Eine Betrachtung und Bewertung der analogen Speichermedien Papier und Mikrofilm sowie der digitalen magnetischen und optischen Speichermedien
Gastbeitrag von Dipl.-Ing. Heinz Müller-Saala,
ehemaliger Vorsitzender des FMI e.V.
E-Mail: HMSMIKRO@aol.com Um allen “Digitalfanatikern”, “Digitalneurotikern” die Angst zu nehmen, ich bin überzeugt und der festen Meinung, dass national und international Handel, Handwerk, Industrie, Wissenschaft und Kultur ohne die mannigfaltigen magnetischen und optischen Speichermedien nur mehr schlecht und unwirtschaftlich existieren könnten, d.h. ihre originären Aufgaben fach-, sach- und zeitgerecht nicht erfüllen könnten.
Die Digitalisierung, das Computerzeitalter ist eine technische Entwicklungstufe, welche Folgen nach sich zieht, die derzeit bei jung und alt Begeisterung auslösen, wobei man vielfach vergisst, dass altbewährte Verfahren immer noch Gültigkeit haben und in vielen Anwendungsbereichen sogar sehr vorteilhafter sind.
Bevor ich zum eigentlichen Thema meiner Ausführungen komme, möchte ich einige Begriffe klären, die derzeit, hauptsächlich von den Verfechtern der digitalen Welt verwendet werden und die sachlich ungenau, manchmal sogar falsch sind.
Ablegen in Ordnern und speichern auf Festplatte oder einem anderen optisches Speichermedium ist ein normaler Vorgang, der am Anfang einer Akte, einer Dokumentation oder einer Informationskette stehen.
Mit dem Begriff Archivieren beginnt meine Kritik, denn dieser Begriff wird fast immer falsch genutzt. Im englischen Sprachgebrauch benutzt man folgende Begriffe:
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| · | data capture - Daten erfassen |
| · | data-storage - Daten ablegen |
| · | data-archival - Daten archivieren |
Daten Erfassen und Daten Ablegen bezeichnet man in den meisten Fällen richtig, aber der Begriff Daten Archivieren, wird für einen Vorgang genutzt, der nicht stattfindet und damit fast immer falsch angewendet.
Ich behaupte und da bin ich mir mit allen Bibliothekaren und Archivaren einig, wenn man von “archivieren” spricht, bedeutet dies, das Ablegen von wertvollen historischen Dokumenten, Daten und Information über einen längeren Zeitraum, der in jedem Fall über dem vom Gesetzgeber verordneten Zeitraum für Daten von Handel, Handwerk und Industrie (Finanzdaten), die revisionssicher aufbewahrt werden müssen, liegt.
Diese Daten muss man sicher erfassen, ablegen und speichern, damit sie zum Zeitpunkt einer Bewertung, einer Kontrolle, les- und auswertbar sind. Hier spricht man von einer Zeitspanne zwischen 10 - 15 Jahren.
Ausnahmen bilden Verträge und Dokumente von Versicherungen und Kliniken. Hier verlangt der Gesetzgeber die Aufbewahrung solange der Versicherungsnehmer lebt, bei Krankenakten mindestens 30 Jahre. Diese Daten sollte man unbedingt archivieren.
Dies kann man als “Archivierung” und/oder als “Langzeit-Archivierung” bezeichnen. Auch die immer mehr genutzten Digitalkameras, deren Bilder nur in digitaler Form auf einer CD und/oder DVD gespeichert sind, haben aus zwei Gründen keinen langen Bestand. Erstens, weil sie meist auf “Billig-CD’s” gespeichert werden und zweitens, weil diese CD’s keine lange Lebensdauer für den Inhalt garantieren (Ich habe in meinem Filmarchiv noch s/w-Negative von meinem Vater aus dem Jahr 1928).
Kommen wir nun zu Fakten, zum eigentlichen Thema meines Artikels, den ich für meinen Freund Ulrich Kampffmeyer schreibe. Den ich seit mehr als 30 Jahren kenne und den ich seit dieser Zeit versuche von den Vorteilen des Mikrofilms als sicheres Speichermedium und was noch wichtiger ist, als Langzeit-Speichermedium zu überzeugen. Ein bisserl hat er es schon angenommen, aber den großen Durchbruch habe ich noch nicht geschafft. Und nun zu den Fakten.
