-Komponenten. Da die Sicht auf das AIIM-Komponentenmodell funktional zusammengestellt ist und nicht als Architektur gesehen werden darf, ist die Zuordnung dieser und anderer Komponenten hier zulässig. Die Funktionalität in der Kategorie „Deliver“ wird auch als „Output“ bezeichnet und unter dem Begriff „Output Management“ zusammengefasst.
Die “Deliver“-Komponente umfasst drei Gruppen von Funktionen und Medien: „Transformation Technologies“, „Security Technologies“ und „Distribution“. Transformation und Sicherheit gehören als Dienste auf eine Middleware-Ebene und sollten allen ECM-Komponenten gleichermaßen zur Ver-fügung stehen. Für die „Ausgabe“ sind zunächst zwei Funktionen wichtig:
   
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Layout/Design 
mit Werkzeugen zur Gestaltung und Formatierung der Ausgaben  und
   
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Publishing 
Anwendungen zur Bereitstellung der Informationen für die Distribution und Publikation.
Transformation Technologies (Transformations-Technologien)
Transformationen sollten immer verlustfrei, kontrolliert und nachvollziehbar ablaufen. Hierfür kommen Dienste im Hintergrund zum Einsatz, die sich dem Endanwender in der Regel nicht zeigen. Zu den Transformations Technologien werden unter anderem folgende gerechnet:
   
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COLD / ERM 
ist hier im Gegensatz zur „Capture“-Komponente als Aufbereitung von Daten von Ausgaben für Verteilung, Druck und Übergabe an das Archiv zu sehen. Typische Anwendungen sind Listen und formatierter Output, zum Beispiel individualisierte Kundenanschreiben. Zu diesen Technologien gehören auch die Journale und Protokolle, die von den ECM-Komponenten erzeugt werden.
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Personalization (Personalisierung) 
ist nicht mehr nur eine Funktion von Web-basierten Portalen sondern gilt für alle ECM-Komponenten. Durch die Personalisierung erhält der Nutzer nur noch die Funktionalität und Informationen angeboten, die er benötigt.
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XML (eXtended Markup Language) 
ist eine Beschreibungssprache, die es erlaubt Schnittstellen, Strukturen, Metadaten und Dokumente zu beschreiben. XML setzt sich als die universelle Technologie zur Beschreibung von Informationen durch.
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PDF (Printable Document Format) 
ist ein intelligentes Druck- und Distributionsformat, das es erlaubt Informationen plattformunabhängig bereitzustellen. Im Gegensatz zu reinen Bildformaten wie TIFF können in PDF Inhalte gesucht, Metadaten beigefügt und elektronische Signaturen eingebettet werden.
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Konverter und Viewer 
dienen einerseits zur Umformatierung von Informationen, um einheitliche Formate zu er-zeugen, und andererseits um Informationen unterschiedlichen Formates wieder anzuzeigen und auszugeben.
   
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Compression (Kompression, Komprimierung)  
wird benutzt, um den Speicherplatzbedarf für bildhafte Informationen zu reduzieren. Für s/w wird hier auf das ITU-Verfahren (CCITT) für TIFF und für Farbbilder auf JPEG2000 zurückgegriffen. Mit „ZIP“-Verfahren können auch beliebige Dateien für die Datenübermittlung komprimiert werden.
   
