Krise, Geschäft, Wachstum und Zukunft - Die Wettbewerbskraft nicht gefährden
Gastbeitrag von Jacques Ziegler,
Chefredakteur der Zeitschrift BIT – Business Information Technology
E-Mail: jziegler@bitverlag.de
Webseite: www.bit-news.de Crisis? What crisis?
Verwundert reibt man sich angesichts des täglichen Wettbewerbs um die düstersten Konjunkturaussichten die Augen. Immerhin steht die deutsche Wirtschaft nach Ansicht von Top-Managern gut da. Die technologischen und produktiven Strukturen der deutschen Industrie seien hervorragend, loben Führungskräfte laut einer Umfrage des Handelsblattes Anfang dieses Jahres. Deutschland gelte inzwischen als wettbewerbsfähigstes Land unter den großen Volkswirtschaften Europas. Und von den Job-Statistikern wurde das vergangene Jahr zum Rekordjahr mit über 40 Millionen Beschäftigen ausgerufen. Noch nie seit der Wiedervereinigung waren in Deutschland mehr Menschen erwerbstätig als im abgelaufenen Jahr. Im gleichen Zeitraum verzeichnete die deutsche Wirtschaft ein Wachstum von 1,5 Prozent. Ein Grund zum Jubeln ist dies zwar nicht, aber auch kein ungewöhnlich negatives Ergebnis, wie der Rückblick auf die vergangenen 16 Jahre zeigt: Acht Jahre davon lag der Wert schlechter als 2008. Betrachtet man gar die nominalen Werte, so könnte sich Deutschland im angekündigten Rezessionsjahr gar drei oder vier Prozent weniger BIP leisten und läge immer noch über dem Wert des umjubelten WM-Jahres 2006.
Schlüssel für mehr Wettbewerbskraft
Dennoch wird die Krise die Unternehmen verändern. Kosten und Prozesse werden erneut auf den Prüfstand gestellt, der Kampf um den Kunden erhält neues Gewicht. Und an dieser Stelle kommt unzweifelhaft die IT ins Spiel. Die IT-Industrie kann mit ihren Produkten und Lösungen wesentlich zur Bewältigung der Krise beitragen, weil sie die Unternehmen schlanker und leistungsfähiger macht.
Innovative Lösungen und Prozessorientierung sind der Schlüssel für mehr Wettbewerbskraft und Katalysator für neue Geschäftsideen. Innovativ zu sein bedeutet nicht, den Blick ausschließlich auf die Entwicklung neuer Produkte zu richten. Ein viel größeres Innovationspotenzial liegt in den Prozessen. Wie können Unternehmen ihre Abläufe – sei es in der Produktion, im Backoffice oder im Service – so verändern, dass sie kostengünstiger arbeiten, dass sie ihre Produkte schneller auf den Markt bringen, dass sie flexibler auf Kundenanfragen reagieren, dass sie einen besseren Service erbringen und dass sie neue Service-Angebote kreieren können? Hier spielen die IT und das elektronische Informations- und Dokumenten-Management eine absolut wichtige Rolle – in den Fachabteilungen, im Vertrieb und Kunden-Service, im Marketing, im Rechnungswesen, in Entwicklung und Produktion.
Zusätzlich erfüllen Unternehmen damit die rechtlichen Anforderungen an die Dokumentationspflicht. Immer mehr geschäftskritische Dokumente, die elektronisch verwaltet werden müssen und immer mehr Regeln und Gesetze bringen die Unternehmen dazu, sich noch stärker als bisher mit Dokumenten-Management zu beschäftigen. Längst geht es nicht mehr „nur“ um Verbesserung der Dokumentenprozesse und den schnellen Zugriff, sondern vielmehr um gesetzliche Vorgaben, die in der digitalen Akten-Welt eingehalten werden müssen. So absurd es klingt, Unternehmen, die Dokumenten-Management-Systeme einsetzen, müssen weit höheren rechtlichen und regulativen Vorgaben nachkommen als Unternehmen, die ihre Akten ausschließlich in Ordnern und Registraturen führen. Das liegt zum einen an den elektronischen Abläufen und Dokumenten, die für Manipulationen anfälliger sind als die frühere Aktenorganisation, zum anderen an neuen Verfahren, die durch die elektronischen Abläufe erst erforderlich werden.
Regelkonforme Abläufe
Compliance, der aus dem US-Recht stammende Begriff, steht mittlerweile auch in Europa für eine Vielzahl von Vorschriften. Insbesondere wenn es um die Rechtssicherheit von Dokumenten und Dokumenten-Prozessen geht, spielen die rechtlichen Rahmenbedingungen, wie etwa der GDPdU (Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen), der GoBS ( Grundsätze ordnungsgemäßer DV-gestützer Buchführungssysteme) oder die EU-Datenschutzrichtlinien eine große Rolle. Tangiert davon werden aber auch die Vorgaben zur Erfüllung der Basel II-Anforderungen für Banken sowie unternehmensinternes Risiko-Management. Und schließlich gibt es für jede Branche weitere spezifische Compliance-Anordnungen, die in Dokumenten- und IT-Prozessen berücksichtigt werden müssen.
Einer der ersten Schritte zu regelkonformen Abläufen ist die Dokumentation der Prozesse. Damit haben Unternehmen die Gewissheit, dass die „realen“ und nicht die „gefühlten“ Unternehmensprozesse dargestellt werden. Ungeachtet dessen sollten sich Unternehmen aber darüber im Klaren sein, dass Compliance ein kontinuierlicher Vorgang ist, der in immer kürzeren Zyklen Unternehmensabläufe betrifft und verändern wird.
Stillstand ist Rückschritt
Vor diesem Hintergrund sehen die Anbieter von Dokumententechnologien und Dokumenten-Manage-ment-Systemen die Entwicklung für dieses Jahr zuversichtlich. Der VOI Verband Informations- und Organsiationssysteme hat im Januar 2009 rund 90 Anbieter nach ihrer Auftragslage und ihrer Einschätzung befragt. Demnach erwarten 62 Prozent der Firmen für 2009 Umsatzzuwächse und haben begründete Hoffnung, die erfolgreiche Entwicklung des vergangenen Jahres fortzusetzen. Auch auf die Frage, warum Kunden ein Dokumenten-Management- bzw. Enterprise-Content-Management-System erwerben wollen, gibt die VOI-Umfrage Aufschluss: die Verkürzung der Arbeitsprozesse, Reduzierung von Recherchezeiten und die Erfüllung rechtlicher Regularien lauten die Gründe. Unternehmen, die auf notwendige Investitionen verzichten, gefährden die Wettbewerbskraft. Stillstand ist Rückschritt.