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Wikis als Werkzeuge für Wissensmanagement innerhalb von Organisationen
Gastbeitrag von Philipp Neuhaus, Projektleiter Prozess- und Dokumentenmanagement 
GSK Stockmann & Koll
egen
E-Mail:
neuhaus@gsk.de  
Webseite:
http://www.gsk.de/  
Auszug aus der Diplomarbeit zur Erlangung des akadem
ischen Grades eines Diplom-Dokumentars (FH) am Fachbereich Informationswissenschaften im Studiengang  Dokumentation der Fachhochschule Potsdam; 1.7.2008 
Teil 1 erschien im
Newsletter 20090226Newsletter 20090226; Teil 3 ist für den Newsletter 20090428Newsletter 20090428 vorgesehen.
Einsatzgebiete von Wikis im Wissensmanagement
Auch wenn bereits Aristoteles gesagt hat: „Alle Menschen streben von Natur nach Wissen.“1, sollte beim Wissensmanagement die Sammlung von Wissen nicht Selbstzweck sein, sondern ein möglichst konkretes Ziel verfolgen.2 Denn: „Nützliches Wissen macht weiser als viel Wissen.“3 
Einer der ersten Schritte bei der Planung eines Wikis ist es, zu entscheiden, welchem Zweck es dienen und wer es nutzen soll. Diese Zielvorgabe sollte auch gleich auf der Startseite des Wikis kommuniziert werden, um die Lesern zu informieren, was sie erwartet und um Autoren eine thematische Vorgabe zu machen.4  
Organisationales Vergessen
Ein allgemeiner Zweck von Wikis in Unternehmen kann darin bestehen, Wissen zu bewahren und so dem organisationalen Vergessen entgegenzuwirken. Auf persönlicher, organisationaler und technischer Ebene kann es eine Reihe von Gründen geben, warum auf Informationen temporär oder dauerhaft nicht zugegriffen werden kann:
 Formen des organisationalen Vergessens5
Wissensvernetzung
Ein weiterer Hauptgrund für den Einsatz von Wissensmanagement-Werkzeugen ist die Vernetzung von Wissen. Dafür haben sich einige Werkzeuge etabliert:6 
   
 ·
Yellow Pages oder Expertenverzeichnisse sind Datenbanken, in denen Mitarbeiter mit ihren Kontaktdaten und Informationen über Erfahrungen, Kompetenzen und Interessensgebiete erfasst sind. Dadurch können Wissensträger leichter identifiziert und gezielt angesprochen werden.
 ·
Wissensdatenbanken sind Speicher für Faktenwissen. Dabei handelt es sich streng genommen eher um Informationen als um Wissen.
 ·
Knowledge Broker sind für die Zusammenführung von Wissenssuchern und Wissensträgern und für die Verbesserung von Wissensmanagement-Systemen zuständig. Die Wissensträger können in dem Fall sowohl Experten, als auch Dokumente sein.
 ·
Wissenslandkarten sind graphische Darstellungen von Wissen im Unternehmen. Prozessabläufe und Ähnliches werden mit Angaben zu Wissensträgern und Wissensinhalten in Form einer Landkarte dargestellt.
 ·
Wissensmessen dienen dazu, Wissen zu vernetzen und auszutauschen und somit auch neues Wissen zu entwickeln.
 ·
Communities of Practice sind kleinere Gruppen von Personen, die sich über einen längeren Zeitraum über ein bestimmtes Thema austauschen.
Fast all diese Werkzeuge können mehr oder weniger gut mit einem Wiki umgesetzt werden.
Bei der Nutzung eines Wikis als Experten- oder Faktendatenbank ist der Vorteil gegenüber herkömmlichen Systemen, dass ein Wiki in der Regel einfacher und schneller einzurichten und auch zu bedienen ist. Zudem ist es wesentlich flexibler in der Nutzung, da keine starren Datenfelder vorgegeben sind. Der Nachteil ist, dass keine komplexen Suchen möglich sind und die Informationen nicht einheitlich und in maschinenverarbeitbarer Form vorliegen.
Knowledge Broker sind optimal geeignet, um Wikis zu verwalten und zu betreuen. Sie könnten auch über ein eigenes Wiki so etwas wie einen virtuellen Informationsstand aufbauen, in der Art einer Homepage, wo sie häufig benötigte Informationen zur Verfügung stellen, Anfragen entgegen nehmen und Ähnliches mehr.
Wissenslandkarten lassen sich mit Wikis zurzeit noch kaum umsetzen, da Wikis hauptsächlich textbasiert arbeiten und die Möglichkeiten, Grafiken einzubinden, meist eher rudimentär sind.
Für Wissensmessen sind Wikis auch eher weniger geeignet, da dort der persönliche Kontakt eine große Rolle spielt. Hier könnten Wikis jedoch bei der Planung eine Unterstützung sein und als Plattform für die Organisation der Veranstaltung und den Austausch der Teilnehmer dienen, wie das bei BarCamps üblich ist.
Für Communities of Practice sind Wikis ausgezeichnet als Plattform, auf der alle Teilnehmer zusammenarbeiten können, geeignet.
Darüber hinaus können diese Werkzeuge mit Wikis, dank deren Flexibilität, beliebig kombiniert werden.
 
