20030306 \  Artikel \  Knowledge Management
Knowledge Management
Von Wolfram Schäfer, Seniorberater bei der PROJECT CONSULT Unternehmensberatung GmbH
Die Ressource Wissen ist auf das Engste an die im Unternehmen handelnden Personen und an einen Kontext gebunden. Wissen ist die Summe der Erfahrungen, Kenntnisse und Fähigkeiten, welche Personen zum Lösen von Aufgaben einsetzen (siehe auch Probst, G.; Raub, S.; Romhardt, K. 1999, Wissen managen). Während der Mitarbeiter bisher als Wissensträger nur im engeren Sinn in seiner Abteilung, seinem konkreten Tätigkeits-Bereich zum Einsatz gekommen ist, kann sein Wissen jetzt dank neuester Technologien an beliebigen Stellen und zu beliebigen Zeiten genutzt werden. Voraussetzung: Er ist bereit sein Wissen zu teilen!
Das Wissen teilen?
Warum eigentlich? Ist Wissen nicht vielleicht doch Macht? Sichert nicht gerade mein Wissen meinen Job? Wozu das Gerede von Qualifikation, wenn diese beliebig auf andere Mitarbeiter übertragen werden kann? Was begründet dann im Ernstfall die Sicherheit meines eigenen Jobs?
Fachwissen kann sich heute jeder aneignen, wenn er bereit ist, einen gewissen Lernaufwand zu betreiben. Erfahrungswissen ist da schon exklusiver. Die unsicheren Zeiten unserer Tage, in denen Unternehmern in Krisen Zeiten nichts besseres einfällt, als ihr eigenes Intellectual Capital in Massen zu entlassen (Dead Line of Age: 45 Jahre), erzeugen beim besten Willen kein Vertrauen beim Mitarbeiter. Und der soll sich nun ausquetschen lassen wie eine Zitrone, bevor er nach Hause geschickt wird?
Die gängigen Konzepte
Eine solche Motivations-Lage aus der Sicht der Mitarbeiter ist nach unserer Auffassung zumindest in großen Teilen durch die Unternehmen selbst erzeugt. Oder bleibt der Begriff der Unternehmens-Kultur ohne jede Bedeutung?
Bei einer solchen Motivations-Lage aus der Sicht der Mitarbeiter muss man sich aus der Perspektive des Unternehmens schon einiges einfallen lassen, um das Mitarbeiterwissen dem gesamten Unternehmen zugänglich zu machen. Versucht werden:
   
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Anreiz Systeme
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Nutzen Beurteilung durch die Konsumenten
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Zwang
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Team Arbeit
 
Die Anreiz Systeme
Die Anreiz Systeme lassen sich unterteilen in:
   
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Gehalts-Bestandteile in Abhängigkeit von der Teilnahme am aktiven Wissens-Austausch
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Zuteilung von „knowledge points“, welche wiederum in Geld getauscht werden können
Der Anspruch von Anreiz Systemen ist klar: Die aktive Teilnahme am „knowledge sharing“ erfordert das verfügbar Machen von Informationen in einer wie auch immer gearteten Wissens-Datenbank durch die Mitarbeiter. Das Tages Geschäft in Verbindung mit den weiter oben genannten Vorbehalten kann aber nicht als Antrieb dafür ausreichen Wissen zu teilen. Also müssen weitere Anreize her. Hierauf stellt sich die nächste Frage: Wie und von wem werden Qualität und Quantität gemessen und beurteilt, ist der dazu möglicherweise erforderliche Aufwand noch angemessen? Wie soll hier methodisch verfahren werden?
Die Nutzen Beurteilung
Wenn Wissen im Unternehmen auf organisierte Weise verfügbar gemacht wird, dann deshalb, weil es Nutznießer gibt, denen es der Zugriff auf das Wissen erlaubt, in höherem Maß produktiv zu sein. Das sind die Konsumenten. Natürlich kann jeder Nutzer sowohl Lieferant von Wissen als auch dessen Konsument sein.
In seiner Rolle als Konsument wird der Nutzer die Bedeutung der ihm verfügbaren Informationen einschätzen können – so jedenfalls die These jener Hersteller, welche ihren Systemen das feature „Bewertung“ eines Dokumentes oder einer Information bei gegeben haben. Dabei wird unterstellt, dass der Konsument die erhaltene Information ganz rational nach den folgenden Fragestellungen beurteilt:
   
