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PDF/A-2: Evolution oder Revolution ?
Gastbeitrag von Olaf Drümmer und Thomas Zellmann,  
Vorstände im PDF/A Competence Center
 
E-Mail:
olaf@druemmer.com     
 
Einführung
Seit Herbst 2005 gibt es jetzt schon PDF/A-1 als ISO-Standard 19005-1. Ein Zeitraum, in dem laut Dr. Ulrich Kampffmeyer PDF/A zu einer „Selbstverständlichkeit“ geworden ist. Welche Weiterentwicklung das auf dem Vormarsch befindliche Format für die Langzeitarchivierung seither erfährt, wird im folgenden Beitrag beleuchtet. Er gibt einen Aus- und Einblick in das kommende PDF/A-2.
Zuerst ist aber festzuhalten, dass PDF/A-1 NIEMALS ungültig werden wird!
Das liegt in der Natur der Sache, wenn man einen Standard für die Langzeitarchivierung entwirft. Und auch im ISO-Regelwerk ist festgelegt – im Gegensatz zu anderen ISO-Standards, die in regelmäßigen Abständen auf ihre Aktualität überprüft werden –, dass PDF/A-1 niemals ungültig werden wird.
Trotzdem bleibt die Zeit nicht stehen, und eine weitere Version PDF/A-2 ist aktuell in Arbeit. PDF/A-2 wird voraussichtlich Ende 2010 erscheinen, was nach fünf Jahren für eine ISO-Norm auch ein angemessener Abstand für eine Weiterentwicklung ist.
Kurz gesagt (und gleich auch als Summary für Schnell-Leser):
PDF/A-2 wird auf dem jetzt selbständigen ISO-Standard 32000-1 basieren, der
PDF 1.7 normiert hat, und somit auch jene Funktionen von PDF 1.7 übernehmen, die aus Sicht der Langzeitarchivierung sinnvoll und realisierbar sind.
Der zweite Teil des ISO-Standards wird gegenüber dem jetzigen PDF/A-1 einige neue Funktionen beinhalten. Sie werden im Folgenden erläutert und anhand von Anwendungsbeispielen veranschaulicht.
JPEG2000
Eine häufige Frage von Anwendern ist, warum JPEG2000 (noch) nicht in PDF/A-1 erlaubt ist. Die Erklärung hierfür ist in der Zeitachse zu sehen: Während der PDF/A-1 Standardisierung wurde das damals gültige und ausgereifte PDF 1.4 gewählt, und JPEG2000 (ISO/IEC 15444) kam erst mit PDF 1.5 in die PDF-Spezifikation.
Somit greift PDF/A-2  JPEG2000 als eine natürliche und sinnvolle Erweiterung auf.
JPEG2000 ist in praktischen Anwendungen insbesondere dann von Interesse, wenn es sich um gescannte Dokumente dreht. Hier können Verfahren, die nach dem MRC-Prinzip arbeiten, höhere Kompressionsraten und Qualitäten erzielen.
JPEG2000 unterstützt zudem auch die verlustfreie Kompression – im Gegensatz zum alten JPEG –, und das kann in speziellen Anwendungen wichtig sein. In Bibliotheken werden z.B. wertvolle, historische Bücher und Dokumente zunächst in höchster Qualität digitalisiert. Das so entstandene „digitale Original“ wird mit JPEG2000 verlustfrei komprimiert, ist aber immer noch sehr groß. Mit seiner Einbettung in PDF/A entsteht der Vorteil, dass die Metadaten zusätzlich standardisiert mit in diese Datei eingebunden werden können. Darüber hinaus lässt sich mit der verlustbehafteten JPEG2000 Kompression ein „handliches“ PDF/A erstellen, das z.B. für Web-Downloads geeignet ist.
 
 
EBENEN
Ebenen oder sogenannter „optional content“ in Dokumenten werden mit PDF/A-2 unterstützt.
Anwendungen hierfür sind z.B. mehrsprachige Dokumente, in denen der Benutzer über die Ebenenfunktion auf einfache Weise zwischen Deutsch oder Englisch schalten kann.
Im Konstruktionsbereich wird dieses Feature gerne genutzt, um in detailreichen Konstruktionszeichnungen zwecks besserer Übersichtlichkeit bestimmte Aspekte gezielt ein- bzw. ausblenden zu können.
TRANSPARENZ
Diese PDF-Funktion kommt häufig in Drucksachen zur Anwendung, beispielsweise für Schatteneffekte, Vignetten oder weiche Übergänge zwischen Seitenobjekten. Hervorhebungs-Markierungen werden bei Kommentaren häufig zur  Verdeutlichung von Textpassagen eingesetzt und können in PDF/A-2 unverändert ins Archiv übernommen werden.