 
 
 
 
 
Eignung von Wikis
Ob ein Wiki für eine bestimmte Anwendung geeignet ist, zeigt die folgende Grafik anhand einiger beispielhafter Aspekte. Zusätzlich werden Werkzeuge genannt, die gegebenenfalls besser geeignet wären.
 Eignung von Wikis und mögliche Alternativen7
Besonders nützlich sind Wikis für die globale Zusammenarbeit, die sonst teilweise erheblich durch die Zeitverschiebung erschwert wird.
Anwendungen für Wikis
Es gibt viele verschiedene praxisbezogene Anwendungen, für die Wikis eingesetzt werden können:
   
 ·
Notizbuch
 ·
Verzeichnis für Mitarbeiter, Adressen, Abkürzungen, Webseiten, Dateien und andere physische oder virtuelle Ressourcen
 ·
Kollaboratives FAQ oder Diskussionsforum
 ·
Intranet-, Extranet- oder Internet-Auftritt
 ·
Gemeinschaftliche Konzeption, Erstellung und Bearbeitung von Nachschlagewerken, Taxonomien oder Dokumenten, wie zum Beispiel Anleitungen, technische Dokumentationen, Best Practices oder Lessons Learned.
 ·
Teilen von Ressourcen, wie Programmiercode oder mathematische Formeln
 ·
Informationsverteilung (Nachrichtenseiten, Veranstaltungshinweise, Arbeitsstände, Weblogs, etc.)
 ·
Kundenpflege (Customer Relationship Management), Konkurrenzbeobachtung (Competitive Intelligence)
 ·
Gemeinschaftliche Planung von Konferenzen, Meetings und Veranstaltungen
 ·
Abteilungsübergreifendes Schreiben von Stellenanzeigen, Compliance-Richtlinien und Ähnlichem
 ·
Ideenmanagement, betriebliches Vorschlagswesen
 ·
Plattform zur Organisation von Projekten sowie zur Erstellung und Ablage von Projektunterlagen
 ·
Entwicklung neuer Produkte
 ·
Geschäftsprozessmanagement
 ·
Offene Meinungsumfragen
 ·
Case Writing8, Storytelling, Best Practices und Lessons Learned
 ·
Virtueller Open Space9 oder Werkzeug zur Protokollierung einer Open Space Konferenz
 ·
Learning Communities10, Communities of Practice
Praxisbeispiel
Ein Extrembeispiel, wie Wikis in Organisationen eingesetzt werden können, liefert das IT-Unternehmen SYNAXON AG. Dort wird seit Oktober 2006 das komplette Wissen der Firma in einem Wiki gesammelt. Jeder Mitarbeiter ist angehalten, seine Arbeit im Wiki zu dokumentieren. Es beinhaltet Verträge, Stellenbeschreibungen, Prozessbeispiele, Projektdokumentationen, persönliche Homepages von Mitarbeitern und sogar das Unternehmensleitbild sowie Regeln im Unternehmen. Prinzipiell sind alle Wiki-Seiten für jeden Mitarbeiter zugänglich und bearbeitbar. Ausgenommen ist lediglich ein kleiner Bereich, in dem Führungskräfte strategische Fragen diskutieren. Konsequenzen der Umstellung des Unternehmens auf Wiki-Basis waren, dass mehr als die Hälfte der Regeln im Unternehmen zum Positiven geändert wurden, die Zusammenarbeit effektiver wurde und die Firma insgesamt transparenter und offener geworden ist. Die Voraussetzungen für ein gut funktionierendes Wiki waren bei der SYNAXON AG ideal: Das Unternehmen verfügte über 140 überwiegend IT-affine Mitarbeiter mit akademischer Ausbildung und die Hierarchie war relativ flach. Der Vorstand führte das Wiki selbst ein und ging mit gutem Beispiel voran. Außerdem gibt es im Unternehmen viel formalisierbares Wissen, das gut dokumentiert werden kann. Zusätzlich gibt es einen eigenen „Wiki-Guard“, der für Anwendermotivation und Qualitätssicherung zuständig ist. 11 
Bei der SYNAXON AG und auch bei der Liip AG Fribourg, die im Bereich Webentwicklung tätig ist, wurde die gesamte Anwender-Software auf Wikis reduziert. Auf Office-Anwendungen und Netzlaufwerke kann somit weitgehend verzichtet werden. Auch die interne Kommunikation findet über das Wiki und Weblogs statt. 12 
Die Wikis stellen in diesen Unternehmen somit integrierte Wissensmanagement-Lösungen dar.
(Der Beitrag wird im nächsten Newsletter fortgesetzt)
 