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| · | Tatsache 1 Computer, d.h. digitale Verfahren sind unumgänglich in der heutigen Zeit, sie sind aber gegenüber Papier und Mikrofilm mit geringstem Aufwand zu manipulieren, d.h. zu fälschen. |
| · | Tatsache 2 Computer und Software unterliegen einem stetigen technischen Wandel, d.h. es muss in Geräte und Software der nächsthöheren Generation investiert werden. |
| · | Tatsache 3 Das hat zur Folge, dass die erstellten Ablage- und Speichermedien auf den nächsthöheren Standard konvertiert werden müssen, was ständig hohen Zeit- und Kostenaufwand verursacht. |
| · | Tatsache 4 Dabei sind Datenverluste einzukalkulieren, was kein verantwortungsbewusster DV-Fachmann bestreiten kann. |
| · | Tatsache 5 Magnetische Datenträger (Magnetband, Festplatte) müssen/sollten mindesten einmal pro Jahr geprüft werden. |
| · | Tatsache 6 Optische Speichermedien (CD, DVD, Optische Platten) unterliegen einem größeren Verschleiß. Ihre Haltbarkeit wird wohl von einigen Herstellerfirmen auf mindesten 100 Jahre garantiert, was sich allerdings auf den optischen Datenträger selbst bezieht, aber niemals auf die auf dem Datenträger befindlichen Daten. |
| · | Tatsache 7 Papier und Mikrofilm sind das bewährteste, wirtschaftlich preiswerteste und alterungsbeständigste Informations-Speicher-Medium, d.h. die einzigen sicheren Langzeitspeicher! |
| · | Tatsache 8 Papier und Mikrofilm lassen sich jederzeit (mit den heutigen und auch den zukünftigen Geräten) digitalisieren (scannen), d.h. in bits und bytes umwandeln. |
| · | Tatsache 9 Digitale Speichermedien (bits und bytes) lassen sich jederzeit (mit den heutigen und zukünftigen Geräten) wieder zu Papier oder in Mikrofilmform umsetzen. |
| · | Tatsache 10 Die Ablage in Mikrofilmform verursacht weniger Kosten und Pflege als die der digitalen Ablage. |
| · | Tatsache 11 Last but not least verursacht die Ablage und Speicherung auf Mikrofilm keine dauernden Anpassungen an die sich stetig wandelnden DVGeräte- Generationen und Softwareversionen. |
| · | Tatsache 12 Digitale Speichermedien können mit geringstem Aufwand geändert (gefälscht) werden, was nicht erkennbar ist. |
| · | Tatsache 13 Papier und Mikrofilm können auch gefälscht werden, was man aber jederzeit durch kriminaltechnische Untersuchungen sichtbar und damit beweisbar machen kann. |
| · | Tatsache 14 Die vielfach erwähnten Standards in der EDV sind Industrie-Standards, welche weder national noch international genormt sind. |
| · | Tatsache 15 Mikrofilm ist national (DIN), europäisch (EN) und international (ISO) genormt. |
Einige Kommentare zu Stellungnahmen und Berichten geschätzter DV Spezialisten und Kollegen:
Dr. Klaus Egelhardt schrieb in “Daten sicher aufbewahren - Speichertechnologien im Überblick”, dass “Mikrofilm längst am Ende der Leistungsfähigkeit angelangt sei”.
Auch von seinem Denkansatz falsch, denn er vergleicht den Mikrofilm mit der Weiterund Neuentwicklung von Speichermedien und kommt dabei zur Schlussfolgerung, dass “Ein wirklich großer Schritt für die flexible und auf Standards (ich frage welche) bauende Langzeitspeicherung großer Datenmengen gelang letztlich aber erst mit der Erfindung der Optical Disk”. Weiter “Nun stand ein ideales Mittel zur Verfügung, insbesondere langfristig aufzubewahrende Dokumente wirtschaftlich zu speichern, dauerhaft, sicher und unveränderbar zugleich (revisionssicher)”.
Was er aber vergessen hat mitzuteilen ist, dass diese WORM-Technologie (Write Once Read Many) durch einfache Veränderung des Inhaltsverzeichnisses unlesbar gemacht werden kann.
