Der ICA International Council on Archives (http://www.ica.org) hat einen Entwurf der “Principles and Functional Requirements for Records in Electronic Office Environments” veröffentlicht. Ziel dieses Projektes des ICA ist es, weltweit einheitliche Anforderungen an Software-Lösungen zur Erfassung und Verwaltung von Records in Büroumgebungen zu formulieren. Das Dokument ist in drei Module unterteilt: | | |
| 1. | Overview and Statement of Principles: Enthält Informationen zu Hintergrund, Organisation, grundlegenden Prinzipien und zusätzlichen Zusammenhängen |
| 2. | Guidelines and Functional Requirements for Electronic Records Management Systems: Umfasst Statements zu optionalen- und Kernanforderungen, Anwendungsrichtlinien sowie eine Compliance-Checklist |
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| 3. | Guidelines and Functional Requirements for Records in Business Systems: Beschreibt Richtlinien für generische funktionelle Anforderungen an Records in Bürosystemen |
Die Spezifikation richtet sich vor allem an Softwareentwickler und –lieferanten, Regierungsbehörden sowie Institutionen, die sich mit dem Verfassen von juristischen Standards befassen.
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| PROJECT CONSULT Kommentar:
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Kaum hat sich die Europäische Union mit MoReq2 einen eigenen Standard für das Records Management geschaffen, zieht der ICA mit eigenen Richtlinien nach. Deutlich wird in den Konzepten die Dominanz von Ideen und Ansätzen aus Australien und Neuseeland. Der Entwurf, oder besser die Entwürfe, des ICA Standards sind jedoch in der Tiefe und Detailliertheit wesentlich anspruchsloser als der MoReq2 oder DoD 5015.2 Standard. Auch wird sich hierauf kaum ein Test- und Zertifizierungsverfahren aufsetzen lassen. Interessant dagegen ist, dass neue Aspekte aufgenommen werden. Besonders Modul 3 beschreibt funktionale Anforderungen an in Business Systemen, also in Bürokommunikationsumgebungen, Groupware oder ERP, um einmal die traditionellen Schlagworte zu bemühen. Aber halt - ist dies überhaupt erforderlich? Records Management ist ein generischer Ansatz! Es dürfte eigentlich keinen Unterschied zwischen Records in einem öffentlichen Archiv und Records in einem Wirtschaftsunternehmen geben. Dahinter versteckt sich eine alte Denkweise, die davon ausgehet, dass Records Management Systeme eigenständige Lösungen mit eigenem Clienten sind, die nur der Aktenverwaltung dienen. Längst gibt es im Sharepoint ein Records Center und bei SAP das Modul Records Management. Die grundsätzlichen Anforderungen müssen die gleichen sein. Die Form der Nutzung, z.B. integriert in eine ERP oder eine Collaboration-Suite mag unterschiedlich sein, die Behandlung der verwalteten Objekte muss nach den gleichen Maßstäben erfolgen. Was so sich aus der Sicht der tradtionellen Archivare, Records Manager und Registratoren als Fortschritt darstellt, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Die Trennung in extra Module kann sich so auch schnell als Schritt in die falsche Richtung herausstellen, wenn nämlich unterschiedliche Funktionalität und Wertmaßstäbe angelegt werden. Records definieren sich nicht durch ihre Herkunft oder ihr Format sondern durch ihren Inhalt und Rechtscharakter. Eine separate Behandlung macht daher wenig Sinn. Da es sich bei den Dokumenten bis jetzt um Entwürfe handelt, könnte dies noch geändert werden. (Kff)