20030612 \  In der Diskussion \  Die kritische Masse fehlt
Die kritische Masse fehlt
In der Softwarebranche vollzieht sich die Konsolidierung immer deutlicher. Das jüngste nachhaltige Ereignis war die Kette der Übernahmen bei ERP-Anbietern: Microsoft übernahm Navision und Great Plains, Peoplesoft schluckt J.D.Edwards, Oracle versucht Peoplesoft feindlich zu übernehmen. Aber auch im Umfeld der Document Related Technologies ist die Konsolidierung des Marktes immer noch im vollem Gange. Es gibt zwar auch immer noch Berater, die meinen, es finde keine Konsolidierung statt, die „Liste der Anbieter“ würde immer länger werden. Sieht man sich solche „Listen“ einmal im Detail an, so stellt man Dreierlei fest:
   
 1.
Die „Liste“ wird in der Tat länger, weil immer mehr ursprünglich getrennte Produktkategorien Bestandteil von DRT Document Related Technologies oder ECM Enterprise Content Management oder BPM Business Process Management oder DLM Document Life-cycle Management oder KM Knowledge Management oder, oder, oder ... werden. Das eigenständige Profil der Branche verwischt sich immer mehr, Dokumenten-Technologien werden zunehmend Bestandteil der IT-Infrastruktur und Allgemeingut.
 2.
Betrachtet man die klassischen Anbieter und Produkte aus dem ursprünglichen DMS-Markt der 90er Jahre, so wird hier deutlich, dass immer mehr Produkte und Unternehmen vom Markt verschwunden sind. Im klassischen Workflow gibt es nur noch eine Handvoll Anbietern wie Staffware oder Transflow, die noch eine eigenständige Workflow-Engine anbieten. Beim klassischen Dokumentmanagement sieht es ähnlich aus, hier finden sich nur noch Firmen wie Documentum oder Hummingbird wieder. Die Mehrzahl der klassischen Anbieter hat sich längst mit Suiten oder neuen Produkten in Arenen wie BPM, Collaboration oder ECM abgesetzt. Lediglich der Markt für elektronische Archivierung ist in Deutschland noch mit zu vielen eigenständigen Produkten überbesetzt – lichtet sich aber auch zusehends. Beim Records Management ist die Konsolidierung bereits fast abgeschlossen – die klassischen Anbieter wie Tarian, TrueArc oder andere wurden längst von größeren Anbietern übernommen. Ähnliches spielt sich auch im Capture-Markt ab. Geht man von den traditionellen Marktsegmenten aus, ist die „Liste“ deutlich kürzer geworden.
 3.
Aber auch bei den Unternehmen auf der „Liste“ ist eine markante Veränderung zu beobachten: Eine Trennung a) in Komponenten- und Subsystemlieferanten, b) in Anbieter mit eigenen Produkten und zugehörigen Dienstleistungen und c) Anbieter mit spezialisierten oder Branchenlösungen hat sich vollzogen. Die Unternehmen auf solchen Listen sind daher nicht mehr direkt vergleichbar.
Mergers&Acquisitions
Die Konsolidierung, wie sich bei allen IT-, Telekommunikations- und Softwarehersteller vollzieht, macht keineswegs vor dem DRT-Marktsegment halt. Betrachtet man dieses Marktsegment in Hinblick auf die Unternehmensgrößen, so zeigt sich eines ganz deutlich – alle Anbieter sind kleinere oder mittlere Mittelständler (außer natürlich den ganz großen Namen, die so quasi nebenbei wie IBM oder SAP DRT-Lösungen im Portfolio haben). Selbst Unternehmen wie FileNET, Banctec, IXOS oder Documentum haben nicht die ausreichende Größe zu überleben, wenn sich einer der großen Standardsoftwareanbieter entschließt, einmal richtig, massiv in diesen Markt einzusteigen, oder die notwendigen Komponenten einfach im Standard seines Produktes mitliefert. Man wird also zwei Trends beobachten können. Die größeren Anbieter, die bereits durch Mergers&Acquisitions ihr Portfolio ergänzt haben, werden weiterhin im Rahmen ihrer Möglichkeiten dazukaufen. In der Vergangenheit diente dies vorrangig zur Ergänzung der Produktfunktionalität, dem Zukauf von fehlenden Komponenten. Zukünftig wird es mehr um die Gewinnung von mehr Größe, Marktanteilen und Marktsegmenten gehen. Die Technologie der aufgekauften Unternehmen bleibt bei dieser Strategie auf der Strecke. Andererseits werden die großen IT- und Softwarehäuser ihrerseits nach DRT-Anbietern Ausschau halten, um ihre Portfolios zu vervollständigen oder Zusatzfunktionalität ihren bereits vorhanden Kunden nachverkaufen zu können. Die kleineren Anbieter werden zunehmend in die Aufgabe oder Nischen gedrängt, zur Not konvertiert man halt zum Systemintegrator. Nahezu alle kleineren Anbieter suchen nach Kapital und Partnerschaften. Bei den mittleren Anbietern wird eher die Übernahme durch direkte Wettbewerber oder branchenfremde Softwareanbieter vorherrschen. Sobald der IT-Markt wieder richtig in Gang kommt, wird sich auch das „Mergers&Acquisitions-Karussel“ weiterdrehen, denn kein Anbieter hat derzeit die notwendige kritische Masse, um im weltweiten Wettbewerb langfristig mitspielen zu können. So werden denn auch große Namen zukünftig der Konsolidierung anheim fallen. (Kff)
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