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ist die Information vollständig?
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ist die qualitative Anforderung an die von mir konsumierte Information erreicht?
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in welchem Ausmaß hat mir die Information geholfen („bewerten Sie auf einer Skala von 1 – 5 ...“)?
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ein knowledge officer könnte in ein Bewertungs-Schema auch die Frage nach der Häufigkeit des Zugriffs auf ein Dokument mit einbeziehen, etc...
Wissens-Management Systeme enthalten nicht nur Dokumente sondern auch deren Autoren. Es ist nicht auszuschließen, dass in den Bewertungs-Prozeß auch Sympathie Werte einfließen. Und: Um überhaupt eine Bewertung abgeben zu können, muss der Konsument einen Augenblick inne halten, sich und die Situation reflektieren und kann erst dann zu einer Aussage fähigen Bewertung kommen. Und das während des hektischen Tages-Geschäfts?
Der Zwang
Unter dem „Zwang“ wird hier schlicht eine Regelung verstanden, welche den Knowledge Worker qua Arbeits-Vertrag verpflichtet, sein Wissen zu teilen. Hierzu sei nur soviel angedeutet: Es ist uns in unserer Praxis schon die eine oder andere Formulierung unter gekommen. Nichts davon hätte letztlich im Falle einer juristischen Auseinandersetzung Bestand. Wozu also der Versuch?
Das Team
Wer hat eigentlich das Internet „erfunden“? Es waren Physiker, welche bei vielen Fragen trotz des weltweit beinharten Wettbewerbs der Wissenschaftler nicht weiter kamen ohne ihr know how auszutauschen. Es hat sich eine Gemeinde (community) gebildet, deren Mitglieder von dem Wissen anderer partizipieren konnten und dafür gerne bereit waren eigenes Wissen zu teilen. Genau dieses Prinzip - nämlich die Selbstorganisation des Wissens - kommt auch in den organisatorischen Strukturen eines Unternehmens zur Anwendung, wenn die kulturellen Rahmen Bedingungen dies zulassen.
 
Zu den kulturellen Rahmen Bedingungen gehören auch Faktoren wie der Grad der Motivation und des Engagements der Mitarbeiter. Faktoren, welche in 2001 von der Gallup GmbH bezogen auf 2,000 Mitarbeiter unterschiedlicher Unternehmen näher beleuchtet worden sind:
   
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16% wurden als „wirklich engagiert“ eingestuft
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69% wurden als „unengagiert“ eingestuft
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15% wurden als „aktiv unengagiert“ eingestuft
Lassen wir einmal außer Acht, dass sich bei solchen Ergebnissen manche Führungskraft fragen lassen muss, wie ihre so genannte Führung auf die Moral der Mitarbeiter wirkt. Lassen wir weiterhin außen vor, dass die Phantasie der Unternehmer bei jeder Krise nur bis zu dem Abbau der Zahl der Mitarbeiter reicht und deshalb niemand ein langfristig gefestigtes Vertrauens-Verhältnis erwarten darf, dann bleibt noch folgende Überlegung: Ein Unternehmen mit zum Beispiel 1,000 Mitarbeitern hat circa 16% „wirklich engagierte“ Mitarbeiter. Das sind 160! Wohl dem, der diese namentlich benennen kann. Wenn diese 160 Mitarbeiter ein Umfeld vorfinden, in welchem
   
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sie sich in Teams einbringen können,
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ihr Engagement bemerkt und auch honoriert wird,
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das Fällen von Entscheidungen nicht durch Angst boykottiert wird,
dann darf erwartet werden, dass diese 160 Mitarbeiter einen Prozent Satz x an Mitarbeitern aus der Kategorie „unengagiert“ mit ziehen. In einem solchen Umfeld besteht auch ein Antrieb, fehlende Informationen zu beschaffen (hier kann eine entsprechende technische Infrastruktur - z.B. ein Document Management System oder ein Knowledge Management System oder ein Unternehmens-Portal oder, oder, oder - helfen).
Und von hier ausgehend können ergänzende Maßnahmen wie Anreiz Systeme, Nutzen Beurteilung in Bezug auf die verfügbar gemachte Information und arbeitsvertragliche Regelungen eine Hilfestellung bei der konkreten Umsetzung bieten. Eine entsprechende Unterstützung seitens der Unternehmensleitung gibt dem Thema Wissens-Management den ihm gebührenden Stellenwert! (WSch)
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