20051014 \  Artikel \  Herausforderung E-Mail-Archivierung
Herausforderung E-Mail-Archivierung
von Dr. Ulrich Kampffmeyer, Geschäftsführer und Chefberater von PROJECT CONSULT. 
E-Mail:
Ulrich.Kampffmeyer@PROJECT-CONSULT.com.
E-Mail hat unser Leben verändert. Die schnelle Kommunikation mittels E-Mail hat Schreibstil und Qualität unserer Nachrichten umgekrempelt, den Zeittakt der Beantwortung drastisch erhöht, den sauber formulierten Brief auf Papier nahezu verdrängt, und mit der Möglichkeit, gleichzeitig an beliebige und beliebig viele Adressaten die Nachricht zu versenden, zur digitalen Flut geführt. Die Verwendung von E-Mails hat den Kommunikationsfluss innerhalb der Unternehmen und zwischen Geschäftspartnern aber auch wesentlich erleichtert. Informationen erreichen die Empfänger sehr schnell, auch wenn diese gerade nicht erreichbar sind. Große Empfängergruppen können einfach mit Informationen in Form von Dateianlagen auch weltweit versorgt werden, die Weiterleitung passiert in Sekundenschnelle. Diese Vorteile führten zu einer ständig wachsenden Zunahme des E-Mail-Verkehrs und zur gleichzeitigen Notwendigkeit den E-Mail-Verkehr fachlich zu organisieren und technisch zu managen. Die Speicherung von E-Mails in eigenständigen Systemen begann ein Eigenleben, neben Datenbanken, Dateisystemen und dem Speichern von Anwendungssystemen zu führen. Der Medienbruch zwischen Papier und Elektronik fand sich so auf einem Mal auch in den verschiedenen elektronischen Systemen wieder.
Im Zeitalter des Spamming wird E-Mail nicht mehr so euphorisch gefeiert wie noch vor wenigen Jahren. Dazu kommt die kaum noch übersehbare Menge einströmender Information, die mit ihrem Volumen Mailserver überlaufen und die Speicher der Arbeitsplätze überquellen lässt. Wo der Anwender nicht aktiv zum Löschen überging mussten die Administratoren Hand anlegen. Man musste die Größe der Maildateien untersuchen, eventuell beschränken und gleichzeitig Lösungen zum technischen Umgang mit nicht mehr benötigten E-Mails zur Verfügung stellen. Einige E-Mail- Produkte konnten auch nur begrenzte Speicherkapazitäten verwalten, so dass eine Auslagerung unumgänglich war. Beschränkungen des Speicherplatzes und das Löschen älterer E-Mails durch die Administration kann etwas Abhilfe gegen die "Digital Flood" bringen, trägt aber auch zur unkontrollierten Vernichtung gegebenenfalls wichtiger Information bei - das "Digital Gap" öffnet sich immer weiter. Die Tradition der Papierdokumentation ist ausgelaufen ohne dass wir bereits eine Tradition des digitalen Bewahrens entwickelt hätten.  Ein Ausdruck von E-Mails und die Ablage des Papiers in Aktenordnern wie bisher, würden alle Vorteile des elektronischen Kommunikationsmediums konterkarieren.
So ist denn E-Mail-Archivierung heute en vogue. Besonders durch das Thema Compliance getrieben, schnellen die Verkaufszahlen einschlägiger Anbieter von E-Mail-Archivierungssoftware hoch und zwingen damit, die Hersteller von komplexeren ECM Enterprise-Content-Management-Produkten nachzuziehen. Doch wie ist es um das Thema bestellt, sind E-Mail-Archive wirklich die Lösung für das Problem der immer schneller steigenden Informationsflut?