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Syndication 
dient zur Bereitstellung von Content in unterschiedlichen Formaten, Selektionen und Aufbereitungsformen im Umfeld des Content Management. Durch Syndication kann der gleiche Inhalt mehrfach in verschiedener Form und für verschiedene Anwendungszwecke genutzt werden.
Security Technologies (Sicherheitstechnologien)
Die Sicherheitstechnologien gehören zu den Querschnittfunktionen, die allen ECM-Komponenten als Dienste zur Verfügung stehen. So kommen elektronische Signaturen nicht nur bei der Versendung von Dokumenten zum Einsatz sondern können auch beim der Erfassung beim Scannen benötigt werden, um die Vollständigkeit der Erfassung zu dokumentieren. Dazu gehören PKI (Private Key Infrastructure) als Basistechnologie für den Einsatz elektronischer Signaturen. Sie verwaltet Schlüssel und Zertifikate, und prüft die Authentizität von Signaturen. Weiter elektronische Signaturen, die dazu dienen, für Dokumente bei Übermittlungen die Authentizität des Absenders und die Integrität der übermittelten Nachricht, das heißt, die Unverändertheit und Vollständigkeit, nachzuweisen. In Europa gibt es drei Formen der elektronischen Signatur mit unter-schiedlicher Qualität und Sicherheit: einfache, fortgeschrittene und qualifizierte. In Deutschland ist die qualifizierte elektronische Signatur im Rechts-verkehr und Vertragswesen gesetzlich verankert. Und drittens  Digital  Rights  Management/Watermark    (elektronische Rechteverwaltung). Diese dient besonders bei der Content Syndication und in MAM Media Asset Management der Verwaltung und Absicherung von Urherrechten und CopyRights. Hierzu kommen Techniken wie elektronische Wasser-zeichen (Watermarks), die direkt in die Dokumente eingebunden werden, zum Einsatz. Ziel ist die Wahrung von Rechten und die Sicherung der Inhalte bei der Veröffentlichung im Internet.
Distribution (Verteilung)
Alle zuvor erwähnten Technologien dienen im         Wesentlichen dazu, die unterschiedlichen Inhalte eines ECM kontrolliert und nutzungsorientiert auf unter-schiedlichen Wegen der Zielgruppe bereit-zustellen. Hierzu können aktive Komponenten wie Versand als E-Mail, Datenträgern oder Rundschreiben ebenso gehören wie die passive Publikation auf Webseiten und Portalen, wo sich die Zielgruppe aus dem Informations-angebot selbst bedient. Als mögliche Ausgabe- und Distributionsmedien können zum Einsatz kommen:
   
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Internet, Extranet und Intranet
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E-Business-Portale
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E-Mail und Fax
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Datenübermittlung mittels EDI, XML oder anderen Formaten
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Mobile Geräte wie Mobiltelefone, Kommunikator-Geräte und andere
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Datenträger wie CD oder DVD
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Digitales Fernsehen und andere Multimedia-Dienste
   
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Papier
Aufgabe der verschiedenen „Deliver“-Komponenten ist die Information immer für den Empfänger optimal aufbereitet zur Verfügung zu stellen und die Nutzung möglichst zu kontrollieren.
Was ist eine ECM-Suite?
ECM ist ein Thema für Suiten. ECM beinhaltet, wie dargelegt, fünf große Komponenten: Capture, Manage, Deliver, Store und Preservation. Manage beinhaltet die Teilkomponenten Collaboration, Records Manage-ment, Workflow/Business Process Manage-ment, Document Management und Web Content Manage-ment. ECM - eine „eierlegende Wollmilchsau“, die auch Trendthemen wie ILM Information Lifecycle Management, DRT Document Related Technologies und in Teilbereichen KM Knowledge Management abdecken will. Daher ist das Gesamtthema nur mit Suiten abzudecken.
Werfen wir zunächst einmal einen Blick auf den Anspruch an eine Suite: Eine Suite ist die Zusammen-stellung verschiedener kompatibler Komponenten zur Lösung eines Gesamtszenarios, bei dem die Kompo-nenten auch einzeln und unabhängig eingesetzt werden können.
Definition einer Suite
Folgende Eigenschaften machen den Produktcharakter einer Suite aus:
   
 (1)
Kompatibilität aller Komponenten mit allen anderen Komponenten
 (2)
Modular und komponentenweise erweiterbar
 (3)
Nutzung gemeinsamer Administrationskompo-nenten und Ressourcen in Bereichen wie Berechti-gungen, Sicherheit, Zugriff, Klassen, Metadaten, Speicherorte, Kommunikation etc.
 (4)
Einheitliche Nutzung aller Informationen durch alle Komponenten der Suite
 (5)
Plattform-Konformität, d.h. alle Komponenten sind auf allen Plattformen der Gesamtsuite lauffähig
 (6)
Einheitliche Clienten, die die Nutzung des Gesamt-portfolios der Suite möglich machen
 (7)
Ausrichtung der einzelnen Komponenten auf die Rolle als Bestandteil der Suite, wobei sich die Kompo-nenten als Dienste innerhalb einer gemein-samen Architektur positionieren
 (8)
Gemeinsamer Weiterentwicklungsplan, der die Kompatibilität der Einzelkomponenten als auch der Suite selbst sicherstellt
 (9)
Vollständigkeit der Suite, d.h. möglichst Ab-deckung aller Komponenten die üblicherweise zum Funktionsumfang gerechnet werden
 (10)
Einhaltung von Standards, um Komponenten von Dritten ebenso konform einbinden zu können wie die eigenen Komponenten der Suite
   
