Dokumenten-Management als Sammelbezeichnung für Archivierungs-, klassische Dokumenten-Management- und Workflow-Lösungen hat sich inzwischen überholt. Neue Themen wie Knowledge Management, Web Content Management, automatische Klassifikation und andere überdecken die traditionellen Gebiete des in der Vergangenheit eigenständigen Marktes.
Die Standardprodukte sind weitgehend in ihrer Funktionalität vergleichbar geworden. Neuigkeiten sind häufig Zusatzprodukte zur Verbesserung der Dokumentenerfassung wie die automatische Klassifikation und Indizierung, verbesserte Lösungen für das Output-Management, die inzwischen den Bereich der Publikation von Dokumenten einschließen oder die Zusammenfassung der bisherigen Technologien unter dem Oberbegriff Knowledge Management zur verbesserten Erschließung von Informationen.
Dokumenten-Management hat sich zu einer Basistechnologie entwickelt und wird immer mehr Allgemeingut. Die Funktionalität findet sich inzwischen in allen Arten von Anwendungen wieder – überall dort, wo es geht unstrukturierte Informationen zu erfassen, zu verwalten, zu erschließen und zu reproduzieren. Reine Stand-alone Dokumenten-Management-Systeme befinden sich bereits auf dem Rückzug. Die Anwender legen immer mehr Wert darauf, daß sich die Funktionalität direkt in die Anwendungen, mit denen ständig gearbeitet wird, integrieren läßt. Die bekannten Funktionen finden sich so in kaufmännischer Software, in Bürokommunikations- und Groupware-Lösungen, in CAD-Anwendungen und zahlreichen anderen Applikationen wieder. Eigentlich hat damit Dokumenten-Management sein Ziel erreicht: es ist Bestandteil der DV-Infrastruktur.
Traditionelle Lösungen
Bei den traditionellen Lösungen kann man heute noch drei wichtige Produktlinien unterscheiden: elektronische Archivierung, Dokumenten-Management im engeren Sinn und Workflow. Auch diese Produkte haben weiterhin eine Daseinsberechtigung, da der Markt erst zu 10% bis 15% erschlossen ist. Die Problematik der Anbieter ist jedoch, werden die potentiellen Anwender nach der Überwindung des Jahr-2000- und EURO-Umstellungsproblems noch in diese Technologien investieren oder wagen sie gleich den Sprung auf die neuen Themen?
Elektronische Archivierung
Die elektronische Archivierung ist der Ursprung des Dokumenten-Managements. Die Nutzung spezieller, nur einmal beschreibbarer optischer Speichermedien, war der Geburtshelfer. Die Architektur der meisten Lösungen basiert auf dem Referenz-Datenbankmodell, bei dem in einer Indexdatenbank auf die separat gespeicherten Dokumentobjekte verwiesen wird. Das Überleben dieses Marktsegementes wird derzeit durch die Massen der zu speichernden Objekte und die rechtlichen Anforderungen an eine revisionssichere, unveränderbare Speicherung der Dokumente gesichert.
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Elektronische Archivierung
Ausgewählte Anbieter (unvollständig)
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ACS HYPARCHIV
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A.I.S. WinDream
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asOne asOne Archiv-Server
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Autodigit AUTODIGIT
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CE CE Archiv
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COI COI-BusinessFlow
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Debis ImageMaster
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Docunet DocuWare
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EASY EASY ARCHIVE
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FileNET Panagon
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IBM VisualInfo
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iXOS iXOS-ARCHIVE
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Lotus Record Manager
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Materna Hyperdoc
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SER ITA
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Win!DMS Saperion
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Klassisches Dokumenten-Management
Das klassische Dokumenten-Management oder Dokumenten-Management „im engeren Sinn“ sind Lösungen, die im wesentlichen die Unzulänglichkeiten hierarchischer File-Management-Systeme datenbankgestützt ausgleichen. Sie sind durch die Erweiterungen von kaufmännischen Anwendungen wie SAP, Exchange von Microsoft und besonders Lotus Notes/Domino erheblich unter Druck geraten. Viele Eigenschaften der Produkte finden sich heute in Standard-Softwarepakten wieder. Reservate tun sich für die herkömmliche Technologie in bestimmten Branchen wie der Pharma-Industrie sowie für spezifische Anwendungen in der Produktdokumentation auf. Dokumenten-Management-Lösungen werden häufig bereits in Kombination mit der Archivierung angeboten. Hierdurch kann der gesamte Lebenszyklus eines Dokumentes von der Entstehung über die Unterstützung des Bearbeitungsprozesses bis zur Langzeitarchivierung unterstützt werden.