Problemzone E-Mail
Die Verwaltung von E-Mails ist kein einfaches Thema. Sie landen in privaten Postkörben und fristen dort ihr Dasein bis zum Löschen. Dank der Verteilerinformation ist häufig der ursprünglich vorgesehene Empfänger nicht mehr so richtig ermittelbar. Kryptische Betreffzeilen lassen auch wichtige E-Mails im Spam-Verzeichnis enden. Beliebig geschachtelt und per Antwortfunktion kopiert tragen sie zur Informationsredundanz bei. Attachments lassen nicht nur die Beschränkungen des Postfachs platzen, sie kommen auch häufig in Formaten, die man nicht anzeigen kann oder machen über dynamische Links das Nachladen von Informationen aus dem Internet erforderlich. Elektronisch signiert werden sie zum rechtskräftigen Handelsbrief, wenn denn die Firewall die Signatur als solche erkennt und die E-Mail nicht auf Grund eines nicht interpretierbaren, möglicherweise gefährlichen Inhalts im Nirwana verschwinden lässt. Die Vielfalt der Form macht eine automatisierte Zuordnung in Datenbanken sehr schwierig, besonders wenn die Absender alles darauf anlegen, möglichst keine Referenz-Information zu Vorgängen, Kundennummern oder anderen identifizierenden Merkmalen mitzuliefern. E-Mails lassen sich einfachst editieren und so kann auch schon eine E-Mail beim Absender mal ein anderes Datum tragen als beim Empfänger. Und E-Mails haben die Eigenschaft, häufig einmal dort zu landen, wo sie besser nicht gelesen werden sollten – siehe die Prozesse um Microsoft, um Enron, um Worldcom. E-Mail hat in vielerlei Beziehung unser Leben verändert.
Dank des Sabanes-Oxley-Act wurde so eine neue Form der Archivierung geboren – E-Mail-Archivierung. Vorher war E-Mail ein Informationstyp wie jeder andere. Aber dank der steigenden Compliance-Anforderungen wird die Aufbewahrung und Erschließung von E-Mails immer wichtiger. Herkömmliche Mail-Systeme wie Notes oder Outlook mit ihren Datenbanken und Speicherstrategien sind ein völlig ungeeigneter Ort um wertvolle Information aufzubewahren. Diese Lücke bedienen nur Spezialanbieter. Sie unterstützen die Erfassung der E-Mails automatisch, zwingen den Empfänger sie richtig zu ordnen, und legen sie in eigenen Datentöpfen ab. Diese können dann mit eigenen Clienten durchforstet oder aber mit der Clientsoftware von der Bürokommunikationsanwendung wieder gefunden werden.
Eine durchaus wachsende Zahl von Anwendern löst heute die Probleme mit der Integration der E-Mail-Korrespondenz in ein elektronisches Archivierungskonzept oder über Insellösungen, die andere Problemfelder schaffen können. Auf der anderen Seite behindert die Komplexität der E-Mail-Strukturen eine systematische und möglichst automatische Klassifikation und Indizierung der E-Mail-Dokumente, was eine zwingende Voraussetzung für die Einführung jedes elektronischen Archivs ist.
E-Mails sind aus Dokumentensicht nur jeweils ein Element in der gesamten Betrachtung des Dokumenten-Inputs und Dokumenten-Outputs – aber eines mit besonderer Komplexität. Um die Komplexität der Struktur und des Umgangs mit E-Mails zu verstehen, müssen wir nur einen Blick auf das heutige moderne Verständnis  des Dokumentenbegriffs werfen. Früher orientierten sich der Begriff Dokument und das Verständnis von Dokumenten-Management an einer physisch greifbaren Form. Heute kann ein Dokument eine beliebig komplexe Struktur wie ein Container mit beliebigen digitalen Komponenten besitzen. Host-Output, Web-Formulare, Protokolle von Web-Transaktionen, dynamische HTML-Seiten, digitale Video- und Ton-Aufzeichnungen, Datensätze, Office-Dateien, elektronisch signierte Dateien und eben E-Mails mit Attachement – dies alles sind nach heutigem Verständnis Dokumente. Die E-Mail, mit der Möglichkeit über Attachments beliebig  verschachtelte Strukturen zu schaffen ist das gängigste Beispiel für hoch komplexe Dokumentenstrukturen. Hinzu kommt, dass bei einer Archivierung von E-Mails der Umgang mit verschlüsselten E-Mails beachtet werden muss. Bei verschlüsselten Dokumenten widersprechen sich der Wunsch nach Geheimhaltung von Informationen mit wesentlichen Kriterien der Langzeitarchivierung wie Sicherstellung der Information und Verfügbarkeit. Was passiert, wenn während der Aufbewahrungsfrist der Schlüsselinhaber verstirbt oder wenn der Schlüssel selbst abhanden kommt?