 (11)
Gemeinsames, konsistentes Vertriebs- und Marke-ting-Konzept für die Suite und alle ihre enthaltenen Komponenten einschließlich entsprechender Preis-modelle für Suite und Komponenten
Wenn man sich auf diese Eigenschaften als Kennzeichen einer Suite einigen kann, ist es natürlich sehr schnell möglich, Suiten einzuschätzen und zu bewerten. Einige Merkmale sind sofort ersichtlich, wie z.B. die Vollständigkeit oder das Marketing-Konzept. Bei der Kompatibilitätsfrage auf den verschiedenen Ebenen muss man häufig schon in Details gehen und mit bohrenden Fragen an die Entwickler gehen. Da Suiten durch die Veränderung des Marktes und neue Gruppierungen per Definitionem nie vollständig sind, muss man auch auf die Pläne zur Weiterentwicklung achten. Dies ist besonders im ECM-Umfeld bei der langzeitigen Bewahrung und Verfügbarmachung der gespeicherten Informationen über Jahrzehnte wichtig. Aufkäufe, neue Schlagworte, neue Trends oder neue      Unternehmensfokussierung ändern den Charakter von Suiten laufend.
Ausblick
Dokumenten-Technologien wie ECM Enterprise Content Management sind die Ergänzung zur her-kömmlichen Datenverarbeitung. Sie führen struk-turierte, schwachstrukturierte und unstrukturierte Information zusammen. Jedes Unternehmen, jede Behörde, jede Organisation muss sich heute mit dem Thema auseinandersetzen. Auch wenn man nicht vorhat, selbst kurzfristig ein System einzuführen, muss man sich mit dem beschäftigen, was man quasi mitgeliefert bekommt – beim nächsten Update der Serverlizenzen, in der nächsten Office-Suite, beim nächsten Datenbank- oder ERP-Upgrade. In vielen Unternehmen mit heterogener IT-Landschaft ist bereits heute die Frage wichtiger, welche redundante Funktionalität vorhandener Produkte man nicht einsetzt, als die Frage, ob man sich ein neues Softwaresystem zusätzlich leistet. Die wichtigste Aufgabe ist, die Informationen im Haus unter Kontrolle zu halten. Aktuelle Fragen: wo lässt man die Abertausenden von E-Mails, was tue ich mit elektronisch signierten Handelsbriefen, wo lasse ich meine steuerrelevanten Daten, wie überführe ich Informationen aus dem unorganisierten Filesystem, wie konsolidiere ich Informationen in einem gemeinsam nutzbaren Repository, wie bekomme ich einen Single-Login über alle meine Systeme hin, wie erstelle ich einen einheitlichen Posteingangskorb für alle eingehende Information, wie kontrolliere ich, dass keine Information verloren geht oder nicht bearbeitet wird, usw. usw. Bei allen diesen Fragen spielen Dokumenten-Technologien eine wichtige Rolle. ECM-Lösungen sind notwendige Basiskomponenten für viele Anwendungen.
Jeder potentielle Anwender wird natürlich seine individuellen Anforderungen prüfen. Entscheidungen zu vertagen, ist jedoch nicht sinnvoll. Es wird jedes Jahr etwas Neues, vermeintlich Besseres, Komfortableres geben. Mit dieser Einstellung wird man jedoch nie etwas installieren. Mit jeder Vertagung einer Entscheidung wächst der Berg unkontrollierter und ungenutzter Information – erkannte Probleme werden meistens größer. Bei einer vernünftigen langfristigen Migrationsplanung verliert auch der schnelle technologische Wechsel bei Produkten seinen Schrecken. Dokumenten-Technologien sind in ihren Grundfunktionen ausgereift. Die meisten Produkte sind verlässlich, stabil, sicher und zunehmend sogar preiswert. In manchen Branchen entscheidet der Einsatz von Dokumenten-Technologien inzwischen über die Wettbewerbsfähigkeit. ECM Enterprise Content Management gehört heute in jede moderne IT-Infrastruktur.
(Quellen: AIIM international 2001 - 2005; AIIM Europe 2003; Doculabs „ECM 101“ 2003; Dr. Ulrich Kampffmeyer in den PROJECT CONSULT Newsletter-Ausgaben 20010508, 20020305, 20031021, 20031117, 20031215, 20040903 und 20050404 sowie mehrere Zweitveröffentlichungen)
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