OpenType Fonts
Wegen der großen Leistungsfähigkeit und weitreichender Unicode-Unterstützung finden OpenType-Fonts (vgl. ISO/IEC 14496-22) zunehmend breitere Verwendung und können in PDF/A-2 eingebettet werden, ohne in PostScript Typ 1- oder TrueType-Schriften umcodiert werden zu müssen.
ICC PROFILE
Die neuere Version v4 (ISO 15076-1:2005) von ICC-Profilen – für PDF ab Version 1.6 eingeführt – wird auch in PDF/A-2 zulässig sein und unterstützt damit in bestimmten Fällen etwas genauere Farbdefinitionen als die bisher für ICC-Profile unterstützte Version v2. Dies ist besonders für digitale Fotos und Farbscans von Bedeutung.
COLLECTIONS (in Acrobat als Portfolios bezeichnet)
Diese Funktion erlaubt es, mehrere PDF-Dateien in einem „Container-PDF“ logisch zusammenzufassen und wurde jetzt auch auf die Erstellung von PDF/A-Collections aus mehreren PDF/A-Dateien erweitert.
Hier haben die praktischen Diskussionen mit Anwendern erst mal zwei Anwendungen aufgezeigt:
Im Bereich der Sozialversicherungen ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass der Scan-Operator mit qualifizierter digitaler Signatur die optische Übereinstimmung des Scans mit dem Original bestätigt. Anschließend kann das Papier vernichtet werden.
Hier wird in der Praxis oft eine Einzelseiten-Signatur genutzt, da sich die Dokumente bei der späteren inhaltlichen Bearbeitung noch verändern oder splitten lassen sollen. Dies wird nötig, wenn ein Schreiben im Posteingang unterschiedliche Geschäftsvorfälle beinhaltet. Wird das komplette Eingangsschreiben signiert, bricht man die Signatur beim Umsortieren von Seiten, Splitten usw. auf. Eine Einzelseiten-Signatur ist da flexibler, aber sicher auch aufwendiger.
Ein weiterer Anwendungsbereich für die Collections-Funktion ergibt sich bei der E-Mail-Archivierung. Hier wird zunehmend auch PDF/A als sicheres Langzeitformat eingesetzt. Mit PDF/A-1 kann man eine E-Mail mit Attachments entweder in einzelne PDF/A-Dateien oder alles zusammen in eine einzige komplette PDF/A-Datei verwandeln. Nutzt man hierfür Collections jedoch, lässt sich noch besser nachvollziehen, dass beispielsweise Attachment 1 ursprünglich eine Word-Datei war. Entsprechend wird die gesamte E-Mail-Nachricht als Collection mit mehreren PDF/A-Dateien erstellt. Hier bleibt aber abzuwarten, wie diese Möglichkeit in praktischen Anwendungen genutzt wird.
„No limits“
Weiterhin werden in PDF/A-2 historisch bedingte technische Limitierungen aufgehoben, die es in PDF/A-1 hauptsächlich wegen Produktbeschränkungen in Adobe Acrobat 5 noch gab.
Beispielsweise kann ein Dokument jetzt mehrere „hundert Kilometer“ Ausmaße haben – Seitengrößen im Maßstab 1:1 bis zu 381km Kantenlänge (bisher: 5,08 m) sind möglich.
In praktischen Anwendungen fällt das etwa bei typischen DIN-A4 Geschäftsdokumenten ganz bestimmt nicht auf, aber bei Plänen beispielsweise im Katasteramt, bei Wasser-, Gas- oder Elektrizitätswerken etc., aber auch bei Architekturzeichnungen für Gebäude, kann man schon mal an diese Limits stoßen. Auch im digitalen Konstruktionsbereich entstehen unter Umständen Pläne mit sehr großen Ausmaßen.
Dadurch ist es in vielen Fällen nunmehr möglich, solche Pläne digital im Maßstab 1:1 zu speichern und etwa in Adobe Reader Entfernungen ohne Umrechnung messen zu können.
Auch wenn es vom Standard her noch passt, tut sich ein älterer Adobe Reader mit übergroßen Dokumenten schon mal schwer bei der Anzeige und wird entsprechend langsam. Obwohl nicht im direkten Zusammenhang mit dem Standard stehend, wurde aber ab Adobe Reader 7, dem derzeit beliebtesten Viewer, hier für die notwendige Performanz gesorgt. Für reibungsloses Arbeiten sollte man also darauf achten, aktuelle Versionen von Adobe Reader oder anderen PDF-Viewern einzusetzen (seit Sommer 2008 ist die aktuelle Adobe Reader-Version 9.0 bzw. das kostenlose Update auf 9.1 (mit verbesserter Sicherheit) seit März 2009 verfügbar).