Aber macht es Sinn hierfür Spezialarchive einzusetzen? Eigentlich nicht. E-Mail ist in erster Linie ein Transportmedium. Der Inhalt einer E-Mail ist das Entscheidende. E-Mails gehören in einen fachlichen oder sachlichen Zusammenhang. Sie müssen mit anderen Quellen zusammen gespeichert werden, mit Daten aus operativen Systemen, mit eingehenden Fax-Mitteilungen, mit gescannten Dokumenten, mit selbst erzeugten Dateien ... bevor letztere ihr Leben als Attachment in einem unsortierten Haufen von Ausgangs-E-Mails beenden. E-Mails gehören in virtuelle Akten, die dem Sachbearbeiter den Blick auf ein Kundendossier, eine Produktakte oder einen Workflow-Vorgang bieten: Alle zusammengehörigen Informationen, ungeachtet des Typs, strukturiert, geordnet und vollständig zusammengeführt. Speichert man die Information dagegen in separaten Informationstöpfen, muss der Bearbeiter schon wieder wissen ob eine Information per E-Mail eingegangen ist, im Image-Archiv mit den gescannten Dokumenten liegt, im Outputmanagement in einer COLD-Anwendung vorliegt oder im Archiv der ERP als Datensatz schlummert. Weder wird hierdurch die Arbeit leichter, noch ist es möglich übergreifend Vorgänge und Zusammenhänge zu dokumentieren. Und darauf kommt es doch eigentlich bei Compliance an. Nicht die einzelne E-Mail zählt sondern der Inhalt einer E-Mail im Zusammenhang eines Geschäftsganges.
Solche Zusammenhänge abzubilden ist eigentlich eine Spezialität von Enterprise-Content-Management-Systemen: Eine einheitliche ECM-Infrastruktur, ein Dienste-Konzept, in dem es nur einen Archiv-Service gibt, ein übergreifend nutzbares Gesamtarchiv mit allen Informationen aus allen Anwendungen, dessen Inhalt unabhängig vom Informationstyp und der Informationsquelle nutzbar ist. Jedes professionelle ECM-System ist daher auch in der Lage mit der Archivierung von E-Mails umzugehen. Doch ECM-Systeme gelten inzwischen als zu komplex, zu aufwendig, zu teuer. Das Stichwort ECM treibt auf die Stirn der Informationsmanager in den Unternehmen inzwischen fast so viele Schweißperlen, wie das Akronym ERP. E-Mail-Archivierung ist offenbar einfacher, billiger und schneller zu installieren. Und auf den ersten Blick ist sie eine schnelle Lösung für das Compliance-Thema ... sofern sich denn dieses auf E-Mails reduzieren lässt. Aber dort wird offenbar nicht so genau hingeguckt.
E-Mails müssen nicht wegen ihres Charakters als Transportmedium, sondern auf Grund ihres Inhalts gespeichert werden
Eine rein technische Lösung in Form von ausgelagertem Speicherplatz löst dabei die Probleme nicht, sondern schafft zusätzlich Risiken, wenn ältere Datenbestände nicht mehr zur Verfügung stehen oder die gespeicherten Nachrichten mit ihren Anlagen nach einiger Zeit nicht mehr angezeigt und reproduziert werden können. Die wichtigsten Aspekte liegen jedoch nicht im reinen Speicherproblem, sondern sind inhaltlich und organisatorisch begründet. E-Mail ist in erster Linie ein Transportmedium für Information. E-Mails transportieren ebenso wie die klassischen Medien, Papier und Sprache, auch geschäftliche Informationen, die aus rechtlichen Gesichtspunkten, aber auch aus wirtschaftlichen und Nutzungserwägungen aufbewahrt und verfügbar gehalten werden müssen. Der Inhalt von E-Mails stellt einen Wert für Absender und Empfänger dar. E-Mails dokumentieren  Geschäftstätigkeiten. Sie stehen in einem Zusammenhang mit Geschäftspartnern und Geschäftsprozessen. E-Mails gehören deshalb nicht in einen "Extra-Datentopf", in dem alle E-Mails versickern, sondern sie gehören in ihren Sachzusammenhang, in Kunden-, Projekt-, Vorgangs- und andere virtuelle elektronische Aktensichten. Nicht der Typ der Information ist entscheidend, sondern der Inhalt. Ob ein Auftrag als gescanntes Papierdokument, als elektronisches Fax, als EDI-Datensatz oder aber als Attachment einer E-Mail den Empfänger erreicht ist unerheblich. Es käme ja auch in der herkömmlichen Papierwelt niemand auf die Idee, die Ordner mit eingegangenen Aufträgen nach "Eingang als Fax" und "Eingang als Brief" zu sortieren. Entscheidend für die Ordnung und Zuordnung sind der Inhalt und die Bedeutung des Dokumentes. Durch die separate Speicherung von E-Mails außerhalb der Sachzusammenhänge wird nicht nur das Arbeiten in der elektronischen Bürowelt schwieriger und unübersichtlicher, sondern auch die Nachweisfähigkeit von Sachverhalten wird dramatisch beeinträchtigt. Über E-Mail wird heute eine Vielzahl von geschäftskritischen Informationen übermittelt. Diese gilt es sowohl aus rechtlichen, als auch aus unternehmensinternen Gründen zu sichern und in nachgelagerten Systemen bereitzustellen. Dem Archivsystem kann hierbei eine Schlüsselrolle zukommen.
