20050720 \  In der Diskussion \  Randnotizen
Randnotizen
Kauft Cisco EMC?
In verschiedenen Publikationen und Foren wurde das Gerücht kolportiert, dass Cisco beabsichtigt, EMC für ca. 43 Milliarden US-Dollar zu übernehmen. Bisher haben sich diese Insidernews nicht bestätigt. Bekannt ist aber, dass Cisco sich seit längerem im Umfeld von Storage- und ILM umtut. Bei Ciscos Mergers & Acquisitions waren es bisher immer nur kleinere Unternehmen, die sich einfach integrieren ließen. Genug Geld für einen Big Bang wäre aber in der Kasse. Nur macht eine solche Akquisition Sinn? Cisco will bekanntermaßen in den Storage-Sektor expandieren, auch die Software zur Verwaltung der Speicher, also ILM und am Horizont ECM, werden immer interessanter. Mit einer Übernahme wie EMC ließe sich auf einen Schlag eine marktführende Stellung erreichen. Nicht zuletzt durch den Aufkauf von StorageTek durch Sun, ist die ganze Branche aufgeschreckt. Selbst Anbieter wie Oracle lassen inzwischen Interesse am ILM-Segment verlauten und Firmen auf dem absteigenden Ast, wie z.B. HP im Storage-Bereich, müssten eigentlich auch etwas tun. Durch Eigenentwicklung lassen sich Lücken in Portfolios kurzfristig nur sehr schwer schließen und ein Aufkauf bringt auch gleich die Kundschaft mit. Das Gerangel unter den Schwergewichten der Branche, die Konsolidierung, ist noch längst nicht abgeschlossen. Auch wenn Cisco diesmal noch keine größere Akquisition tätigt, dürfte sich die Situation ändern, wenn einer der anderen großen Anbieter sich im Umfeld Information Management durch einen Aufkauf verstärkt. Anzeichen gibt es genug.
Bill Gates goes ECM
Microsoft verstärkt seine Aktivitäten im ECM-Umfeld. So gibt es inzwischen Whitepapers zu ECM, Roadmaps und entsprechende Informationsseiten auf der Homepage. Auch Bill Gates hat in einem Vortrag, der im Internet verfügbar ist, unterstrichen, dass die Verwaltung von Informationen, Collaboration und Business Process Management nunmehr wichtige, strategische Ziele von Microsoft sind. Mit Produkten wie Sharepoint Portal Server, Biztalk und InfoPath beginnt sich Microsoft immer deutlicher hier zu positionieren. In den Portfolio-Bildern sind heute noch viele Komponenten einer ECM-Gesamtlösung mit Partnerprodukten besetzt. Für die ECM-Anbieter ist es natürlich auch interessant, sich an den Rockzipfel von Microsoft zu hängen und von Microsofts Marketingaktivitäten als Partner zu profitieren. Jedoch wo endet die Partnerschaft, wo wird man zum Wettbewerber? Bis auf das Thema Archivierung plant Microsoft alles mit eigenen Produkten, einer nahezu kompletten ECM-Suite, zu bedienen. Archivierung ist aus verschiedenen Gründen für Microsoft wenig interessant: Zum einen sind die rechtlichen Anforderungen in den verschiedenen Ländern so unterschiedlich, dass ein eigenes Produkt keinen Sinn macht. Zum zweiten - und wichtiger - würde man sich mit der Langzeitarchivierung einen "Klotz ans Bein binden", denn dann müsste man ja die Verfügbarkeit aller Dokumente und Informationen über Jahrzehnte sicherstellen. Dies behindert Neuentwicklungen und es ist ja leidlich bekannt, was passiert, wenn man versucht ein Excel-Sheet von 1995, mit Makros, zehn Jahre später wieder aufzurufen. Für die Anbieter von ECM-Lösungen, die heute mit Microsoft kooperieren, muss jedoch eines deutlich sein - Microsoft will selbst einer der wichtigsten Anbieter in diesem Markt werden und man kann als Partner dann sehr schnell als abgehalfteter Steigbügelhalter enden. Ach ja, man sollte auch Mendocino und die Liäson Microsoft & SAP im Auge behalten.
WWW
Die Aussagen der amerikanischen Regierung zur Herrschaft über das Internet sind eindeutig. Man wird sich diese nicht durch ein Gremium wie ICANN beschneiden lassen oder ihm gar mehr Rechte einräumen. ICANN ist ein Gremium, das mehr und mehr zur Farce wird. Letztlich sind alle WWW-Nutzer auf die Domain-Verzeichnisdienste unter Kontrolle der Amerikaner angewiesen.  
Wie wird es auss
ehen, wenn es einmal weit mehr Nutzer des WWW außerhalb von Amerika gibt - all die vielen Brasilianer, Chinesen, Inder und wer noch so ins Internet drängt? Mittels der Verzeichnisserver kann man nicht nur einzelne Sites verschwinden lassen, sondern ganze Länder bei Bedarf ausblenden.  
Wird die Herrschaft über die URLs ein Mittel in virt
uellen oder gar realen Kriegen werden?  
Werden sich die anderen Nationen die Dominanz der Am
erikaner über das WWW noch lange gefallen lassen?  