1
Aristoteles: Metaphysik I 21, 980a, zitiert nach Aristoteles (1982): Metaphysik. Bücher I (A) - VI (E). Übersetzung von Hermann Bonitz. 2., verb. Aufl. Seidl, Horst (Hg.). Hamburg: Meiner (Philosophische Bibliothek, 307), S. 3.
2
Vgl Probst, Gilbert; Raub, Steffen; Romhardt, Kai (2006): Wissen managen. Wie Unternehmen ihre wertvollste Ressource optimal nutzen. 5., überarb. Aufl. Wiesbaden: Gabler, S. 23.
3
Aischylos, zitiert nach Wikiquote (2008): Aischylos. Online verfügbar unter http://de.wikiquote.org/wiki/Aischylos, zuletzt aktualisiert am 11.04.2008, zuletzt geprüft am 29.06.2008.
4
Vgl. Klobas, Jane E.; Beesley, Angela (2006): Managing a wiki. In: Klobas, Jane E. (Hg.): Wikis: Tools for Information Work and Collaboration. Oxford: Chandos Publishing Ltd., S. 184 f.
5
Quelle: Probst, Gilbert; Raub, Steffen; Romhardt, Kai (2006): Wissen managen. Wie Unternehmen ihre wertvollste Ressource optimal nutzen. 5., überarb. Aufl. Wiesbaden: Gabler, S. 208.
6
Vgl. Trillitzsch, Uwe; Klostermeier, Felix (2002): Werkzeugmacher für die Wissensgesellschaft. Wahl und Ausgestaltung der Werkzeuge als Grundlage einer erfolgreichen Wissensvernetzungs-Strategie. In: Pawlowsky, Peter (Hg.): Wissensmanagement für die Praxis. Methoden und Instrumente zur erfolgreichen Umsetzung. Neuwied: Luchterhand , S. 235-237.
7
Quelle: Eigene Grafik, basierend auf Romberg, Tim; Happel, Hans-Jörg (2008): wikis. Die Wissensmanagement-Lösung für Unternehmen? In: Haasis, Klaus; Zaboura, Nadia (Hg.): A Digital Lifestyle. Leben und Arbeiten mit Social Software. Innovationsprogramm Web 2.0 der MFG Baden-Württemberg (mfg innovation), S. 25.
8
Siehe: Probst, Gilbert (2002): Putting knowledge to work: Case-writing as a knowledge management and organizational learning tool. In: Davenport, Thomas H.; Probst, Gilbert J. (Hg.): Knowledge Management Case Book. Best Practises. 2. Aufl. Erlangen: Publicis Corporate Publishing , S. 312–323.
9
Siehe: Owen, Harrison (2001): Erweiterung des Möglichen. Die Entdeckung von Open Space. Stuttgart: Klett-Cotta; Owen, Harrison (2001): Open Space Technology. Ein Leitfaden für die Praxis. Stuttgart: Klett-Cotta; http://www.openspace-online.com (zuletzt geprüft am 29.06.2008).
10
Vgl. Winkler, Katrin; Mandl, Heinz (2002): Learning Communities. In: Pawlowsky, Peter (Hg.): Wissensmanagement für die Praxis. Methoden und Instrumente zur erfolgreichen Umsetzung. Neuwied: Luchterhand , S. 137–163.
11
Vgl. Bergmann, Jens (2007): Die gläserne Firma. In: Brand Eins, H. 03, S. 108–115. Online ver-fügbar unter http://www.brandeins.de/ximages/224937_108b10107w.pdf, zuletzt geprüft am 29.06.2008.
12
Vgl WM 2.0 Wissensmanagement-Wiki (2008): Wissensmanagement 2.0. Online verfügbar unter http://www.rolotec.ch/wissenswiki/index.php/Wissensmanagement_2.0, zuletzt aktualisiert am 13.06.2008, zuletzt geprüft am 25.06.2008.
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