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Standards im E-Government (Teil 2)
Von Rainer Clemens, Berater bei der PROJECT CONSULT Unternehmensberatung GmbH.  
Teil 1 des Beitrags finden Sie in der Ausgabe 20030122 des PROJECT CONSULT Newsletters.
SAGA - Standards und Architekturen für eGovernment Anwendungen
Im Rahmen der Bund Online 2005 Initiative, durch die bis zum Jahre 2005 über 350 Dienstleistungen im Internet zur Verfügung gestellt werden sollen, wurde mit dem Dokument SAGA, welches bislang nur in der ersten Entwurfsversion 0.9 veröffentlicht wurde, ein weiterer Standard geschaffen der im Bereich eGoverment eine Rolle spielt. Die neue überarbeitete Version soll im Frühjahr veröffentlicht werden. Mit SAGA erbringt die Bundesregierung eine Aufstellung von Standards und Architekturen, die bei der Umsetzung der Internetdienstleistungen verwendet werden sollen. Durch einfache und klare Standards und Spezifikationen kann die Interoperabilität von Informationssystemen erreicht werden. SAGA identifiziert erforderliche Standards, Formate und Spezifikationen und legt dafür Konformitätsregeln fest. SAGA umfasst alle Standards und Architekturen, die für die Anwendungen für die Bereiche Government to Citizen, Government to Business und Government to Government für ausgewählte Dienstleistungen des Bundes benötigt werden.
Der Standardisierungsansatz SAGA verfolgt das „Best-Practice“-Prinzip für die Bereiche technische Standards und Architekturen, Prozessmodellierung, Datenmodellierung sowie Entwicklung von Basiskomponenten und unterteilt diese in die drei Klassen „obligatorisch“, „empfohlen“ und „Unter Beobachtung“. Anhand der Klassen lässt sich erkennen, welche Standards die bevorzugte Lösung darstellen, nur empfohlen werden oder erst einmal unter Beobachtung stehen.
Europäische und internationale eGovernment-Standards
Seit den letzten zwei Jahren geben zwei wichtige Initiativen auf europäischer und internationaler Ebene den Organisationen in den privaten und öffentlichen Sektoren eine Richtlinie an die Hand, die an geschäftsprozessorientierten Vorgehensweisen des Records Management ausgerichtet sind. Die Initiative „Model Requirements for the Management of Electronic Records – MoReq“ der Europäischen Kommission wurde 2001 veröffentlicht. Die zweite Initiative ist der internationale Standard ISO 15489. Beide Initiativen wurden allgemein als wichtige Hilfen zur Entwicklung einer Informations- und Records Management-Strategie zur Unterstützung von E-Business Programmen anerkannt.
MoReq – Model Requirements for the Management of Electronic Records
MoReq liefert im Gegensatz zu den anderen Standards eine sehr detaillierte Anforderungsliste sowohl für funktionale Anforderungen an ein elektronisches und papierbasiertes Records Management System, als auch für die dazugehörigen elektronischen Vorgangsbearbeitungs- und Dokumenten-Management-Systeme. MoReq schließt auch Richtlinien zur Betrachtung von operationalen Systemen und Managementsystemen ein und erstellt nicht nur Anforderungen für eine Aufbewahrung von elektronischen Aufzeichnungen, sondern auch für die Anforderungen anderer elektronischer dokumentenbezogener Funktionen wie Workflow, E-Mail und Elektronische Signaturen. Die Anforderungschecklisten von MoReq stellen eine Art Schablone zu jedem Anwendungsbereich dar. In diesen Anforderungslisten werden alle Anforderungen beschrieben und jede einzelne Funktion detailliert definiert. Im Anschluss werden Empfehlungen ausgesprochen, ob diese Funktion „Pflicht“ oder „Wünschenswert“ ist.
MoReq ist das bis heute detailliertest Dokument für diesen Bereich. Es besteht aus 390 definierten Anforderungen und einem Metadatenmodell aus 127 Elementen in einem 100 Seiten Dokument. MoReq wird weithin anerkannt und wird nun in alle Sprachen der Mitgliederstaaten der Europäischen Union übersetzt. In Großbritannien gibt es beispielsweise drei Organisationen, die es als Grundlage für das Erstellen ihrer Anforderungsliste für Records Management genutzt haben. MoReq ist inzwischen auch Bestandteil der PRO Standards der englischen Regierung.
ISO 15489 – Records Management
MoReq baut mit der Entwicklung von Spezifikationen für Records Management auf dem Standard ISO 15489 auf. ISO 15489 legt in seiner Dokumentation fest, welche Dokumente erzeugt, welche Information in die Dokumente eingefügt werden müssen und welcher Genauigkeitsgrad erforderlich ist, in welcher Form und Struktur Dokumente erzeugt und erfasst werden sollen, welche Anforderungen zum Retrieval und Gebrauch von Dokumenten benötigt werden, wie lange sie archiviert sein müssen um diesen Anforderungen zu genügen und wie Dokumente zu organisieren sind um die Anforderungen für den Gebrauch zu unterstützen. In einem weiteren Teil spezifiziert ISO 15489 den Prozess von der ersten Analyse über die Identifizierung der Anforderungen bis hin zur Implementierung eines Records Management Systems und unternehmenspolitischen Maßnahmen. Die ISO 15489 soll international eine einheitliche Grundlage für das elektronische Records Management schaffen.
Zusammenfassung und Ausblick
DOMEA ist der wichtigste Standard für elektronische Schriftgutverwaltung in der öffentlichen Verwaltung in Deutschland, aber auch SAGA nimmt zunehmend eine ähnlich wichtige Rolle ein, da dieser Standard die Umsetzung der Dienstleistungen des Bundes im Internet unterstützt. Während DOMEA sich hauptsächlich an traditionellen internen Verwaltungsanforderungen orientiert, zielt SAGA auf die Integration von Verwaltung, Politik, Unternehmen, Bürgern und Verbänden über elektronische Plattformen. Durch die Initiative Bund Online 2005 ist zu erwarten, dass sich zukünftige technische Lösungen der öffentlichen Verwaltung an DOMEA und SAGA orientieren werden. Die Lösungen werden aber zudem die europäischen und internationalen Standards berücksichtigen müssen, da zum Einen die Hersteller der Lösungen oft international agieren, zum Anderen MoReq immer mehr an Bedeutung gewinnt. Daher kann nur Allen, die für oder in der öffentlichen Verwaltung mit dem Thema eGovernment zu tun haben, empfohlen werden, sich näher mit den vier kurz vorgestellten Standards zu beschäftigen. (RC)
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