Compliance-Anforderungen treiben den Markt Archivierungslösungen
Elektronische Information wird zunehmend der papiergebundenen Information rechtlich gleichgestellt. In Deutschland fand dies, ausgehend von der Änderung des BGB Bürgerliches Gesetzbuch, §§ 126, 127, in Zusammenhang mit der elektronischen Signatur seinen Niederschlag in fast allen Gesetzen und Verordnungen. Die Verankerung der elektronischen Form von Dokumenten im Zivil- und Prozessrecht ist auch in den anderen europäischen Staaten weit fortgeschritten.
Ging es hier zunächst nur um elektronische Dokumente, so wird zunehmend die Bedeutung der Inhalte von E-Mails wichtiger. Die USA sind hier mit dem Sarbanes-Oxley-Act (SOX oder SOA abgekürzt) und zahlreichen anderen Gesetzen der Vorreiter eines sich abzeichnenden weltweiten Trends: Compliance. Compliance steht für die Einhaltung und die Erfüllung von rechtlichen und regulativen Vorgaben.  Solche Vorgaben gab es schon immer, jedoch durch die Skandale um Enron, Worldcom und andere Firmenzusammenbrüche erhielt die Information Management Compliance einen neuen Stellenwert. Besonders E-Mail als neue Informationsquelle für die Fahnder erhielt einen gesteigerten Stellenwert. Das Ziel beim Sarbanes- Oxley-Act ist z.B. eine Steigerung des Vertrauens für Wertpapieranleger und damit sind Maßnahmen zur Steigerung der Transparenz, Richtigkeit und Nachvollziehbarkeit von veröffentlichten Finanzdaten für börsennotierte Unternehmen verbunden. Sarbanes-Oxley steht aber auch außerhalb dieses relativ eingeschränkten Anwendungsgebietes als der Leitbegriff für Compliance-Anforderungen - nicht zuletzt weil SOX Strafandrohungen für die Vernichtung relevanter elektronischer Dokumente von bis zu 20 Jahren Gefängnisstrafe enthält. Angesichts dieser Aussichten wachte man in den Management-Ebenen der Unternehmen auf und begann sich mit dem Thema elektronische Erschließung und Archivierung von E-Mails auseinander zusetzen.