Der größte Fehler meiner Meinung nach ist folgende Aussage “Wird eine Speicherlösung zur Langzeitarchivierung gefordert, die zudem stets einen sehr zeitnahen (also sofortigen) und ständigen Zugriff auf jegliche Daten ermöglichen und zur direkten Nutzung dem Nachfrager zur Verfügung stellen soll, stehen nur digitale Lösungen an.”
Hier hat er bewusst vergessen, den Mikrofilm zu erwähnen, obwohl er das Wissen besitzt. Er ist ein Digitalfanatiker! Auch in der “Kurzübersicht Medien-Lebensdauer“ hat er sachlich ungenau notiert, denn “Filme auf Zelluloid” haben eine nachgewiesen Lebensdauer von mehr als 100 Jahren. Und was die Hersteller als Lebensdauer für die optischen Datenträger garantieren - siehe unter Tatsache 6.
Mein Ansatz und mein Vorschlag wäre, dass man bei jeder Analyse und Einführung von Dokumenten Management Systemen (DMS) und Enterprice Content Management (ECM) prüft, ob nicht ein Hybrid-System, wo man die Vorteile der digitalen Erfassung, Bearbeitung und Ablage mit der Langzeitspeicherung auf Mikrofilm (sofern sich diese Informationen dafür eignen) in Betracht zieht.
Um hier zu richtigen Ergebnissen zu kommen, muss man klären, um welche Information und Daten es sich handelt, die normal gespeichert und/oder Langzeitarchiviert werden müssen. Für Informationen, Handelsbriefe und Steuerunterlagen nicht sinnvoll, aber für zeitlich unbegrenzt wichtige Unterlagen, die vom Gesetzgeber gefordert oder bedingt durch Vorgaben des Urhebers, unabdingbar sind.
Jede neue Datenträger-Generation erhält seine Daten durch Migration vom bestehenden auf den aktuellen Datenträger, wobei nicht geringe Verluste einzukalkulieren sind.
Eine Datenübernahme vom Mikrofilm auf die jeweilig neuen Datenträger-Generation erfolgt ohne Datenverlust.
Zum Abschluss noch ein allgemeiner Hinweis über kommende Generation und das was sie über uns wissen werden. Ich glaube sehr wenig. In jedem Fall weniger als wir, die wir auf das zurückgreifen konnten was uns die alten Kulturen in Stein, auf Pergament und Papier hinterlassen haben.
Können wir noch Informationen von Lochkarten, 5 1/4" Floppy’s, alten Magnetbändern, 3 1/2" Disketten lesen? Musik von den ersten CD’s hören? Vielfach nicht, aber die alten Schallplatten sind immer noch hörbar.
Bei rechtzeitigem Umkopieren wäre es mglich gewesen. Aber das hat man bei den derzeit vielen Datenträgern vergessen, d.h. diese Informationen sind verloren. Und das Weltwissen wächst unaufhaltsam weiter. Man schätzt, dass die Menschheit derzeit mehr Kulturgut produziert als je zuvor. Und davon wird sich nur sehr wenig erhalten lassen, wenn man es nicht auf Papier und/oder Mikrofilm speichert. Schon 2005 schrieb Dr. Kampffmeyer über das “Digitale vergessen” und das “Dunkle Zeitalter”.
Nehmen wir uns dan den verantwortlichen in der Bundesrepublik Deutschland und die Verantwortlichen in den Staatsarchiven und dem Bundesarchiv ein Beispiel. Sie mikroverfilmen schon seit Jahrzenten das in den Staatsbibliotheken und Archiven lagernde Kulturgut und lagern/archivieren es in einem erdbebensicheren Stollen bei Oberried, in der Nähe von Freiburg/Breisgau lagern. Es ist das Bergarchiv, eine Stätte der Langzeitarchivierung.
Merksatz:
Digital erfassen, bearbeiten und ablegen, speichern und archivieren auf Mikrofilm!
Fazit:
Gott-sei-Dank werden immer noch Bücher und Druckwerke erstellt, d.h. der Normalbürger und auch die Digitalfanatiker “ und Digitalneurotiker” wissen diese Form der Wissenübermittlung und Erhaltung, neben der digitalen Form, zu schätzen und nutzen.