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Klassisches Dokumenten-Management Ausgewählte Anbieter (unvollständig)
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CE Move
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Documentum Documentum
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EASY EASY DMS
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FileNET Panagon
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Interleaf RDM
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Lotus Domino.doc
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Hummingbird DocsOpen
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Workflow
Workflow begann als das Routing von Dokumenten in der Verbindung mit der Archivierung. In den letzten Jahren entwickelten sich drei wesentliche Typen des Workflows: der „Production-Workflow“ zur Abbildung komplexer, kontrollierter Abläufe, die eigentliche Vorgangsbearbeitung, „Ad-hoc-Workflow“ auf Basis von Email und elektronischen Formularen und der „Collaborative-Workflow“, die Abbildung von einfachen Abläufen mit kooperativen Groupware-Produkten. Der Production-Workflow wurde ergänzt um Design- und Geschäftsprozessoptimierungs-Tools zur Gestaltung der Prozesse. Inzwischen ist Workflow-Funktionalität in fast allen kaufmännischen Anwendungen, Groupware und zahlreichen Branchenapplikationen direkt integriert. Ähnlich wie beim klassischen Dokumenten-Management wird dieser Produktbereich als eigenständige Disziplin mittelfristig verschwinden.
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Workflow Ausgewählte Anbieter (unvollständig)
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COI Businessflow
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DIaLOGIKa multiDESK Workflow
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FileNET Panagon
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IABG Prominand
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IBM MQSeries
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Jetform e-Process
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Ley Cosa
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Lotus Domino Workflow
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Paravisio SmartFlow
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PC-Konzepte AG PowerWork
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SER/CSE SERfloware -/ DOMEA
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Staffware Staffware Workflow
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Tibco Teoss/ InConcert
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Der Markt im Umbruch
Die Anbieter reagieren auf den rapiden Wandel im Markt, den bereits 1998 vom Autor postulierten Paradigmenwechsel. Einige positionieren sich vollständig als E-Business-Unternehmen neu. Gute Beispiele sind hierfür FileNET, einer der Pioniere in diesem Umfeld, und TIBCO. Andere bieten Komponenten an, als nachgeordnete Dienste oder „Engines“ oder als Module für das „Enabling“ von Anwendungen. In diesem Marktsegment haben inzwischen fast alle Anbieter etwas zu bieten – von ACS und asOne über CE und SER bis zu Staffware und Win!DMS. Hersteller wie A.I.S. integrieren die Funktionalität gleich ins Betriebssystem. Andere Anbieter setzen auf „Ready-to-Work“ Module, die mit geringem Aufwand standardisiert in das IT-Umfeld des Anwenders integriert werden. Zu den typischen Anbietern gehören hier ACS, Autodigit, iXOS und andere. Daneben positionieren sich mit gleichem Anspruch spezielle Lösungen, wie Call Center-Management-Software (CCM), Costumer-Relation-ship-Management-Anwen-dungen (CRM) oder Supply-Chain-Management-Appli-kationen (SCM) wie z. B. von FileNET. Aber auch an vorgefertigten Branchenlösungen fehlt es nicht – in diesem Umfeld profilieren sich z. B. ACS, CE sowie SER mit ihrer Domea-Lösung.
Der Druck auf die Branche kommt aus verschiedenen Richtungen. Große Anbieter wie Microsoft oder Lotus haben inzwischen ihre Portfolios mit Dokumenten-Management-Funktionalität ergänzt. Besonders Lotus bietet inzwischen Dokumenten-Management-, Workflow- und Archivierungskomponenten aus einer Hand an. Noch wichtiger ist jedoch der Konkurrenzdruck, der durch Web-Portale, Content-Management und E-Business erzeugt wird. Hier kommen völlig anders geartete Lösungskonzepte zum Tragen, die durch die Architektur, die Standards und die Formate von Web-basierten Lösungen erforderlich sind. Es entstehen auch völlig neue Nutzungsvarianten, wie z.B. die Bereitstellung von Web-Archiven, Dokumentenverwaltungslösungen, Groupware oder Workflow bei Providern – das sogenannte ASP (Application Service Providing) oder DMCO (Document Management Complete Outsourcing). Der Anwender benötigt keine aufwendigen eigenen Installationen mehr, sondern kann beim Provider seine Dokumente ablegen und bei Bedarf recherchieren. Auch neue technologische Ansätze im Umfeld des Knowledge Manage-ments mit automatischer Klassifikation, intelligenten Retrievalansätzen und digitaler Signatur, tragen zur Veränderung des Marktes bei.
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Neue Module, Funktionalität und Ausrichtung der Anbieter
| Ausgewählte Anbieter (unvollständig)
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Automatische Klassifikation
| CE, COI, EASY, IBM, SER u.a.
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E-Business
| FileNET, IBM, Tibco u.a.