Aber auch in Europa und in Deutschland gibt es zahlreiche Compliance-Anforderungen - nur wurden diese bisher so nicht bezeichnet. Hierzu gehören HGB, AO, GoBS, GDPdU ebenso wie Basel II, KonTraG und Verrechnungspreisdokumentation. Basel II betrifft alle Staaten und auch für die gesetzlichen Vorgaben des Handels- und Steuerrechts in Deutschland finden sich Äquivalente in anderen Staaten. In Zukunft ist auch mit einer europäischen Variante des Sarbanes-Oxley-Act zu rechnen, die die Aufbewahrung geschäfts- und vertragsrelevanter elektronischer E-Mails jedem Unternehmen als Verpflichtung auferlegt. Noch sind in Europa die Vorgaben für die Speicherung von E-Mails sehr unterschiedlich, jedoch ist die Gleichstellung von elektronischen Dokumenten und Papierdokumenten inzwischen in nahezu allen Staaten verankert. Sie ist die Grundlage für E-Government ebenso wie für den elektronischen Geschäftsverkehr. Bei der Umsetzung dieser und anderer „Compliance- Anforderungen“ wird nicht nur einfach eine Verwaltung von Informationen verlangt, sondern auch die Kontrolle über die Einhaltung von Vorschriften und die Richtigkeit von Informationen ausgeweitet. Die Unternehmen müssen interne Kontrollstrukturen einrichten und betreiben und sie müssen nachweisen können, wie Informationen entstanden sind und auf welchen Quellen sie beruhen. Dies hat für die Unternehmen Konsequenzen auf der Kostenseite, da die Umsetzung der Anforderungen eine Zunahme der verwaltenden Tätigkeiten und damit indirekt eine Vergrößerung der Mitarbeiterzahl zur Folge hat. Dies hängt mit den planerischen und dokumentierenden Tätigkeiten aber auch mit der Umstellung der Prozesse zusammen. Bei der Analyse der Prozesse sind aber auch die prozessauslösenden und steuernden Informationen zu betrachten. Darunter sind z.B. Kommunikation mit Kunden und Lieferanten, Arbeitsanweisungen, direkte Arbeitsaufforderungen, Genehmigungen etc. zu verstehen. Um später die Entstehung und Richtigkeit von Informationen und Prozessergebnissen prüfen zu können, müssen alle Quellen und Kommunikationswege mit einbezogen sein. Auch hier ist also ein gesamtheitlicher Ansatz zur Verwaltung von Informationen, Einhaltung der Vorschriften und  Kontrolle der Geschäftsprozesse erforderlich. Die Verwaltung und Steuerung von Informationen innerhalb solcher „Compliance- Anforderungen“ soll dabei aus betriebswirtschaftlicher Sicht die Ausgabenseite so wenig wie möglich belasten. Um die Kosten gering zu halten, wird versucht, die Einhaltung der Vorschriften durch IT-Systeme zu unterstützen. Die Möglichkeiten zur Kostenbeschränkung werden durch weitere Einflüsse von außen wie z.B. Spam und Viren gerade für die E-Mails erschwert. Der Nachweis der Richtigkeit von Informationen und die Absicherung gegen Verfälschung kann auch durch diese nicht steuerbaren Angriffe beeinflusst werden. Es sind daher auch Absicherungsmaßnahmen  gegen solche äußeren Gefahren vorzunehmen.
Die elektronische Signatur macht aus E-Mails rechtskräftige Dokumente
E-Mail spielt bei allen Compliance-Anforderungen eine Rolle, wenn nämlich E-Mail als Träger der Informationen benutzt wurde. Aufbewahrungspflichten gelten daher für E-Mails ebenso wie für andere Dokumente. Elektronische Verwaltungssysteme wie Dokumentenmanagement-, Enterprise-Content-Management- oder Business-Process-Management können dabei sogar für mehr Transparenz und einfachere Verfahren sorgen als dies bisher in der Welt von Papier und Aktenordner möglich war.  Viele Dokumente entstehen inzwischen digital, die elektronische Form ist das Original und der Papierausdruck nur noch eine mögliche Form der Präsentation eines elektronischen Orginals. Trägt eine E-Mail elektronische Signatur entsprechend Signaturgesetz, dann ist sie das rechtsverbindliche Original. Solche Dokumente dürfen nicht irgendwo in persönlichen E-Mail-Ablagen stranden, sondern gehören in zentral verwaltete, gesicherte Systeme.
E-Mails spielen auch eine wichtige Rolle bei der Diskussion um die steuerrelevanten Daten, die entsprechend den GDPdU (Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen) in einer Steuerprüfung auswertbar über die Aufbewahrungsfrist von sechs oder zehn Jahren bereitgestellt werden müssen. Dies bedeutet, dass steuerlich relevante, per E-Mail versendete Informationen, in digitaler Form aufbewahrt werden müssen. Ein Beispiel dafür sind z.B. Daten für Monteurabrechnungen, die z.B. formlos erfasst werden und zur Abrechnung vom Monteur per E-Mail in die Zentrale zur Rechnungserstellung versendet werden bzw. Informationen zu Verrechnungspreisen für Leistungen und Halbzeuge zwischen Ländergesellschaften bei international tätigen Unternehmen. Sollten diese Informationen per E-Mail versendet werden, ist eine Aufbewahrung in digitaler Form für den unmittelbaren und mittelbaren Zugriff durch die Steuerbehörden von den Unternehmen sicherzustellen. Dies bedeutet, dass diese Informationen für einen längeren Zeitraum lesbar vorgehalten werden müssen, trotz Versionswechsel oder Produktwechsel bei der E-Mail- Software und den dokumenterzeugenden Applikationen wie Word, Excel etc. Die Archivierung von E-Mails im Sinne von einer reinen Verschiebung auf andere Speicherbereiche ist zu eng gedacht, wenn separate Archive für kaufmännische Dokumente und E-Mails eingerichtet werden. Da z.B. alle steuerlich relevanten Informationen an einer Stelle zur Verfügung gestellt werden müssen, wenn die Steuerprüfung den Weg der Datenträgerüberlassung wählt, kommt man an einem gesamtheitlichen Konzept zur Archivierung und dessen Umsetzung nicht vorbei.