Wird man beantragen, das WWW in die Hände der UNO zu legen?
 
Oder wird es irgendwann ein zweites, völlig neuartiges I
nternet geben, dessen Verzeichnisdienste nicht in den USA beheimatet sind, das nicht die bekannte Infrastruktur benutzt? Vielleicht ist ja schon jemand am Basteln.
Selbständigkeit
Wie steht es um all die Merger der Vergangenheit, wo in den Anfangstagen es immer hieß, die Assets des übernommenen Unternehmens werden nicht angetastet, das Unternehmen sei gut aufgestellt und man würde die Geschäfte weiterführen wie bisher? Was wurde aus Gauss, was aus IXOS - was wird aus Firmen wie RedDot und anderen jüngst übernommenen. Eine Weile bleibt alles gut, doch letztlich ist immer das Ziel, das übernommene Unternehmen in die eigene Organisation zu integrieren. Dies ist schwieriger und langwieriger, als sich das übernehmende Unternehmen dies vorstellt. So erscheint es auch dem Betrachter zunächst so, als ob sich wirklich nichts ändere. Wenn man weiter dazukaufen will, bleibt dem übernehmenden Unternehmen auch nichts anderes übrig, die aufgekauften Firmen möglichst nahtlos in Bezug auf Kultur, Mitarbeiter, Organisation und Produkte zu integrieren - sonst hat man schnell einen Sack voll von Einzelteilen, die zusammengenommen größer sein können, als das übernehmende Unternehmen selbst. Die gleiche Situation bekommt man, wenn sich ähnlich große Unternehmen mit starken Überlappungen in Markt und Portfolio zusammenschließen wollen. Viel Kraft wird für die Integration verloren gehen, aber ohne Integration und Bereinigung hat ein solches Konglomerat keine Chance. Wie solche Prozesse ablaufen und mit welchem Erfolg sie enden werden, wird man dieses Jahr noch an einigen Beispielen neuer Merger & Acquisitions beobachten können.
Multilingualität
Im Bereich multilingualer Übersetzungs- und Lokalisierungssoftware drehte sich ein eigenes, kleines Übernahmekarussell. So kaufte SDl kürzlich Trados, nur wenige Tage später übernahm Lionbridge die Firma Bowne. Bei BrainTribe handelte es sich  dagegen nur um die Neufirmierung der  ehemaligen Comprendium, wobei zumindest namentlich die spanische Tochter Translendium S.L. aus Gründen der Marktbekanntheit bestehen bleibt. Bis auf Trados sind dies im ECM-Umfeld bisher kaum bekannte Namen. Dennoch wird das Thema Multilingualität immer wichtiger. Nicht nur bei der automatischen Übersetzung oder der Unterstützung der Lokalisierung von Software. Die Erschließung fremdsprachlicher Quellen bis hin zu Benutzungsoberflächen, die zur Laufzeit einschließlich der angezeigten Daten auf andere Sprachen umschaltbar sind, wird im Zeitalter der Globalisierung immer wichtiger. Besonders bei verteilten, international agierenden Unternehmen kommt die Sprachunterstützung zur Sicherung der Verständ-lichkeit, effizienteren Arbeit und verbesserten Qualität eine große Bedeutung zu. Gerade in Europa, das sich gerade einen Schwung neuer Amtssprachen angelacht hat, wird Multilingualität ein wichtiges Thema. So geht es bei den Aufkäufen nicht nur um Technologie, sondern auch um Marktanteile zur Sicherung dieses interessanten Marktes. Auch für das Thema ECM sind solche Dienste in international tätigen Unternehmen und Organisationen daher zukünftig unverzichtbar.
 
Ach ja, neue Akronyme gibt’s auch noch
ELM (statt ILM oder DLM) für Email Lifecycle Management (kommt vom Anbieter Group Technologies; ist aber einseitig, da man E-Mail nicht isoliert betrachten sollte. ELM steht auch für Electronic License Management, Evangelisch-lutherisches Missionswerk, Enhanced Listener Message, etc. – ansonsten ist passender Weise ELM auch der Name für eine E-Mail-Software).
ECCM (statt ECM) für Enterprise Content & Collaboration Management (hat sich irgendein gelangweilter Berater ausgedacht. Passt zur ECM-Auffassung von OpenText, ist aber unnötig, da Collaboration entsprechend der Definition der AIIM international eine Komponente von ECM ist. Übrigens steht ECCM auch für Enterprise Change & Configuration Management, Enterprise Class Content Management, Electronic Counter-Counter Measures, Error Correction Code Memory und East Caribbean Common Market).
TCM (statt ECM) für Total Content Management (hat sich Mobius als Slogan zugelegt und outet sich damit als typisch amerikanischer Anbieter). TCM steht auch für Traditionelle Chinesische Medizin, Time Compression Multiplexing, Terminal-to-Computer Multiplexer, Trellis-Coded Modulation, Trajectory Correction Manoeuvre, Thermal Conduction Module, Total Cost Management und Transductive Confidence Machine.
Mag jeder für sich entscheiden, ob wir diese neuen Akronyme brauchen. (Kff)
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