Status der Standardisierung von PDF/A-2
Mit Erscheinen dieses Newsletters trifft sich Ende April 2009 das weltweite ISO-Komitee sehr passend auch in Hamburg. Hier sind alle aktiven Länder über die nationalen Standardisierungsgremien wie in Deutschland der DIN oder der SNV in der Schweiz vertreten.
Das PDF/A Competence Center hat den Status einer Kategorie-A-Liaison, die neben der Teilnahme an den Normungssitzungen beratende Beiträge und Kommentare ermöglicht, und ist durch Vorstände und technische Mitarbeiter seiner Mitglieder persönlich vertreten.
Da sich im Umfeld der PDF-Standards viele inhaltliche und personelle Überlappungen ergeben, wird in einer kompakten Woche auch über PDF als Standard selber gesprochen. Nachdem PDF 1.7 als ISO-Standard 32000-1 im Sommer 2008 verabschiedet wurde, arbeitet man jetzt an der Weiterentwicklung als ISO 32000-2. Ein weiteres Thema ist PDF/E, wobei hier das E für Engineering steht. Für ihn bestehen sehr ähnliche Zielsetzungen wie bei PDF/A, erweitert um die für den Engineering-Bereich so wichtige Berücksichtigung von 3D-Objekten. Dagegen fokussiert PDF/A die eindeutige und langfristige Reproduktion von statischen zweidimensionalen Dokumenten.
Im Anschluss an das Hamburger ISO-Meeting wird ein CD (Committee Draft) des PDF/A-2-Normentwurfs zur Kommentierung verteilt. Im darauf folgenden ISO-Meeting im Oktober 2009 in Orlando wird darauf aufbauend der DIS (Draft International Standard) erarbeitet und zur abschließenden, fünf Monate währenden Abstimmung verteilt.
Mit dem DIS ist die technische Spezifikationsarbeit abgeschlossen. Die nationalen Mitglieder stimmen über die Norm ab, und es folgen formale Schritte, die allerdings auch ihre Zeit brauchen.
Aus heutiger Sicht ist mit der Veröffentlichung von PDF/A-2 (ISO 19005-2) Ende 2010 zu rechnen.
Was bedeutet das jetzt für Anwender?
Wie oben bereits erläutert, aber hier noch mal bewusst wiederholt, besteht für Anwender, die heute schon PDF/A-1 einsetzen, keinerlei Notwendigkeit zur Migration! PDF/A-1 wird als Standard niemals ungültig und die Kompatibilität ist natürlich weiterhin sichergestellt. Ein gültiges PDF/A-1 Dokument ist automatisch auch eine gültige PDF/A-2 Datei.
Wenn die oben beschriebenen neuen Funktionen für ein Projekt interessant sind, kann man natürlich – auch abhängig von den eingesetzten Werkzeugen – zu einem definierten und aus Projektsicht sinnvollen Zeitpunkt auf PDF/A-2 umstellen.
Auch wer erst noch den Einsatz von PDF/A in seinen Anwendungen plant, kann PDF/A-2 schon in seine Überlegungen einbeziehen. Denn bei großen Projekten kann unter Umständen das Gesamtprojekt auf einer Zeitachse in und nach 2010 liegen.
Viele große Unternehmen wie z.B. die Techniker Krankenkasse haben auch sehr erfolgreich erst mal Erfahrungen in kleinen und überschaubaren Projekten wie Personalakten mit PDF/A gesammelt, bevor die strategischen Anwendungen wie hier Posteingang und Ausgangspost mit PDF/A realisiert wurden.
Hier besteht also auch kein Grund, auf PDF/A-2 zu warten.
Um zum Schluss gerne noch mal Herrn Dr. Kampffmeyer zu zitieren, sollte PDF/A heute sowieso schon ein „selbstverständliches“ Auswahlkriterium bei der Einführung neuer ECM-Lösungen im weiteren Sinne sein. Neben den klassischen Vorteilen von PDF/A wie Langzeitsicherheit und Formatvereinheitlichung kann man PDF/A ganz einfach als „gutes PDF“ beschreiben. Somit trennt sich auch schnell die „Spreu vom Weizen“ bei den Produkt-Anbietern.
Hersteller, die es mit PDF/A ernst meinen, können während der DIS-Phase schon beginnen, ihre Produkte auf PDF/A-2 zu erweitern.
Also nutzen Sie ruhig Ihren Informationsvorteil, den Sie durch das Lesen dieses kleinen Artikels erworben haben, und fragen Sie mal Ihre Lieferanten, ob und wann die denn PDF/A-2 in ihren Produkten planen.
 
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