Strategien für die E-Mail-Archivierung
Bei der Archivierung von Emails können verschiedene Strategien gefahren werden. Ob man E-Mails komplett, also inklusive aller Anhänge oder E-Mails mit aufgelösten Anhängen archiviert, kann nur über eine individuelle Betrachtung der Vor- und Nachteile der einzelnen Vorgehensweisen erfolgen:
  
Vollständige Archivierung
Vorteile
Nachteile
Konformität mit den rechtlichen Erfordernissen
Möglichkeit der Prozessintegration
Kaum Einfluss auf die Arbeitsweise der Nutzer
Volle Integration in das bestehende IT Management des Unternehmens
Umfangreichster und aufwendigster Lösungsansatz
Meist kostenintensivste Lösung
Oft komplizierte Verhandlungen mit Betriebsrat und Datenschutzbeauftragten der Unternehmen
 
Ein häufig zu findender Ansatz ist die Separierung der Attachments von den E-Mails. Das Attachment wird dabei durch einen Pointer ersetzt, der auf den neuen Speicherort des Anhanges verweist.
  
Vollständige Archivierung mit Separierung der
Attachments
Vorteile
Nachteile
Wesentliche Reduzierung der Mailboxgrößen.
Daraus resultierender Performancegewinn.
Reduzierung der Hardwareanforderungen.
 
Rechtliche Anforderungen werden u.U. nicht erfüllt.
Nach Crash des Mailsystems ist eine Zuordnung der archivierten Anhänge zu Mails schwierig.
Offline Retrieval der Anhänge nicht möglich.
Auch die Frage, ob alle ein- und ausgehenden E-Mails grundsätzlich oder selektiv über Filterkriterien archiviert werden sollen, lässt sich ebenfalls nur durch individuelles Abwägen entscheiden. Als Vor- und Nachteile einer selektiven Archivierung können genannt werden:
  
Selektive Archivierung
Vorteile
Nachteile
Filterung unerwünschter Mails.
Reduzierung des Speicherplatzbedarfs.
Daraus resultierender Performancegewinn.
Reduzierung der Hardwareanforderungen.
Filterung aufwändig
Filterkriterien extrem schwierig zu definieren
Bei ungenauer Festlegung der Selektionskriterien werden rechtliche Anforderungen nicht erfüllt.
Ist die reine E-Mail-Archivierung eine Sackgasse?
Der "Compliance"-Druck und die ständig steigende Flut von E-Mails haben dazu geführt, dass am Markt zahlreiche kleinere und größere Systemlösungen zur Archivierung von E-Mails angeboten werden. Ist dies jedoch der richtige Weg? Führen solche Lösungen zu Informationsinseln? Systeme, die nur auf die reine Archivierung von E-Mails zur Entlastung von Bürokommunikationssystemen wie Outlook, Notes oder anderen ausgelegt sind, können sehr schnell eine Sackgasse darstellen. Den Blick nur auf die Speicherung von E-Mail zu richten, verstellt außerdem die Sicht auf das generelle Problem eines übergreifenden Informationsmanagements im Unternehmen. E-Mail ist nur ein Informationstyp unter vielen. Er ist schwach strukturiert, weitgehend unkontrolliert und die ordnungsgemäße Speicherung und Zuordnung ist im starken Maße von der Disziplin der Mitarbeiter abhängig.