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Web Content Management
| IXOS, FileNET, IBM, Lotus, Oracle, SAP u.a.
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Digitale Signatur
| COI, EASY, Jetform u.a.
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Knowledge Management
| FileNET, Hummingbird, Lotus, Opentext, Microsoft, SER u.a.
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ASP Application Service Provider Lösungen
| asOne, CE, daa, IBM, iXOS u.a.
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Vertikale Branchen-Anwendungen
| ACS, CE, COI, FileNET-Partner, SER/CSE u.a.
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Ready-to-Work Subsysteme
| ACS, A.I.S., EASY, iXOS u.a.
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Integration der Funktionalität in Notes/Domino oder Exchange
| ACS, CE, EASY, FileNET, SER, Win!DMS u.a.
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SAP Archivelink
| ACS, CE, COI, EASY, FileNET, IBM. iXOS, SER, Win!DMS u.a.
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Zukünftig wird sich vieles im Markt nur noch um das neue Schlagwort E-Business drehen, das herkömmliche Architekturen und Nutzungsmodelle in Frage stellt. Bisher eigenständige Dokumenten-orientierte Lösungen werden zu nachgeordneten Diensten, die über Portale im Intranet, Extranet oder Internet erschlossen werden.
Vom Dokumenten-Management zu Document Related Technologies
Neue Begriffe und Strömungen prägen den Markt – Integration in Telekommunikationslösungen, tausend-und-ein-Slogan mit „e“ oder „@“, CRM, SCM, ... - eigentlich müßten die Anbieter von Dokumenten-Management-Systemen dankbar sein, daß durch die Neudefinition des Marktes als Document Related Technologies das Spektrum erheblich erweitert und die bisherigen Trennungen in einzelne Disziplinen aufgehoben wurden. Zu DRT Document Related Technologies rechnet man heute Internet, Intranet & Extranet; Document, Workflow & Knowledge Management; E-Commerce & Digital Signatures; Document Input, Distribution & Storage; OCR, ICR & Pattern Recognition; Databases, DataWarehouses & Retrieval Engines; Imaging & MultiMedia; Archival & Records Management; Secure Communication & Unified Messaging; Groupware & Office Solutions; Forms & Output Management; Middleware & Componentware; sowie Content Management & Content Distribution.
Die Preise purzeln
Die Vergleichbarkeit von Funktionalität und Preis bleibt bei diesen neuen Strategien auf der Strecke. Der Anwender kann sich nur schwer im Wirrwarr der Fachbegriffe und Marketingaussagen zurechtfinden. Die Preise für spezielle Branchenlösungen sind häufig günstiger als die Listenpreise für die enthaltenen Einzelmodule. In Realisierungsprojekten werden die Lizenzpreise sowie jedes mal neu verhandelt – obwohl sie häufig nur einen geringen Anteil der Gesamtprojektkosten ausmachen. Unterschiedliche Preismodelle tragen zur Verwirrnis bei: Site-Lizenzen, Server-Lizenzen, Client-Lizenzen nach concurrent user (gleichzeitig angemeldeten Anwendern) oder installierter Client-Software, Preise nach gespeicherter Anzahl Dokumente oder Kapazität des Archivs in GigaByte, Unternehmenslizenzen, „Pay-per-view“-Lizenzen (Abrechnung nach Anzahl der angezeigten Dokumente), Leasing mit oder ohne Hardware, Komplett-Preise inklusive Beratung und Installation, Anrechnung vorhandener Software bei Ablösung, gestufte Rabatte nach Anwenderzahl, usw. usw. Preis-/Leistungsver-gleiche lassen sich daher nur zeitpunkt- und auf die zu lösende Problemstellung bezogen durchführen. Der Trend ist jedoch deutlich – die Preise verfallen. In dem Maße wie Standardsoftware-Anbieter ihre Portfolio`s um Dokumenten-Management-Funk-tionali-tät ergänzen oder gar Linux-Anwendungen nahezu kostenlos verfügbar werden, sinken die Preise zunehmend. Dokumenten-Management wird hierdurch auch für den Mittelstand erschwinglich. Für die Anbieter wird die Kalkulation immer schwieriger. Es muß die langfristige Verfügbarkeit der Lösung sichergestellt werden, damit auch in Jahren der Anwender seine Informationen nutzen kann. Ein Großteil der Ressourcen und des Kapitals wird hierdurch gebunden, so daß bei kleineren Softwareherstellern häufig nicht mehr genügend Mittel und Mitarbeiter vorhanden sind, um neue innovative Produkte oder Zusatzmodule auf den Markt zu bringen. Die große Zahl der heute noch im Umfeld Dokumenten-Management vorhandenen Anbieter wird sich daher in den kommenden Jahren drastisch reduzieren. (Kff)