EIM entwickelt sich zur konzerninternen Shared Service Plattform
Gastbeitrag von Martin Fichter, Principal Consultant , Steria Mummert Consulting AG E-Mail: Martin.Fichter@steria-mummert.de Webseite: www.steria-mummert.de
Martin Fichter war von 1998 bis 2003 Mitglied im
PROJECT CONSULT Beraterteam.
Enterprise Information Management (EIM) ist die neueste Trendbezeichnung im Markt des Dokumenten- und Business Process Managements. EIM hat im Vergleich zum bisherigen Enterprise Content Management (ECM) das Potenzial, den bisher engen Dokumentbezug zu lösen und technisch umfänglichere Lösungen zu subsumieren.
Viele Jahre haben Repräsentanten der ECM-Branche prophezeit, dass sich ECM als Schlüsseltechnologie durchsetzen wird. Obwohl bereits eine Reihe komplexer und anspruchsvoller Lösungen implementiert wurde, fehlte es in der Regel an der nötigen Visibilität auf Entscheiderebene.
Innerhalb der vergangenen zwei Jahre hat EIM in den ersten Großkonzernen den viel beschworenen Durchbruch geschafft. Der Durchbruch ging einher mit der Erkenntnis, dass EIM nicht mehr länger nur das verstaubte Verwalten und Archivieren von Schriftgut ist, sondern
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| · | beachtliche Verluste aus steuerlichen Risiken vermeiden als auch |
| · | massive Veränderungen in den Kostenstrukturen bewirken kann. |
Damit entwickelt sich EIM zu einer erfolgskritischen IT-Komponente für die Unternehmen. Erwähnenswert hierbei ist, dass die meisten Projekte entweder vom Vorstand initiiert oder zumindest unter direkter Kontrolle des Vorstands durchgeführt werden.
Der Ausbau zur Schlüsseltechnologie bedeutet auch die Abkehr vom Prinzip einer Best Practise Lösung, die für einen kleinen Bereich implementiert und anschließend innerhalb eines Konzerns vermarktet und sich gegen konkurrierende Lösungen behaupten muss. Die Bewertung von EIM als erfolgskritische IT-Lösung ermöglicht ihre Etablierung technisch als konzerninterne Shared Service Platform (SSP) sowie organisatorisch als Shared Service Center (SSC) bzw. als eigenständige Gesellschaft.
Die Lösungen, die EIM zum Durchbruch als SSC verholfen haben, sind in Bezug auf ihre Zielstellung, Technologie und Komplexität unterschiedlich. Die nachfolgenden Praxis¬beispiele zeigen die Bandbreite der aktuellen Ansätze auf.
Kombinationslösung zur Minimierung steuerlicher Risiken und Verbesserung von Auswertungen mittels Compliance Warehouse
Mit den Grundsätzen zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) haben viele Unternehmen klassische Archivierungslösungen realisiert. Allerdings handelt es sich bei diesen Lösungen nur um „Datengräber“, die als notwendiges Übel implementiert wurden.
Da die gleichen Daten in Compliance Warehouses für Auswertungen gespeichert werden, wurden von einem Handelskonzern mehrere Kostenszenarios mit unterschiedlichen technologischen Lösungen durchgespielt. Als Ergebnis wurde eine Lösung bestätigt, in der Produkte klassischer Archivierung und eine Searchengine zum Einsatz kommen und die sowohl Anforderungen an die GDPdU-konforme Archivierung und kontrollierte Datenbereitstellung an den Betriebsprüfer als auch ein stabiles Compliance Warehouse erfüllt. Durch diese Vorgehensweise konnten Geschäfts- und Marktdaten für Controlling und kurzfristige Geschäftsentscheidungen in einer wesentlich vollständigeren Form als jemals zuvor zur Verfügung gestellt werden.
Gleichzeitig konnte die Verweildauer von Daten in Fachapplikationen gesenkt und damit vergleichsweise teure Speichermedien durch günstigere Archivspeicher ersetzt werden.
Vereinheitlichung von Geschäftsprozessen in internationalen Versicherungsmärkten
International tätige Versicherungskonzerne haben begonnen, Geschäftsprozesse länderübergreifend zu standardisieren. Um die Einhaltung der Standards und die länderspezifischen Abweichungen kontrollierbar zu halten, setzen diese Konzerne auf den konzernweiten Roll out von kombinierten Archiv-, Postkorb- und Workflowmanagement¬lösungen. Das Business in den Ländern bestätigt diesen Kurs, da die Zielvorgaben in der Geschäftsentwicklung anders nicht mehr erreichbar scheinen.
Doch im Unterschied zu den Projekten der 80er und 90er Jahre wird der Einsatz von Workflowmanagementsystemen heute mit organisatorischen Umstrukturierungen und Outsourcing verbunden. Es wurde erkannt, dass die monetären Vorteile dieser Outsourcingstrategien nur durch den Einsatz moderner EIM-Lösungen im erwünschten Umfang realisiert werden können.
Im konkreten Beispiel wurden einerseits Leistungen an Scandienstleister zur elektronischen Eingangsposterfassung outgesourced und andererseits in Service Centern zur First Level Bearbeitung von Geschäftsvorgängen zentralisiert. Mit der Bereitstellung der EIM-Lösung konnten allein für die Einstellung des physischen Transports der Dokumente Kosten in Höhe mittlerer sechsstelliger €-Beträgen pro Monat und Country Units eingespart werden.
Interne Ausrichtung der IT Organisation auf die zunehmende Bedeutung von EIM
Auch in anderen Konzernen wurde der Bedeutungswandel von EIM und das sich daraus ergebende Geschäftspotential für die Etablierung eines internen Dienstleisters erkannt. In einem dieser Fälle wird aktuell der schnelle Einstieg in eine Shared Service Organisation über einen rein technischen Ansatz geprüft. So soll über das bereits etablierte Outputmanagementmodell das SSC etabliert werden, um anschließend weitere EIM-Themen in das Center zu überführen.
Die größte Hürde für die Etablierung einer EIM Shared Service Platform in den Unternehmen ist aus heutiger Sicht die Zusammenführung von organisatorischen und technischen Strategien. Hinzu kommt, dass die Erschließung von Synergien durch die Zusammenführung bisher eigenständiger technischer Lösungsansätze vielfach einer Neubewertung der vorhandenen IT-Systeme bedarf. Um die Leistungsfähigkeit von EIM für Geschäfts- und Organisationsstrategien einschätzen zu können, empfiehlt sich die Durchführung eines EIM Assessments und die Ausrichtung am EIM Maturity Model. Mit den gewonnenen Ergebnissen kann anschließend eine an den Bedürfnissen des Business ausgerichtete EIM-Strategie definiert werden. Diese umfasst Aspekte des Produktportfolios, technische und funktionale Aspekte als das EIM Service- und Supportangebots. (MF)