E-Mails transportieren Informationen zu Prozessen und Prozessschritten. Die gemeinsame Verwaltung aller zu einem Prozess gehörenden Informationen und Dokumente ist zwingende Voraussetzung für die Transparenz und Steuerung von Prozessen. Da vielfach wichtige Informationen nur noch per E-Mail ausgetauscht werden, wären Projektdokumentation und Geschäftsprozesse nicht mehr oder nur sehr umständlich nachvollziehbar.  Besonders wenn man mit Workflow- und Collaboration-Software Prozesse steuern und kontrollieren will, ist es unerlässlich, relevante Informationen und Dokumente in diesen kontrollierten Umgebungen zu überführen. Wenn die Sachbearbeiter den Workflow per E-Mail "umgehen", können die Vollständigkeit und die Aktualität zu elektronischen Vorgängen nicht mehr gewährleistet werden. E-Mail ist der natürliche Feind von kontrolliertem Workflow. Die Speicherung und Verwaltung von internen und externen E-Mails darf daher nicht isoliert geschehen, sondern muss sich in die übergreifende Verwaltung von Information im Unternehmen nahtlos integrieren.
Ist hier ILM, Information Lifecycle Management, die ultimative Lösung, wie von den Anbietern von Speichersystemen versprochen? Mit dem neuen Akronym ILM werden den Anwendern neue Speichersystemlösungen angedient, die allen Anwendungen gegenüber einen transparenten Speicherort anbieten, den Lebenszyklus aller Information verwalten wollen und jedwede Information aus jedwedem System entsprechend ihrem Wert auf dem jeweils günstigsten Speichermedium ablegen. Das Problem ist, dass ILM nicht vom Inhalt einer Information ausgeht, sondern vom Datentyp, vom Speicherort oder auf Grund der Herkunft einer Information die Speicherung organisiert.
Der richtige Ansatz ist eine Enterprise-Content-Management-Strategie, die die Zuordnung, Analyse, Verwaltung, Wandlung, Speicherung und Bewahrung als eine Eingangsquelle für Information integriert und andererseits moderne intelligente Speichersubsysteme als Ablageorte effizient nutzt. Nur Komponenten von ECM-Lösungen wie klassisches Dokumenten-Management, Records Management, Workflow oder Business-Process-Management erlauben die Zuordnung der Information entsprechend ihres Inhalts zu elektronischen Akten und Prozessen. Nur ein ganzheitlicher Ansatz bietet die Sicherheit vor schwer integrierbaren, isolierten Informationsinseln. Durch die übergreifende Sichtweise und dem Ansatz alle Informationen in die Verwaltung einzubeziehen, lassen sich unternehmensweite Lösungen für die Prozessunterstützung und die Einhaltung von Compliance-Anforderungen realisieren. Systeme ausschließlich zur Verwaltung von E-Mails zu schaffen, ist daher deutlich zu kurz gesprungen und führt in eine Sackgasse. Die Lösung ist in Enterprise-Content-Management-Systemen zu sehen, die E-Mail als wichtige, aber eben nur als eine von vielen Facetten integrieren.
Inzwischen ist es soweit, dass das Thema E-Mail-Archivierung den Absatz professioneller, ganzheitlicher ECM-Lösungen beeinträchtigt. Viele Anwender tun sich aber keinen Gefallen, separate Archive nur zur Speicherung von E-Mails anzuschaffen. Schnell entstehen Informationsinseln, die dann später auf Grund der Menge der gespeicherten Mails und Attachments nur noch schwer in ein Unternehmensarchiv zu migrieren sind. Und es gibt gerade im Billig-Segment noch eine Reihe von Qualitätsunterschieden, z.B. fehlende Posteingans- und Postausgangsbücher mit Zeitstempeln, unzureichende Wahrung des Zusammenhanges zwischen E-Mail-Körper und aufgelösten Attachments, Erkennen von redundanten Kopien und Ermittlung des „Originals“, Behandlung elektronisch signierter Dokumente im Sinne einer virtuellen Poststelle mit Prüffunktion, funktionierende automatische Erkennung und Zuordnung, sowie Strategien zur langfristigen Bereitstellung der Informationen mit Rendition-Management, Viewern und Migrationswerkzeugen. Auch im Bereich der E-Mail-Archivierung bleibt viel zu tun und häufig ist dann eine etwas kostenspieligere Investition in eine ECM-Plattform doch langfristig der sicherere Weg.
© PROJECT CONSULT Unternehmensberatung GmbH 1999 - 2016 persistente URL: http://newsletter.pc.qumram-demo.ch/Content.aspx?DOC_UNID=d117af4a7fbe4cbd002571ed002cf013